Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222203/2/Bm/Rd/Sta

Linz, 04.06.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn S F, vertreten durch Rechtsanwälte G L T & Partner, S,  L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 11.3.2008, Ge96-106-11-2007-Bd/Fr, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene         Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren        eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher    Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 11.3.2008, Ge96-106-11-2007-Bd/Fr, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 360  Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 GewO 1994       verhängt, weil er in der Zeit vom 4.7.2007 (Rechtskraft der Strafverfügung Ge96-68-2-2007-BroFr vom 13.6.2007) bis zum 5.7.2007 (Kontrolle) im Haus  O, M, in den Kellerräumen eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die dafür erforderliche Genehmigung betrieben habe.

Im Zuge einer Kontrolle am 5.7.2007 seien die Kellerräume des Hauses  O, M, durchsucht worden. Dabei sei festgestellt worden, dass sich in den unversperrt gewesenen Lagerräumen ein Lager von Malerei- und Anstrichbetriebsmitteln befunden habe. Aus den bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vorliegenden Fotos sei ersichtlich, dass sich im Raum hinter der linken Türe Kübel mit Grundierung sowie Klebebänder, Kübel mit Fassadenweiß und Abdeckfolien befanden.

Im zweiten Lagerraum haben sich Materialien wie Stehleitern, Farbwalzen, Klebebänder, Plastikdeckfolien und Farbkübel befunden.

Gemäß § 359b Abs.2 GewO 1994 sind Anlagen, die zur Lagerung von Malerei- und Anstrichbetriebsmitteln bis zu einer Lagerfläche von 125 dienen, dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen. Die sich in den Kellerräumen des Hauses O, M, befindliche Betriebsanlage sei jedoch ohne die dafür erforderliche Genehmigung zumindest in der Zeit vom 4.7.2007 bis zum 5.7.2007 betrieben worden.       

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und im Wesentlichen damit begründet, dass dem Spruch des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses nicht entnommen werden könne, ob es sich überhaupt um eine Betriebsanlage handle, welche der gewerbsmäßigen Betriebsausübung diene bzw ob eine Bewilligungspflicht überhaupt vorliege. Dass der Beschuldigte eine gewerbliche Tätigkeit ausübe, sei geradezu notwendig, um überhaupt von einer Betriebsanlage sprechen zu können. Denn gemäß § 74 Abs.1 GewO sei das Vorliegen einer gewerblichen Betriebsanlage nur dann anzunehmen, wenn die betreffende örtlich gebundene Einrichtung der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt sei. Die bloße Verwendung der verba legalia und die Feststellung der Behörde, es liege eine Betriebsanlage vor, reiche demnach nicht aus und müsse dem Beschuldigten auch ein diesbezügliches Fehlverhalten erst vorgeworfen werden. Des weiteren sei dem Spruch nicht zu entnehmen, ob die in § 74 Abs.2 GewO genannten Interessen überhaupt zu beeinträchtigen geeignet seien und daher Genehmigungspflicht anzunehmen sei. Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, die Handlungen des Beschuldigten darzustellen, welche eine Subsumtion unter die Vorschrift des § 366 Abs.1 Z2 GewO ermögliche. Die Behörde habe sich lediglich der verba legalia bedient, ohne dem Beschuldigten eine konkrete Handlung vorzuwerfen. Die Feststellung der Tatsache, dass anlässlich einer Durchsuchung am 5.7.2007 in den Kellerräumlichkeiten des Gebäudes  O, M, diverse Kübel, Stehleitern, Farbwalzen etc gefunden worden seien, sei für eine Bestrafung nicht hinreichend. Überdies sei  ungeklärt, wer über die Gegenstände, welche sich in den für die Öffentlichkeit zugänglichen Kellerräumlichkeiten des Hauses in O, M, befinden, verfügungsberechtigt sei und welche Materialien im Keller gelagert worden seien, zumal es außer (leerem) Plastikgebinde, Klebebänder, Folien etc keine Beweisergebnisse gebe, welche darauf schließen lassen, das Materialien bzw Gegenstände gelagert wurden, welche eine Gefährdungseignung im Sinne des § 74 Abs.2 GewO besitzen würden. Auch konnte die gewerbliche Nutzung der Kellerräumlichkeiten nicht untermauert werden.

Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.        

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Gemäß  § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Die Behörde hat im Strafverfahren nach § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 die Genehmigungspflicht selbständig auf Grundlage des § 74 Abs.2 GewO 1994 zu beurteilen (VwGH 30.1.1996, 95/04/0139).

Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 muss, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (VwGH 22.12.1992, 91/04/0199). Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1522 ff).

Eine solche konkretisierte Umschreibung der Interessen, die durch die vorliegende Betriebsanlage beeinträchtigt werden können, ist dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen.

 

Soweit die Erstbehörde vermeint,  mit dem im Spruch enthaltenen Verweis auf § 359b GewO 1994 sei dem Konkretisierungsverbot entsprochen worden, ist dem entgegenzuhalten, dass § 359b leg. cit. auf die durchzuführende Verfahrensart, jedoch nicht auf die Genehmigungspflicht abstellt. Auch bei einer dem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterliegenden Betriebsanlage ist die Frage zu prüfen, ob diese Anlage geeignet ist, die in § 74 Abs.2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen. Das Gleiche gilt demgemäß auch für eine Anlage, die der Verordnung, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Verfahren zu unterziehen sind, unterliegt. Auch hier ist nicht von vornherein die Genehmigungspflicht anzunehmen, sondern erst zu prüfen, ob durch den Betrieb Schutzinteressen berührt werden können. Eine andere Auslegung würde von der in der GewO verankerten Systematik der Prüfung der Genehmigungspflicht einer gewerbebehördlichen Betriebsanlage abweichen.

 

Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG und war somit das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008:
220 Euro)
 zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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