Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550408/4/Wim/Rd/Ps

Linz, 23.06.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag der S GmbH,  vertreten durch Rechtsanwälte H, F, V, vom 13.6.2008 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde S & Co KEG betreffend das Vorhaben "Zimmermeisterarbeiten beim Neubau des Gemeindezentrums 'S' der Gemeinde S", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde S & Co KEG die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis  16. August 2008, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 13.6.2008, beim Oö. Verwaltungssenat nach Ende der Amtsstunden eingebracht, daher eingelangt am 16.6.2008,  hat die S GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) Anträge auf  Nichtigerklärung der Ausscheidung und der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von  3.750 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu im Wesentlichen aus, dass die Auftraggeberin im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung im Unterschwellenbereich Zimmermeisterarbeiten für den Neubau des Gemeindezentrums "S" ausgeschrieben habe.

Die Antragstellerin habe rechtzeitig einen Bewerbungsantrag gestellt  und innerhalb der Angebotsfrist ein gültiges Angebot gelegt.

Laut ausgeschriebener Fristen hätte die Angebotsöffnung am 23.5.2008 um 11.00 Uhr erfolgen sollen und hätte sich daran ein 7-tägiges Verhandlungsverfahren anschließen sollen. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Mit E-Mail vom 2.6.2008 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag der Firma W GmbH & Co KG erteilen zu wollen. Dieses Schreiben über die Zuschlagsentscheidung sei undatiert gewesen. Als Ende der Stillhaltefrist sei der 30.5.2008 angegeben worden. Zum Zeitpunkt der Versendung der Zuschlagsentscheidung sei die darin angegebene Stillhaltefrist bereits drei Tage abgelaufen gewesen. Am 3.6.2008 habe die Antragstellerin dagegen "Einspruch" erhoben und auf die Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Stillhaltefrist hingewiesen. Die Auftraggeberin habe überhaupt kein Verhandlungsverfahren vor der Zuschlagsentscheidung durchgeführt, zumal nicht einmal Kontakt für eine mögliche Verhandlung im Rahmen des Verhandlungsverfahrens aufgenommen worden sei.

Die Auftraggeberin habe am 4.6.2008 -  nur der Antragstellerin – zum einen mitgeteilt, dass das Zuschlagsentscheidungs-E-Mail vom 2.6.2008 offiziell zurückgezogen werde und zum anderen die Antragstellerin zu einem Verhandlungstermin für den 6.6.2008 in das Gemeindeamt S eingeladen. Aufgrund der Mehrdeutigkeit des "offiziellen Zurückziehungsemails" vom 4.6.2008 habe der Rechtsvertreter der Antragstellerin bei der Auftraggeberin über die genaue Intention der Auftraggeberin nachgefragt und um unmissverständliche Bestätigung gebeten. In offensichtlicher Unkenntnis der Regelungen eines Vergabeverfahrens habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass es noch keinen Zuschlag an die Firma W gegeben habe. Man habe lediglich die Bieter über die beabsichtigte Zuschlagserteilung informiert. Gleichwohl die Auftraggeberin scheinbar keinen Unterschied zwischen der Zuschlagsentscheidung, deren Bekanntgabe und der dann nach Ende der Stillhaltefrist zu erfolgenden Zuschlagserteilung mache, könne die "offizielle Zurückziehung" nur so verstanden werden, dass die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung widerrufen habe.

 

Am 6.6.2008 (vereinbarter Verhandlungstermin) sei die Antragstellerin dahingehend informiert worden, dass ihr Angebot ausgeschieden werde. Dies sei der Antragstellerin am 6.6.2008 per E-Mail  - ohne schriftliche Angabe der Gründe - mitgeteilt worden. Die Antragstellerin habe um schriftliche Mitteilung der Ausscheidensgründe ersucht. Die Antragstellerin habe weiters die firmenmäßig gefertigten AVB und BVB der Auftraggeberin vorgelegt. Am 9.6.2008 habe die Auftraggeberin die Ausscheidensgründe schriftlich bekannt gegeben.

