Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162964/10/Bi/Se

Linz, 20.06.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Dr. C-I P, L, vertreten durch Herrn RA Dr. H L, R, vom 12. Februar 2008 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 24. Jänner 2008, VerkR96-3996-2007, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 18. Juni 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

I.  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Strafer­kenntnis vollinhaltlich bestätigt. 

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 60 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 eine Geldstrafe von 300 Euro (84 Stunden EFS) verhängt, weil er am 1. Mai 2007 um 16.15 Uhr den Pkw   auf der A8 Innkreisautobahn bei km 59.790, Gemeinde Utzenaich, in Fahrtrichtung Suben gelenkt und die auf öster­reichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 61 km/h überschritten habe. 

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 30 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 18. Juni 2008 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters des Bw RA Dr. H L, der Zeugen RI J B und RI M G sowie des technischen Amtssachverständigen DiplHTL-Ing. R H durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, aus dem bisherigen Strafverfahren gehe nicht hervor, woraus die Feststellung der Erstinstanz, die Messung sei aus einer Entfernung von 360 m erfolgt, resultiere, nämlich weder aus der Anzeige noch den mit den Zeugen aufgenommenen Niederschriften. Auch ein Messbereich des Gerätes bis zu einer Distanz von 500 m ergebe sich nicht. Wenn sein Pkw tatsächlich 197 km/h gefahren sei, seien das ca 55 m/sek, dh er durchfahre eine Strecke von 300 m in 5 Sekunden, eine Strecke von 360 m in knapp über 6 Sekunden. RI B sei in dieser Zeit wohl nicht in der Lage gewesen, das Einsatzfahrzeug zu verlassen, an den Straßenrand zu eilen und ihn anzuhalten – mit seinem diesbezüglichen Vorbringen habe sich die Erst­instanz aber nicht auseinandergesetzt. Berücksichtige man die Zeit zum Aussteigen bis zur Position des Anhaltens, die Zeit bis zum Auffälligwerden, Reaktions- und Bremszeit, wäre es ihm nicht möglich gewesen, seinen Pkw am Standort des Zeugen zum Stillstand zu bringen, hätte er tatsächlich eine Geschwindigkeit von 197 km/h eingehalten. Da er den Pkw tatsächlich dort zum Stehen gebracht habe, müsse er eine weit unter 190 km/h liegende Geschwindigkeit eingehalten haben. Beantragt wird ein Ortsaugenschein, die Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen für Verkehr – Fahrzeugtechnik, im übrigen Verfahrens­ein­stellung, in eventu Strafherabsetzung.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen münd­lichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsvertreter des Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtene Straf­erkenntnisses berücksichtigt, der Meldungsleger RI B (Ml) unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen und ein Gut­achten durch den verkehrstechnischen SV erstattet wurde. Auf die Einver­nahme des ebenfalls erschienenen Zeugen RI G wurde ausdrück­lich verzichtet. Ein Ortsaugenschein erübrigte sich aufgrund der Einsichtnahme in einem vom Ml vorgelegtes Lichtbild der Messposition des Polizeifahrzeuges und in die DORIS-Online Landkarte zum Verlauf der A8 und Lage des Standortes des Ml.  

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die beiden Beamten der Autobahnpolizeiinspektion Ried/Innkreis führten am 1. Mai 2007 vom Standort bei km 60.150 an der RFB Suben – dabei handelt es sich um eine Betriebszufahrt mit großem Einmündungstrichter – Lasermessungen, laut Messprotokoll von 16.12 Uhr bis 16.20 Uhr, durch. Dort war laut Angaben des Ml im rechten Winkel zur Richtungsfahrbahn ein nach außen hin als Polizei­fahrzeug erkennbarer VW Sharan so abgestellt, dass er mit dem vorderen Viertel in den Pannenstreifen hineinragte, wobei der Ml, ein seit 13 Jahren bei der API Ried/I. beschäftigter und in der Handhabung mit Lasermessgeräten geübter Polizeibeamter, die Messung vom Beifahrersitz aus so durchführte, dass er mit dem Lasermessgerät LTI 20.20 TS/KM-E Nr.7655 den aus Richtung Wels ankommenden Verkehr anvisierte. Die vom Gerätehersteller vorgesehenen Ein­stiegs­­­tests, den Gerätefunktionstest, die Zielerfassungskontrolle und die Null-km/h-Messung ergaben keine Anhaltspunkte für eine eventuelle Funktionsun­tüchtigkeit des laut vorgelegtem Eichschein zuletzt vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen am 20. August 2004 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2007 ordnungsgemäß geeichten Lasermessgerätes.

