Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163176/2/Zo/Jo

Linz, 16.06.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J E, geb. , G vom 03.03.2008, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 20.02.2008, Zl. VerkR96-15628-2007, wegen einer Übertretung der StVO zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung gegen die Strafhöhe wird teilweise stattgegeben und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II.                 Der Berufungswerber hat für das Berufungsverfahren keine Kosten zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem angefochtenen Bescheid den Einspruch des Berufungswerbers gegen die Strafhöhe der mit Strafverfügung vom 26.07.2007, Zl. VerkR96-15628-2007 verhängten Strafe teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 30 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 3 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber die Anwendung des § 21 VStG geltend. Die Verwaltungsübertretung habe keinerlei negativen Folgen gehabt und es treffe ihn an dieser nur ein geringes Verschulden, weshalb er einen Anspruch darauf habe, dass von der Strafe abgesehen werde. Die Behörde habe in keiner Weise nachvollziehbar begründet, weshalb aus ihrer Sicht § 21 VStG nicht angewendet werden könne.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, die Berufung richtet sich nur gegen die Strafhöhe und eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte am 03.06.2007 um 16.20 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der L508 bei km 6,901 in Fahrtrichtung Ried. Er überschritt dabei die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 22 km/h. Wegen dieser Übertretung hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vorerst eine Strafverfügung in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) erlassen.

 

In seinem rechtzeitig eingebrachten Einspruch räumte der Berufungswerber die Geschwindigkeitsüberschreitung ein, machte aber geltend, dass er sich nur dem Fahrverhalten der anderen Verkehrsteilnehmer angepasst habe. Auch die anderen Fahrzeuglenker seien mit der gleichen Geschwindigkeit gefahren. Es treffe ihn nur äußerst geringe Fahrlässigkeit und die Übertretung habe keine negativen Folgen gehabt, weshalb die Voraussetzungen des § 21 VStG gegeben seien. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe darauf ein Rechtsanspruch. Er sei weiters absolut unbescholten und es liege keinerlei Erschwerungsgrund vor.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Geldstrafe auf 30 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt. Dagegen richtet sich die bereits oben dargelegte Berufung.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für derartige Übertretungen beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 726 Euro.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

5.2. Der Berufungswerber ist insoweit im Recht, als nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Vorliegen der Kriterien des § 21 Abs.1 VStG ein Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung besteht (vgl. z.B. VwGH vom 19.09.2001, Zl. 99/09/0264).

 

Allerdings ist nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Tatbestand des § 21 Abs.1 VStG nur dann erfüllt, wenn – unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) – das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (siehe z.B. VwGH vom 20.09.1999, 98/10/005).

 

Die Geschwindigkeitsüberschreitung hat offensichtlich keine konkreten nachteiligen Folgen gehabt, was aber bei Geschwindigkeitsüberschreitungen durchaus als typisch anzusehen ist. Nur in seltenen Ausnahmefällen kommt es tatsächlich zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder gar zu einem Verkehrsunfall, weshalb die dem Berufungswerber vorgeworfene Übertretung nicht von dem in § 20 Abs.2 StVO typisierten Unrechtsgehalt abweicht. Der Umstand, dass auch andere Verkehrsteilnehmer in diesem Bereich die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten haben, ändert daran nichts. Hinsichtlich des Verschuldens wird dem Berufungswerber nur fahrlässiges Verhalten vorgeworfen, es ist davon auszugehen, dass er die tatsächlich eingehaltene Geschwindigkeit übersehen hat. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass ihn nur ein geringes Verschulden treffen würde. Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen ist es geradezu typisch, dass diese in der Form der Fahrlässigkeit begangen werden, sodass auch diesbezüglich kein Unterschied zum sonst üblichen Schuldgehalt derartiger Übertretungen besteht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Entscheidung vom 15.06.1994, Zl. 93/03/0299 festgehalten, dass bei einer Überladung das Überschreiten des zulässigen Gesamtgewichtes um mehr als 10 % kein geringfügiges Verschulden mehr darstellt. Wenn man berücksichtigt, dass der Berufungswerber die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 22 % überschritten hat, so kann unter Anwendung dieser Rechtsprechung jedenfalls nicht mehr von einem bloß geringfügigen Verschulden gesprochen werden.

 

Allgemein ist festzuhalten, dass in Österreich – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – Geschwindigkeitsüberschreitungen bis zu einem gewissen Ausmaß (in der Praxis meistens bis etwa 10 km/h) unter Anwendung des § 21 VStG toleriert werden. Dies hat dazu geführt, dass von vielen Verkehrsteilnehmern derartige Geschwindigkeitsüberschreitungen gar nicht mehr als strafbar empfunden werden, sondern zum normalen Verkehrsalltag gehören.  Auch aus diesem Grund sind bei höheren Überschreitungen die Voraussetzungen des § 21 VStG streng zu prüfen. Das Verhalten des Berufungswerbers weicht von dem in § 20 Abs.2 StVO 1960 normierten Unrechts- und Schuldgehalt in keiner Weise ab, sondern es handelt sich um eine geradezu typische Verkehrsübertretung. Es sind damit die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG nicht erfüllt, weshalb die Erstinstanz zu Recht eine Strafe verhängt hat.

 

Bezüglich der Geldstrafe wurde der Strafrahmen lediglich zu ca. 4 % ausgeschöpft, was auch unter Berücksichtigung der bisherigen Unbescholtenheit des Berufungswerbers als ausgesprochen milde zu bewerten ist. Damit mit der Bestrafung überhaupt noch ein präventiver Zweck erreicht werden kann, kommt

eine weitere Herabsetzung nicht mehr in Betracht. Die Strafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei die erstinstanzliche Einschätzung zu Grunde gelegt wird (monatliches Nettoeinkommen von 1.270 Euro bei keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen) weil der Berufungswerber dieser nicht widersprochen hat.

 

Gemäß § 16 Abs.1 VStG ist, wenn eine Geldstrafe verhängt wird, zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

 

Gemäß § 16 Abs.1 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als 6 Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

 

Die Erstinstanz war hinsichtlich der Geldstrafe der Ansicht, dass es ausreichend ist, den Strafrahmen zu 4 % auszuschöpfen. Die Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden würde jedoch ca. 8 % des Strafrahmens ausmachen, wobei die Erstinstanz nicht begründet hat, weshalb diese doch wesentlich höhere Ersatzfreiheitsstrafe notwendig wäre. Es war daher die Ersatzfreiheitsstrafe soweit herabzusetzen, dass das im Gesetz festgelegte Verhältnis von Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe im Wesentlichen eingehalten wird. Insoweit war daher der Berufung stattzugeben.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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