Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163071/7/Sch/Ps

Linz, 28.05.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau S H, geb. am, S, T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11. März 2008, Zl. VerkR96-6507-2007/Ah, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27. Mai 2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.                Die Berufungswerberin hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 24 Euro (20 % der verhängten Geldstrafen) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11. März 2008, Zl. VerkR96-6507-2007/Ah, wurde über Frau S H wegen Verwaltungsübertretungen nach 1. § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2. § 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen in der Höhe von 1.  70 Euro und 2.  50 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.  12 Stunden und 2.  8 Stunden, verhängt, weil sie am 22. September 2007 gegen 10.30 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der Kopfinger Straße L1173 in Fahrtrichtung Kopfing auf Höhe Strkm. 2,200 gelenkt habe und 1.  ihr Verhalten mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang stand und sie es unterlassen habe, nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden sofort ihr Fahrzeug anzuhalten und 2.  sie es weiters unterlassen habe, von diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeiinspektion zu verständigen.

 

Überdies wurde die Berufungswerberin gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 12 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt vor Ort eingehend erörtert. Dabei wurde der zweitbeteiligte Unfalllenker zeugenschaftlich einvernommen. Er hat – wie im Übrigen schon gegenüber der Polizei nach dem Verkehrsunfall und auch im Rahmen des erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens – angegeben, dass es im Gegenverkehr mit dem von der Berufungswerberin gelenkten Fahrzeug zu einer Berührung im Bereich des jeweiligen fahrerseitig gelegenen Außenspiegels gekommen ist. Dieser Umstand wird von der Berufungswerberin auch gar nicht in Abrede gestellt. Allerdings gehen dann die weiteren Schilderungen des Vorganges auseinander. Während der Zeuge angibt, unmittelbar nach dem Unfall angehalten zu haben und ein Stück in die Fahrtrichtung der Berufungswerberin gelaufen zu sein, um, allerdings erfolglos, nach ihr Ausschau zu halten, hat diese angegeben, sie habe ein kurzes Stück nach der Unfallstelle angehalten und etwa 5 Minuten in ihrem Fahrzeug sitzend abgewartet, ob sich der Zweitbeteiligte bei ihr einfinden würde. Dies sei allerdings nicht der Fall gewesen.

 

Der Zeuge habe nach der erfolglosen Ausschau sein Fahrzeug gewendet und sei eine längere Strecke in die Fahrtrichtung der Berufungswerberin gefahren, habe allerdings weder an der von ihr angegebenen Stelle noch später entlang der Straße ein Fahrzeug entdecken können, das als unfallbeteiligtes Kfz in Frage käme. Sodann habe er sich zur nächstgelegenen Polizeidienststelle begeben, um den Unfall zu melden. Als Anhaltspunkte hatte er sich Marke und Farbe des Fahrzeuges sowie Teile des Kennzeichens gemerkt. Später sei er dann von der Polizei angerufen worden, wonach die Unfallbeteiligte den Unfall doch noch gemeldet habe, allerdings mindestens eine Stunde nach dem Vorfall.

 

Der Zeuge hat bei der Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und zudem schlüssige Angaben gemacht. Nachdem er sein Fahrzeug verlassen hatte und einige Meter in Fahrtrichtung der Berufungswerberin gelaufen war, um eine Kurve hinter sich zu bringen, die die Sicht beeinträchtigt hätte, habe er nach ihr Ausschau gehalten. An der von der Zeugin angegebenen Stelle – sie ist, wie der Lokalaugenschein ergeben hat, gut einsehbar – sei keinesfalls ein Fahrzeug abgestellt gewesen. Geht man davon aus, dass der Zeuge die wenigen Meter von seinem Fahrzeug bis nach der Kurve innerhalb von 1 oder 2 Minuten zurückgelegt hat, hätte er jedenfalls das Fahrzeug der Berufungswerberin sehen müssen, wenn es tatsächlich dort abgestellt gewesen wäre. Daher bleibt für die Berufungsbehörde als schlüssige Annahme, dass entweder die diesbezüglichen Angaben der Berufungswerberin völlig unzutreffend sind oder dass ihr Anhalten nur eine höchst kurze Zeitspanne angedauert hat. Sodann ist sie nach ihren eigenen Angaben zu sich nach Hause gefahren, nämlich nach T, eine Fahrtstrecke, die etwa eine halbe Stunde in Anspruch nimmt. Von dort aus ist dann die Unfallmeldung an die Polizei – nach Erörterung des Vorfalls mit ihrem Vater – in die Wege geleitet worden.

 

Zu Faktum 1. des angefochtenen Straferkenntnisses, also den Vorwurf, dass die Berufungswerberin nicht sofort nach dem Verkehrsunfall angehalten hätte, ist zu bemerken, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes ein Anhalten am Unfallort gefordert ist (VwGH 19.02.1982, Zl. 82/02/0267). Ein Anhalten erst nach 200 oder 300 Metern, wie im vorliegenden Fall behauptet, entspricht diesem Gebot nicht mehr.

