Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-521941/5/Bi/Se

Linz, 03.06.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J A, L, vertreten durch G K P L Rechtsanwälte OG, L , vom 29. April 2008 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 15. April 2008, FE 183/2008, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Anordnung einer Nach­schulung, der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrs­psy­cho­logischen Stellungnahme, Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, Abweisung des Antrages auf sofortige Ausfolgung des Führerscheins und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung, zu Recht erkannt:

 

 

     Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7, 24, 25, 28, 29, 30, 32 FSG die von der BH Freistadt am 3. April 2007, Zl.07138495, für die Klassen A und B erteilte (aus gesundheitlichen Gründen befristete) Lenkberechtigung wegen mangeln­der Verkehrszuverlässigkeit, ge­rech­net vom 7. Februar 2008 bis zum 3. April 2008 (Ablauf der Befristung der Lenkberechtigung) entzogen und angeordnet, dass ihm vor Ablauf des 7. Oktober 2009 keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe. Außerdem wurde ihm ausdrücklich das Lenken eines Motorfahr­rades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeu­ges oder Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von 20 Monaten, gerechnet ab 7. Februar 2008, verboten. Die Absol­vierung einer Nachschulung für alkohol­auffällige Lenker spätestens bis zum Ablauf der Entziehungsdauer bzw des Lenkverbotes wurde angeordnet und ebenso die Beibringung eines amtsärzt­lichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraft­fahrzeugen gemäß § 8 FSG sowie die Beibringung einer verkehrs­psychologischen Stellungnahme verlangt. Das Recht, von einer allfällig bestehenden ausländi­schen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung bzw des Lenkverbotes in Österreich Gebrauch zu machen, wurde dem Bw aberkannt und der Antrag auf sofortige Ausfolgung des Führer­scheins abgewiesen. Der Berufung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs.2 AVG aberkannt.    

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 18. April 2008.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­ver­handlung erübrigte sich trotz des entsprechenden Antrages des Bw aus den unten zusammengefassten Überlegungen. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe die ihm zur Last gelegte Verwaltungs­über­tretung nicht begangen. Er habe das genannte Kfz am 7. Februar 2008 nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, er habe an diesem Tag überhaupt kein Kfz in Betrieb genommen. Am 6. Februar 2008 sei er zwischen 21.00 und 22.00 Uhr zu seiner Arbeitsstelle gefahren und  habe zu diesem Zeitpunkt keinen Alkohol konsumiert gehabt. Da sein Dienst erst um 2.00 Uhr Früh beginne, habe er das "C d P" im Bahnhof aufgesucht und dort mehrere große Bier getrunken. Im Schnellimbiss S habe er gegen Mitternacht erneut drei große Bier getrunken, was C F bestätigen könne, die er hiermit als Zeugin beantrage. Als er den Dienst gegen 2.00 Uhr beginnen habe wollen, habe ihn sein Vorgesetzter K W zur einer "Selbst­anzeige" gedrängt, weil offenbar festgestellt werden sollte, dass er alko­ho­­li­siert zum Dienst erscheinen sei. Dieser habe einen Alkotest zur Feststellung der Dienstfähigkeit erreichen wollen und sich gegenüber den Beamten auf ein Über­einkommen zwischen Post und Polizei berufen – er sei nach dieser "Selbst­anzeige" wegen "schwerer Verletzung der Dienstpflichten" gekündigt worden; den wahren Beweggrund habe sein Vorgesetzter gegenüber der Polizei aber nicht genannt. Zu diesem Zeitpunkt sei er tatsächlich betrunken gewesen und habe deshalb gesagt, er sei mit dem Pkw zur Arbeit gefahren; er habe aber wegen der Alkoholisierung nicht gesagt, dass er erst nach dem Abstellen des Pkw mit dem Alkoholkonsum begonnen habe. Dazu habe auch RI S nicht näher nach­gefragt, obwohl er zwischenzeitig erwähnt habe, dass er nicht in alkoholisiertem Zustand in die Arbeit gefahren sei. Der Pkw sei ordnungsgemäß auf dem Post­parkplatz abgestellt gewesen, was er wohl kaum in seinem späteren Zustand tun hätte können. BI S habe angegeben, die Motorhaube sei warm gewesen, was aber mitten im Winter bei der äußerst niedrigen Außentemperatur nicht nach­vollziehbar sei, zumal BI S erst nach Aufnehmen der "Selbstan­zeige", also sicher 20 Minuten nach dem Erscheinen bei der Polizei, die Motor­haube geprüft habe. Auch decken sich die Angaben von C F mit seinen, dass er ca Mitternacht zum Würstelstand gekommen sei und dort mindestens 2 große Bier getrunken habe, wobei sie den Eindruck gehabt habe, er habe vorher schon etwas getrunken gehabt. Die Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach sein Zugeständnis, am Vormittag des 6. Februar 2008 drei Seitel Bier getrunken zu haben, und dies einen AAG von 1,15 mg/l nicht erklären könne, sei verfehlt. Er habe im Cafe de Paris bereits mehrere große Bier und  beim Würstelstand weitere drei große Bier getrunken. Die Rechtsprechung des VwGH bzgl Glaubwürdigkeit eines Nachtrunks sei auf diesen Fall nicht anwendbar, zumal auch der von der Erstinstanz festgestellte Tatzeitpunkt tatsachenwidrig und von keinem einzigen Beweisergebnis gedeckt sei. BI S und RI S hätten bestätigt, der Bw sei um 2.00 Uhr bei der PI Hauptbahnhof erschienen, daher könne er nicht um 2.05 Uhr einen Pkw in alkoholisiertem Zustand gelenkt haben. Er habe bei der PI nur gesagt, er sei mit dem Auto in die Arbeit gefahren, habe aber nichts erwähnt, ob dies in alkoholisiertem Zustand erfolgt sei und die Polizei habe jede Ermittlungstätigkeit dazu unterlassen.

