Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150660/5/Lg/Hue

Linz, 02.06.2008

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Be­rufung des H K H, G, H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K W, S, U S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 28. Februar 2008, Zl. BauR96-195-2007, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 80 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen  am 26. Oktober 2007, 11.44 Uhr, die mautpflichtige A8 bei km 75.300, Grenze Suben, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung verwies der Bw darauf, dass er und seine Gattin völlig ortsunkundig gewesen seien, weshalb er irrtümlich auf die Autobahn aufgefahren sei. Weder dem Bw noch seiner Gattin sei aufgefallen, dass er etwa 2 km lang eine Autobahn benützt habe, was auch keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen habe. Es liege deshalb nur geringfügiges Verschulden vor, zumal der Bw sofort nach einem entsprechenden Hinweis des Zollbeamten (gemeint wohl: des Mautaufsichtsorgans) die Autobahn wieder verlassen habe. Die dazu als Zeugin beantragte Gattin des Bw sei nicht einvernommen worden. Im Übrigen handle es sich bei der Übertretung des § 30 BStMG um ein bloßes Formaldelikt, sodass diese bedeutende Folgen iSd § 21 VStG nicht auslösen können.

Für die Anwendung des § 21 VStG würden sämtliche Voraussetzungen vorliegen. Die Milderungsgründe eines Tatgeständnisses und der Einsicht würden vorliegen. Der Bw sei unbescholten. Es gebe keine Erschwernisgründe.

 

Beantragt wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und die Absehung von einer Strafe, in eventu die Aussprache einer Ermahnung, in eventu die Zurückverweisung an die belangte Behörde zur Verfahrensergänzung, in eventu die volle Ausschöpfung des § 20 VStG.   

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 6. November 2007 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Als Zusatz zur Anzeige wurde angegeben: "Keine Vignette. Angeblich in Suben aufgefahren, daher besteht der Lenker auf eine Anzeige".

 

Nach Strafverfügung vom 8. November 2007 rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat teilte dem Bw am 14. April 2008 mit, dass der von ihm vorgebrachte Sachverhalt nicht angezweifelt wird und deshalb eine Einvernahme der beantragten Zeugin bzw. die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entbehrlich erscheint.

 

Daraufhin verzichtete der Bw mittels Schreiben vom 25. April 2008 auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 ist der Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs. 1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6). 

 

5.2. Unbestritten ist, dass der Bw der Lenker war und am Kfz zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine gültige Mautvignette aufgeklebt war.

 

§ 11 Abs. 1 BStMG normiert, dass vor der Benützung einer Mautstrecke die Maut durch Anbringen einer Mautvignette zu entrichten ist. Zum Zeitpunkt der Benützung einer Mautstrecke war – unbestritten – eine gültige Vignette am Kfz nicht aufgeklebt, weshalb der Bw das vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine allenfalls geltend gemachte Unkenntnis der österreichischen Rechtslage wirken, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Insbesondere hat die Erstbehörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides richtigerweise bereits darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass dem Bw (wie zu seinen Gunsten angenommen sei) das Befahren einer Mautstrecke (zunächst) entgangen war, Fahrlässigkeit (nicht Schuldlosigkeit) begründet, da ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit das Auffahren auf eine mautpflichtige Strecke nicht hätte entgehen dürfen (vgl. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997), zumal notorisch ist, dass Autobahnauffahrten in Österreich – so wie dies auch in der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist – als solche klar, deutlich und unmissverständlich gekennzeichnet sind und sich Autobahnen auch baulich vom untergeordneten Straßennetz unterscheiden.  

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Mildernd wirken lediglich die (bei ausländischen Lenkern häufig gegebene) Unbescholtenheit und das (in Anbetracht der Beweislage wenig ins Gewicht fallende) Tatsachengeständnis. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich, zumal – wie der Titel dieser Bestimmung schon sagt – es sich um eine "außerordentliche" Milderung der Strafe handelt. Eine solche "außerordentliche" Milderung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn Milderungsgründe behauptet werden, die sich, zumal bei ausländischen Kraftfahrern, geradezu regelmäßig geltend machen lassen, sodass über § 20 VStG die gesetzliche Mindeststrafe in der Praxis unterlaufen würde. Die vom Bw geltend gemachten Milderungsgründe fallen insgesamt nicht so ins Gewicht, dass von einem Überwiegen iSd § 20 VStG gesprochen werden könnte. Die fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs. 1 VStG). Auch stellt eine allenfalls nur kurze  Fahrtstrecke auf einer Mautstraße keinen Milderungsgrund dar (vgl. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des   § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da der Bw vor Benützung einer Mautstrecke für eine ordnungsgemäße Mautentrichtung (iSd Aufklebens einer gültigen Mautvignette) zu sorgen gehabt hätte bzw. ihm bei entsprechender Aufmerksamkeit das Auffahren auf eine Mautstrecke nicht entgehen hätte dürfen. Abgesehen davon, dass die Gründe des § 21 Abs.1 VStG kumulativ vorliegen müssen, sei festgehalten, dass der Unabhängige Verwaltungssenat der Auffassung, dass aus dem Deliktscharakter der gegenständlichen Strafbestimmung zwangsläufig die Unbedeutendheit der Tatfolgen resultiere, nicht beizutreten vermag.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

Dr. Ewald Langeder

 

 

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