Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105725/6/Br

Linz, 24.09.1998

VwSen - 105725/6/Br Linz, am 24. September 1998

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn T, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizei-direktion Linz, vom 22. Juli 1998, Zl.: CST 31872/97, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach der am 24. September 1998, im Rahmen eines Ortsaugenscheines durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 24 Abs.1 lit.i iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er, wie am 9. Juli 1998 (richtig wohl 1997) von 17.25 Uhr bis 17.35 Uhr in L gegenüber Hausnummer ,

ca. im Bereich des Schnittpunktes der gedachten Verlängerungslinie der Fahrbahnränder der S mit der R, festgestellt worden sei, das Kfz mit dem Kennzeichen , in einer Fußgängerzone abgestellt habe, ohne eine erlaubte Ladetätigkeit durchzuführen und ohne ein bevorzugter Benützer der Fußgängerzone gemäß § 76a Abs.5 zu sein.

1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Beweisannahme auf die Angaben des Meldungslegers und dessen Äußerungen im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit der fristgerecht erhobenen Berufung. Im Ergebnis führt er aus, daß die Angaben des Meldungslegers keineswegs widerspruchsfrei seien. Insbesondere bestreitet er die ihm zur Last gelegte Tatzeit im Ausmaß von zehn Minuten und ebenfalls weist er auf seine Verantwortung vom 8. Juni 1998, nämlich auf die in der Skizze vom 28.10. 1997 unzutreffend dargestellte Abstellposition hin.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich im Hinblick auf die substanzielle Tatsachenbestreitung erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bundespolizeidirektion Linz, Zl.: CST 31872/97, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner wurde Beweis aufgenommen durch Vernehmung der Mitfahrerin C als Zeugin und des Berufungswerbers als Beschuldigten anläßlich der im Rahmen eines Ortsaugenscheines durchgeführten Berufungsverhandlung. Der Meldungsleger entschuldigte sein Nichterscheinen zur Verhandlung mit einer dringlichen privaten Angelegenheit. Ein Vertreter der Erstbehörde erschien ohne Angabe von Gründen zur Berufungsverhandlung nicht.

4.1. Zum erstbehördlichen Verfahren ist zu bemerken, daß vorerst â€" ohne eine Lenkererhebung durchzuführen - gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung

 

erlassen wurde. Als bemerkenswert gilt es in diesem Zusammenhang aus verwaltungsökonomischer Sicht anzumerken, daß der Meldungsleger es unterließ sogleich das Nationale des vor Ort beanstandeten Lenkers aufzunehmen. Es mußte daher nach dem Einspruch erst eine Lenkererhebung gegen den Zulassungsbesitzer (den Lenker) dieses Fahrzeuges vorgenommen werden. Noch vor der Lenkererhebung wurde der Meldungsleger zur Erstellung einer Skizze verhalten, wobei er jedoch das Fahrzeug etwa auf der gegenüberliegenden Seite des Hauptplaztes (nächst der Einmündung der R in den H â€" also der östlichen Seite des Hauptplatzes) einzeichnete.

Die Lenkererhebung wurde dem Berufungswerber mit Schreiben vom 31.10.1997 eingefordert und vom Berufungswerber mit dem vorgesehenen Vordruck am 4.11.1997 vorschriftsmäßig an die Erstbehörde erteilt.

Mit der Strafverfügung vom 25.11.1997 verhängte die Erstbehörde offenbar irrtümlich und offenkundig auch aktenwidrig (weil die Lenkerauskunft ja bereits im Akt gewesen sein mußte), über den Berufungswerber wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG (wg. Unterlassung der Lenkerbekanntgabe) eine Geldstrafe in der Höhe von 600 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von achtzehn Stunden.

Diese Strafverfügung wurde vom Berufungswerber beeinsprucht und nach einer Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung am 5. Jänner 1998 bei der Erstbehörde, wurde das Verfahren mit der Vernehmung des Meldungsleger am 19. Februar 1998 fortgesetzt. Mit Aktenvermerk vom 5. Jänner 1998 wurde das Verfahren nach § 103 Abs.2 KFG eingestellt. Am 8. Juni 1998 wurde schließlich die Mitfahrerin durch die Erstbehörde vernommen und abermals am 8. Juni 1998 dem Berufungswerber mit einer weiteren Vernehmung Parteiengehör gewährt.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Bereich zehn Meter nördlich der Pestsäule ist als Fußgängerzone eingerichtet, nicht jedoch konnte in diesem Bereich ein Halteverbot festgestellt werden. Ein Halteverbot findet sich jedoch an der in der vom Meldungsleger in der Skizze angeführten Örtlichkeit.

5.1.1. Auf Grund der glaubwürdigen und schlüssigen Angaben des Berufungswerbers und der Zeugin P anläßlich der Berufungsverhandlung ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß der Berufungswerber sein Fahrzeug etwa zehn Meter nördlich der Pestsäule seitlich der Nebenfahrbahn abstellte. Die Nebenfahrbahn führt an dieser Stelle in einer Linkskurve in den für Kraftfahrzeuge befahrbaren Teil des Hauptplatzes in Fahrtrichtung Norden. Die Zeugin stieg außerhalb der Nebenfahrbahn aus dem Fahrzeug aus und begab sich zu einem etwa fünfzehn Meter weiter stadtplatzsüdwärts befindlichen Eiskiosk. In der Zwischenzeit wartete der Berufungswerber im bzw. beim Fahrzeug, wobei es in der Folge zur Beanstandung wegem des vorschriftswidrig abgestellten KFZ durch den Meldungsleger kam. Die Abstelldauer wurde laut glaubwürdiger Darstellung in der Berufungsverhandlung wohl auch durch die Amtshandlung verlängert, wobei die die Amtshandlung in Anspruch nehmende Zeitspanne der "Tatzeit" wohl zugerechnet worden sein dürfte.

5.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich einerseits auf die Angaben des Berufungswerbers und der Zeugin anläßlich der Berufungsverhandlung. Zu bemerken ist hiezu, daß die Verantwortung des Berufungswerbers stets gleichlautend war und er bereits von aller Anfang an darlegte, daß er nur kurzzeitig das Fahrzeug im Bereich vor der Pestsäule abstellte. Ebenfalls ergibt sich im Gegensatz zur Darstellung in der Skizze des Meldungslegers diese Abstellposition aus der Fahrstrecke von der Nibelungenbrücke in den Hauptplatz. Dem Berufungswerber dürfte in seiner Darstellung ein Irrtum, wahrscheinlich eine Verwechslung mit einer anderen Amtshandlung unterlaufen sein. Bezeichnend ist in der zeugenschaftlichen Niederschrift des Meldungslegers vom 19. Februar 1998, daß er darin von einer "Anzeige" spricht und er sich aber schon damals nicht mehr an den Vorfall zu erinnern vermochte. Tatsächlich hat der Meldungsleger jedoch keine Anzeige gelegt. Vielmehr kam es durch das Unterbleiben der Einzahlung des BOM zu diesem Verfahren. Weiter konnte sich der Meldungsleger auch nicht darin erinnern, ob er ein Fehlen der hinteren Kennzeichentafel festgestellt hatte. Darauf wurde er vom Berufungswerber wohl vor Ort im Rahmen seiner Rechtfertigung aufmerksam gemacht. Auch in diesem Zusammenhang vermeinte er abermals dies "in der Anzeige" angemerkt zu haben, falls ihm dies aufgefallen wäre.

Die Berufungsverhandlung wurde an sich aus der Aktenlage (insbesondere der Skizze) ergebenden Tatörtlichkeit ausgeschrieben. Beim Eintreffen des Berufungswerbers erklärte dieser gegenüber dem Verhandlungsleiter unverzüglich, daß sich der Vorfall auf der gegenüberliegenden Seite des Hauptplatzes ereignet habe. Auch dies ist ein schlüssiges Indiz dafür, daß der Tatort im erstbehördlichen Verfahren nie klar determiniert werden konnte.

Auf Grund dieser doch recht erheblichen Widersprüche vermochte hier dem Berufungswerber in seiner Verantwortung gefolgt werden.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgendes erwogen:

6.1. Hier liegen sowohl hinsichtlich der Tatzeit als auch im Hinblick auf den Tatort erhebliche Widersprüche vor.

Dem Spruch des Straferkenntnisses ist im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis Z5 VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zuzuerkennen. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 VStG erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er

a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob eine auf den Tatvorwurf bezogene Verfolgungshandlung und der Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat). Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt - siehe auch VwGH 14.12.1985, 85/02/0013 - sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes Erfordernis. Es ist jeweils an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen, zu messen.

Das erstbehördliche Ermittlungsergebnis und der darauf basierende Tatvorwurf wird den letztgenannten Anforderungen nicht gerecht.

Eine Korrektur des Spruches hinsichtlich des als erwiesen anzunehmenden Verhaltens des Berufungswerbers, nämlich in Form einer zumindest viel kürzeren Abstelldauer in der Fußgängerzone und eine Präzisierung des Tatortes ist wegen der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr zulässig.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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