 

Ohne dass die Auftraggeberin ein weiteres Informationsschreiben über die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Firma W GmbH & Co KG  an die Antragstellerin gesandt hätte, habe sich doch (mündlich) ergeben, dass die Auftraggeberin nach wie vor eine Zuschlagserteilung an diese Firma beabsichtige. Es sei daher davon auszugehen, dass die Auftraggeberin nachfolgend an die sogenannte "Verhandlung" vom 6.6.2008 eine entsprechende Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Firma W GmbH & Co KG getroffen habe. Sowohl die Ausscheidung  als auch der Zuschlag an die Firma W GmbH & Co KG sei rechtswidrig erfolgt. Vielmehr wäre der Zuschlag der Antragstellerin zu erteilen gewesen.

 

Im Übrigen finde sich in den Ausschreibungsunterlagen keine Anführung der Zuschlagskriterien. So sei nicht angegeben, nach welchen Kriterien und Gesichtspunkten die Entscheidung für den Zuschlag erfolge; es handle sich daher um eine reine Willkürentscheidung.

 

Des Weiteren werde noch darauf hingewiesen, dass für die Antragstellerin der Verdacht einer unsachlichen Begünstigung der W GmbH & Co KG im Raume stehe. Herr Ing. H W sei Mitglied des Gemeinderates der Gemeinde S und einziger Prokurist der W GmbH & Co KG sowie deren einziger Kommanditist. Weiters sei Ing. W auch der einzige gewerberechtliche Geschäftsführer der W GmbH & Co KG und auch einziger Geschäftsführer der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der W GmbH & Co KG, nämlich der W GmbH sowie an dieser Komplementär-GmbH mit 25 % beteiligt.

Es bestehe daher unmittelbare und direkte Nahebeziehung zwischen der Auftraggeberin und jenem Bieter, dem der Zuschlag erteilt werden solle.

 

Zum Interesse führte die Antragstellerin aus, dass sie ein immanentes Interesse am Auftragserhalt habe und ihr ein Schaden bei Ausscheidung des Angebots sowie bei Nichterteilung der Zuschlagsentscheidung zu ihren Gunsten drohe. Dieser Schaden (ca. 35.000 Euro) setze sich aus dem entgangenen Gewinn, den Aufwendungen für die Angebotserstellung sowie aus voraussichtlich nicht kompensierbaren Auslastungsdefiziten zusammen. Zudem drohe der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Im Übrigen erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf Durchführung und Teilnahme an einem rechtskonformen und diskriminierungsfreien Vergabe­verfahren unter Beachtung der Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs, insbesondere auf Einhaltung der Ausschreibungsunterlagen, dem Nicht­ausscheiden nicht auszuscheidender Angebote, der willkürfreien Zuschlags­entscheidung und der Vergleichbarkeit der Angebote sowie auf Transparenz und Nachprüfbarkeit der Zuschlagsentscheidung sowie auf Einbeziehung in die Zuschlagsentscheidung und nicht vorhergehende Ausscheidung und schließlich in ihrem Recht, den Zuschlag zu erhalten, verletzt.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeiten führte die Antragstellerin ins Treffen, dass das Angebot der in Aussicht genommenen Bieterin unverbesserbar unvollständig und daher auszuscheiden gewesen sei. Der Mangel an objektiv nachvollziehbaren und gewichteten Zuschlagskriterien habe eine sachadäquate und gleichbehandelnde Zuschlagsentscheidung verhindert.

