Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521956/2/Br/Ps

Linz, 02.06.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn F T, geb., H, O, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. P u. Dr. S, S, B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 6.5.2008, Zl. VerkR21-212-2008/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht:

 

 

Der Berufung gegen den Entzug der Lenkberechtigung wird keine Folge gegeben; es wird jedoch die Rechtswidrigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 64 Abs.2 AVG festgestellt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und § 67d Abs.1 AVG iVm § 7 Abs.1, § 24 Abs.1 Z1, § 25 Abs.1, § 26 Abs.3 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 31/2008.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber dessen in Deutschland (ausgestellt vom Landratsamt Altötting unter der GZ: am 25.10.1978) erteilte Lenkberechtigung für die Klassen 1, 3 u. 4 wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwei Wochen entzogen. Gestützt wurde dieser Entzug u.a. auf § 7 Abs.1, Abs.3 u. Abs.4 iVm § 26 Abs.3 FSG 1997. Ebenfalls wurde ausgesprochen, für die Dauer der Entziehung vom Recht von einem weiteren ausländischen Führerschein in Österreich nicht Gebrauch machen zu dürfen sowie wurde einer Berufung unter Anwendung des § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

1.1. Als Anlass wurde dieser Entscheidung die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 km/h im Ortsgebiet zu Grunde gelegt. Dies wurde wiederum gestützt auf das in Rechtskraft erwachsene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 12.2.2008, Zl. 30308-369/75405-2007. Demnach hat der Berufungswerber am 1.10.2007 um 16:05 Uhr im Ortsgebiet Irlach in Fahrtrichtung Ostermiething, St. Georgen, L 205, bei Strkm 006,400, mit dem Pkw, Kennzeichen, die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 44 km/h überschritten.

Dies wurde in Verbindung mit § 26 Abs.3 iVm § 7 Abs.3 Z4 FSG als eine die Verkehrszuverlässigkeit in der Dauer von zwei Wochen ausschließende Tatsache beurteilt.

 

1.2. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Gemäß § 3 Abs. 1 FSG 1997 darf eine Lenkberechtigung Personen nur erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 24 Abs. 1 FSG 1997 ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung nicht mehr gegeben sind, zu entziehen.

Gemäß § 7 Abs. 1 FSG 1997 gilt eine Person dann nicht als verkehrszuverlässig, wenn aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einem durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

Gemäß § 7 Abs. 3 Ziffer 4 FSG 1997 hat als bestimmte Tatsache insbesondere zu gelten, wenn jemand die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

Gemäß § 26 Abs. 3 FSG 1997 hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Ziffer 4 genannten Übertretung die Entziehungsdauer zwei Wochen bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

Gemäß § 29 Abs. 3 FSG ist der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

Gemäß § 30 Abs. 3 FSG hat die Behörde eine Entziehung auszusprechen und den Führerschein des Betroffenen einzuziehen und der Ausstellungsbehörde zurückzustellen, wenn das Verfahren gemäß Abs. 1 den Besitzer einer in einem EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung, der seinen Hauptwohnsitz (§ 5 Abs. 1 Ziffer 1) in Österreich hat, betrifft.

Die Behörde hat auch die Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR-Staates anzuordnen, wenn eine Person mit Wohnsitz in Österreich eine solche Lenkberechtigung zu einem Zeitpunkt erlangt hat, in dem in Österreich bereits die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrzuverlässigkeit entzogen war. In diesem Fall ist die Lenkberechtigung bis zu jenem Zeitpunkt zu entziehen, zu dem die bereits angeordnete Entziehungsdauer endet. Hat eine Person mit Wohnsitz in Österreich, der die Lenkberechtigung in Österreich wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen wurde, trotzdem in einem EWR-Staat eine Lenkberechtigung erworben, so ist diese anzuerkennen, es sei denn, ein gemäß § 24 Abs. 4 eingeholtes amtsärztliches Gutachten bestätigt, dass die gesundheitliche Nichteignung nach wie vor besteht.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Einer Anzeige der Polizeiinspektion L vom 01.10.2007 zufolge, lenkten Sie am 01.10.2007 um 16.05 Uhr den Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen, im Gemeindegebiet von St. Georgen bei Salzburg, Ortsgebiet Irlach, auf der L 205, bei Strkm. 6.400, in Fahrtrichtung Ostermiething, und haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 44 km/h überschritten zu haben. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

 

Aufgrund dieser Tatsache werden Sie mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 12.02.2008, ZI.: 30308-369/75405-2007, bestraft.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 31.03.2008, übernommen am 02.04.2008, wurde Ihnen der gegenständliche Sachverhalt zur Kenntnis und Ihnen gleichzeitig eine Frist eingeräumt, binnen 2 Wochen, gerechnet ab Zustellung, hiezu schriftlich Stellung zu nehmen.

 

Mit Schreiben vom 09.04.2008, eingelangt am 15.04.2008, nahm Ihr Rechtsvertreter dazu Stellung. Dieser führt aus, dass am besagten Tag in ziemlich knappem Abstand vor Ihnen ein weißer Lieferwagen gefahren ist. Dieser Lieferwagen war schneller als Sie unterwegs. Sie geben an, sich erinnern zu können, dass Ihnen an der Laserpistole ein gemessener Wert von 84 km/h gezeigt wurde. Die in der Anzeige der Polizei L angegebene Geschwindigkeit von 97 km/h dürfte den vor Ihnen fahrenden Lieferwagen betroffen haben.

Abschließend beantragen Sie, die Messprotokolle der Polizei L vom 01.10.2007 im Zeitraum von 15.30 Uhr bis 16.30 Uhr anzufordern.

 

In einem Telefonat am 02.05.2008 ersuchen Sie, die Entziehung der Lenkberechtigung ehebaldigst vorzunehmen.

 

Hierüber hat die Behörde wie folgt erwogen:

 

Aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion L vom 01.10.2007, ZI: AI/0000026966/01/2007, steht es zweifelsfrei fest, dass Sie auf der sachverhaltsgegenständlichen Strecke die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 44 km/h überschritten haben.

 

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 12.02.2008, ZI: 30308-369/75405-2007, wurden Sie gemäß § 20 Abs. 2 iVm. § 99 Abs. 2c Ziffer 9 StVO 1960 rechtskräftig bestraft. Gegen dieses Straferkenntnis legten Sie kein Rechtsmittel ein.

 

Die bereits ausgeführten Angaben in der Stellungnahme vom 09.04.2008 werden als Schutzbehauptungen qualifiziert. Von einem vor Ihnen fahrenden Lieferwagen war nie die Rede. Vielmehr gaben Sie im Zuge der Anhaltung an, mit dem Fahrzeug Ihrer Tochter gefahren zu sein und deshalb die Fahrgeschwindigkeit nicht so genau einschätzen zu können, wie bei Ihrem eigenen Fahrzeug.

Auch die Tatsache, dass Sie auf die am 14.01.2008 ergangene und eigenhändig übernommene Aufforderung zur Rechtfertigung nicht reagierten und wie bereits erwähnt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung kein Rechtsmittel einbrachten, lässt darauf schließen, die Tat einzugestehen.

 

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Aufgrund dieses Sachverhaltes und dessen Wertung gelangt die Behörde zur Auffassung, dass Sie nicht mehr verkehrszuverlässig sind. Es ist Ihnen daher aus Gründen der Verkehrssicherheit als vorbeugende Maßnahme die Lenkberechtigung zu entziehen.  Dabei ist auf persönliche, wirtschaftliche und berufliche Interessen nicht Bedacht zu nehmen. Die getroffenen Anordnungen beziehen sich auf die zitierten Gesetzesstellen. Die Kraftfahrbehörde stellt unter Berücksichtigung der genannten Umstände die Prognose, dass es bis zur Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit der im Spruch des Bescheides angeführten Entziehungsdauer bedarf.

 

Da Personen, welche die zum Lenken eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr erforderliche Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr besitzen, eine unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit bilden und demnach zum Schütze der gefährdeten Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs behördliche Sofortmaßnahmen geboten sind, musste wegen Gefahr im Verzuge einer eventuell gegen diesen Bescheid einzubringenden Berufung die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1991 aberkannt werden."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:

"In der umseits bezeichneten Verwaltungssache erstattet der Einschreiter gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu VerkR21-212-2008 vom 06.05.2008, zugestellt am 09.05.2008, binnen offener Frist nachstehende

 

BERUFUNG:

 

Durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides verstößt die erkennende Behörde gegen den Grundsatz der Offizialmaxime sowie gegen den Grundsatz der materiellen Wahrheit.

 

Die „freie Beweiswürdigung'1 darf erst nach einer vollständigen Beweiserhebung einsetzen; eine vorgreifende Beweiswürdigung ist unzulässig.

Die Behörde ist verpflichtet den wesentlichen Sachverhalt von amtswegen festzustellen und auf die Beweisanträge des Einschreiters einzugehen.

