Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-163250/2/Br/Ps

Linz, 03.06.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W V, geb., P, S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. A W, S, N, vom 20.5.2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 24.4.2008, Zl. VerkR96-2694-2008, wegen Übertretungen der StVO, zu Recht:

 

I.            Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird in den Punkten 2.) u. 3.) behoben und das Verwaltungsstraf­verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.  

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5 /2008 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber drei Geldstrafen verhängt (872, 250 u. 200 Euro) und wider ihn folgende Tatvorwürfe erhoben:

"1.) Sie haben am 31.01.2008 um 21.10 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen  auf der B140, Steyrtal-Straße bis Strkm. 2,863 im Gemeindegebiet von Sierning gelenkt, obwohl der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/1 oder mehr aber weniger als 0,8 mg/1 betragen hat, da ein um 23.25 Uhr durchgeführter Alkotest einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,70 mg/1 ergab.

 

2.) Sie haben am 31.01.2008 um 21.10 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen  im Gemeindegebiet von Sierning auf der B 140 bis Strkm. 2,863 gelenkt, wobei Sie nach einem Verkehrsunfall, bei dem Ihr Verhalten in ursächlichen Zusammenhang stand, es unterließen an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da Sie sich von der Unfallstelle entfernten.

 

3.) Sie haben am 31.01.2008 um 21.10 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen  im Gemeindegebiet von Sierning auf der B 140 bis Strkm. 2,863 gelenkt, wobei Sie nach einem Verkehrsunfall, bei dem Ihr Verhalten in ursächlichen Zusammenhang stand, es unterließen, nach dem Verkehrunfall mit Sachschaden, die nächste Polizeiinspektion ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Adresse der Unfallbeteiligten unterblieben ist."

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Im gegenständlichen Verfahren gaben Sie bei der Einvernahme durch die Organe der Polizeiinspektion Sierning am 31.01.2008 folgendes an:

"Ich habe in Sierning beim W glaublich 5 Halbe Bier getrunken. Da ich mich noch fahrtüchtig fühlte, bin ich mit dem Firmen-LKW nach Hause gefahren. Auf der B 140, kurz vor der Zufahrt zur Fa. H (Km 2,863) sprang ein Reh von rechts auf die Fahrbahn. Es hat mich erschreckt und ich habe das Fahrzeug verrissen, weshalb ich dann links abgekommen und gegen einen Baum geprallt bin. Nach dem Unfall habe ich meine Frau angerufen, die mich von der Unfallstelle abgeholt hat. Die Verständigung der Polizei habe ich im Schock vergessen."

 

Am 10. März 2008 wurde Ihnen ein Ladungsbescheid per Post zugestellt.

 

Am 17. März 2008 wurde von Ihrem Rechtsanwalt Mag. W eine Vollmachtsbekanntgabe und ein Aktenübersendungsantrag an die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems gefaxt.

 

Sie haben den Termin am 28. März 2008 nicht wahrgenommen und sich nicht um einen neuen Termin bemüht. Aus diesem Grund wurde Ihnen am 25. April 2008 eine Aufforderung zur Bekanntgabe Ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zustellt. Sie haben dazu keine Angaben gemacht, weshalb von der amtlichen Schätzung (monatliches Einkommen ca. 1.300,- Euro, kein Vermögen, keine Schulden, keine Sorgepflichten) ausgegangen wird.

 

Die Behörde hat nachstehendes erwogen:

1.) Sie haben am 31.01.2008 um 21.10 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen  auf der B140, Steyrtal-Straße bis Strkm. 2,863 im Gemeindegebiet von Sierning gelenkt, obwohl der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/I oder mehr aber weniger als 0,8 mg/1 betragen hat, da ein um 23.25 Uhr durchgeführter Alkotest einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,70 mg/l ergab.

2.) Sie haben am 31.01.2008 um 21.10 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen  im Gemeindegebiet von Sierning auf der B 140 bis Strkm. 2,863 gelenkt, wobei Sie nach einem Verkehrsunfall, bei dem Ihr Verhalten in ursächlichen Zusammenhang stand, es unterließen an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da Sie sich von der Unfallstelle entfernten.

3.) Sie haben am 31.01.2008 um 21.10 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen  im Gemeindegebiet von Sierning auf der B 140 bis Strkm. 2,863 gelenkt, wobei Sie nach einem Verkehrsunfall, bei dem Ihr Verhalten in ursächlichen Zusammenhang stand, es unterließen, nach dem Verkehrunfall mit Sachschaden, die nächste Polizeiinspektion ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Adresse der Unfallbeteiligten unterblieben ist.

