Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251657/8/Kü/Ba

Linz, 10.06.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn M T, vertreten durch N W C Rechtsanwälte GmbH, S, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. Oktober 2007, SV96-88-2007, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.  Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.10.2007, SV96-88-2007, wurden über den Berufungswerber (Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 9 VStG iVm § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 36 Stunden verhängt, weil er es als Arbeitgeber strafrechtlich zu verantworten hat, dass er zumindest am 8.5.2007 gegen 9.30 Uhr die ungarischen Staatsangehörigen

1. Herrn C S, geb.,

2. Herrn T J, geb.,

indem diese auf der Baustelle „M L“, I A, S, im Auftrag der Firma H H u G GmbH beim Anklemmen einer Klimaanlage betreten wurden, jedenfalls iSd § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigt hat, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, noch dieser Auslände eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder einen Niederlassungsnachweis besaß.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde aufgrund der Aktenlage zu entscheiden gehabt habe. Die Annahme der Behörde, die strafbare Handlung als erwiesen anzusehen, gründe sich auf die Sachverhaltsfeststellungen in der Anzeige des Finanzamtes Linz, an deren Richtigkeit und Unbedenklichkeit die Behörde keinen Anlass zu Zweifeln gehabt habe.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung vom 9.11.2007, welche vom Rechtsvertreter des Bw mit Schriftsatz vom 15.4.2008 ergänzt wurde.

 

Begründend wird darin unter anderem ausgeführt, dass richtig sei, dass die Firma H von der K W Gesellschaft mbH & Co KG mit Sitz in E mit der Durchführung von diversen Elektroinstallationsleistungen beauftragt worden sei. Diesen Auftrag habe die Firma H hinsichtlich Gerätemontagen, Verkabelung, Anklemmen, Schaltschrankinbetriebnahme und Anschlussarbeiten an der Lüftungsanlage mit Werkvertrag an die B B KFT mit Sitz in U weitergegeben. Die B B KFT habe zur Erfüllung dieses Werkvertrages ihre beiden Arbeitnehmer T und C nach Österreich entsandt. Die genannten ungarischen Staatsbürger wären somit nicht als Arbeitnehmer bei der H beschäftigt gewesen, sondern seien in Österreich als entsandte Arbeitnehmer der B B KFT tätig gewesen.

 

Die erstinstanzliche Behörde führe in der Begründung ihres Straferkenntnisses aus, dass sie aufgrund der Aktenlage zu entscheiden gehabt habe. Für den Bw sei nicht nachvollziehbar, warum die erstinstanzliche Behörde in ihrem Straferkenntnis den vom Finanzamt Linz dargestellten Sachverhalt, dessen Richtigkeit und Unbedenklichkeit sie nicht bezweifle, unter den Tatbestand des § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG subsumiere. Richtigerweise sei der festgestellte Sachverhalt unter § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG zu subsumieren. Diese Rechtsansicht des Bw würde auch durch den Strafantrag des Finanzamtes Linz vom 21.5.2007 bestärkt, in welchem als Übertretungstatbestand § 18 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG angeführt sei.

 

Der Berufung bzw. den ergänzenden Berufungsausführungen sind als Beilagen angeschlossen u.a. der zwischen der H H u G GmbH und er B B KFT abgeschlossene Werkvertrag über den Leistungszeitraum 18.9.2006 bis 18.9.2008, unbefristete Arbeitsverträge abgeschlossen zwischen der B B KFT und Herrn J T sowie Herrn S L C sowie vom Arbeitsmarktservice Traun mit Datum 5.6.2007 der B B KFT ausgestellte EU-Entsendebestätigungen für Herrn J T sowie Herrn S L C für die berufliche Tätigkeit als Elektrotechniker für den örtlichen Geltungsbereich Traun, Projekt:, welche bis 31.12.2007 ausgestellt wurden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Schreiben vom 12.11.2007 die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Die ergänzenden Berufungsausführungen des Rechtsvertreters des Bw wurden in Wahrung des Parteiengehörs an das Finanzamt Linz übersandt und wurde Gelegenheit gegeben, zu diesen Ausführungen Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme des Finanzamtes Linz dazu, ist allerdings nicht eingelangt.

 

4.1. Aus dem Akt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der H H u G GmbH mit Sitz in S.

 

Zwischen der H H u G GmbH und der B B KFT mit Sitz in U, C, L, wurde am 12.9.2006 ein Werkvertrag für das Projekt L für den Leistungszeitraum 18.9.2006 bis 18.9.2007 abgeschlossen, in welchem detailliert aufgelistet ist, welche Leistungen im Hinblick auf Gerätemontage, Verkabelung, Anklemmen, Schaltschrankinbetriebnahme zu erbringen sind. Außerdem enthält der Vertrag u.a. die Auftragssumme und Regelungen bezüglich der Gewährleistung.

 

Am 8.5.2007 wurde die Baustelle M L in S von Organen des Finanzamtes Linz einer Kontrolle auf Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG unterzogen. Im Zuge der Baustellenbegehung wurden die beiden ungarischen Staatsangehörigen J T und S L C beim Anklemmen einer Decken-Klimaanlage angetroffen. In der Folge wurden nähere Ermittlungen geführt und wurde vom Geschäftsführer der Firma H H u G GmbH, Herrn H R, angegeben, dass die beiden ungarischen Arbeiter für die ungarische Firma B B KFT arbeiten und für die Abwicklung eines Auftrages nach Österreich entsandt wurden. Auftraggeber der Firma B B KFT war die Firma H H u G GmbH. Die beiden ungarischen Staatsangehörigen konnten keine EU-Entsendebestätigungen vorweisen.