Der vom Bw gelenkte Pkw wurde auf dem (in Fahrtrichtung des Bw gesehen) rechten Fahrstreifen ohne Sichteinschränkung im Messbereich vom Ml anvisiert und ergab die Messung einen Geschwindigkeitswert von 197 km/h auf eine Mess­entfernung von 360 m – daraus wurde der Tatort bei km 59.790 errechnet. Der Ml hat jede Verwechslung ausgeschlossen und den gemessenen Wert eindeutig dem vm Bw gelenkten Pkw zugeordnet, der sich zum Messzeitpunkt allein im Messbereich befunden habe.  

Vom Messwert wurde die in der Zulassung vorgeschriebene Toleranz von 3 % abgezogen (3% von 197 sind 5,91, aufgerundet 6 km/h) und eine gefahrene Geschwindigkeit von 191 km/h der Anzeige und dem Tatvorwurf zugrundegelegt.

Der Ml schilderte in der Verhandlung  ausführlich und glaubwürdig, er habe den Bw nicht anhalten wollen, weil ein solches Fahrmanöver auf der Autobahn aufgrund des schmalen Pannenstreifens viel zu gefährlich sei. Normalerweise werde nachgefahren und der Bw auf dem nächstmöglichen Autobahnparkplatz angehalten. Es sei aber üblich, bei Ertönen des Piepstons – das Lasermessgerät werde auf einen bestimmten Wert eingestellt und wenn der gemessenen Wert diesen Wert übersteige, sei dieser Piepston zu hören – das Blaulicht am Polizeifahrzeug einzuschalten, was den Bw offenbar dazu animiert habe, von sich aus ein Bremsmanöver einzuleiten und beim Polizeifahrzeug seinen Pkw zum Stillstand zu bringen. Eine Anhaltung im Sinne des Aussteigens des Ml sei nicht erfolgt. Bei der anschließenden Amtshandlung habe der Bw zugestanden, die 130 km/h-Beschränkung auf österreichischen Autobahnen zu kennen, allerdings müsse er nach Deutschland, um seine kranke Mutter zu operieren, wie der Ml anhand seiner handschriftlichen Aufzeichnungen ausführte. Der Bw habe die Strafe auch gleich bezahlen wollen, was aber angesichts des Ausmaßes der Überschreitung nicht mehr möglich sei.

Auf die Zeugeneinvernahme von RI G wurde deshalb verzichtet, weil der Ml bestritt, dass der Zeuge, wie der Bw behauptete, zur Zeit seiner Anhaltung eine andere Amtshandlung durchgeführt habe. Ein anderes Fahrzeug sei sicher nicht dort gestanden, eine neue Messung werde erst nach Beendigung einer vorherigen Amtshandlung durchgeführt, um uneingeschränkte Sicht beim Anvisieren zu haben.        

Der Ml schloss auch aus, dass der Bw, wie er behauptet hatte, zum Messzeit­punkt gerade ein anderes Fahrzeug überholt habe. Der Pkw habe sich eindeutig rechts befunden, sonst hätte er auf diese Entfernung nicht beim Ml anhalten können, weil dann ein Bremsmanöver wegen Gefährdung des Überholten ausge­schlossen gewesen wäre.

