Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550400/10/Kü/Ba

Linz, 11.07.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über den Antrag der "D D- & S – A D GmbH, L S, M, vertreten durch Dr. F G, Dr. S S, Dr. M P, Rechtsanwälte, E,  W, vom 20.5.2008 (eingelangt am 21.5.2008) auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung der Stadtgemeinde T, vertreten durch S C & Partner Rechtsanwälte GmbH, E, L, betreffend das Bauvorhaben "Flachdachsanierung Abschnitt A und B Bundesschulzentrum T" nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2008  zu Recht erkannt:

 

I.      Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung wird abgewiesen.

 

II.  Der Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren wird abgewiesen.   

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 1, 2, 3, 6 und 7 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 iVm §§ 2, 19, 108 und 129 Bundesvergabe­gesetz 2006 (BVergG 2006), BGBl.I/Nr. 17/2006 idgF.

zu II.: § 23 Oö. VergRSG 2006

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 20.5.2008, beim Oö. Verwaltungssenat am 20.5.2008 nach Ende der Amtsstunden eingebracht, daher eingelangt am 21.5.2008, hat die "D D- & S – A D GmbH" (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Zudem wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von  3.750 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass die Auftraggeberin die Lieferung und Leistung von Schwarzdecker- und Bau­spenglerarbeiten sowie die Lieferung und den Einbau von Dachflächenfenstern, Lichtkuppeln und Lichtbändern bezüglich das Bauvorhaben "Flachdachsanierung Abschnitt A und B im Bundesschulzentrum T" im offenen Verfahren (Bauauftrag im Unterschwellenbereich) ausgeschrieben habe. Da weder in der Bekanntmachung noch in den Ausschreibungsunterlagen betreffend das Zuschlagsprinzip Festlegungen getroffen worden seien, sei der Zuschlag dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Das Ende der Angebotsfrist sei mit 4.3.2008, 10.00 Uhr, festgesetzt worden.

 

Die Antragstellerin habe sich am Vergabeverfahren durch fristgerechte Abgabe des Angebots mit einer Gesamtangebotssumme von 425.113,68 Euro (incl. 20 % USt) beteiligt.

 

Bei der Angebotsöffnung seien folgende Angebote samt Preisen (jeweils incl. 20 % USt) verlesen worden:

I I GmbH                                                    326.313,26 Euro

E GmbH                                                      365.794,40 Euro

F                                                                384.444,32 Euro

A D GmbH                                                  425.113,68 Euro

T-A                                                             426.943,52 Euro

H GesmbH                                                  428.886,48 Euro

I GmbH                                                      498.367,26 Euro

D GmbH                                                     564.017,09 Euro

 

Die Firma I I GmbH sei aufgrund fehlender Positionen und die Firma E GmbH mangels Gewerbeberechtigung und mangels Nachweis der Befugnis ausgeschieden worden.

 

Am 16.5.2008 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der Firma F GmbH & Co KG mit einer geprüften Auftragssumme von brutto 365.222,10 Euro, den Zuschlag erteilen zu wollen. Das Ende der Stillhaltefrist sei mit 23.5.2008 bekannt gegeben worden.

 

Die in der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung angeführte Auftragssumme von brutto 365.222,10 Euro sei offensichtlich mit dem bei Angebotsöffnung verlesenen Gesamtangebotspreis von 384.444,32 Euro hinsichtlich der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht in Übereinklang zu bringen.

 

Der Antragstellerin sei bekannt geworden, dass die präsumtive Zuschlags­empfängerin in dem zur Verlesung bei der Angebotsöffnung bestimmten Formblatt einen anderen Gesamtpreis ausgewiesen habe, als in der Zusammenstellung der Preise und der Aufschlüsselung der Leistungsgruppen und Nennung der Gesamtsumme auf der letzten Seite des Angebotes. Das Angebot sei daher widersprüchlich und fehlerhaft. Eine Behebung dieses Mangels sei nicht möglich, da dies mit den Grundsätzen eines geordneten Vergabeverfahrens, der Gleichbehandlung der Bieter und eines freien und lauteren Wettbewerbs nicht vereinbar sei. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei daher gemäß § 129 Abs.1 Z7 BVergG zwingend auszuscheiden gewesen.

 

Darüber hinaus komme der Angebotsverlesung zur Wahrung der Publizität und folglich auch zur Wahrung der Grundsätze des lauteren Wettbewerbs iSd § 19 Abs.1 BVergG maßgebliche Bedeutung zu. Würde ein Angebotspreis nicht verlesen, so dürfe auf dieses Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden. Der Gesamtangebotspreis, zu welchem der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nun der Zuschlag erteilt werden soll, sei bei der Angebotsöffnung nicht verlesen worden, sodass das Angebot zwingend auch aus diesem Grund auszuscheiden sei.

