Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222195/15/Bm/Ps

Linz, 10.06.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn S H, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H K, H,  F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 31. Jänner 2008, Zl. Ge96-57-2007, wegen Übertretung der Gewerbeordnung (GewO) 1994, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9. Mai 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 31. Jänner 2008, Zl. Ge96-57-2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 1 Abs.2 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002, LGBl. Nr. 150/2001, iVm § 113 Abs.7 und § 368 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, jeweils idgF verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Herr S H, geb. am , M, S, hat es als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Gewerbeinhaber (Gastgewerbe in der Betriebsart 'Cafe' im Standort  F, H) zu verantworten, wie aus der Anzeige der Polizeiinspektion F vom 11. Oktober 2007, GZ A1/9051/01/2007, hervorgeht, dass am 7. September 2007 bis 04:55 Uhr und somit 55 Minuten nach der für Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart 'Cafe' vorgeschriebenen Sperrstunde (04.00 Uhr) ca. 6 Gästen das Verweilen im Gastgewerbebetrieb in  F, H, gestattet wurde, obwohl Gastgewerbebetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten haben und während der Sperrzeit (bei der Betriebsart 'Cafe' zwischen 04:00 und 06:00 Uhr) Gästen weder der Zutritt zu den Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen, noch dort ein weiteres Verweilen gestattet werden darf."

 

2. Dagegen wurde vom Berufungswerber durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass die Erstbehörde im Straferkenntnis unter Stellungnahme des Anzeigenlegers aktenwidrige Feststellungen getroffen habe, insbesondere sei festgehalten worden: "Durch die Glasfüllungen der verschlossenen beiden Lokaleingangstüren konnte festgestellt werden, dass sich ca. 6 Gäste an der Bar bei Getränken aufhielten bzw. offensichtlich Getränke konsumierten." Richtig sei aber, dass der Anzeigenleger in seiner Stellungnahme vom 30. November 2007 ausdrücklich angeführt habe, dass "… in der Bar noch 6 Personen standen oder saßen. Wegen der gedämpften Beleuchtung war jedoch eine Zuordnung der Personen (ob Personal, Angestellte oder Gäste) nicht möglich." Die zusammengefasste Stellungnahme des Anzeigenlegers im Straferkenntnis sei daher aktenwidrig, was wiederum zur Folge habe, dass sich eben die Erstbehörde rechtswidrigerweise darauf stütze, dass seitens des Anzeigenlegers die sechs an der Bar stehenden Personen als Gäste identifiziert worden seien und werde auch darauf letzten Endes das Straferkenntnis gestützt. Weiters sei aktenwidrigerweise ausgeführt: "Auf Grund eines anderen Einsatzes mussten die Beamten sodann um ca. 05.00 Uhr den Eingangsbereich des Lokales verlassen."

Richtig sei vielmehr, dass der Anzeigenleger in seiner Stellungnahme vom 30. November 2007 ausgeführt habe, dass sie bis 04.55 Uhr und sohin nicht bis 05.00 Uhr in dieser Warteposition verharrt hätten. Des weiteren sei eine Aktenwidrigkeit insofern ersichtlich, als die Erstbehörde ausgeführt habe, dass der Tatzeitpunkt mit 04.00 Uhr bis 04.45 Uhr angegeben werde. Der Stellungnahme des Anzeigenlegers sei lediglich zu entnehmen, dass sie um 04.35 Uhr vor Ort waren, dies bis 04.55 Uhr. Wieso die Behörde nunmehr zu der Ansicht gelange, dass auch zwischen 04.00 Uhr und 04.35 Uhr Gäste im Lokal gewesen seien, sei völlig unersichtlich. Das Straferkenntnis sei weiters mit einer falschen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung behaftet, zumal die Erstbehörde auch die Feststellung, dass es sich bei den im Lokal aufhältigen Personen um Gäste gehandelt haben müsse, darauf gründe, dass von der Polizei gesehen worden sei, dass diese Personen auch an der Bar gestanden seien und Getränke konsumiert hätten. Allein die Annahme, dass jemand, der an der Bar stehe und ein Glas zum Mund führe, automatisch ein Gast sein müsse, sei weit hergeholt. Der Beschuldigte habe mit seinen Mitarbeitern eine Besprechung abgehalten, um den Arbeitsplan für die nächsten Tage festzulegen. Dass dabei auch jemand, der den ganzen Abend bei relativ hohen Temperaturen im Lokal gearbeitet habe, auch Flüssigkeit zu sich nehme, sei nur verständlich. Darüber hinaus sei vom Anzeigenleger selbst gesagt worden, dass es ihm nicht möglich sei, eine Zuordnung zu treffen, ob es sich dabei um Personal oder Gäste gehandelt habe. Es gäbe daher überhaupt keine objektiven Beweis, dass zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt Gäste im Lokal aufhältig gewesen seien.