 

Zweck der einschlägigen Bestimmung ist, nicht nur das Fahrzeug kurzfristig anzuhalten, sondern auch den sonstigen Lenkerverpflichtungen nachzukommen. Der Lenker hat sich daher nach dem Anhalten auch zu vergewissern, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden für Personen oder Sachen zu treffen (VwGH 15.04.1971, Zl. 1305/70).

 

Geht man also davon aus, dass die Berufungswerberin doch kurz angehalten hat, von welchem Vorgang der Zeuge aufgrund der Kürze des Anhaltens nichts mitbekommen hat, ändert dies nichts an der Beurteilung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes. Auch die Verantwortung der Berufungswerberin, sie habe erwartet, dass der Zweitbeteiligte zu ihrem Fahrzeug kommen würde, mutet befremdend an. Es war nämlich nicht nur die Pflicht des Zweitbeteiligten, sondern auch ihre eigene, sich von den Unfallfolgen ein Bild zu machen. Damit wäre ein Zurückkehren an die Unfallstelle, selbst wenn ein Anhalten direkt an der Unfallstelle, etwa wegen der dort befindlichen Leitschiene, aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht tunlich gewesen wäre, geboten gewesen. Auch dürfte die Berufungswerberin nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass es auch beim Zweitbeteiligten bei Sachschäden geblieben ist. Genau so gut hätte dieser von der Fahrbahn abkommen und Verletzungen erlitten haben können, die weitere Maßnahmen seinerseits, etwa auch eine Nachschau nach dem zweitbeteiligten Lenker, verhindern hätten können.

 

Zu Faktum 2. des Straferkenntnisses ist auszuführen, dass laut unbestrittener Sachlage die Meldung des Verkehrsunfalls durch die Berufungswerberin bzw. ihren Vater erst nach ihrem Eintreffen zu Hause in T erfolgt ist. Laut entsprechender Anzeige der Polizei war der Unfallszeitpunkt ca. um 10.30 Uhr, die telefonische Meldung um etwa 11.30 Uhr, sodass von einer Meldung des Verkehrsunfalls ohne unnötigen Aufschub bei weitem nicht mehr die Rede sein kann. Die Meldepflicht hängt nicht davon ab, ob man etwa ein Mobiltelefon dabei hat, ortskundig im Hinblick auf die nächstgelegene Polizeidienststelle ist etc.. Es sind entsprechende Bemühungen des Fahrzeuglenkers gefordert, dennoch eine unverzügliche Meldung zu erstatten, wobei auszuführen ist, dass die Berufungswerberin auf ihrer doch beträchtlichen Fahrtstrecke vom Unfallort bis nach Hause wohl mehrere Gelegenheiten gehabt hätte, mit einer Polizeidienststelle in Verbindung zu treten. Nach der hier gegebenen Sachlage hätte sie sich die Meldung aber wohl ohnedies ersparen können, wenn sie aktiv nach dem Zweitbeteiligten Ausschau gehalten oder zumindest eine sinnvolle Zeitspanne bei ihrem Fahrzeug im Nahbereich der Unfallstelle verblieben wäre. Der Zeuge war, wie er bei der Verhandlung glaubwürdig und schlüssig ausgeführt hat, primär nicht an einer polizeilichen Unfallaufnahme interessiert, sondern lediglich an der Klärung der Frage, mit wem er sich hinsichtlich des Unfallschadens auseinander zu setzen haben würde. In diesem Sinne sind nachvollziehbar auch seine Bestrebungen zu verstehen, dass er in Richtung der Berufungswerberin gelaufen ist, um mit dieser in Kontakt zu treten.

 

4. Zur Strafbemessung ist zu bemerken, dass die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafe im untersten Bereich des jeweiligen Strafrahmens (Faktum 1.  bis 726 Euro, Faktum 2.  36 Euro bis 2.180 Euro) festgelegt wurden. Sie können daher schon aus diesem Grund nicht als überhöht angesehen werden. Dazu kommt noch, dass der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ein mehrfacher ist. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folge eines Verkehrsunfalls hintan gehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinander zu setzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen dieser Bestimmung muss daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

 

Der Berufungswerberin konnte als Milderungsgrund die bisherige verwaltungs­strafrechtliche Unbescholtenheit zugute gehalten werden, demgegenüber muss ihr Hinweis, sie hätte nach dem Unfall einen "Schock" erlitten, als diesbezüglich nicht relevant hintan gestellt werden. Ein "Unfallschock" kann nur in besonders gelagerten Fällen und bei gravierenden psychischen Ausnahmesituationen das Unterlassen des pflichtgemäßen Verhaltens entschuldigen. Im Regelfall muss schon von einem Fahrzeuglenker ein solches Maß an Charakter- und Willensstärke verlangt werden, dass er den Schreck über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag (VwGH 11.12.1978, Zl. 23/78).

 

Auf die persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin war nicht weiter einzugehen, da von jedermann, der als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnimmt, erwartet werden muss, dass er in der Lage ist, Verwaltungsstrafen, zumindest wenn sie nicht in einer sehr beträchtlich Höhe liegen, zu begleichen in der Lage ist.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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