Die Entziehungsdauer sei außerdem zu weit gefasst. Die ersten beiden zitierten Alkoholübertretungen lägen über 10 Jahre zurück und seien schon getilgt und die ggst Tat sei ohne Folgen geblieben. Bei richtiger Beurteilung wäre die Verkehrs­un­zu­verlässigkeit in 6 Monaten überwunden gewesen. Beantragt wird Bescheid­behebung und umgehende Ausfolgung der Lenkberechtigung, in eventu Herab­setzung der Entziehungsdauer auf 6 Monate und eine mündliche Berufungsver­handlung.   

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige der Meldungslegerin RI S (Ml) vom 7. Februar 2008 und aus den Zeugenaussagen der Ml und des Zeugen BI S vom 29. Februar 2008 geht hervor, dass der Bw mit seinem Vorgesetzten K W "gegen 2.00 Uhr" des 7. Februar 2008 zur PI Hauptbahnhof kam und vor ihnen "einge­stand", dass er "alkoholisiert von seiner Wohnung in L, V, zu seinem Arbeitsplatz in L, B  (Post), gefahren" sei. Laut Zeugen­aussagen verlangte der Vorge­setzte des Bw und Leiter des Postamtes Bahnhof K W unter Hinweis auf ein angeb­liches Abkommen zwischen der Post und der Polizei, wonach alkoholisierte Postbe­dienstete im Dienst über Ersuchen der Post bei der Polizei einen Alkotest machen könnten/müssten, einen solchen beim Bw durchzuführen. Da beiden Polizeibeamten ein solches Abkommen unbekannt war, fragte BI S, ob der – wegen seiner lallenden Sprache, dem Alkoholgeruch und den Gehschwierigkeiten laienhaft erkennbar alkoho­lisierte – Bw "leicht mit dem Auto gefahren sei", worauf dieser bestätigte, er sei von Zuhause mit dem Auto in die Arbeit gefahren und habe am Vormittag drei Seiterl Bier konsumiert. Daraufhin wurde er von BI S zum Alkotest aufgefordert, der laut Messstreifen um 2.21 Uhr und 2.23 Uhr Atemalkoholwerte von 1,15 und 1,18 mg/l ergab.