 

Die aufgezeigten Mängel seien im Lichte der Rechtsprechung des VwGH als unbehebbar zu qualifizieren, da diese zu einer Änderung der Wettbe­werbsstellung der Bieter nach Angebotsöffnung führen könnten. Gravierende formale und inhaltliche Mängel in Angeboten sowie unverbindliche Angebote würden demnach zum sofortigen Ausscheiden führen. So sei die Unterlassung der gesetzlich geforderten Verlesung des Gesamtpreises oder Angebotspreises mangels Wiederholbarkeit der Angebotsöffnung auch ein unbehebbarer Mangel. Außerdem erfordere ein "verbindliches Angebot", dass diesem ein verbindlicher Gesamtangebotspreis entnommen werden könne, und nicht mehrere, wodurch es dem Bieter anheim gestellt wäre, nach Angebotsöffnung an dem einen oder anderen Preis festzuhalten.

 

Die Antragstellerin wäre daher in concreto als Billigst- und somit Bestbieterin anzusehen, sodass sie durch die Zuschlagsentscheidung vom 16.5.2008 in ihrem Recht auf Zuschlagsentscheidung zu ihren Gunsten bzw auf Ausscheiden des Angebots der F GmbH & Co KG, in ihrem Recht auf Gleichbehandlung sowie auf Durchführung eines gesetzeskonformen Vergabeverfahrens verletzt sei.

 

Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung ergebe sich insbesondere aus Verstößen der Auftraggeberin gegen die in § 19 Abs.1 BVergG geregelten Grundsätze des Vergabeverfahrens (vor allem das Diskriminierungsverbot und das Gleichbehandlungsgebot) sowie aus der - gegenständlich außer Acht gelassenen – Verpflichtung der Auftraggeberin, sich an die Bestimmungen ihrer Ausschreibung zu halten.

 

Inwieweit überhaupt eine entsprechende ordnungsgemäße Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung seitens der Auftraggeberin erfolgt sei, habe seitens der Antragstellerin nicht festgestellt werden können. Der Nachweis, dass eine solche Bekanntgabe derart, wie dies dem Gesetz entspreche und von der Rechtsprechung verlangt werde, erfolgt sei, sei ohnedies von der Auftraggeberin zu erbringen. Ein solcher sei der Antragstellerin gegenüber jedenfalls nicht erbracht worden. Mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe gemäß § 131 Abs.1 BVergG habe auch die Stillhaltefrist noch nicht zu laufen begonnen bzw sei hiedurch deren Ablauf gehemmt, sodass jede erfolgte Zuschlagserteilung bis zur ordnungsgemäßen Bekanntgabe und Ablauf der sodann laufenden 7-tägigen Stillhaltefrist jedenfalls absolut nichtig sei.

Die Anfechtbarkeit einer allenfalls auch fehlerhaft bekannt gemachten Zuschlagsentscheidung sei aber jedenfalls gegeben.

 

Der Antragstellerin drohe bei Entgang des gegenständlichen Auftrages ein Schaden in Höhe des angemessenen Gewinnes von ca. 90.000 Euro sowie der anfallenden, nicht verminderten kalkulierten Geschäftsgemeinkosten, sohin das Erfüllungsinteresse. Die Nichterteilung des Zuschlages würde eine fehlende Auslastung des Personalstandes, Folgekosten für die Akquisition anderer Aufträge udgl mit sich bringen.

 

Da die Antragstellerin das Angebot mit dem niedrigsten Preis gelegt habe, müsse ihr der Zuschlag erteilt werden.

 

2. Diesem Vorbringen wurde von der Auftraggeberin entgegen gehalten, dass das Angebot der vorgesehenen Zuschlagsempfängerin eindeutig und mängelfrei sei und daher kein Ausscheidensgrund vorliege. Die vorgesehene Zuschlagsempfängerin sei ebenso wie alle anderen Bieter berechtigt gewesen, einen Nachlass anzubieten. Da die Ausschreibungsunterlage nicht vorgeschrieben habe, dass der Nachlass an einer bestimmten Stelle des Angebotes einzutragen sei, wäre die vorgesehene Zuschlagsempfängerin berechtigt gewesen, den Nachlass im Summenblatt auf der letzten Seite des Angebotes einzutragen. Die Bieter wären auch berechtigt gewesen, den Nachlass in einem besonderen Beiblatt oder dergleichen anzubieten. Eine Unterlage, die den Nachlass beinhalte, sei ein Angebotsbestandteil (§ 2 Z 5 lit.c BVergG 2006). 

 

Aus dem Angebot ergebe sich eindeutig, dass ein Nachlass von 5 % ohne weitere Bedingungen angeboten worden sei. Es gebe keinen Grund, an der Verbindlichkeit dieses Nachlasses zu zweifeln. Es liege eine eindeutige Willenserklärung vor. Die Angabe des Nachlasses als Prozentsatz sei korrekt, eindeutig und üblich. Nach dem BVergG 2006 sei das Ausmaß des Nachlasses anzugeben, diesem Gebot sei durch die Angabe 5 % entsprochen worden. Entgegen dem Vorbringen im Nachprüfungsantrag handle es sich nicht um einen unbehebbaren Mangel, der zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter nach Angebotsöffnung führen könne. Die vorgesehene Zuschlagsempfängerin habe keine Möglichkeit, nachträglich den Nachlass zu gewähren oder in Abrede zu stellen. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass ein verbindliches Angebot vorliegen würde.

