Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163234/2/Br/Ps

Linz, 02.06.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch dessen Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn W A T, geb., B, W, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Jänner 2008, AZ. VerkR96-14385-2007-Pm/Pi (nach dessen Abänderung durch die Berufungsvorentscheidung vom 14. März 2008), wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

 

I.       Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 200 Euro ermäßigt wird.

 

II.     Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 20 Euro; für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

zu II.: §§ 63 Abs.4 und 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat über den Berufungswerber mit dem o.a. Straferkenntnis wegen der Übertretungen nach 1) § 4 Abs.2 Z2 iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2) § 43 Abs.4 lit.b iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 vorerst Geldstrafen von 1) 300 Euro und 2) 100 Euro verhängt (Tatvorwurf: Verkehrsunfall mit Personenschaden am 15.12.2006 um 13:45 Uhr u. Unterlassung der Abmeldung des KFZ).

 

1.1. In der dagegen erhobenen Berufung erklärte der Berufungswerber seine wirtschaftlichen Verhältnisse u. den Umstand, dass er zum Vorfallszeitpunkt nicht der Zulassungsbesitzer dieses Kraftfahrzeuges gewesen sei.

 

1.2. Die  Behörde erster Instanz erließ sodann eine Berufungsvorentscheidung und setzte damit im Punkt 1) – angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers – die Geldstrafe auf 200 Euro herab und im Punkt 2) stellte sie das Verfahren ein .

 

2. Mit dem als Vorlageantrag zu wertenden Schreiben des Berufungswerbers vom 3.4.2008 vermeint dieser, auch 200 Euro nicht bezahlen zu können. Er ersuche um weitere Reduzierung der Geldstrafe auf 80 Euro. Ansonsten müsse er die Ersatzfreiheitsstrafe antreten.

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mit Blick auf die bloße Strafberufung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt, woraus sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt ergibt.

 

4. Der Sachverhalt betreffend den Verkehrsunfall und die nachfolgende unterbliebene Verpflichtung im Sinne des § 4 Abs.2 StVO (Hilfeleistung und Verständigungspflicht) ist unbestritten. Ebenfalls hat die Behörde erster Instanz in nachvollziehbarer Weise die Annahmen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers getroffen.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 64a Abs.3 AVG tritt mit Einlangen des Vorlageantrages die Berufungsvorentscheidung ex lege außer Kraft (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, 4. TB, Rz 35,36, zu § 64a AVG, mit Hinweis auf VwGH 26.12.2005, 2005/02/0262). Die Behörde hat die Parteien vom Außerkrafttreten der Berufungsvorentscheidung zu verständigen. Verspätete oder unzulässige Vorlageanträge sind von ihr zurückzuweisen. Dieser Vorlageantrag ist hier jedoch nur auf den Punkt 1) der Berufungsvorentscheidung bezogen zu sehen. Gegen den Punkt 2), welcher durch Einstellung rechtskräftig erledigt ist, kann demnach als gesonderte Entscheidung der Vorlageantrag nicht ausgedehnt erachtet gelten.

Mit dem Vorlageantrag – der hier nur auf den Punkt 1) gerichtet beurteilt wird – gilt ab dem Zeitpunkt des Außerkrafttretens die vorliegende Berufung wieder als unerledigt.

Die Zuständigkeit zur Entscheidung darüber ist diesbezüglich auf die Berufungsbehörde übergegangen (VwSlg 14.159 A/1994; VwGH 24.1.1997, 96/19/2111 mwN). Das Verfahren tritt demnach im Punkt 1) in das Stadium vor Ergehen der Berufungsvorentscheidung zurück (Hengstschläger3, Rz 511). Die Berufungsbehörde hat in diesem Fall die gleiche Entscheidungskompetenz wie im Berufungsverfahren, in dem keine Berufungsvorentscheidung ergangen ist (VwGH 20.2.1997, 96/96/0110), dh. sie entscheidet ausschließlich über die ursprünglich eingebrachte Berufung und nicht über die (nicht mehr existente) Berufungsvorentscheidung.

Diese Bestimmungen sind auf Grund des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

Der Grundsatz des Verschlechterungsverbotes würde demnach nur innerhalb des Berufungsgegenstandes (h. der ursprünglich verhängten Geldstrafe) Relevanz erlangen.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

6.1. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro  bis zu 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs.1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeiinspektion verständigt.

 

Gemäß § 4 Abs.2 StVO 1960 haben, sind bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden, die im Abs.1 genannten Personen Hilfe zu leisten; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizeiinspektion sofort zu verständigen.

 

Im vorliegenden Fall wurde über den Beschuldigten die Geldstrafe von 300 Euro verhängt und mit der Berufungsvorentscheidung auf 200 Euro sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden ermäßigt. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land führte in der Begründung der Berufungsvorentscheidung bzgl. Straffestsetzung aus, dass der Berufungswerber täglich nur 25,01 Euro verdiene und er Schulden in Höhe von 50.000 Euro habe.

Dieser Sichtweise schließt sich auch die Berufungsbehörde an, wobei sie von der ursprünglich im Straferkenntnis verhängten Strafe auszugehen hat und diese ebenfalls im Umfang der Berufungsvorentscheidung – nicht jedoch im vom Berufungswerber beantragten Ausmaß – reduziert.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt unter Hinweis auf den gesetzlichen Strafrahmen die Auffassung, dass im konkreten Fall die bereits von der Behörde erster Instanz reduziert gewesene Geldstrafe der Tatschuld durchaus angemessen und milde bemessen ist.

Gegen eine noch geringere Strafe sprechen insbesondere generalpräventive Überlegungen, weil es einfach verwerflich ist, nach dem Fahrzeugkontakt mit einem Fußgänger nicht zumindest die Polizei zu verständigen, sondern einfach weiterzufahren.

Selbst beim Einsatz des bloßen "Hausverstandes" müsste schon mit einer Verletzungsfolge eines derart "kontaktierten Fußgängers" gerechnet werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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