 

Die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung sind durch die dienstliche Wahrnehmung von Organen der Polizeiinspektion Sierning und durch die mit einem geeichten Alkomatgerät durchgeführte Messung des Atemluftalkoholgehaltes als erwiesen anzusehen. Das Strafverfahren wurde ohne Ihre Anhörung durchgeführt, da Sie zum Ladungstermin nicht erschienen sind bzw. Sie keine Stellungnahme abgegeben haben.

 

Die Behörde gelangte aufgrund der vorliegenden Ergebnisse des durch geführten Ermittlungsverfahrens in freier Beweiswürdigung zum Schluss, dass Sie die Ihnen im Spruch zur Last gelegten Tatbestände verwirklicht und als Verwaltungsübertretungen nach § 99 Abs. la StVO i.V.m. § 5 Abs. 1 StVO, 99 Abs. 2 lit. a StVO i.V.m. § 4 Abs. 1 Ht. c StVO 1960 und § 99 Abs. 3 lit. b StVO i.V.m. § 4 Abs. 5 StVO 1960 zu verantworten haben.

 

Gemäß § 99 Absatz 1 a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 872,— bis 4.360,-- Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/1 oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/1 beträgt.

 

Gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeiinspektion verständigt.

 

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstraße bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen wer in anderer als der in Abs. 2 lit. a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalls nicht Hilfe leistet.

 

Gemäß § 19 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonstige nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen, auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmung der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Da Sie keine Angaben über Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse machten, wurde bei  der  Strafbemessung  ein durchschnittliches  Einkommen von  ca.   1.300,--  Euro angenommen. Des Weiteren wurde bei der Bemessung der Strafe angenommen, dass Sie kein Vermögen, keine Schulden sowie keine Sorgepflichten haben.

Bei der Strafbemessung wurde das Ausmaß Ihres Verschuldens gewertet. Es wurden die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abgewogen.

Als   strafmildernd   wurde   gewertet,    dass    Sie    noch   keine   rechtskräftige    einschlägige Verwaltungsübertretung begangen haben. Es konnte kein straferschwerender Grund gefunden werden, deshalb konnte bei Punkt 1.) die Mindeststrafe verhängt werden. Mit den verhängten Strafen bezüglich Punkt 2.) und 3.) konnte das Auslangen gefunden werden.

Gründe für die Anwendung der §§ 20 und 21 VStG liegen nicht vor.

 

Die Vorschreibung des Verfahrenskostenbeitrages ist gesetzlich begründet."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit nachfolgender fristgerecht und ausdrücklich nur gegen die Punkte 2.) und 3.) erhobenen Berufung:

"Gegen das Straferkenntnis der BH Kirchdorf/Krems vom 24.04.2008, meinem Rechtsvertreter zugestellt am 16.05.2008, zu VerkR96-2694-2008 erhebe ich binnen offener Frist das Rechtsmittel der

B E R U F U N G

und wird dieses ausgeführt wie folgt:

 

Das Straferkenntnis wird in seinen Punkten 2.) und 3.) angefochten, wonach ich die Rechtsvorschriften § 4 Abs 1 lit. c, sowie § 4 Abs. 5 StVO verletzt hätte.

 

Im Punkt 2.) des gegenständlichen Straferkenntnisses wird mir vorgeworfen, dass ich am 31.01.2008 um 21.10 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen  im Gemeindegebiet von Sierning auf der B 140 bei Strkm. 2,863 gelenkt, wobei ich nach einem Unfall, bei dem mein Verhalten in ursächlichen Zusammenhang stand, es unterließ, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da ich mich von der Unfallstelle entfernt hätte.

 

Im Punkt 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses wird mir vorgeworfen, dass ich zum inkriminierten Tatzeitpunkt das obgenannte Fahrzeug auf der obgenannten Strecke gelenkt hätte, wobei ich nach einem Verkehrsunfall, bei dem mein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, es unterließ, nach dem Verkehrsunfall mit Sachschaden, die nächste Polizeiinspektion ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Adresse der Unfallbeteiligten unterblieben ist.