 

Der vorliegende Fall sei strikt zu unterscheiden von den in der Judikatur behandelten Fällen, in denen ein Angebot keinen Gesamtpreis enthalten habe und daher kein Gesamtpreis verlesen hätte werden können oder nur das Hauptangebot verlesen worden sei, nicht aber das Alternativangebot. Die von der Antragstellerin herangezogene Judikatur sei für den gegenständlichen Fall nicht einschlägig, weil sie sich auf anders gelagerte Sachverhalte und andere Fragestellungen beziehe.

 

Es gehe nicht darum, dass der Zuschlag auf ein Angebot erteilt werden solle, das nicht verlesen worden sei, sondern darum, dass der Zuschlag auf ein Angebot erteilt werden solle, das verlesen worden sei, bei dem sich aber nach Prüfung der Angebote eine Vergabesumme ergeben habe, die nicht mit dem verlesenen Angebotspreis übereinstimme. Die Situation sei ähnlich wie bei einem Rechenfehler, der aufgrund des geringen Umfangs oder aufgrund der Festlegung in der Ausschreibungsunterlage nicht zum Ausschluss des Angebotes führe – auch in diesem stimme die Vergabesumme nicht mit dem verlesenen Angebotspreis überein. Es treffe daher nicht zu, dass die Vergabesumme mit dem verlesenen Angebotspreis übereinstimmen müsse.

 

Selbst wenn man der umstrittenen Judikatur folge, wonach bei der Angebotsbewertung ein nicht verlesener Nachlass nicht zu berücksichtigen sei, sei daraus für den Standpunkt der Antragstellerin nichts zu gewinnen. Diese Judikatur betreffe den Fall, dass der vorgesehene Zuschlagsempfänger bei Berücksichtigung des nicht verlesenen Nachlasses an erster Stelle liege. Bei Berücksichtigung des verlesenen Preises hingegen an zweiter Stelle. In diesen Fällen stelle sich die Frage, welchem Angebot der Zuschlag zu erteilen sei. Im gegenständlichen Verfahren liege aber eine andere Situation vor. Der Angebotspreis der Antragstellerin liege eindeutig über dem verlesenen Angebotspreis. Sie käme daher für den Zuschlag auch dann nicht in Frage, wenn man bei der Angebotsbewertung vom verlesenen – unkorrigierten – Preis ausgehe.

 

3. Die Antragstellerin replizierte die Ausführungen der Auftraggeberin und führte aus, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin weder eindeutig noch mängelfrei sei und den Ausschreibungsbestimmungen widerspreche, sodass dies zwingend auszuscheiden sei. Wie die Auftraggeberin selbst zugestehe, sei in den Ausschreibungsunterlagen für Nachlässe keine eigene Zeile, Spalte oder Eintragung vorgesehen gewesen. Da aber auch gemäß § 108 Abs.1 Z 4 BVergG 2006 die Preise zwingend an den hiezu bestimmten Stellen in der Ausschreibungsunterlage einzutragen seien, wären allfällige Nachlässe insoweit in die jeweiligen Positionen einzukalkulieren gewesen. Entsprechend der jedenfalls insoweit bestandfest gewordenen Ausschreibung sei in concreto keine Möglichkeit gegeben, Nachlässe gesondert anzuführen, mitunter auch in gesonderten Schreiben und damit in Ergänzung oder Abänderung der Ausschreibungsunterlage zu gewähren. Die Antragstellerin würde diesbezüglich auch auf die ausschreibungsgegenständlichen allgemeinen Bedingungen für Bauaufträge der Stadtgemeinde T verweisen. So sei in Punkt 6.10 AB-Bau T auch ausdrücklich festgehalten, dass die Umsatzsteuer im jeweils vorgeschriebenen Ausmaß am Schluss des Angebotes in jedem Fall separat auszuweisen sei. Dies sei tatsächlich nicht erfolgt.

 

Die Gewährung eines Nachlasses in der in concreto vorliegenden Form führe auch zu einer spekulativen Preisgestaltung und somit zum Erfordernis des zwingenden Ausscheidens des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Die Kalkulation sei in den einzelnen Positionen nicht mehr nachvollziehbar. Auch ergebe sich bereits aus der Formulierung "den Gesamtpreis oder den Angebotspreis mit Angabe des Ausmaßes allfälliger Nachlässe..." in § 2 Z 5 lit.c BVergG 2006, dass ein konkreter Preis im Angebot, das heißt im Angebotshauptteil enthalten sein müsse. Demnach sei die zweifelhafte Angabe mehrerer Preise für ein und dasselbe Angebot absolut unzulässig und stelle einen unbehebbaren Mangel dar.

