Linz, 29.05.2008
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn W W, geb. , W, L, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J R, W, L gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 8.5.2008, FE-428/2008 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung u.a., nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 29.5.2008 einschließlich Verkündigung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:
I.
Der Berufung wird insofern stattgegeben, als
- die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung
- das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen
Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges sowie
- die Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden
ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen
auf 9 Monate – vom 30. März 2008 bis einschließlich 30. Dezember 2008 –
herab- bzw. festgesetzt wird.
Im Übrigen wird der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlagen:
§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z1 und
7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008
§ 32 Abs.1 Z1 FSG
§ 30 Abs.1 FSG
§ 64 Abs.2 AVG
II.
Betreffend die Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker ist der erstinstanzliche Bescheid – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG
- die Lenkberechtigung für die Klassen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 16 Monaten, gerechnet ab 30.3.2008, entzogen
- für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges verboten
- für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen
- verpflichtet, vor Ablauf der Entziehungsdauer eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren.
Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 15.5.2008 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Am 29.5.2008 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben.
Bei der mVh haben sowohl der Bw, als auch dessen Rechtsvertreter ausdrücklich erklärt, dass die Berufung sich nur gegen die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, nicht jedoch gegen die Anordnung der Nachschulung für alkoholauffällige Lenker richtet.
Die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene Anordnung:
Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker
ist somit – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Aus dem Verfahrensakt sowie der mVh ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Dem Bw wurde – jeweils wegen der Begehung eines sog. "Alkoholdeliktes im Straßenverkehr" – die Lenkberechtigung
- im Oktober 1999 für die Dauer von 3 Monaten und
- im November 2001 für die Dauer von 12 Monaten
entzogen.
Der Bw lenkte am 30.3.2008 um 00.55 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf der A7 Mühlkreisautobahn, km 25,62.
Anlässlich einer Verkehrskontrolle wurde die Messung der Atemluft mittels Alkomat vorgenommen welche einen Atemluftalkoholgehalt von (niedrigster Wert) 0,70 mg/l ergeben hat.
Dieser Sachverhalt wurde vom Bw im gesamten Verfahren – insbesondere in der Berufung – ausdrücklich als richtig bestätigt.
Der Bw hat somit am 30.3.2008 eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO begangen.
Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.
Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.
Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.
Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbes. durch Trunkenheit gefährden wird.
Gemäß § 7 Abs. 3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs. 1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß (§ 5 iVm) § 99 Abs. 1a StVO begangen hat.
Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Die in § 7 Abs.3 leg.cit. angeführten bestimmten Tatsache sind für die Wertung auch dann heranzuziehen, wenn diese bereits getilgt sind (§ 7 Abs.5 FSG).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema;
Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;
vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;
vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.
Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;
VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97
VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;
vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur vom 6.4.2006, 2005/11/0214.
Betreffend die Festsetzung der Entziehungsdauer ist daher festzustellen:
- Das vom Bw am 30.3.2008 begangene "Alkoholdelikt" gilt als bestimmte Tatsache.
- Die vom Bw in den Jahren 1999 und 2001 begangenen "Alkoholdelikte" gelten zwar nicht als bestimmte Tatsachen, diese sind jedoch iSd § 7 Abs.5 FSG zu werten.
Bei erstmaliger Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO (Alkoholisierungsgrad von 0,60 bis einschließlich 0,79 mg/l) beträgt die Entziehungsdauer ................ 3 Monate.
Ist ein (einziges) weiteres Alkoholdelikt – welches länger als 5 Jahre zurückliegt – zu werten, so ist eine Entziehungsdauer von 5 Monaten festzusetzen;
siehe dazu ausführlich VwGH vom 16.12.2004, 2004/11/0139.
Im vorliegenden Fall sind zwei Alkoholdelikte – welche länger als 5 Jahre zurückliegen – zu werten.
Für den UVS ist es daher gerechtfertigt und vertretbar, die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung mit 9 Monaten – gerechnet ab 30. März 2008 (= Datum der vorläufigen Abnahme des Führerscheins), somit bis einschließlich 30. Dezember 2008 – festzusetzen.
Gemäß § 32 Abs.1 Z.1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.
Dem Bw war daher das Lenken eines in § 32 Abs.1 FSG genannten KFZ für die Dauer der – nunmehr neu festgesetzten – Entziehungsdauer zu verbieten.
Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen; VwGH vom 17.3.2005, 2005/11/0057.
Dem Bw war daher für die Dauer der – nunmehr neu festgesetzten – Entziehung der Lenkberechtigung das Recht abzuerkennen, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.
Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.
Mag. Josef Kofler