Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240643/2/BMa/Ka

Linz, 02.06.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der E M, F, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 10.4.2008, SanRB96-9-2008, wegen Übertretung des Tabakgesetzes  zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 70 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Stunden herabgesetzt werden; im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis hingegen bestätigt.

 

  II.      Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 7 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.  

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel ersichtlichen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) zur Last gelegt, sie habe am 26. Februar 2008 um ca. 13.45 Uhr am ehemaligen Amtsplatz des Grenzüberganges Wullowitz, Gemeinde Leopoldschlag, 600 Stück Zigaretten der Marke "RONSON gold", die keine deutschen Warnhinweise aufgewiesen hätten und somit nicht im Inland erworben worden seien, in Gewahrsame gehalten, obwohl eine Person außerhalb des Bundesgebietes für private Zwecke erworbene Tabakerzeugnisse, deren Warnhinweise nicht den Bestimmungen des Tabakgesetzes entsprächen, nur im Ausmaß von 200 Stück Zigaretten in das Inland verbringen und im Inland in Gewahrsam halten dürfe. Hiedurch habe sie die Rechtsvorschrift des § 7a Z1 iVm §§ 5 und 6 iVm § 14 Abs.1 und 2 des Tabakgesetzes, BGBl.Nr. 431/1995 idF BGBl. I Nr. 105/2007, verletzt. Es wurde über sie eine Geldstrafe von 100 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden gemäß

§ 14 Abs.1 Z1 leg.cit. verhängt.

 

Weiters wurden die mit Bescheid vom 17.3.2008, SanRB96-10-2008, beschlagnahmten 400 Stück Zigaretten der Marke "RONSON gold" gemäß § 14 Abs.2 des Tabakgesetzes, BGBl.Nr. 431/1995 idF BGBl. I Nr. 105/2007, für verfallen erklärt.

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, von Zollorganen sei festgestellt worden, dass die Bw am 26. Februar 2008 am ehemaligen Amtsplatz des Grenzüberganges Wullowitz, Marktgemeinde Leopoldschlag, 600 Stück Zigaretten der Marke "RONSON gold", die keine deutschen Warnhinweise aufgewiesen hätten und somit nicht in Österreich erworben worden wären, in Gewahrsam gehabt habe.

 

Der von der Bw geltend gemachte Irrtum, sie sei der Meinung gewesen, dass die Einfuhr von vier Stangen erlaubt sei, könne nicht als Schuldausschließungsgrund gewertet werden könne, weil in allen Medien über die Beschränkung der Tabakeinfuhr aus bestimmten Ländern berichtet worden sei.

 

Die Rechtswidrigkeit sei aufgrund der Tatsache, dass die Bw mehr als 200 Stück Zigaretten ohne Aufdruck eines dem Tabakgesetz entsprechenden Warnhinweises in Gewahrsam gehabt habe, erwiesen. Ein Rechtswidrigkeits- (gemeint wohl: ein Rechtfertigungs-) bzw. Schuldausschließungsgrund liege nicht vor. Mildernd sei die bisherige Unbescholtenheit gewertet worden. Erschwerungsgründe würden keine vorliegen. Bei der Strafbemessung sei von einem monatlichen Nettoeinkommen von 800 Euro, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen ausgegangen worden.

 

I.3. Dieses Straferkenntnis wurde der Bw am 14. April 2008 persönlich zugestellt. Gegen dieses richtet sich die am 25. April 2008 zur Post gegebene – und damit rechtzeitige - Berufung vom selben Tag.

 

I.4. Darin wird vorgebracht, dass Einspruch (gemeint wohl: gegen die Bestrafung) wegen der Verwaltungsübertretung erhoben werde, weil die Bw der Meinung gewesen sei, sie dürfe laut EU-Gesetz 800 Stück Zigaretten mitnehmen.

 

Erschließbar wird daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, zu Zl. SanRB96-9-2008, festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage geklärt erscheint, nur Rechtsfrage zu beantworten sind und eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.   Die Berufung wendet sich nur gegen die Verhängung der Strafe wegen der Verwaltungsübertretung (arg. "wegen Verwaltungsübertretung"). Damit ist der Verfallsausspruch im gegenständlichen Erkenntnis, der einen selbständigen Bescheid darstellt, nicht weiter zu überprüfen.

 

3.2.   Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt, die Bw habe mehr als 200 Stück Zigaretten ohne die dem Tabakgesetz entsprechenden Warnhinweise in Gewahrsam gehabt, wurde von der Bw nicht bestritten und wird daher auch diesem Erkenntnis zugrunde gelegt.