Laut Zeugenaussage der Ml habe der Bw nach Belehrung anstandslos den Alkotet durchgeführt und danach sei BI S mit ihm zum Auto gegangen und habe ihm beim Auto den Führerschein abgenommen. Sie habe nicht daran gezweifelt, dass der Bw von Zuhause in die Arbeit gefahren und dabei alkoholisiert gewesen sei. Einige Diensttouren nach dem Alkotest sei der Bw wieder in die PI ge­kommen und habe gesagt, er sei nicht mit dem Auto sondern mit der Straßen­bahn gefahren.

BI S bestätigte zeugenschaftlich, der für ihn eindeutig alkoholisierte Bw habe auf seine ausdrückliche Frage, ob er mit dem Auto in die Arbeit gefahren sei, geantwortet, er sei nicht alkoholisiert, weil er mit dem Auto in die Arbeit gefahren sei. Nach dem Alkotest habe er den Bw nach dem Führerschein gefragt und der habe geantwortet, der Führerschein sei im Auto. Dieses sei vor der Post auf den Schrägparkplätzen abgestellt gewesen. Der Bw habe ihm anstandslos den Führerschein ausgehändigt. Während er den Führerschein aus dem Auto geholt habe, habe BI S auf die Motorhaube gegriffen und diese sei seiner Ansicht nach warm gewesen. Er habe daher nicht gezweifelt, dass der Bw mit dem Auto von Zuhause in die Arbeit gefahren sei. Einige Tage später habe der Bw auf der PI erklärt, er sei am Vorfallstag gar nicht mit dem Auto gefahren sondern mit der Straßenbahn – das sei ihm komisch vorgekommen, weil dann das Auto tagelang in der Kurzparkzone gestanden wäre.

Da aus dem Verfahrensakt hervorgeht, dass BI S dem Bw den Führerschein beim Fahrzeug vorläufig abgenommen hat, wurde seitens des UVS die Abnahme­bestätigung, die im vorgelegten Akt nicht vorhanden war, angefordert und vom Strafamt der Erstinstanz übermittelt – hier war zwar der 7. Februar 2008 als Datum, aber keine Uhrzeit der vorläufigen FS-Abnahme gemäß § 39 FSG eingetragen.

 

K W bestätigte zeugenschaftlich am 3. März 2008 bei der Erstinstanz, der Bw sei am 7. Februar 2008 kurz vor 2.00 Uhr auf seinem Arbeits­platz erschie­nen und er habe den Eindruck gehabt, dass dieser alkoho­lisiert sei. Auf­grund vorangegangener Vorfälle habe er ihn aufgefordert, zur Polizei mitzu­gehen und dort einen Alkotest zu machen. Bei diesem Gespräch habe der Bw aber nicht gesagt, dass er alkoholisiert mit dem Auto gefahren sei, und er habe ihn dazu auch nicht gefragt. Auf sein Begehren habe der Polizist bei der PI zu ihm gesagt, das gehe die Polizei nichts an. Er habe dann aber den Bw gefragt, ob er "leicht mit dem Auto in dies Arbeit gefahren sei", was dieser bestätigt habe und auch, dass er gerade ein Seiterl Bier getrunken habe. Danach habe ihn der Polizist zum Alkotest aufgefordert, wobei der Zeuge vermutete, der Polizist habe die Alko­holisierung des Bw ebenfalls erkannt. Einige Zeit später sei der Bw wieder am Arbeitsplatz erschienen und habe arbeiten wollen; er habe ihn nach Hause geschickt.

