Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163101/6/Zo/Jo

Linz, 02.06.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des G K, geb. , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. S, Mag. S, vom 13.03.2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 03.03.2008, Zl. VerkR96-27261-2006, wegen drei Übertretungen des GGBG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.05.2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51 e und 45 Abs.1 Z3 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:

Sie haben – wie anlässlich einer Anhaltung am 22.08.2006 um 8.50 Uhr im Gemeindegebiet Pötsching, S4, Raststation Pötsching, Fahrtrichtung Mattersburg, festgestellt wurde – als das gemäß § 9 VStG satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ des Absenders Firma D A GmbH die gefährlichen Güter

 

UN 3262 ätzender basischer anorganischer fester Stoff, N.A.G. 8 III, 175 kg

UN 1824 Natriumhydroxidlösung 8, II, 127 kg

UN 1263 Farbzubehörstoffe 3, III, 54 kg

UN 1263 Farbzubehörstoffe 3, II, 8 kg

 

1) zur Beförderung übergeben, wobei Sie im Rahmen des § 7 Abs.1 GGBG (Sicherheitsvorsorgepflicht) Ihren Pflichten nicht nachgekommen sind. Sie haben es unterlassen, dafür zu sorgen, dass die Versandstücke entsprechend gekennzeichnet bzw. bezettelt waren. Es fehlte die UN Nummer auf den Versandstücken. Zwei Versandstücke UN 1263 waren nicht mit der UN Nummer gekennzeichnet.

2) zur Beförderung übergeben, wobei Sie im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG (Sicherheitsvorsorgepflicht) Ihren Pflichten nicht nachgekommen sind. Sie haben es unterlassen, dafür zu sorgen, dass die Versandstücke entsprechend gekennzeichnet bzw. bezettelt waren. Es fehlten auf den Versandstücken die Gefahrzettel. Zwei Versandstücke UN 1263 waren nicht mit Gefahrzettel nach Muster Nr. 3 gekennzeichnet.

3) zur Beförderung übergeben, wobei Sie im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG (Sicherheitsvorsorgepflicht) Ihren Pflichten nicht nachgekommen sind. Sie haben es unterlassen, dafür zu sorgen, dass die Versandstücke entsprechend gekennzeichnet bzw. bezettelt waren. Die Gefahrzettel entsprachen nicht dem ADR gemäß Abs. 5.2.2.2.2 ADR. Die Zettel waren bei vier Versandstücken nicht auf der Verpackung selbst sondern auf der Folierung aufgedruckt.

 

Beförderungseinheit: LKW N3, MAN, KZ: W-3075GT

 

Lenker: M I

 

In weiterer Folge wurden die vom Berufungswerber jeweils verletzten Rechtsvorschriften sowie die verhängten Strafen einschließlich der Strafbestimmungen angeführt. Insgesamt wurden Geldstrafen in Höhe von 950 Euro und ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 95 Euro sowie entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen vorgeschrieben.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde vorerst geltend gemacht, dass der Beschuldigte von Beweisaufnahmen nicht verständigt worden sei. Unabhängig davon, ob die entsprechenden Bezettelungen bzw. Beschriftungen vorhanden waren, könnten die Übertretungen dem Beschuldigten jedenfalls nicht vorgeworfen werden. Er habe nämlich ein Kontrollsystem eingerichtet, aufgrund dessen er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften habe rechnen können. Die Behörde habe sich mit seinen Ausführungen zum Kontrollsystem nicht auseinandergesetzt, obwohl er dieses umfangreich dargelegt habe. In weiterer Folge wurde in der Berufung das Kontrollsystem näher erläutert und ausgeführt, dass dieses durch ein Erkenntnis des UVS Steiermark vom 23.10.2006, UVS30.2-66/2006-9 als ausreichend erkannt worden sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.05.2008, an welcher der Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen hat sowie Herr M S (Gefahrgutbeauftragter der D A GmbH) als Zeuge zum Sachverhalt befragt wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Die D A GmbH war Absenderin der im Spruch angeführten Gefahrgüter. Entsprechend der im Akt befindlichen Anzeige wurde bei der Kontrolle festgestellt, dass zwei Versandstücke UN 1263 nicht mit der UN Nummer gekennzeichnet waren, zwei Versandstücke UN 1263 nicht mit Gefahrzettel nach Muster Nr. 3 gekennzeichnet waren und die Gefahrzettel bei vier Versandstücken nicht auf der Verpackung selbst sondern auf der Folierung aufgedruckt waren. In der Anzeige befinden sich Fotos, welche einen Teil der Ladung dokumentieren, unter anderem zwei Fässer einer Holzschutzlasur, welche nicht als Gefahrgut gekennzeichnet waren. Diese wurden in der Anzeige als Versandstücke UN 1263 ohne Gefahrzettel und UN Nummer bezeichnet. Weiters wurden zwei Fässer mit Holzschutzlasur fotografiert, welche durch eine Folie umverpackt waren, wobei sich die UN Nummer sowie der Gefahrzettel lediglich auf der Folie befunden haben. Entsprechend dem ebenfalls der Anzeige angeschlossenen Beförderungspapier befanden sich auf der Ladung unter anderem sechs Fässer UN 1263 Farbzubehörstoffe, 3, III, mit einer Masse von 25 kg, 10 Kanister UN 1263 Farbzubehörstoffe, 3, III, mit einer Gesamtmasse von 29 kg sowie eine Kiste UN 1263 Farbzubehörstoffe (Toluol, Spezialbenzin), 3, II mit einer Masse von 8 kg.