 

Diesbezüglich ist anzuführen, dass bereits aus dem gegenständlichen Akt hervorgeht, dass ich durch den gegenständlichen Vorfall erheblich an meinem Körper verletzt worden bin.

Aus der Sachverhaltsdarstellung des bearbeitenden Polizeibeamten Angerer ergibt sich, dass im Fahrzeuginneren durch die einschreitenden Polizeibeamten Blutspuren entdeckt worden sind.

 

Aus meiner Einvernahme, sowie dem Bericht des LKH Steyr ergibt sich, dass ich durch den gegenständlichen Vorfall insbesondere starkes Nasenbluten, eine stark blutende Rissquetschwunde am rechten Auge, sowie zahlreiche Prellungen meines Brustkorbes erlitten habe.

 

Auf Grund dessen habe ich unmittelbar nach dem gegenständlichen Vorfall meine Gattin telefonisch kontaktiert, und wollte ich vorab meine Verletzungen zu Hause versorgen.

 

Auf Grund der Erheblichkeit der Verletzungen wurde dies in weiterer Folge jedoch durch mich unterlassen und hat mich meine Gattin in weiterer Folge in das LKH Steyr zur weiteren Behandlung meiner Verletzung überführt.

 

Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes kann mir daher nicht vorgeworfen werden, dass ich gegen § 4 Abs. 1 lit. c sowie Abs. 5 verstoßen habe.

 

Ich stelle daher nachstehende

ANTRÄGE

an die Berufungsbehörde:

1)                                     Die    Berufungsbehörde   möge   die   Punkte    2.)   und   3.)    des    angefochtenen
Straferkenntnisses ersatzlos aufheben; in eventu

2)                 Die im angefochtenen Straferkenntnis ausgesprochenen Geldstrafe auf eine Schuld-     und Tat angemessene Geldstrafe reduzieren.

 

N, am 20.5.2008                                                                    W V"

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat demnach durch das gemäß der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems. Daraus ergibt sich angesichts der unstrittigen Faktenlage der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Demnach konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

5. Gemäß der unstrittigen Aktenlage lenkte der Berufungswerber am 31.1.2008 um 21.10 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen , auf der B140, Steyrtalstraße, im Gemeindegebiet Sierning, bei Strkm 2,863. Dort verriss er wegen eines angeblich die Straße übersetzenden Rehs sein Fahrzeug, wodurch er von der Straße abkam und er dadurch auf dem Firmenareal der Firma M gegen einen Baum stieß. Dabei wurde am Fahrzeug der Airbag ausgelöst, der Berufungswerber wurde dabei  leicht verletzt und der Baum beschädigt.

Der Berufungswerber verständigte folglich seine Ehefrau, welche ihn offenbar von der Unfallstelle abholte und ins Krankenhaus Steyr verbrachte. Von einem zufällig vorbeikommenden Fahrzeuglenker wurde nachfolgend die Polizei über diesen Unfall verständigt. Diese traf nach Recherchen bereits um 23.25 Uhr auf den zwischenzeitig ins Spital verbrachten Berufungswerber. Sie führte bei diesem einen Alkotest durch, welcher eine Atemluftalkoholkonzentration von 2 x 0,70 mg/l erbrachte.

Diesbezüglich blieb der Punkt 1.) des somit in Rechtskraft erwachsenen Straferkenntnisses mit 872 Euro unangefochten.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat rechtlich erwogen:

 

6.1. Gemäß § 4 Abs.1 lit.a, b und c, sowie § 4 Abs.5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen,

a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,

b) wenn als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,

c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, und wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben (§ 4 Abs.5 StVO 1960).

 

6.2. Eine Mitwirkungspflicht nach dieser Vorschrift besteht jedoch grundsätzlich nur dann, wenn es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat.

Der Sinn des § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 ergibt im Zusammenhang mit dem übrigen Inhalt des § 4 StVO, dass die in jener Gesetzesstelle ausgesprochene Verpflichtung nicht bei jedem Verkehrsunfall in gleicher Weise bestehen kann. Sie wird sinnvollerweise nur dann bestehen, wenn es überhaupt zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat (VwGH 12.6.2001, 97/03/0170 mit Hinweis auf Terlitza, StVO, zweite Auflage, auf S 117. Ein Verweilen an der Unfallstelle zwecks Feststellung der körperlichen und geistigen Verfassung ist dem § 4 Abs.1 lit.c StVO ebenso wenig zu entnehmen, wie dort unmittelbar auch keine Unfallrekonstruktion abzuwarten bzw. im Wege der Polizei zu veranlassen ist.

Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO bedingt demnach den Umständen des Einzelfalles je unterschiedliche Verhaltensweisen der an einem Verkehrsunfall beteiligten Person[en] (VwGH 29.6.1994, 92/03/0269, mit Hinweis auf VwGH 13.3.1981, 02/2245/80). Primär ist dies am Zweck der Klärung des Sachverhaltes zu beurteilen.

Das Verlassen der Unfallstelle kann  daher logisch betrachtet nur dann tatbildmäßig sein, wenn es dem Zweck der Mitwirkungspflicht zuwiderläuft, wenn z.B ein Zweitbeteiligter vor Ort ist und etwa mit diesem oder der bereits der Unfallaufnahme beigezogenen Polizei nicht kooperiert wird (vgl. auch VwGH 20.2.1991, 90/02/0152 mit Hinweis auf VwGH 15.5.1990, 89/02/0048 und VwGH 15.5.1990, 89/02/0164).

Im gegenständlichen Fall hätte der Berufungswerber mangels Anwesenheit von geschädigten Personen an einer Feststellung des Sachverhaltes wohl kaum mitwirken können, sodass sich das gesetzlich gebotene Verhalten nur auf die Anhalte- und Meldepflicht reduzierte.

Die Vorschrift des § 4 Abs.5 StVO bezweckt, dass dem (den) Geschädigten unnötige Nachforschungen hinsichtlich des  Unfallverursachers erspart bleiben (vgl. unter vielen h. Erk. vom 20.9.2006, VwSen-161578/6/Br/Ps).

Wie bereits im Führerscheinentzugsverfahren (h. Erk. v. 27.5.2008, VwSen-521949/2/Br/Ps) vermeint wurde, vermag es dem Berufungswerber nur schwer zum Vorwurf gereichen, wenn er sich ob seiner Verletzung noch vor Verständigung über die Beschädigung des Baumes vorerst von seiner Ehefrau zur Wundversorgung ins Spital bringen ließ. Dass zufällig noch vor einer allfälligen Verständigung der Polizei über den Unfall diese aus anderen Umständen hiervon Kenntnis erlangte, vermag einmal mehr nicht als Verstoß gg. § 4 Abs.1 lit.c u. § 4 Abs.5 StVO qualifiziert werden (vgl. h. Erk. v. 15.1.2008, VwSen-162821/2/Br/Ps mit Hinweis auf  VwGH 25.1.2002, 2001/02/0240).

Der Meldepflicht aus eigenem Antrieb kann in einem solchen Fall zwangsläufig nicht mehr nachgekommen werden, obwohl der dahinter stehende Zweck – nämlich dem Zweitbeteiligten die Umsetzung der aus dem Unfall resultierenden zivilrechtlichen Ansprüche nicht zu erschweren (vgl. VwGH 25.1.2002, 2001/02/0240) – in keiner wie immer gearteten Form beeinträchtigt gelten kann.

Mit Blick darauf kommt dem Berufungsvorbringen in jeder Richtung Berechtigung zu!

Auch der Begriff "ohne unnötigen Aufschub" ist laut höchstgerichtlicher Judikatur einer exakten zeitlichen Bestimmung nach Sekunden, Minuten oder Stunden nicht zugänglich, kann aber dahingehend eingegrenzt werden, dass gefragt wird, ob die Erstattung der Meldung nötiger- oder unnötigerweise aufgeschoben wurde (vgl. VwGH 12.11.1987, 87/02/0149 mit Hinweis auf VwGH 26.6.1974, 1925/73). Im Falle der Sorge um die eigene Gesundheit durch eine vorgezogene Spitalseinlieferung wird wohl von einem "nötigen" Aufschub die Rede sein können, wobei angesichts der Nachtzeit und des beschädigten Rechtsgutes zwei Stunden wohl kaum wider die Intention des § 4 Abs.5 StVO 1960 gesehen werden können.

Dass der Berufungswerber allenfalls auf Grund der bei ihm noch im Spital festgestellten Alkoholisierung allenfalls die Meldung tatsächlich nicht erstattet hätte, ist unbeachtlich.

Die Schuldsprüche waren demnach im angefochtenen Umfang der Punkte 2.) u. 3.) des Straferkenntnisses zu beheben und diesbezüglich das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  B l e i e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum