Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521962/2/Ki/Jo

Linz, 06.06.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung von Frau G S, R, T, vertreten durch K & P Rechtsanwälte KEG, L, S, vom 5. Mai 2008 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10. April 2008, VerkR21-291-2007, wegen Aufforderung zur Vorlage eines Augenfacharztbefundes (FSG) zu Recht erkannt:

 

 

In Stattgebung der Berufung wird der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.4 FSG iVm 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid vom 10. April 2008, VerkR21-291-2007, hat die Bezirkshauptmannschaft Freistadt Frau S aufgefordert, innerhalb von vier Monaten ab Zustellung des Bescheides einen zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Augenfacharztbefund vorzulegen.

 

Begründet wurde diese Maßnahme damit, dass aufgrund des im Bericht der Polizeiinspektion Freistadt vom 30.07.2007 geschilderten Sachverhaltes die Berufungswerberin sich zwar keiner amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, sie aber einen Augenfacharztbefund vorzulegen habe.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid hat die Rechtsmittelwerberin mit Schriftsatz vom 5. Mai 2008 Berufung erhoben, dies mit dem Antrag den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

Die Berufung wird im Wesentlichen damit begründet, dass der angefochtene Bescheid offenkundig rechtswidrig und willkürlich sei, weil eine durch die Behörde völlig ungeprüfte Behauptung eines feindseligen Nachbarn über eine angeblich mehr als ein Jahr davor getätigte Äußerung nicht geeignet sei, irgendwelche Bedenken iSd § 24 Abs.4 FSG zu begründen.

 

Aufgrund einer Ladung zum Amtsarzt im September des Vorjahres habe sie eine Kopie ihres Führerscheines, in welchem die Auflage, eine Brille zu tragen, eingetragen sei, samt einer Brillenverordnung vom 06.12.2006 vorgelegt. Aus dieser Brillenverordnung ergebe sich, dass die verordnete Gläserstärken 2 bzw. 2,5 Dioptrien sphärisch sind, sohin eine Gläserstärke weit unter den Grenzen der FSG-GV erforderlich sei. § 8 Abs.1 FSG-GV lege für die Behörde verbindlich fest, dass schon bei Unterschreiten der in Abs.1 Z1 bzw. 2 des § 8 Abs.1 FSG-GV festgelegten Gläserstärke die erforderliche Sehschärfe anzunehmen sei, ohne dass es eines weiteren amts- bzw. fachärztlichen Gutachtens oder Befundes bedürfe.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 19. Mai 2008 vorgelegt, diese ist am 4. Juni 2008 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Laut einer bei der Polizeiinspektion Freistadt am 30. Juli 2007 aufgenommenen Niederschrift mit einer darin namentlich genannten Person habe diese Person seit 4,5 Jahren mit der Berufungswerberin und ihrem Lebensgefährten Streitigkeiten, die immer wieder zu Gerichten führen. Im Zuge eines im Sommer 2006 in T vom Bezirksgericht Rohrbach durchgeführten Lokalaugenscheines im Bereich des Güterwegs P habe Frau S dem Richter wortwörtlich angegeben, dass sie die in der Niederschrift genannte Person auf eine Entfernung von 5 m nicht erkennen könne. Namen des Richters und von Rechtsanwälten die die Äußerung gehört haben sollen, wurden angeführt. Zudem fahre die Berufungswerberin bei der Zufahrt zu ihrem Haus nie auf halbe Sicht, obwohl es sich lediglich um ein schmales Straßerl handle. Die Person wünsche, dass Frau S einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen werde, wenn sie tatsächlich so schlecht sehe.

 

Diese Niederschrift wurde an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt weitergeleitet.

 

Die Führerscheinbehörde hat mit Schreiben vom 19. September 2007 den Bericht an die Amtsärztin mit dem Ersuchen um Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung der Berufungswerberin zum Lenken von Kraftfahrzeugen übermittelt und die Amtsärztin gleichzeitig gemäß § 55 AVG ermächtigt, weitere Beweisaufnahmen durchzuführen, sofern diese für die Erstellung des Gutachtens erforderlich wären.