 

Der gegenständliche Transport wurde von der Filiale der D A GmbH in Wien disponiert, Beförderer war die I K GmbH und der konkrete LKW wurde von Herrn I gelenkt. Der Berufungswerber sowie sein Gefahrgutbeauftragter führten in der Berufungsverhandlung das Kontrollsystem umfangreich aus. Der Berufungswerber machte weiters geltend, dass das Straferkenntnis in den Punkten 1 und 2 unklar sei, weil es vorerst heiße, dass auf den Versandstücken die UN Nummer bzw. die Gefahrzettel fehlten, während dann weiter ausgeführt sei, dass zwei Versandstücke nicht gekennzeichnet gewesen seien. Es sei bereits damit unklar, welche Versandstücke eigentlich gemeint seien. Auch die verletzten Rechtsvorschriften seien teilweise falsch zitiert.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

 

5.2. Die Frist für die Verfolgungsverjährung beträgt für die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen sechs Monate, und der Vorfall hat sich am 22.08.2006 ereignet, sodass nur jene Verfolgungshandlungen relevant sind, welche bis 22.02.2007 abgesendet wurden. Dies war im konkreten Fall nur die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 07.12.2006, wobei der Tatvorwurf dabei wortgleich formuliert ist wie im angefochtenen Straferkenntnis.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterbricht eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente bezieht (siehe z.B. VwGH vom 26.06.2000, 96/17/03612). Dementsprechend muss bereits die Verfolgungshandlung alle jene Tatbestandselemente iSd § 44a Z1 VStG enthalten, welche für die Konkretisierung der Verwaltungsübertretung erforderlich ist.

 

In Punkt 3 des Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass die Gefahrzettel bei vier Versandstücken nicht auf der Verpackung selbst sondern auf der Folierung aufgedruckt gewesen seien. Diesem Tatvorwurf lässt sich nicht entnehmen, bei welchen der im Straferkenntnis angeführten Versandstücken dies der Fall gewesen sein soll bzw. welches der beförderten Gefahrgüter davon betroffen war. Im Hinblick darauf, dass es sich um vier unterschiedliche Gefahrgüter handelte, welche einerseits in die Gefahrenklasse 3, andererseits in die Gefahrenklasse 8 fallen und dementsprechend auch andere Gefahrzettel notwendig gewesen wären, ist dieser Tatvorwurf jedenfalls zu ungenau.

 

Bezüglich der Punkte 1 und 2 wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass zwei Versandstücke UN 1263 nicht mit der UN Nummer bzw. nicht mit Gefahrzettel nach Muster 3 gekennzeichnet gewesen seien. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass sich beim gegenständlichen Gefahrguttransport unterschiedliche Versandstücke mit Gefahrgut der UN 1263, nämlich einerseits solche der Verpackungsgruppe III, als auch andererseits solche der Verpackungsgruppe II befunden haben. Außerdem befanden sich die Gefahrgüter der UN 1263 entsprechend dem Beförderungspapier in verschiedenen Verpackungen, nämlich einerseits in Fässern, andererseits in Kanistern, aber auch in einer Kiste. Es ist daher der Tatvorwurf in den Punkten 1 und 2 auch insofern unklar, als nicht mit Sicherheit feststeht, ob die mangelhaften Kennzeichnungen das Gefahrgut der Verpackungsgruppe II oder jenes der Verpackungsgruppe III betreffen und auch unklar ist, welche Versandstücke (Fässer, Kanister oder die Kiste) nicht bezettelt bzw. gekennzeichnet waren.

 

Im Hinblick auf diese unklaren Vorwürfe konnte der Berufungswerber nicht wissen, was genau ihm vorgehalten wird und war daher auch nicht in der Lage, zu diesen Tatvorwürfen konkret Stellung zu nehmen bzw. Beweise anzubieten. Damit entsprach die Verfolgungshandlung nicht den Vorschriften des § 44a Z1 VStG, weshalb sie die Verjährung nicht unterbrechen konnte. Es war daher der Berufung gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG stattzugeben.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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