 

Der SV bestätigte auf der Grundlage eines vom Ml vorgelegten Fotos mit der nachgestellten damaligen Situation zur Abstellposition des Polizeifahrzeuges die uneingeschränkte Sicht und Messmöglichkeit von Standort des Ml aus und führte aus, der Messkegel der Lasermesspistole ergebe bei einer Entfernung von 360 m eine Messkeulenbreite von ca 1 m. Bei einer Autobahn­fahr­streifen­breite von 3,50 bis 3,75 m und einer Pkw-Breite von 1,7 m könne beim üblichen Anvisieren im Mittelbereich des vorderen Kennzeichens ein auf dem Überholstreifen fahrendes Fahrzeug nicht getroffen werden, weil der Durch­messer der Messkeulenbreite von ca 1 m nicht ausreiche. Nach Abzug der vorge­schrie­benen Toleranzen sei ein Wert von 191 km/h zugrundezulegen.

Geht man davon aus, dass der Bw sich im Messzeitpunkt in einer Entfernung von 360 m zum Ml befunden hat, hat sich die Entfernung nach 1 Reaktions-Sekunde nach Erkennen des Blaulichts (wobei auch dem Ml 1 Sekunde ab dem Piepston zuzugestehen ist) und bei Einleitung des Bremsmanövers aus einer Geschwindig­keit von 191 km/h, dh ca 53 m/sek, auf ca 260 m verringert. Ein Zum-Stillstand-Bringen des Pkw am Standort des Ml müsse daher mit einer Bremsverzögerung von ca 5,2 m/sek² erfolgt sein, was ein starkes Abbremsen darstelle, aber technisch durchaus mög­lich sei, zumal von einer Notbremsung erst ab 7,5 m/sek² und mehr die Rede sein könne. Dem Bw war daher das tatsächlich erfolgte Anhalten auf Höhe des Polizeifahrzeuges bei einer wenn auch starken Betriebs­bremsung möglich, dh daraus kann kein Argument dafür gewonnen werden, dass der Bw eine geringere Geschwin­dig­keit eingehalten haben müsse und die angelastete schon deshalb als unrichtig anzusehen sei.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat besteht kein Anhaltspunkt für Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen des Ml und an der Schlüssigkeit und Nachvoll­ziehbarkeit der SV-Ausführungen. Die Reichweite des verwendeten Gerätes umfasst laut Zulassung eine Entfernung von 30 bis 500 m; der Messwert wurde innerhalb einer zulässigen Messentfernung gemessen.      

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeugen, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, ua auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges die jeweils zulässige Höchstge­schwin­dig­keit außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Die Geschwindigkeitsfeststellung erfolgte mit einem dafür geeigneten, geeichten und funktionstüchtigen Lasermessgerät; an der Richtigkeit des zugrundegelegten errechneten Geschwindigkeitswertes von 191 km/h besteht für den Unabhän­gigen Verwaltungssenat kein Zweifel.

Die in Österreich auf Autobahnen generell erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h im Gegensatz zu den Bestimmungen in Deutsch­land war dem Bw nach den glaubwürdigen Schilderungen des Ml durch­aus bekannt. Dass er seine kranke Mutter operieren müsse, kann wohl nicht ernst­haft die potentielle Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch den Bw angesichts einer solchen Geschwindigkeit rechtfertigen, abgesehen davon, dass der Bw dazu später nichts näheres mehr ausführte und daraus der Schluss zu ziehen ist, dass diesbezüglich tatsächlich kein Notfall vorlag.

Der Bw hat daher den Ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt und, da von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 VStG keine Rede sein kann,  sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verant­worten.

 

Zur Strafbemessung  ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2c StVO 1960 von 72 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit von 24 Stunden bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Unbescholtenheit des Bw wurde seitens der Erstinstanz mildernd berück­sichtigt und kein erschwerender Umstand gefunden. Der Schätzung seiner finan­ziellen Verhältnisse (1.300 Euro netto monatlich, kein Vermögen, keine Sorge­pflichten) hat der Bw nicht widersprochen, sodass sie auch im Berufungs­ver­fahren zugrundezulegen ist. 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz bei der Strafbemessung den ihr zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, und hält general- und vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Ein Ansatz für eine Strafherabsetzung, auch der Ersatzfreiheitsstrafe, findet sich nicht. Die Voraussetzungen einer Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008 220 Euro) zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

191 km/h Lasermessung einwandfrei -> Bestätigung

 

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