 

Im Akt befindet sich weiters eine Kopie des der Berufungswerberin ausgestellten Führerscheines, daraus geht hervor, dass als Auflage eine Brille vorgeschrieben wurde. Weiters befindet sich im Akt in Kopie eine Verordnung des Facharztes für Augenheilkunde und Optometrie, Dr. T E, vom 6. Dezember 2006, wonach Gläserstärken von 2 bzw. 2,5 Dioptrien verordnet sind. Diese Unterlagen wurden von der Berufungswerberin per Telefax am 1. Oktober 2007 vorgelegt.

 

Mit Schreiben vom 4. März 2008 hat die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft F der Führerscheinbehörde bekannt gegeben, dass laut Mitteilung des Mag. H vom 25. Oktober 2007 Frau S nur einen Augenfacharztbefund vorzulegen brauche, der Augenfacharztbefund sei bis jetzt nicht vorgelegt worden.

 

In der Folge wurde der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen oder die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügen für die Erlassung einer Aufforderung nach § 24 Abs.4 FSG begründete Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung der betreffenden Person zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Es bedarf hiezu nicht der erst im Entziehungsverfahren der Setzung einer Entziehungsmaßnahme vorausgehenden, auf sachverständiger Basis festzustellenden Nichteignung; insbesondere bedarf es zur Annahme von begründeten Bedenken noch nicht eines Gutachtens eines ärztlichen Sachverständigen (VwGH vom 14. März 2000, 99/11/0330).

 

Allerdings ist ein Aufforderungsbescheid nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Falle einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides) von Seiten der Behörde nach wie vor begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst sind, nicht mehr besitzt, und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann. Hiebei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegen solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige Bedenken sind in einem Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen (VwGH vom 13. August 2004, 2004/11/0063 u.a.).

 

Aus der dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist abzuleiten, dass für eine Aufforderung gemäß § 24 Abs.4 FSG noch keine konkreten Fakten erforderlich sind, allerdings müssen die Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung begründet sein und es müssen diese Gründe nachvollziehbar und detailliert dargelegt werden.

 

Im vorliegenden Falle ergibt sich jedenfalls aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen kein begründeter relevanter Hinweis, dass die gesundheitliche Eignung von Frau S zum Lenkern von Kraftfahrzeugen der von der ihr erteilten Lenkberechtigung umfassten Klassen nicht gegeben wäre. Die belangte Behörde stützt die Entscheidung ausschließlich auf einen Hinweis einer (offensichtlich nicht medizinisch sachkundigen) Person, welche überdies offensichtlich mit der Berufungswerberin zivilrechtliche Streitigkeiten hat. Überdies erfolgte der Hinweis dieser Person, wie aus der Niederschrift vom 30. Juni 2007 ersehen werden kann, tatsächlich erst ein Jahr nach der angeblich gemachten Äußerung durch die Berufungswerberin.

 

Zu berücksichtigen ist ferner, dass ohnedies die Lenkberechtigung unter der Auflage eine Brille zu tragen erteilt wurde bzw. dass im vorliegenden Verfahrensakt eine augenfachärztliche Verordnung vorliegt, welche darauf schließen lässt, dass die erforderliche Sehschärfe nach wie vor gegeben ist.

 

Zusammenfassend stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich daher fest, dass in Anbetracht der konkret vorliegenden Unterlagen derzeit keine Gründe gefunden werden können, welche die gesundheitliche Eignung der Rechtsmittelwerberin zum Lenken von Kraftfahrzeugen der von der Lenkberechtigung erfassten Klassen in Frage stellen, dies insbesondere in Anbetracht der aktenkundigen durch die Erstbehörde vorgenommenen Ermittlungen. Die bloße Anzeige, welche offensichtlich aus Anlass eines zivilrechtlichen Streites erfolgt ist, reicht im konkreten Falle jedenfalls nicht aus, derartig begründete Bedenken hervorzurufen.

 

Der Berufung konnte daher Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

Mag. Alfred Kisch

 

 

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