 

Mit Eingabe vom 09.04.2008 hat der Einschreiter die Beischaffung der Messprotokolle der Polizeiinspektion L betreffend den Verfallstag am 01.10.2007 im Zeitraum vom 15.30 Uhr bis 16.30 Uhr beantragt. Hier ist festzustellen, dass gemäß § 46 AVG der Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismitte! gilt und mit diesem Beweismittel ohne großen Aufwand gezeigt hätten werden können, dass die gemessene Fahrgeschwindigkeit mit 97 km/h nicht dem Fahrzeug des Einschreiters zuzuordnen ist, sondern einem vor ihm fahrenden Fahrzeug. Damit wäre wiederum nachgewiesen gewesen, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung des Klägers in einem Bereich gelegen ist, der keinesfalls einen Führerscheinentzug zulässt.

 

Entsprechend dem Grundsatz der materiellen Wahrheit hat die Behörde - ohne Rücksicht auf abfällige gegenteilige Äußerungen der Beteiligten - den wirklichen Sachverhalt festzustellen. Es ist daher irrelevant, ob der Einschreiter gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung ein Rechtsmittel eingelegt hat oder nicht. Weiterhin ist es irrelevant, ob der Kläger auf die Aufforderung zur Rechtfertigung seitens der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung reagiert hat oder nicht.

 

Die Qualifikation der Darstellung des Einschreiters als Schutzbehauptung stellt somit eine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung dar und verstößt die Behörde gegen wesentliche Verfahrensgrundsätze, sodass der vorliegende Bescheid rechtswidrig ist.

 

Demgemäß beantragt der Ernschreiter die Aufhebung des Bescheides samt Feststellung dessen Rechtswidrigkeit.

 

Weiterhin wird beantragt, diese Berufung aufschiebende Wirkung zu zuerkennen, da offenkundig keine Gefahr im Verzuge vorliegt. Der Einschreiter ist unbescholten und hat sich seit dem gegenständlichen Vorfall wohlverhalten. Es ist zu bedenken, dass der Tatzeitpunkt bereits mehr als 7 Monate (!) zurückliegt und der Einschreiter in dieser Zeit bewiesen hat, dass er sich gesetzeskonform verhält. Aufgrund dieser Sachlage kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Wohl eine sofortige Vollstreckung des Bescheides erfordert.

 

B, am 14.05.2008                                                                                             F T"

 

3. Der Berufungsakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. In diesem Verfahren hat der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier mit Blick auf § 67d Abs.2 AVG unterbleiben.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Wie die Behörde erster Instanz im hier angefochtenen Entzugsbescheid wohl zutreffend ausführte, gilt nach § 7 Abs.1 FSG 1997 als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) – für deren Wertung iSd Abs.4 der Behörde kein Raum eröffnet bleibt – angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder ................ gefährden wird, oder .......... (Weglassung hier nicht relevanter Aufzählungen).

Gemäß § 7 Abs.3 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere (auch), wenn jemand: "......... die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde (Z4 leg.cit);"

Diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen hier vor, sodass hier iVm § 26 Abs.3 FSG zwingend mit dem Entzug der Lenkberechtigung im genannten Ausmaß vorzugehen ist.

 

4.2. Die Kraftfahrbehörde ist dabei nicht nur an einen durch ein Straferkenntnis ausgesprochenen rechtskräftigen Schuldspruch gebunden (unter vielen VwGH 12.4.2001, 98/11/0255 mit Hinweis auf VwGH 21.2.1990, 90/03/0013, VwGH 18.12.1997, 96/11/0038), es ist auch eine Neuaufrollung des die Präjudizwirkung auslösenden Falles dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt. Die nunmehr vorgetragenen Rechtfertigungsgründe zum Schuldspruch haben daher auf sich zu bewenden. Sie wären allenfalls im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens einzuwenden gewesen, wobei auf Grund des beigeschlossenen Verwaltungsstrafaktes die Lasermessung – was auf sich bewenden muss – auch inhaltlich kaum in Frage zu stellen sein dürfte.

 

4.2.1. Die Behöre hat hier darüber hinaus aber keine eigene Wertung des bereits vom Gesetzgeber abstrakt mit einem Werturteil versehenen Verhaltens vorzunehmen, welches bei erstmaliger Begehung mit vierzehn Tagen die Entzugsdauer definiert und damit eine dahinter normiert zu erachtende Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit vorweggenommen wurde.

Betreffend die sogenannten Kurzzeitentzüge bestehen ferner auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfGH 10.6.2003, G360/02 ua). Der Verfassungsgerichtshof erachtet darin die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger, mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1996, 96/11/0197 zum Ausdruck gelangende Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach der Entziehung der Lenkberechtigung wegen Vorliegens einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs.2 lit.i KFG 1967 und der Bemessung der Entziehungszeit gemäß § 73 Abs.3 dritter Satz KFG 1967, idF BGBl. 1995/162, eine vom Gesetzgeber selbst getroffene Wertung eines derartigen strafbaren Verhaltens unter dem Gesichtspunkt seiner Relevanz für die Verkehrszuverlässigkeit des Lenkberechtigten und der zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit zu setzenden Maßnahme zugrunde liegt, weshalb eine davon abweichende eigenständige Wertung im Sinne des § 66 Abs.3 KFG 1967 einer unter § 66 Abs.2 lit.i KFG 1967 fallenden Geschwindigkeitsüberschreitung durch die Kraftfahrbehörde grundsätzlich ausgeschlossen ist, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für vertretbar.

Die Entziehung der Lenkberechtigung sei nicht (nur) als Maßnahme der polizeilichen Gefahrenabwehr konzipiert, die eine unmittelbar effektive und sofortige Sicherung bewirkt, sondern sie entfaltet vor allem auch dadurch einen Schutzeffekt im Interesse der Verkehrssicherheit, dass sie auf den Lenker ermahnend und erzieherisch einwirkt. Ihr kommt – wie jeder anderen Maßnahme der Verkehrserziehung – auch die Bedeutung eines auf einen längeren Zeitraum ausgelegten, der Verkehrserziehung dienenden Sicherungsinstrumentes zu. Dass der Gesetzgeber gemäß ausdrücklicher Hervorhebung durch den Verfassungsgerichtshof im o.a. Erkenntnis die Entziehung der Lenkberechtigung ebenso als Mittel zur "Verkehrserziehung" eingerichtet hat, ist in diesem Zusammenhang nur noch zu erwähnen. Wenngleich es sich im Sinne der obzitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes expressis verbis um keine Strafe handelt, sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat auch hier zur Bemerkung veranlasst, dass dieses Regime in seiner Wirkung dennoch zumindest in die Nähe des Verbotes einer Doppelbestrafung und damit in Konflikt zum Schutzbereich der EMRK geraten könnte. Dies mit Blick darauf, weil auch der Bestrafung über den Präventionsaspekt ein erzieherischer Aspekt inhärent ist. Sohin erreicht der Kurzzeitentzug im Ergebnis den Charakter eines zusätzlichen Strafeffektes und gerät daher zumindest auch in die sachliche Nähe zu einer Nebenstrafe und einer Doppelsanktionierung.

Dass auch eine EWR-Lenkberechtigung bei Wohnsitz in Österreich zu entziehen ist, hat die Behörde erster Instanz im siebten Absatz der Seite 2 ihres Bescheides zutreffend ausgeführt. Als Rechtsquelle gelangt hierfür der § 30 Abs.3 des Führerscheingesetzes idF BGBl. I Nr. 31/2008 zur Anwendung.

 

4.3. Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann (aber auch nur dann) ausschließen, wenn die Lenkerberechtigung mangels einer von der Behörde zu wertenden Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird, weil in diesem Fall die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug geboten ist.

Davon kann aber bei sachbezogener Betrachtung in diesem Sonderfall der Entziehung wohl kaum die Rede sein (vgl. VwGH 2.7.1986, 85/11/0167 mit Hinweis auf VwGH 28.11.1983, 82/11/0270, VwSlg 11237 A/1983). Dabei ist darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung gegeben waren (vgl. VwGH 29.9.2005, 2005/11/0123).

Hier liegt der Vorfall der Geschwindigkeitsüberschreitung bereits acht Monate zurück. Hier wird rational wohl kaum davon die Rede sein können, dass nun just ab Tätigwerden der Behörde durch den auszusprechenden Kurzzeitentzug, trotz der während dieser Zeit offenbar unauffälligen Verkehrsteilnahme, plötzlich in der Verkehrsteilnahme des Berufungswerbers für zwei Wochen eine solche Gefahr zu vermuten wäre.

Die Aberkennung der Verkehrszuverlässigkeit muss vor diesem Hintergrund wohl anders als bei den sonstigen im § 7 FSG normierten Tatbeständen – etwa Alkodelikte – beurteilt werden.

Dies führte im Ergebnis dazu, ein Rechtsmittel auf inhaltsleeres Rechtsinstitut zu reduzieren, welches allenfalls nur mehr im Wege einer Amtshaftungsklage zu reparieren wäre. Damit wäre der Berufungswerber mit seinem Vorbringen formal im Recht, wobei hier angesichts der Bindung an den Schuldspruch und des Verhältnisses der Verfahrens- zur Entzugsdauer ein Zwischenbescheid über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben musste.

 

Der Berufung musste letztlich in der Hauptsache der Erfolg versagt bleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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