 

Es liege keine eindeutige Willenserklärung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vor, zu welchem Preis sie nun tatsächlich ihre Leistungen im gegenständlichen Vergabeverfahren anbieten wolle. Auch die Anwendung der zivilrechtlichen Auslegungsregeln führe zu keinem anderen Ergebnis; es könne nicht zweifelsfrei von einem Angebotspreis unter Berücksichtigung eines 5 %igen Nachlasses ausgegangen werden. Dies manifestiere sich zuletzt auch darin, als bei der Angebotsöffnung hinsichtlich des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin die Gesamtangebotssumme von Euro 384.444,32 (inklusive 20 % Umsatzsteuer) verlesen worden sei und der anwesende Geschäftsführer der präsumtiven Zuschlagsempfängerin den verlesenen Betrag nicht als unrichtig gerügt habe. Vielmehr habe dieser dadurch an dem ungekürzten Angebotspreis, sohin ohne Gewährung eines 5 %igen Nachlasses, bei der Angebotsöffnung festgehalten.

 

Die Verlesung des Angebotes sei keine bloße Formalität, sondern ein wesentlicher Vorgang, der die Transparenz des Vergabeverfahrens durch eine Übersicht über den Inhalt der eingelangten Angebote auch für die Bieter sichern solle. Ein nicht vollständig verlesenes Angebot habe daher bei der Auswahl des Bestbieters schon von vornherein unberücksichtigt zu bleiben, es sei gleichsam vergaberechtlich "nicht existent". Der bei der Angebotsöffnung anwesende Bieter oder ein Vertreter habe selbst auf den Fehler, das Übersehen seines Angebotes oder des relevanten Preises aufmerksam zu machen. Unterlasse er dies, so sei ihm die Nichtverlesung des Angebotes zuzurechnen. Er könne daraus keine Rechtsfolgen zu seinen Gunsten ableiten.

 

Die vorliegenden Unklarheiten hinsichtlich des von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin abgegebenen Angebots seien derart krass, dass mangels Verbindlichkeit bzw. hinreichend erkennbaren Bindungswillen und dem nicht bestimmbaren Preis im zivilrechtlichen Sinne nicht einmal vom Vorliegen eines wirksamen, das heißt verbindlichen Angebotes gesprochen werden könne. Diese Unklarheiten können auch unter Anwendung der Bestimmungen der §§ 914 ff ABGB nicht behoben werden.

 

Die Auftraggeberin gehe fehl, wenn sie vermeint, den vorliegenden Sachverhalt mit einem bloßen Rechenfehler gleichsetzen zu können. In concreto haftet dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin unstrittig kein Rechenfehler an, sondern beinhaltet dieses zwei voneinander abweichende Gesamtangebotspreise, sodass dieses widersprüchlich, fehlerhaft und sohin mit einem unbehebbaren Mangel behaftet sei.

 

Die Auftraggeberin verkenne, dass dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin der Zuschlag geradezu jenem Angebotspreis erteilt werden solle, welcher bei der Angebotsöffnung gerade nicht verlesen worden sei, sodass der Zuschlag auch aus diesem Grunde nicht auf dieses Angebot erfolgen könne. So sei in § 118 Abs.5 Z 2 BVergG 2006 auch ausdrücklich normiert, dass bei Öffnung der Angebote der "Angebotspreis mit Angabe des Ausmaßes allfälliger Nachlässe und Aufschläge..." vorzulesen und in der Niederschrift festzuhalten sei. Es sei damit ausgeschlossen, dass einem Angebot der Zuschlag zu einem Preis, nämlich einem völlig anderen (nicht bloß rechnerisch richtig gestellten) Preis, welcher gerade nicht verlesen und in der Niederschrift festgehalten worden sei, erteilt würde.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vergabeverfahrensakt der Auftraggeberin, insbesondere das Protokoll der Angebotsprüfung und das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Außerdem wurde über Antrag der beteiligten Parteien am 18. Juni 2008 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Bekanntmachung in der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge 3 vom 7.2.2008, wurde von der Stadtgemeinde T die Flachdachsanierung Abschnitt A und B im Bundesschulzentrum T als Bauauftrag im Unterschwellenbereich ausgeschrieben. Der geschätzte Auftragswert beträgt ca. 350.000 Euro ohne Umsatzsteuer. Die Vergabe erfolgt im offenen Verfahren.

 

Auftragsgegenstand ist die Flachdachsanierung. Die Abschnitte A und B bezeichnen Teile des Gebäudekomplexes und handelt es sich nicht um Lose oder Teile eines aktuellen umfassenden Bauvorhabens. Es sind ca. 2.800 m2 Dachfläche zu sanieren. Der Auftrag beinhaltet insbesondere Schwarzdeckerarbeiten und Bauspenglerarbeiten.

 

Die Vergabe erfolgt nach dem Billigstbieterprinzip.

 

Innerhalb der Angebotsfrist, die bis zum 4.3.2008 reichte, sind acht Angebote bei der Stadtgemeinde T eingelangt. Die Angebotsöffnung fand am 4.3.2008 um 10.15 Uhr statt. Von Seiten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin war der Geschäftsführer anwesend, von der Antragstellerin war bei der Angebotsöffnung niemand anwesend.