 

Die Zeugin C F bestätigte am 14. März 2008, sie arbeite am Würstelstand der Fa S in der Kärntnerstraße und nach Mitternacht – genaues könne sie nicht mehr sagen – sei der Bw, von dem sie nur wisse, dass er Josef heiße, beim Postamt am Bahnhof arbeite und öfter zu Gast sei, ge­kommen und habe, wie sonst auch, Bier getrunken. Er trinke immer Halbe Bier, damals mindestens 2 Halbe Bier. Er sei zu Fuß zum Würstelstand ge­kommen; sie wisse gar nicht, welches Auto er besitze und wo er dieses abgestellt habe. Nach den beiden Bier sei er vermutlich in die Arbeit gegangen. Einige Zeit später sei er wieder zum Würstelstand gekommen und habe erzählt, er habe mit seinem Chef zur Polizei gehen müssen. Auf die Frage, ob der Bw bei dem Vorfall bereits alkoholisiert dort erschienen sei, teilte die Zeugin mit, sie habe schon den Eindruck gehabt, dass er zuvor schon etwas getrunken gehabt habe; sie kenne ihn zu wenig, um eine Alkoholisierung beurteilen zu können. Er habe sie später ersucht, bei der Polizei eine Aussage zu machen, aber nicht, was sie sagen solle. Sie könne sicher sagen, dass er zu Fuß gekommen sei; ob er zuvor mit einem Auto gefahren sei, wisse sie nicht.

 

Der Bw hat über seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 15. Februar 2008 erhoben. Erst in der Stellungnahme vom 25. Februar 2008 wurde diesbezüglich ausgeführt wie in der nunmehrigen Berufung und Frau C F als Zeugin beantragt zum Beweis dafür, dass der Bw, der schon am 6. Februar 2008 zwischen 21.00 und 22.00 Uhr zum Bahnhof gefahren sei, aber erst um 2.00 Uhr Dienstbeginn gehabt habe, nach dem Abstellen des Pkw Alkohol getrunken habe. Als er um ca 1.50 Uhr zur Arbeit erschienen sei, habe ihn sein Vorgesetzter zur "Selbstanzeige gedrängt".

 

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtene Bescheides als erwiesen angenommen, dass der Bw am 7. Februar 2008 von der Wohnung zum Arbeits­platz das Kfz  in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Die Ml habe unter Wahrheitspflicht glaubwürdig und nachvoll­ziehbar die Alkoholisierungssymptome des Bw bei der PI geschildert und das Gespräch zwischen dem Bw und ihrem Kollegen wiedergegeben. Auch BI S habe unter Wahrheitspflicht den Vorfall geschildert und die Motor­haube des Pkw "noch als warm" bestätigt, wobei der Bw bestätigt habe, von Zuhause in die Arbeit gefahren zu sein; einige Tage später habe er gesagt, er sei mit der Straßen­bahn gefahren.

Die Angaben des Bw von drei Seiterl Bier am Vormittag seien nicht glaubwürdig. Erst in einer Stellungnahme am 25. Februar 2008 habe er bestätigt, er sei mit dem Auto am 6. Februar 2008 zur Arbeitsstelle gefahren und habe zu diesem Zeitpunkt keinen Alkohol konsumiert gehabt, sondern erst nach dem Abstellen des Fahrzeuges beim Würstelstand zwei große Bier getrunken. Die Zeugin F habe den Beginn dieses Bierkonsums mit "nach Mitternacht" angegeben und sei  durchaus glaubwürdig. Die Angaben des Bw, er habe im Zuge der Selbstanzeige eingestanden, in alkoholisiertem Zustand zum Arbeitsplatz gefahren zu sein, sei aufgrund des massiven Drängens seines Vorgesetzen und seiner Alkoholisierung unglaubwürdig. Der AAG von 1,15 mg/l sei bei eingestandenen drei Seiterl Bier am Vormittag und zwei Halben Bier vor Dienstantritt nicht nachvollziehbar. Die spätere Aussage, er sei mit der Straßenbahn gefahren, sei nicht mehr auf Alko­holisierung und Drängen des Vorgesetzten zurückzuführen, weshalb seine Angaben im Gesamten unglaubwürdig seien. Das massive Drängen, etwas zuzugeben, sei sowohl beim Zeugen W als auch bei der beiden Polizei­be­amten erkennbar gewesen. Durch den angeführten Sachverhalt – hier wurde auf die Nachtrunkjudikatur des VwGH verwiesen – habe er eine bestimmte Tatsache gesetzt.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates steht unzweifelhaft fest, dass der Bw von seinem Vorgesetzten, dem es lediglich darum ging, den laien­haft erkennbar stärker alkoholisierten Bw vom Dienstantritt abzuhalten, kurz nach 2.00 Uhr des 7. Februar 2008 zur PI Bahnhof gebracht wurde mit dem Ansinnen, beim Bw – offensichtlich zum Beweis seines Arbeitsunfähig­keit bewir­kenden Zustandes – einen Alkotest durchzuführen. Der Pkw des Bw war zu diesem Zeit­punkt vor dem Postgebäude in der Kurzparkzone offenbar ordnungs­gemäß geparkt. Rein aus der Überlegung, einen Anknüpfungspunkt für eine Aufforder­ung zum Alkotest zu finden, zumal in der PI das vom Zeugen W genannte Abkommen zwischen der Post und der Polizei unbekannt war, fragte BI S den Bw, ob er "leicht mit dem Auto hergefahren sei", was dieser im Ergebnis bejahte – von einer Lenkzeit war weder laut Anzeige noch laut den Zeugenaussagen der Ml, des Zeugen BI S oder des Zeugen K W jemals die Rede. In der Anzeige scheint zwar als "Tatzeit" der 7. Februar 2008, 2.05 Uhr, auf, aber das ergibt sich nicht aus den Aussagen der Beteiligten und scheint eher als Anknüpfungspunkt zur Einhaltung der Bestimmungen über die ordnungsgemäße Durchführung eines Alkotests 15 Minuten nach Trinkende gedacht gewesen zu sein. Wenn der Bw "kurz nach 2.00 Uhr" bei der PI erschienen ist, kann er nicht um 2.05 Uhr einen Pkw gelenkt haben, noch dazu, wenn er um 2.00 Uhr Dienstantritt hatte, dort nach eigener Darstellung um ca 1.50 Uhr dort erschienen ist – wenn er mit dem Zeugen W kurz nach 2.00 Uhr bei der PI war, ist das vom geschilderten Gespräch und vom Weg her durchaus nachvollziehbar und wurde auch vom Zeugen W bestätigt – und niemand behauptet hat, dass der Bw zu spät gekommen wäre.   

 

Der Alkotest wurde unter Einhaltung der 15minütigen Wartezeit um 2.21 und 2.23 Uhr durchgeführt – der maßgebliche Wert von 1,15 mg/l AAG stammt von 2.21 Uhr und wurde vom Bw nie in Zweifel gezogen. Seine Trinkangaben, er habe am Vormittag (des 6. Februar 2008) drei Seiterl Bier getrunken, können durchaus der Wahrheit entsprechen, sind aber mit Sicherheit unvollständig, zumal auch die von der Zeugin F sicher bestätigten 2 Halben Bier beim 68 kg wiegenden Bw keinesfalls in der Lage sind, einen BAG von über 2%o zu bewirken. Die Angaben eines immerhin 2,3%o aufweisenden Betrunkenen, der von seinem Vorgesetzten massiv gedrängt wird, seinen Alkoholgehalt aus rein dienstrecht­lichen Überlegungen feststellen zu lassen – dass der Bw in der Arbeit Schwierigkeiten hatte, ist aus seiner Alkohol-Vorgeschichte nachvollziehbar – hat sogar die Erstinstanz als im Gesamten als unglaub­würdig angesehen.