Die beiden ungarischen Staatsangehörigen sind Arbeitnehmer der B B KFT und wurden zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservices Traun vom 5.6.2007 wurden der B B KFT für die beiden ungarischen Staatsangehörigen die Entsendebestätigungen für die berufliche Tätigkeit als Elektrotechniker für das Projekt, S, befristet bis 31.12.2007 erteilt.

 

Vom Finanzamt Linz wurde aufgrund der Überprüfung mit Datum 21.5.2007 ein Strafantrag an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gerichtet, wobei als Übertretungsgegenstand die Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen von Ausländern entgegen § 18 AuslBG, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, ohne dass für diese eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde, genannt ist.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus den im Akt befindlichen Schriftstücken.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Auf Grund der in § 32a Abs.6 AuslBG enthaltenen Übergangsbestimmung zur EU-Erweiterung sind im gegenständlichen Fall (Tätigkeit der entsendeten ausländischen Arbeitskräfte im Baugewerbe) die Bestimmungen des § 18 Abs.12 AuslBG nicht anzuwenden.

 

5.2. Der im Akt einliegende Strafantrag des Finanzamtes Linz vom 21.5.2007 nimmt ausdrücklich Bezug auf den Übertretungstatbestand des § 18 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG. Zum Sachverhalt wird dargestellt, dass die beiden ungarischen Staatsangehörigen als Arbeiter für die ungarische Firma B B KFT tätig sind und für einen Auftrag, welcher von der Firma H GmbH erteilt wurde, nach Österreich entsandt wurden.

 

Die Erstinstanz subsumiert den angezeigten Sachverhalt ohne auf die Tatsache der Entsendung der ausländischen Arbeitskräfte durch die B B KFT mit Sitz in U Bezug zu nehmen, unter die Strafbestimmung des § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG. Aufgrund des Umstandes, dass aus dem Akteninhalt kein Ermittlungsverfahren der Erstinstanz entnommen werden kann bzw. auch in der Begründung keine entsprechenden Hinweise enthalten sind, bleibt insgesamt unklar, warum von der Erstinstanz diese rechtliche Einordnung des Sachverhaltes vorgenommen wurde. Sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im Spruch des Straferkenntnisses wird dem Bw angelastet, die ungarischen Staatsangehörigen als Arbeitgeber ohne die entsprechenden arbeitsmarktbehördlichen Papiere beschäftigt zu haben. Dieser Tatvorwurf findet allerdings nachweislich keine Rechtfertigung in der Sachverhaltsdarstellung des Finanzamtes Linz. Zudem ist festzuhalten, dass durch die vorliegenden Unterlagen wie dem Werkvertrag zwischen der H GmbH und der B B KFT  sowie den unbefristeten Arbeitsverträgen zwischen der B B KFT und den beiden ungarischen Staatsangehörigen soweit nachgewiesen ist, dass eine Entsendung ausländischer Arbeitskräfte iSd § 18 AuslBG stattgefunden hat. Diese Einordnung des Sachverhaltes findet auch ihre Deckung im Strafantrag des Finanzamtes Linz.

 

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Erkenntnis vom 19.5.1993, Zl. 92/09/0360, aus, dass die gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG auch für das Verwaltungsstrafverfahren geltende Berechtigung der Berufungsbehörde, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, nach der stRsp des VwGH (Hinweis E 27.9.1962, 1406/61, VwSlg 5871 A/1967 und E 18.1.1977, 391/76, VwSlg 9222 A/1977) nicht auch die Befugnis der Rechtsmittelbehörde mit einschließt, dem Beschuldigten eine andere Tat anzulasten als diejenige, die bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen ist .

Hat die Erstbehörde dem Besch (als handelsrechtlichem Geschäftsführer einer inländischen GmbH) die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer durch eine ausländische Firma ohne Vorliegen der hiefür (nach § 18 Abs 1 AuslBG) erforderlichen Beschäftigungsbewilligung bzw ohne einen Befreiungsschein zur Last gelegt und diese Tat dem § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG unterstellt, so ist diese Subsumtion rechtlich verfehlt, zumal nur § 28 Abs 1 Z 1 lit b AuslBG den rechtswidrigen Einsatz betriebsentsandter Ausländer (§ 18 AuslBG) als Tatbestandsvoraussetzung kennt (Hinweis E 1.3.1989, 88/09/0121; E 22.4.1993, 92/09/0347, 0349). Auf Grund einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung kann die von der Behörde tatsächlich zur Last gelegte und eindeutig umschriebene Tat nicht berichtigend ausgelegt werden. Allerdings kann die Berufungsbehörde - sofern sie vom Zutreffen der von der Behörde erster Instanz dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat überzeugt ist - aus Anlass der (hier: vollen) Berufung des Beschuldigten den Subsumtionsirrtum der Erstbehörde korrigieren, ohne dabei den Gegenstand des Berufungsverfahrens zu überschreiten (Hinweis E 6.6.1991, 90/09/0183, 91/09/0020; E 19.2.1993, 92/09/0206).

 

Gegenständlich hat die Erstbehörde dem Bw die Beschäftigung von Ausländern angelastet, ohne einen Bezug zur eigentlich angezeigten Verwendung  betriebsentsandter ausländischer Arbeitskräfte herzustellen.

Dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist es im Hinblick auf die bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung verwehrt, eine dem Strafantrag des Finanzamtes Linz entsprechende Änderung der vorgeworfenen strafbaren Handlung vorzunehmen, zumal es dadurch in Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu einer Auswechslung der vorgeworfenen Tat im Berufungsverfahren kommen würde. Aus diesen Gründen war daher der Berufung Folge zu geben, das erstinstanzliche Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

 

 

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