 

Die Ausschreibungsunterlagen sind so aufgebaut, dass auf Seite 49 die Preise der LG 1 Baustellengemeinkosten, LG 21 Schwarzdeckerarbeiten, LG 23 Bauspenglerarbeiten und LG 56 Dachflächenfenster, Lichtkuppeln, Lichtbänder anzugeben sind. Außerdem ist die Summe aus diesen Leistungspositionen als Gesamtsumme anzugeben und in Worten auszudrücken. In den Ausschreibungsunterlagen ist auf dieser Seite auch die rechtsgültige Unterfertigung des Bieters vorgesehen. Zudem beinhalten die Ausschreibungsunterlagen ein Deckblatt mit Angaben zur Leistung, zum Verfahren, zum Ausführungszeitraum, zum Auftraggeber, zur Planung und Erstellung der Ausschreibung, zum Abgabeort und Termin sowie zur Angebotsöffnung. Auf diesem Deckblatt ist nochmals die Gesamtangebotssumme netto, die 20 %ige Mehrwertsteuer und die Gesamtanbotssumme auszuweisen. Auch dieses Blatt ist rechtsgültig zu unterfertigen.

 

Für Nachlässe war in der Ausschreibungsunterlage keine eigene Zeile, Spalte oder Eintragung vorgesehen.

 

Bei der Angebotsöffnung wurden die auf dem Deckblatt zur Ausschreibungsunterlage aufgelisteten Gesamtanbotssummen verlesen. Aus dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde eine Gesamtangebotssumme von 384.444.32 Euro verlesen. Aus dem Angebot der Antragstellerin wurde eine Gesamtanbotssumme von 425.113,68 Euro verlesen.

 

Während der Angebotsöffnung gab es vom anwesenden Vertreter der präsumtiven Zuschlagsempfängerin keine Erklärung zum verlesenen Gesamtangebotspreis.

 

Im Zuge der folgenden Angebotsprüfung wurde festgestellt, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bei der Darstellung der Summe der einzelnen Leistungsgruppen und der Gesamtsumme auf Seite 49 der Ausschreibungs­unterlagen eine Nettoangebotssumme von 320.370,27 Euro ausweist. In der Zeile, in welcher der angebotene Preis in Worten auszudrücken ist, ist im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin der Hinweis "+ Nachlass 5 %" enthalten. Am Deckblatt des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin findet sich wiederum die Angebotssumme netto von 320.370,27 Euro, die ausgewiesene Mehrwertsteuer von 64.074,05 Euro und daraus resultierend die verlesene Gesamtanbotssumme von 384.444,32 Euro.

 

Von dem von der Auftraggeberin bestellten Angebotsprüfer, Herrn F W, wurde bei Prüfung der Angebotssumme der 5%ige Nachlass im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin berechnet und wurde am Deckblatt als geprüfte Angebotssumme vom Prüfer der Betrag von 365.222,10 Euro ausgewiesen.

 

Im Zuge der Angebotsprüfung wurden zwei Angebote ausgeschieden, von der verbliebenen sechs Angeboten wies das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auch mit der Angebotssumme 384.444,32 Euro den niedrigsten Preis auf.

 

Im Prüfbericht über die Angebotsprüfung wird zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin festgehalten, dass die angebotenen Leistungen bei allen Positionen im Leistungsverzeichnis ausgepreist wurden und die Bieterlücken entsprechend ausgefüllt wurden. Das Prüfprotokoll enthält den Hinweis, dass gemäß dem zusätzlichen Vermerk auf der letzten Seite des Leistungsverzeichnisses auf die angebotene Bruttoangebotssumme ein zusätzlicher Nachlass von 5 % gewährt wurde, welcher vom prüfenden Organ in der Angebotssumme berücksichtigt wurde. Weiters ist im Prüfbericht festgehalten, dass kein Begleitschreiben dem Angebot beigegeben war. Die weitere Prüfung des Angebotes hat ergeben, dass die geforderten Gewerbeberechtigungen vorliegen sowie die geforderten Unterlagen vorgelegt wurde. Des Weiteren liegt dem Angebot die Liste der wesentlichen in den letzten Jahren erbrachten Bauleistungen bei und werden auch die entsprechenden Angaben zu den Führungskräften gegeben.

 

Vom Prüfer wurde daher das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin  als Billigstbieter an erster Position gereiht.

 

Mit Schreiben vom 18.5.2008 wurde von der Stadtgemeinde T den Bietern die Zuschlagsentscheidung lautend auf den Billigstbieter mit einer geprüften Auftragssumme von 365.222,10 Euro bekannt gegeben. Das Ende der Stillhaltefrist wurde mit 23. Mai 2008 festgelegt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den von der öffentlichen Auftraggeberin vorgelegten Unterlagen, insbesondere des Protokoll über die Angebotsprüfung bzw. dem Originalangebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Die Tatsache, dass vom anwesenden Vertreter der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bei der Angebotsöffnung keine Einwendung hinsichtlich des verlesenen Gesamtangebotspreises gemacht wurde, ergibt sich einerseits aus dem Angebotsprüfungsprotokoll, andererseits aus den Angaben des bei der Angebotsöffnung anwesenden Vertreters der Stadtgemeinde T im Zuge der mündlichen Verhandlung. Dieser hat angegeben, dass grundsätzlich die am Deckblatt ausgewiesene Gesamtangebotssumme aus den Angeboten verlesen wird und nur kurz geblättert wird, ob dieser Preis mit der Zusammenstellung am Ende des Leistungsverzeichnisses übereinstimmt. Da das Angebot nicht zur Gänze durchgesehen wurde, war daher im Zeitpunkt der Angebotsöffnung ein 5%iger Preisnachlass für die Auftraggeberin noch nicht erkennbar. Ansonsten ist festzuhalten, dass dieser Sachverhalt grundsätzlich nicht bestritten wurde.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

5.2. Nach § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z. 16 lit. a Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17/2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrages behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.aa BVergG 2006 stellt die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

 

Der gegenständliche Nachprüfungsantrag, der sich gegen die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 16.5.2008 richtet, ist rechtzeitig und werden darin die Rechtswidrigkeiten sowie der drohende Schaden dem Gesetz entsprechend dargestellt. Der Antrag ist demnach zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

5.3. Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1.      sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. ihr nach § 5 Abs.1 Z.1 geltend gemachten Recht verletzt und

2.      diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 108 Abs.1 BVergG 2006 muss jedes Angebot insbesondere die Preise samt allen geforderten Aufgliederungen und den allenfalls notwendigen Erläuterungen enthalten. Im Leistungsverzeichnis oder im Kurzleistungsverzeichnis sind die Preise an den hiezu bestimmten Stellen einzutragen; wird für eine Position kein Preis ausgeworfen, so ist dies im Angebot zu erläutern.

 

Gemäß § 2 Z26 lit.d BVergG 2006 ist der Gesamtpreis die Summe der Positionspreise (Menge x Einheitspreis oder Pauschalpreis) unter Berücksichtigung allfälliger Nachlässe und Aufschläge. Der Gesamtpreis ist das „Entgelt“ im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994 und bildet die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.

 

Nach § 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006 hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund des Ergebnisses der Prüfung der Angebote, den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, auszuscheiden.

 

5.4. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin enthält entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin nur einen ziffernmäßig ausgewiesenen Gesamtpreis. Sowohl in der Zusammenstellung der Preise auf Seite 49 des Angebotes als auch am Deckblatt des Angebotes wird der gleiche Gesamtpreis angegeben. Ausgehend von diesem Gesamtpreis wird von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin am Deckblatt des Angebotes unter Einbeziehung der 20%igen Mehrwertsteuer der Angebotspreis ausgewiesen. Das Argument der Antragstellerin, wonach von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin keine Ausweisung der Umsatzsteuer vom angebotenen Preis erfolgt ist, geht damit ins Leere.

 

Der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Angebot ziffernmäßig festgehaltene Angebotspreis wurde im Zuge der Angebotsöffnung auch verlesen.

 

Die Divergenz zum Angebotspreis, der von der Auftraggeberin in der Zuschlagsentscheidung mitgeteilt wurde, ergibt sich daraus, dass vom Angebotsprüfer der Auftraggeberin ein 5%iger Nachlass in Abzug gebracht wurde. Im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin findet sich ein Hinweis auf 5 % Nachlass, auf Seite 49 der Angebotsunterlagen unterhalb der geforderten Preiszusammenstellung.

 

Im gegenständlichen Verfahren stellt sich daher die Frage, zu welchem Preis der gegenständliche Bauauftrag von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angeboten wurde.

 

Der objektive Gehalt eines Angebotes ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 914 und 915 ABGB zu eruieren. Für den Fall, dass das Angebot eines Bieters mit Unklarheiten behaftet ist, diese jedoch in Anwendung der §§ 914 bis 916 insoferne behoben werden können, als durch Auslegungen ein eindeutiger, objektiver Sinngehalt zu ermitteln ist, liegt keine aufklärungsbedürftige Unklarheit des Angebotes vor, die ein Ausscheiden des Angebotes rechtfertigen würde.

 

Wie das Bundesvergabeamt in der Entscheidung vom 18.2.2000, N-34/99-41, ausgeführt hat, sind Angebote im Vergabeverfahren auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet, bei dem Leistung und Gegenleistung ausgetauscht werden soll. Bei solchen zweiseitig verbindlichen Verträgen wird gemäß § 915 zweiter Halbsatz ABGB eine undeutliche Äußerung zum Nachteile desjenigen erklärt, der sich der selben bedient hat. Zuvor ist allerdings gemäß § 914 ABGB bei der Auslegung nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu  haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht.

 

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat durch die ziffernmäßige Angabe des Preises sowohl in der Zusammenstellung der einzelnen Leistungspositionen als auch im Deckblatt des Angebotes den Angebotspreis benannt. Dies führt zur Feststellung, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht als widersprüchlich anzusehen ist. Das Angebot bestimmt ziffernmäßig den Gesamtangebotspreis, und ist in dieser Preisangabe der Wille des Bieters zu sehen, zu diesem Preis den ausgeschriebenen Bauauftrag zu erfüllen. Dass der Wille der präsumtiven Zuschlagsempfängerin darauf gerichtet war, zum ziffernmäßig festgelegten Angebotspreis die ausgeschriebene Leistung zu erbringen, ergibt sich auch daraus, dass der bei der Angebotsöffnung anwesende Vertreter der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bei der Verlesung des angebotenen Preises keine Äußerung dahingehend gegeben hat, dass dieser Preis nicht der mit dem Angebot abgegebenen Willenserklärung entsprechen würde. Im Sinne des § 914 ABGB ist daher von der Absicht der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auszugehen, den Bauauftrag zur ziffernmäßig festgelegten Gesamtanbotssumme zu erbringen.

 

Im Hinblick auf die erwähnte Nichtäußerung des anwesenden Geschäftsführers im Zuge der Angebotseröffnung könnte der nachweislich auf der letzten Seite des Angebotes gemachte Hinweis „+ 5 % Nachlass“ auch so verstanden werden, dass bereits in der ausgewiesenen Angebotssumme dieser Preisnachlass Berücksichtigung gefunden hat. Nur aus diesem Grund kann es sein, dass der Preis der Gesamtzusammenstellung auf Seite 49 des Angebotes mit dem ausgewiesenen Anbotspreis auf der Deckseite des Angebotes übereinstimmt. Hätte die präsumtive Zuschlagsempfängerin den Willen, zusätzlich 5 % Nachlass zu gewähren, wäre es an ihr gelegen, dies im Deckblatt des Angebotes, obwohl bezüglich Nachlass vom Auftraggeber keine eigene Spalte vorgesehen wurde, entsprechend zum Ausdruck zu bringen und daher einen um diesen Nachlass verminderten Gesamtpreis auszuweisen.

 

Aus den dargestellten Gründen stellt sich daher das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in der Frage der Preisgestaltung nicht als widersprüchlich und mangelhaft dar und ist davon auszugehen, dass zum verlesenen Angebotspreis angeboten wurde.

 

Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin kann der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in dem Sinn auch keine spekulative Preisgestaltung vorgeworfen werden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat nur einen Gesamtpreis ausgewiesen. Der um 5 % niedrigere Preis, der in der Zuschlagsentscheidung seinen Niederschlag gefunden hat, resultiert ausschließlich aus dem Vorgehen des von der Gemeinde beauftragten Prüfers der Angebote. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin selbst hat diesen Preis jedenfalls nicht ausgewiesen.

 

Aus dem Protokoll über die Angebotsprüfung ergibt sich, dass im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin alle Positionen im Leistungsverzeichnis ausgepreist wurden und die Bieterlücken entsprechend ausgefüllt sind. Außerdem ist im Protokoll festgehalten, dass die notwendigen Gewerbeberechtigungen vorliegen sowie die sonst geforderten Unterlagen und Angaben zu bislang erbrachten Bauleistungen sowie Führungskräften bei der Bauabwicklung beigebracht wurden.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht gemäß § 108 BVergG 2006 auszuscheiden war.

Feststeht auch, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit dem ziffernmäßig ausgewiesenen und verlesenen Angebotspreis in Höhe von 384.444,32 Euro als Billigstbieterin anzusehen ist. Da andere Kriterien als der Preis für die Auswahl des Bestbieters nicht maßgebend waren, war die präsumtive Zuschlagsempfängerin auch ohne Rücksichtnahme darauf, ob der Nachlass berücksichtigt wird oder nicht, als Bestbieterin anzusehen.

 

Die Angebotseröffnung in einem offenen Verfahren ist vom Bundesvergabegesetz mit besonderen Schutzwirkungen für die Bieter versehen. Das im Bundesvergabegesetz vorgesehene Verfahren soll den Bietern Fairness und Transparenz sichern. Dies kommt in der Bestimmung des § 118 Abs.5 BVergG 2006 zum Ausdruck, wonach aus den Angeboten unter anderem der Gesamtpreis oder der Angebotspreis mit Angabe des Ausmaßes allfälliger Nachlässe und Aufschläge zu verlesen ist. Das Verlesen der Preise sämtlicher Angebote bei der Angebotseröffnung dient vor allem dazu, die preisliche Reihung der Angebote für den Bieter erkennbar zu  machen. Der Bieter kann aufgrund des Ergebnisses der Angebotseröffnung die Position seines Angebotes im Vergabeverfahren abschätzen. Eine Angebotseröffnung ist nicht wiederholbar, dabei gemachte Fehler sind nicht sanierungsfähig. Bringt daher ein Auftraggeber bei der Angebotsprüfung einen Preis zur Verlesung, den ein Bieter seiner Ansicht nach so nicht angeboten hat, so hat dieser die Möglichkeit, diesen Umstand unverzüglich noch während der Angebotseröffnung zu rügen, um eine Berücksichtigung dieses Angebotsteils in seinem Sinne sicher zu stellen (vgl. BVA vom 23.1.1998, F-23/97-13).