 

Nichtdestotrotz ist eine tatsächliche Lenkzeit nirgends zu finden und ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür aus der Anzeige, der Abnahmebestätigung oder den Zeugenaussagen, obwohl eine solche zur Klärung der Frage, ob der Bw vor oder nach dem Abstellen des Pkw wieviel Alkohol getrunken hat, unum­gänglich ist. Dass seine nachträglichen Angaben in Bezug auf das konsumierte Bier beim Würstelstand sich im nachhinein als glaubwürdig herausgestellt haben – auch die Zeugin F wurde von der Erstinstanz als glaubhaft angesehen – ist insofern entgegen der "Nachtrunk-Judikatur" zu sehen, als die Zeugin beschrieben hat, dass der Bw  "nach Mitternacht" zu Fuß dorthin kam und "mindestens zwei Halbe Bier" konsu­mierte. Dass der Bw zuerst zu Fuß kommt und nach einem derartigen Alkoholkonsum noch heimfährt und sein Auto holt, ist unwahrscheinlich. Der Pkw war offenbar auch ordnungsgemäß geparkt.

 

Die von BI S angeblich festgestellte Wärme der Motorhaube um jedenfalls nach 2.23 Uhr – von diesem Zeitpunkt stammt der 2. Messwert, dann erst gingen der Bw und  BI S von der PI zum Pkw, wo laut Ml die FS-Abnahme erfolgte, weil dieser laut BI S im Pkw war – ist äußerst zweifelhaft, weil es in einer Februarnacht üblicherweise erheblich kalt ist und der Bw jedenfalls vor 1.50 Uhr des 6. Februar 2008 von Zuhause, dh von der in der Nähe des B liegenden V bis zum Postgebäude gefahren ist. Rechnet man allein die Wegzeiten des Bw vom Pkw zum Dienstantritt, von dort nach dem Gespräch mit dem Zeugen W zur PI und dann mit BI S nach dem Alkotest zum Postgebäude zurück, musste der Pkw mindestens 45 Minuten dort geparkt gewesen sein, weshalb, noch dazu bei der kurzen Fahrstrecke, erhebliche Zweifel an einer für BI S spürbaren Wärme der Motorhaube nach so langer Zeit bestehen.

 

Die von der Erstinstanz zitierte "Nachtrunk-Judikatur" ist insofern mit Vorsicht auf den Fall anzuwenden, als der Bw ja mit seinem Vorgesetzten zur PI gekommen war und mit erheblichem Ärger in der Arbeit zu rechnen war. Dass er dort nicht alles gesagt hat, ist daher nicht lebensfremd. Zunächst ging es auch gar nicht um das Lenken eines Kfz, sondern rein um die vom Zeugen W verlangte Atemalkoholuntersuchung, für die es rechtlich keinen Anknüpfungs­punkt gab. Die Frage, ob der Bw "leicht mit dem Auto gefahren" sei, war als ein solcher Anknüpfungspunkt gedacht und wurde nach dem gesamten Akteninhalt nie über eine Lenkzeit gesprochen. Eine solche ist aber unumgänglich, um den Zustand des Bw zum maßgeblichen Zeitpunkt und damit auch seine Verkehrs­(un)zuverlässigkeit iSd § 7 Abs.1 Z1 FSG beurteilen zu können.    

 

Nach Überzeugung des Unabhängigen Verwaltungssenates ist ein Verhalten des Bw dahingehend, dass er – wie dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegt – in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von 1,15 mg/l AAG oder mehr ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, im Ergebnis nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu beweisen. Da dies bereits aus dem vorgelegten Verfahrensakt deutlich zu erschließen war, erübrigte sich die Durchführung einer Berufungsverhandlung.

 

In rechtlicher Hinsicht war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegen­ständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

Zu bemerken ist, dass die mit 3. April 2008 befristete Lenkberechtigung des Bw inzwischen abgelaufen ist und er daher einen Antrag auf Wiedererteilung stellen muss. Im Zuge dieses Verfahrens ist eine Prüfung der gesundheitlichen Eignung vorzunehmen.    

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008 220 Euro) zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Lenkzeit + Alkoholisierung zu dieser Zeit nicht beweisen -> Aufhebung

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum