Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400727/17/Gf/Mu/Se

Linz, 13.06.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des mj. O B, vertreten durch den Magistrat Linz (Amt für Jugend und Familie), wegen Anhaltung in Schubhaft vom 6. Mai 2005 bis zum 29. Juni 2005 durch die Bundespolizeidirektion Linz, zu Recht erkannt:

 

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 67c Abs. 3. AVG

Entscheidungsgründe:

1.1. Der am … November … geborene, nach seinen eigenen (und von der belangten Behörde unbestritten gebliebenen) Angaben zum Entscheidungszeitpunkt noch minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von G, ist am 26. März 2002 ohne gültige Dokumente in das Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tag einen Asylantrag eingebracht; das Asylverfahren wurde zunächst vom Bundesasylamt-Außenstelle Wien am 27. Oktober 2003 eingestellt. In der Folge wurde er dreimal wegen Vergehen gegen das Suchtmittelgesetz gerichtlich verurteilt und nach seiner Haftentlassung gegen ihn am 2. Mai 2005 von der BPD Wien ein unbefristetes, sofort vollstreckbares Aufenthaltsverbot erlassen.

1.2. Mit Bescheid der BPD Linz vom 6. Mai 2005, Zl. 1050536/FRB, wurde über den Rechtsmittelwerber zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und diese durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum L am selben Tag vollzogen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass gegen ihn ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot bestehe und zu befürchten sei, dass er sich diesem durch Untertauchen in der Anonymität widersetzen könnte.

1.3. Am 29. Juni 2005 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen, nachdem ihm seitens des Bundesasylamtes-Außenstelle Linz die Weiterführung seines Asylverfahrens und die Ausstellung einer Aufenthaltsberechtigungskarte zugesichert wurde.

1.4. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richten sich die vorliegenden, am 5. August 2005 - und damit rechtzeitig - per Telefax eingebrachte Beschwerde.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen vor, dass er stets in Englisch oder Französisch einvernommen worden sei, obwohl er lediglich einzelne Wörter dieser Sprachen, nicht jedoch Zusammenhänge verstanden habe, sodass ihm die Tragweite seiner Aussagen und Handlungen nicht bewusst geworden sei. Außerdem seien sämtliche Bescheide nur dem Beschwerdeführer selbst, nicht aber auch seinen Vertretern zugestellt worden, sodass diese unwirksam seien. Schließlich habe sich der Rechtsmittelwerber seit seiner Entlassung aus der Schubhaft ständig in einer staatlichen Einrichtung, die für Asylwerber eine Grundversorgung bietet, aufgehalten, sodass tatsächlich keine Gefahr eines Untertauchens bestehe.

Daher wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft beantragt.

1.5. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass ihr die Vertretung durch das Jugendamt nicht bekannt gewesen und der Rechtsmittelwerber im Übrigen - weil er bereits über 16 Jahre alt ist - eigenständig handlungsfähig sei. Gelindere Mittel hätten nicht angewendet werden können, weil die von ihm angegebenen Personaldaten noch in keiner Weise verifiziert worden seien und er bis zu seiner Entlassung aus der Schubhaft unsteten Aufenthalts gewesen sei und gegenüber der BPD Wien - soweit es die Bekanntgabe seiner Personaldaten betraf - bereits Verschleierungshandlungen gesetzt habe.

2. Mit Erkenntnis vom 13. August 2005, Zl. VwSen-400727/2/Gf/Gam, wurde die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft als rechtswidrig festgestellt.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass nach § 72 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997 i.d.F. BGBl. Nr. 126/2002 (im Folgenden: FrG), u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht gehabt habe, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG konnten Fremde u.a. dann in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig war, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bzw. die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, habe eine Schubhaft nur dann verhängt werden dürfen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen gewesen sei, dass sie sich diesem Verfahren entziehen werden.

Daraus wäre umgekehrt gefolgt, dass ein Fremder, der sich nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe, auch dann in Schubhaft genommen habe werden können, wenn es für die Behörde als plausibel erschienen sei, dass dieser - im nunmehrigen Wissen um die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen - versuchen könnte, sich dem weiteren Verfahren zu entziehen oder dieses zumindest zu erschweren, und darüber hinaus die Voraussetzungen des § 66 FrG (gelindere Mittel) nicht vorgelegen seien. Gegen Minderjährige seien anstelle der Schubhaft grundsätzlich gelindere Mittel anzuwenden gewesen, es sei denn, dass mit diesen der Zweck der Schubhaft nicht erreicht habe werden können.

Nach § 95 Abs. 1 FrG seien minderjährige Fremde, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, in Schubhaftangelegenheiten selbständig handlungsfähig gewesen. Ungeachtet dessen seien Bescheide - bei sonstiger Unwirksamkeit - deren gesetzlichen Vertretern zuzustellen gewesen, sofern der bescheiderlassenden Behörde diese Vertretung zuvor angezeigt oder bekannt geworden sei; ein derartiger Zustellmangel sei aber gemäß § 7 ZustG jedenfalls in dem Zeitpunkt geheilt, in dem dem Vertreter die für ihn bestimmte Ausfertigung des Bescheides tatsächlich zugekommen sei.

Im gegenständlichen Fall sei der Magistrat Wien (MA 11 - Amt für Jugend und Familie) mit Beschluss des BG L vom 4. Juli 2002 für die Dauer des Aufenthaltes des Rechtsmittelwerbers zu dessen Obsorgeträger bestellt worden. Der Aufenthaltsverbotsbescheid der BPD Wien vom 2. Mai 2005, Zl. III-1114525/FrB/05, hätte daher nicht dem Beschwerdeführer direkt, sondern vielmehr dem Magistrat Wien zugestellt werden müssen. Da diese Bescheidausfertigung dem Magistrat Wien auch in der Folge nicht zugekommen sei, sei sohin im Ergebnis keine gültige Zustellung vorgelegen. Dies sei einer Nichterlassung des Bescheides gleichgekommen, sodass dieser auch nicht vollstreckbar gewesen sei oder in Rechtskraft erwachsen habe können.

Weil es auf eine diesbezügliche (offensichtlich unverschuldete) Unkenntnis der belangten Behörde nicht angekommen sei, sei damit aber objektiv besehen auch die Grundlage für den die vorliegende Schubhaftverhängung tragenden Bescheid der BPD Linz vom 6. Mai 2005, Zl. 1050536/FRB, entfallen, sodass der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG schon aus diesem formalen Grund stattzugeben gewesen sei.

3. Mit dem (ho. erst am 12. Juni 2008 eingegangenen) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 2008, Zl. 2005/21/0349, wurde das vorzitierte Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass nach es nach § 95 FrG zulässig gewesen sei, eine Ausfertigung des Schubhaftbescheides an einen minderjährigen Beschwerdeführer auch dann wirksam zuzustellen, wenn der Fremdenpolizeibehörde ein gesetzlicher Vertreter bekannt ist.

An diese Rechtsansicht ist der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden.

4. Da demnach der vom gesetzlichen Vertreter des Rechtsmittelwerbers (Magistrat Linz) relevierte Mangel nicht vorlag, war die Beschwerde sohin als unbegründet abzuweisen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde  an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

 

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