 

Im Hinblick auf Gleichbehandlung sämtlicher Bieter sowie der Transparenz des Vergabeverfahrens ist ein vom Auftraggeber im Zuge der Angebotseröffnung verlesener Angebotspreis als verbindlich anzusehen. Im Sinne der Judikatur kann nur zu diesem Preis der Zuschlag erfolgen. Die erfolgte Verlesung und der Umstand, welche Angebotsteile konkret verlesen wurden, sind in einer Niederschrift aufzunehmen. Ein Bieter, dessen Angebot missverständlich ist, hat die Möglichkeit, bei der Verlesung eines von ihm seiner Ansicht nach nicht so angebotenen Preises diesen Umstand sofort zu rügen; eine nachträgliche Erklärung ist unzulässig (BVA 23.1.1998, F-23/97-13).

 

Da die Angebotseröffnung nicht wiederholbar ist, sind dabei gemachte Fehler nicht sanierungsfähig (VwGH vom 24.9.2003, Zl. 2000/04/0106). Insbesondere stellt eine Divergenz zwischen verlesenem Angebotspreis und späterem Zuschlagspreis einen schweren Verstoß gegen das BVergG dar (BVA 23.1.1998, F-23/97-13).

 

Im gegenständlichen Fall bedeutet diese Rechtslage, dass die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin, welche einen nicht verlesenen Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beinhaltet, einen schweren Verstoß gegen das Bundesvergabegesetz darstellt und deshalb grundsätzlich mit Rechtswidrigkeit behaftet ist.

 

Im Sinne des § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist vom Unabhängigen Verwaltungssenat die gesondert anfechtbare Entscheidung der Auftraggeberin nur dann für nichtig zu erklären, wenn die festgestellte Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Entsprechend der Rechtslage ist die Entscheidung des Auftraggebers nicht schon dann für nichtig zu erklären, wenn sie rechtswidrig ist, sondern nur, wenn sie für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass die Entscheidung für den Ausgang des Vergabeverfahrens relevant sein muss. In den Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des BVergG 1993 ist hiezu angemerkt, dass eine Entscheidung der vergebenden Stelle dann für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist, wenn sie – bei rechtmäßigem Vorgehen – zur Zuschlagserteilung an einen anderen Bieter bzw. Bewerber geführt hätte. § 174 Abs.1 Z 2 BVergG (Anmerkung: nunmehr § 325 Abs.1 Z 2 BVergG 2006 gleichlautend § 7 Abs.1 Z 2 Oö. VergRSG 2006) wird daher allgemein als Anordnung einer Relevanzprüfung verstanden, die von der Nachprüfungsbehörde die vergleichende Betrachtung erfordert, wie das Vergabeverfahren mit und wie es ohne die rechtswidrige Entscheidung geendet hätte. (vgl. R.Madl/Hauck in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht 2. Auflage, Seite 598).

 

Feststeht, dass das Angebot der Antragstellerin auch bei gesetzeskonformer Vorgangsweise der Auftraggeberin - Erteilung des Zuschlages auf den verlesenen Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin -  im Hinblick auf das dem Vergabeverfahren zugrunde liegende Billigstbieterprinzip und den von der Antragstellerin angebotenen Preis von 425.113,68 Euro nicht für den Zuschlag in Betracht gekommen wäre. Die rechtswidrige Vorgangsweise der Auftraggeberin hat demnach offensichtlich keinen Einfluss auf das weitere Vergabeverfahren, da es auch bei gesetzeskonformer Vorgangsweise zu keiner anderen Reihung der Bieter gekommen wäre. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin ist und bleibt Bestbieterin und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Nachlass berücksichtigt wird oder nicht, zumal andere Kriterien als der Preis für die Auswahl des Bestbieters entsprechend der Ausschreibung nicht maßgebend waren. Das gegenständliche Vergabeverfahren hätte daher ohne die rechtswidrige Entscheidung der Auftraggeberin nicht anders geendet. Aus diesem Grunde war daher im Sinne des § 7 Abs.1 Oö. VergRSG die angefochtene Zuschlagsentscheidung, obwohl sie im Widerspruch zu den Vorschriften des Bundesvergabegesetzes 2006 steht, nicht für nichtig zu erklären.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

 

Gemäß § 23 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 besteht ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde.

 

Da dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nicht stattzugeben war, konnte daher auch kein Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren ausgesprochen werden und waren die entsprechenden Anträge abzuweisen.

 

7. Im gegenständlichen Verfahren sind für die Antragstellerin Stempelgebühren in der Höhe von 27,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

Beschlagwortung:

Angebotsöffnung, Verlesung der Preise, Zuschlagsentscheidung

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 26. September 2012, Zl.: 2008/04/0150-7

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