Faktum sei daher zusammengefasst, dass keinerlei Beweise vorliegen würden, die glaubhaft machen, dass sich zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt Gäste im Lokal befunden hätte. Der Umstand, dass sechs Personen im Lokal an der Bar gestanden seien, werde auch nicht bestritten. Allerdings führe der Beschuldigte glaubhaft aus, dass mit seinen Mitarbeitern eine Besprechung abgehalten worden sei.

 

Es werde daher der Antrag gestellt, die Berufungsbehörde möge das Straferkenntnis ersatzlos beheben und das eingeleitete Verwaltungsstraf­verfahren einstellen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 9. Mai 2008, zu welcher der Berufungswerber sowie sein anwaltlicher Vertreter erschienen sind. Weiters erschienen sind die Zeugen G T, W R und GI J G, welche unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen wurden.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Der Berufungswerber verfügt über die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart Cafe, im Standort H, F. Zum Tatzeitpunkt war ein gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht bestellt. Das vom Berufungswerber geführte Lokal "A" verfügt über ca. 70 Verabreichungsplätze und ist von 18.00 Uhr bis 04.00 Uhr geöffnet. Im Lokal sind vier Angestellte beschäftigt, nämlich als Kellner(innen) die Ehefrau des Berufungswerbers, Frau C H, Frau G T und Herr T R. Weiters beschäftigt ist Herr W R als Hausmeister. Zum Tatzeitpunkt waren sechs Personen im Lokal anwesend: der Berufungswerber, Frau C H, Frau G T, Herr W R und das an diesem Abend für die musikalische Unterhaltung vom Berufungswerber beauftragte zuständige DJ-Team "M & T".

Das gegenständliche Lokal befindet sich auf dem Stadtplatz in F und ist über einen Innenhof über einen ca. 60 m langen Zugang zu betreten.

Das Lokal verfügt über einen Windfang; sowohl die Eingangstür zum Windfang als auch die Eingangstür zum Lokal selbst ist verdunkelt und verspiegelt ausgeführt.

Zum Tatzeitpunkt wurde das Lokal routinemäßig auf die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Sperrzeit durch die Meldungsleger überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass im Lokal die Beleuchtung und die Musikanlage in Betrieb waren. Das Lokal war versperrt. Vom Meldungsleger wurden ca. sechs Personen an der Bar stehend beobachtet; ob es sich dabei um Gäste oder um Personal und den Berufungswerber gehandelt hat, konnte nicht verifiziert werden.

 

Das obige hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich aus dem vorliegenden Akteninhalt sowie aus den Wahrnehmungen des Meldungslegers für den Tatzeitpunkt und dessen Aussage vor dem Oö. Verwaltungssenat sowie aus den Aussagen der einvernommenen Zeugen G T und W R, die mit den getätigten Aussagen des Berufungswerbers übereinstimmen und keine Widersprüche aufweisen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als die in den §§ 366 und 367 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

 

Gemäß § 1 Abs.2 Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002 müssen Gastgewerbe­betriebe in der Betriebsart Cafe spätestens um 04.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 06.00 Uhr geöffnet werden.

 

Gemäß § 113 Abs.7 GewO 1994 haben die Gastgewerbetreibenden die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten. Während dieser Zeit dürfen sie Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Der Gastgewerbetreibende hat die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

 

Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird dem Berufungswerber vorgeworfen, das Verweilen von ca. sechs Gästen über die gesetzlich festgelegte Sperrzeit von 04.00 Uhr gestattet zu haben.

Dieser Tatvorwurf konnte jedoch im Rahmen des Beweisverfahrens nicht nachgewiesen werden. Der als Zeuge vernommene Meldungsleger konnte zwar glaubhaft darlegen, dass zum Tatzeitpunkt sechs Personen im Lokal anwesend waren, er konnte jedoch nicht ausschließen, dass es sich dabei ausschließlich um Betriebsangehörige (wozu im weitesten Sinn auch das DJ-Team gehört) gehandelt hat.

Die Annahme des Meldungslegers, dass sich nach Eintritt der gesetzlich vorgesehenen Sperrzeit noch Gäste im gegenständlichen Lokal befunden haben, beruht somit auf einer Vermutung und kann daher nicht mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, dass Gästen das weitere Verweilen nach Eintritt der Sperrzeit gestattet wurde.

 

Aus diesem Grund war nach dem Grundsatz in dubio pro reo das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen.

 

Zu II.:

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

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