 

3.3.  Zu den rechtlich relevanten Vorschriften der §§ 5, 6, 7a und 14 Tabakgesetz wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Zitierung im bekämpften Bescheid verwiesen.

 

3.4. Weil die Rechtsmittelwerberin mehr als 200 Stück Zigaretten ohne die dem Tabakgesetz entsprechenden Warnhinweise in Gewahrsam gehabt hatte, hat sie das Tatbild der ihr vorgeworfenen Rechtsvorschriften erfüllt.

 

3.5. Die Bw bringt vor, sie sei der Meinung gewesen, sie dürfe 800 Stück Zigaretten laut EU-Gesetz mitnehmen.

Damit macht sie geltend, einem Rechtsirrtum hinsichtlich der erlaubten Stückzahl zum privaten Import von Zigaretten, die nicht mit Warnhinweisen versehen sind, welche den Bestimmungen des Tabakgesetzes entsprechen, unterlegen zu sein.

 

Beim Rechtsirrtum (Verbotsirrtum) irrt der Täter über eine Verbotsnorm (bzw. über einen Erlaubnissatz): der Täter erkennt zwar den Sachverhalt, irrt aber über die rechtliche Seite der Tat und erkennt deshalb nicht das Unrecht seines Verhaltens (Hauer/Leukauf Handbuch des österreichischen Verwaltungs-verfahrens6 S 1218).

 

Hat der Täter das Unrecht seiner Tat zwar nicht erkannt, ist ihm aber dieser Mangel vorwerfbar, so liegt kein unverschuldeter Rechtsirrtum vor (ebendort). Eine irrige Gesetzesauslegung ist ein Rechtsirrtum, der den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, dass die irrige Gesetzesauslegung unverschuldet war und dass er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer – allenfalls sogar plausiblen – Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (VwGH 23.12.1991, 88/17/0010).

 

Weil sich die Berufungswerberin nicht über die zum privaten Import von Zigaretten erlaubte Stückzahl informiert hat und dennoch einen Import von Zigaretten durchgeführt hat, hat sie in einer ihre Schuld nicht ausschließenden Weise geirrt.

 

3.6. Wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten.

Aus der Aussage der Berufungswerberin, sie sei der Meinung, eine bestimmte Anzahl von Zigaretten dürfe importiert werden, ergibt sich, dass sie sich der Menge der eingeführten Zigaretten bewusst war. Damit hat sie vorsätzlich hinsichtlich der eingeführten Zahl von Zigaretten gehandelt.

Nach dem Verfahren ist nicht geklärt, ob sich die Berufungswerberin des Umstandes bewusst war, dass die Zigaretten keine Warnhinweise die den Bestimmungen des Tabakgesetzes entsprechen, aufweisen. Sollte sie sich dieses Umstandes nicht bewusst gewesen sein, so ist ihr dies jedoch als Sorgfaltswidrigkeit anzulasten. Denn beim Import von Zigaretten kann ohne Prüfung nicht davon ausgegangen werden, dass das eingeführte Produkt die in Österreich erforderlichen Warnhinweise aufweist.

 

 

3.7. Bei der Strafbemessung war ausgehend von einem Strafrahmen bis zu 7.260 Euro Folgendes zu erwägen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die Feststellungen der belangten Behörde hinsichtlich der Einkommens- und  Vermögensverhältnisse sind unwidersprochen geblieben und werden auch diesem Erkenntnis zugrunde gelegt. Die verhängte Geldstrafe von 100 Euro beträgt etwas mehr als 1 % des vorgesehenen Strafausmaßes und ist bereits sehr milde bemessen. Eine Reduktion der Strafe war aber dennoch vorzunehmen, die belangte Behörde hat in ihrer Strafbemessung nämlich unberücksichtigt gelassen, dass die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum begangen worden war, und somit ein weiterer Milderungsgrund neben der bisherigen Unbescholtenheit vorliegt. Die Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend zu reduzieren, ist diese doch in Relation der Obergrenze für die Geldstrafe zur Obergrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

 

4.  Die von der Bw geltend gemachten EU-rechtlichen Bestimmungen, wonach sie wesentlich mehr Zigaretten aus dem Ausland nach Österreich hätte bringen können, hat sie nicht weiter präzisiert; es war daher auch nicht weiter auf dieses Vorbringen einzugehen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde auf 7 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hat die Rechtsmittelwerberin keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 (ab 1. Juli 2008: 220) Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

Beschlagwortung:

TabakG; Rechtsirrtum

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum