Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260391/5/Wim/Ps

Linz, 28.05.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn Dr. H H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, L, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 3. Dezember 2007, Zl. Wa96-3/15-2006/RO, wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959 zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben.

 

 

II.        Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24 und 44a Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber gemäß § 137 Abs.2 Z1 iVm § 9 Abs.1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959)  eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Stunden, sowie ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

"Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31.03.1981, Wa-1540/4-1980/Spi, wurde die nachgesuchte wasserrechtliche Bewilligung

 

a)     zu einer gegenüber dem bisher bestandenen Konsens von 6 m³/s erhöhten Wasserentnahme aus dem Almfluss in max. Höhe von 10 m³/s zum Betrieb der Wasserkraftanlage F, WB.PZ.  des Wasserbuches für den Verwaltungsbezirk Gmunden, und

 

b)     zum Ausbau dieser Wasserkraftanlage durch die Errichtung eines neuen Krafthauses mit neuer maschineller Einrichtung und durch die bauliche Umgestaltung des Oberwasserkanals

 

unter verschiedenen Bedingungen und Auflage erteilt.

 

Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH, L, T, welche Betreiberin der Wasserkraftanlage 'F' in der Gemeinde S ist, verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, dass am 24.11.2005 linksufrig der Alm im Unterwasser der Wehranlage der Wasserkraftanlage F in der Gemeinde S eine Organismenwanderhilfe betrieben wurde, die wasserrechtlich nicht bewilligt war bzw. von der oben angeführten Bewilligung nicht erfasst war."

 

 

2.      Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und vorgebracht, dass dem erstinstanzlichen Strafverfahren der Verfahrensmangel des fehlenden Parteiengehörs zugrunde liege und weiters auch der Tatvorwurf nicht den Tatsachen entspreche, da es sich bei dem Umgehungsgerinne um eine Organismenwanderhilfe handle.

 

 

3.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Beischaffung und Durchsicht des wasserrechtlichen Bewilligungsaktes, Zl. Wa-100349 des Amtes der Oö. Landesregierung.

 

Daraus ergibt sich, dass vom Berufungswerber zwar eigenmächtig ein Umgehungsgerinne bei der Wasserkraftanlage F ohne wasserrechtliche Bewilligung errichtet und betrieben wurde, jedoch dieses nicht einer Organismenwanderanlage entspricht und auch die erforderliche Funktion (ökologische Durchgängigkeit) nicht erfüllen kann.

 

Dies ergibt sich aus einer Stellungnahme der Amtsachverständigen für Biologie vom 7. Februar 2008, Zl. OGW-GS-603831/12-2008-Lei.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw. Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a)    im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b)    der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungs­verfahrens, 6. Auflage, Seite 1521).

 

Da gemäß § 137 Abs.2 Z1 iVm § 9 Abs.1 WRG 1959 strafbar ist, wer ohne erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen Tagwässer benutzt oder der Benutzung dienende Anlagen errichtet, ändert oder betreibt, liegt im Vorwurf des Betreibens ein Dauerdelikt, bei welchem erst mit Abschluss der strafbaren Handlung, das heißt mit Erlangen der Bewilligung oder Beseitigung der unbefugten Neuerung, die Verfolgungsverjährung zu laufen beginnt.

Da es sich bei der vorgeworfenen Anlage, wie sich auch aus der Äußerung der Amtsachverständigen für Biologie zweifelsfrei ergibt, nicht um eine Organismenwanderhilfe handelt, könnte der Berufungswerber bei entsprechendem Tatvorwurf nochmals wegen desselben Sachverhalts bestraft werden. Es war deshalb iSd § 44a VStG das Straferkenntnis aufzuheben.

Eine ausdrückliche Einstellung des Strafverfahrens wurde jedoch nicht verfügt, da es der Erstbehörde obliegt gegebenenfalls unter geändertem Tatvorwurf das Strafverfahren neu durchzuführen, sofern nicht inzwischen ein konsensgemäßer Zustand hergestellt wurde bzw. die Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

 

5.      Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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