Die fehlende firmenmäßige Unterfertigung der AVB sowie der BVB stelle keinen Ausscheidensgrund dar; vielmehr handle es sich um einen behebbaren Mangel. Die Antragstellerin habe diesen Mangel sogleich behoben. Die Auftraggeberin habe es vor der Ausscheidung unterlassen, die Notwendigkeit und Möglichkeit der Verbesserung der Antragstellerin mitzuteilen und eine Verbesserung dieses behebbaren Mangels zu versuchen. Die Nachreichung habe auch nicht zu einer Besserstellung der Antragstellerin geführt. Zum Vorwurf der fehlenden Subunternehmerliste "Schlosser" bzw. "Stahlbauteile" führte die Antragstellerin aus, dass eine solche nicht erforderlich und nicht gewollt gewesen und daher unterblieben sei, weil die Antragstellerin nicht beabsichtigt habe, die Arbeiten "Stahlbauteile" an Subunternehmer zu vergeben. Die Auftraggeberin sei in der Lage, sämtliche der im Leistungsverzeichnis angegebenen Leistungen und Arbeiten, auch jene der Stahlbauteile, selbst durchzuführen und abzuschließen.  Die Ausscheidung sei somit lediglich aufgrund einer unbegründeten Vermutung der Auftraggeberin erfolgt. Weiters wurden die fehlenden Zuschlagskriterien bemängelt. Darüber hinaus verfügt die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht über die in den Ausschreibungsunterlagen geforderten ÜA-Übereinstimmungs­zeugnisse (Wand-, Decken- und Dachelemente), sondern lediglich für Wandelemente. Da die derart fehlenden Zeugnisse auch nicht binnen kurzer Frist zu erlangen seien, seien diese auch nicht als verbesserbar anzusehen, weshalb das Angebot der W GmbH & Co KG auszuscheiden gewesen wäre. Allfällige Abänderungen dieses Erfordernisses sei den (sämtlichen) anderen Bietern nicht kommuniziert worden. Überdies wurde noch die Nicht-Durchführung von Verhandlungen trotz ausgeschriebenem Verhandlungsverfahren bemängelt.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf die Ausführungen zum Hauptantrag und führt weiters aus, dass ohne die Erlassung die Stillhaltefrist ablaufen und die Auftraggeberin den Zuschlag an die in Aussicht genommene Bieterin erteilen werde. Dadurch wäre die weitere Rechtsdurchsetzung erheblich erschwert und beeinträchtige dies die Interessen der Antragstellerin massiv. Eine bloße Feststellung einer rechtswidrigen Ausscheidung bzw. Zuschlagserteilung und allenfalls zustehende Schadenersatzforderungen vermögen die Chance der Antragstellerin, den Auftrag zu erhalten, nicht aufzuwiegen.  Entgegenstehende öffentliche Interessen seien nicht gegeben. Da die Fertigstellung von der Auftraggeberin erst für Juni 2009 festgelegt wurde, stünden auch keine Interessen der Auftraggeberin an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung entgegen und stelle dies auch keine unverhältnismäßige Belastung dar. 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde S & Co KEG als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt.

In Ihrer Stellungnahme vom 18.6.2008 verweist die Auftraggeberin in Bezug auf den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auf die fehlende Benennung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen der Antragstellerin, sodass mangels entsprechender Bescheinigung aus formalrechtlicher Sicht der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen wäre.

Zum Nachprüfungsantrag führte die Auftraggeberin zu den Kurz- und Langleistungsverzeichnissen aus, dass nach Prüfung der eingereichten Unterlagen festgestellt worden sei, dass der Bieter kein rechtsgültig unterfertigtes Langtext-Angebot abgegeben habe. Somit sei seitens des Bieters kein zulässiges Angebot abgegeben worden, da nur ein rechtsgültig unterfertigtes Kurztext-Angebot vorgelegt worden sei. Hinsichtlich der fehlenden Zuschlagskriterien entgegnete die Auftraggeberin unter Hinweis auf § 80 Abs.3 BVergG, dass dieser durch das Gesetz vorgegebenen Regelung bei der gegenständlichen Bieterfindung Rechnung getragen worden sei. Die Ausschreibung sei so konzipiert worden, dass ein Vergleichsstandard existiere, welcher durch die Festlegungen der Auftraggeberin fixiert worden sei. Die Wahl des Billigstbieterverfahrens sei somit rechtens. Bezüglich der fehlenden Bekanntgabe der Subunternehmer stellte die Auftraggeberin klar, dass von der Antragstellerin im Angebot entgegen § 108 Abs.1 Z2 BVergG keine Subunternehmer namhaft gemacht geworden seien und daher über keine technische Leistungsfähigkeit zur Auftragsdurchführung verfüge. Dies stelle einen nicht behebungsfähigen Mangel dar. Im gegenständlichen Verfahren sei also die Frage zu prüfen, ob die Antragstellerin durch eine bestimmte Entscheidung der Auftraggeberin in ihren Rechten verletzt worden sei. Dies liege aber nur dann vor, wenn der betreffende Bieter bei rechtskonformer Entscheidung eine "echte Chance" auf Zuschlag gehabt hätte (VwGH 9.4.2004, 2000/04/0181). Das Angebot müsse aufgrund seiner Form und seines Inhaltes zumindest die Möglichkeit für einen Zuschlag haben. Daher sei die Antragslegitimation zu verneinen, wenn das Angebot auszuscheiden gewesen wäre und deshalb für die Zuschlagsentscheidung nicht in Betracht käme (VwGH 27.9.2000, 2000/04/0050; BVA 18.6.1998 F-3/98-12). Dies sei im gegenständlichen Verfahren  zu bejahen. Es werde daher beantragt, den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuweisen, den Antrag im Hauptverfahren in allen Punkten zurückzuweisen in eventu abzuweisen.           

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art. 14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art. 14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 126b Abs.2, soweit sie nicht unter die Z1 lit.c fällt, sowie der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 127 Abs.3 und Art. 127a Abs.3 und 8.

 

Gemäß Art. 127a Abs.3 überprüft der Rechnungshof weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen eine Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die die Gemeinde allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.

 

Gemäß Art. 14b Abs.2 B-VG letzter Satz gelten Gemeinden unabhängig von der Zahl ihrer Einwohner als Rechtsträger, die im Sinne der Z1 lit.b und c und der Z2 lit.b und c der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen.

 

Aufgrund des vorgelegten Gesellschaftsvertrages der Kommanditerwerbs­gesellschaft "Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde S & Co KEG" ist persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) der Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde S. Dieser Verein bringt in die Gesellschaft lediglich seine Arbeitskraft ein. Kommanditist der Gesellschaft ist die Gemeinde S, die zur Leistung einer Geldeinlage in Höhe von 1.000 Euro verpflichtet ist.

 

Aufgrund der oben zitierten Bestimmungen des B-VG ist ein Unternehmen, an dem eine Gemeinde, unabhängig von ihrer Einwohnerzahl mit mindestens 50 % am jeweiligen Unternehmenskapital beteiligt ist, öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Art. 14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG. Die Gemeinde S leistet die gesamte finanzielle Einlage in der KEG und wird diese auch inhaltlich von der Gemeinde beherrscht. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde S  & Co KEG öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 1 Abs.1 Oö. VergRSG ist und daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG unterliegt.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3.   Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 8 Abs.2 leg.cit. hat der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu enthalten:

1.                die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin,

2.                eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhalts sowie des Vorliegens der in § 3 Abs.1 genannten Voraussetzungen;

3.                die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit;

4.                die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen;

5.                die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und

6.                die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.  

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4. Zum behaupteten Nichtvorliegen der Mindestanforderungen nach § 8 Abs.2 Oö. VergRSG ist grundsätzlich anzuführen, dass nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats an die formalen Kriterien des Antrages keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen.

 

Im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf die Ausführungen zum Hauptantrag und wurden darin zu den unmittelbar drohenden Schädigungen der Interessen der Antragstellerin Angaben gemacht.

 

An die Darlegung des drohenden Schadens ist auch nach geltender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein besonders strenger Maßstab zu richten, zumal es offenkundig ist, dass der Antragstellerin aufgrund der Ausscheidung und somit in der Folge aus dem Nichterhalt des Auftrages ein Schaden entsteht und dieser Schaden natürlich durch die Nichterlassung einer einstweiligen Verfügung unmittelbar eintreten könnte. Würde die Antragstellerin keine einstweilige Verfügung beantragen, so könnte ihr in einem nachfolgenden Feststellungsverfahren nach erfolgtem Zuschlag bzw. Vertragsabschluss vorgeworfen werden, dass sie nicht alle Maßnahmen zur Verhinderung des Schadens gesetzt hätte.  

 

3.5.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art. 2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.6. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung (Fertigstellungstermin: Juni 2009) handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessens­abwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechts­widrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer 

 

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