Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251628/28/Py/Ps

Linz, 12.06.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Andrea Panny, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung der Frau J L M, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K H, M-T-S, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17. September 2007, Zl. BZ-Pol-76048-2006, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28. November 2007 und 5. Juni 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 65 und 66 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17. September 2007, BZ-Pol-76048-2006, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Stunden, verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Arbeitgeberin in den Lokalen 'N Y' und 'D V' beide B, W, die p Staatsbürgerin S K, geb. , zumindest im Zeitraum vom 28.08.2006 bis 09.10.2006 täglich in der Zeit von 07:00 Uhr bis 22 Uhr (D V) bzw bis 03.00 Uhr (N Y) als Kellnerin und Hilfskraft (Putzen) beschäftigt, obwohl für diese Ausländerin weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde."

 

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 250 Euro auferlegt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Aussage von Frau S bei der Bundespolizeidirektion Wels und deren Angaben im Personenblatt als erwiesen anzusehen ist. Auch sei es der Bw nicht gelungen, das Vorliegen der subjektiven Tatseite zu entkräften, da insbesondere die Angabe, Frau S habe sich keinesfalls im Zeitraum 28. August 2006 bis 9. Oktober 2006 bei der Beschuldigten aufgehalten, als unglaubwürdig erscheint, da der von der Bw vorgelegte Benützerbogen das Datum '25. September 2006' trage.

 

Zur Strafbemessung wird auf das Vorliegen einer einschlägigen Vormerkung hingewiesen und ausgeführt, dass als straferschwerend die lange Beschäftigungsdauer gewertet werde. Milderungsgründe seien keine vorhanden gewesen, weshalb die verhängte Strafe angemessen erscheine.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 1. Oktober 2007. Darin führt die Bw aus, dass die zu ihrer Entlastung dienenden Umstände seitens der Erstbehörde in keiner Weise überprüft oder gewürdigt worden seien. Insbesondere hätte die Behörde auf die Ergebnisse des vor dem Bezirksgericht Wels abzuwickelnden Strafverfahrens gegen die Bw zuwarten müssen, da in diesem Verfahren in jedem Fall eine umfassende Klärung des Sachverhalts zu erwarten sei. Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz habe den maßgebenden Sachverhalt nicht genügend ermittelt, um zu einem Schuldspruch zu gelangen. Auch sei der von der Behörde angeführte Tatzeitraum durch nichts belegt und auch durch keine Unterlagen ableitbar und sei dieser insgesamt aktenwidrig und entgegen sämtlichen Beweismitteln angenommen worden. Die Erstbehörde habe es unterlassen, die für ihre Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen, sondern begnüge sich mit Schein­begründungen.

 

3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 9. Oktober 2007 die Berufung samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28. November 2007 und 5. Juni 2008, die gemäß § 51e Abs.7 VStG aufgrund des sachlichen Zusammenhanges der dem Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen gemeinsam mit der Verhandlung zu dem unter VwSen-251625 gegen den Ehegatten der Bw beim Oö. Verwaltungssenat anhängigen Berufungsverfahren durchgeführt wurde. An diesem haben die Bw, deren Ehegatte und deren Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Finanzamtes Grieskirchen Wels als Parteien teilgenommen. Als Zeuge wurde der Polizeibeamte der Bundespolizeidirektion Wels, der mit der gegenständlichen Ausländerin eine Niederschrift aufgenommen hat, einvernommen. Weiters wurde in den Gerichtsakt zu Zl. 16 U 432/06 y des Bezirksgerichtes Wels samt Kopie des Verhandlungs­protokolls vom 10. Dezember 2007 und vom 28. April 2008 mit der dazu ergangenen Urteilsausfertigung Einsicht genommen.

 

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bw betreibt am Standort B, W, unter den Namen "D V" bzw. "N Y" ein Cafehaus/Imbisslokal bzw. ein Tanzlokal. Über den Lokalen befindet sich eine von der M GmbH geführte Pension mit insgesamt 15 Zimmern, die vom Ehegatten der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer geführt wird.

Von Ende September 2006 bis längstens 9. Oktober 2006 hielt sich die p Staatsangehörige K S, geb. am , in der Pension als Mieterin auf.

 

Am 9. Oktober 2006 erstattete Frau S beim Stadtpolizeikommando Wels Polizeiinspektion Innere Stadt Anzeige gegen die Bw wegen Urkundenunterdrückung und sagte aus, dass sie von einem p Bekannten an die Bw als Arbeitskraft vermittelt wurde und in deren Lokalen sowie in der Pension Reinigungs- und Serviertätigkeiten durchführen sollte. Sie habe Unterkunft und Verpflegung erhalten, bezüglich der Bezahlung habe die Bw vorerst nichts zugesagt, vielmehr sei ihr jeder Schaden und jedes Telefonat von der Bw berechnet worden. Wegen gesundheitlicher Schwierigkeiten möchte sie nun zurück nach P fahren, jedoch werde ihr dies von der Bw verweigert, solange nicht ein anderes Mädchen für sie aus P komme.

 

Diese Angaben der p Staatsangehörigen, insbesondere ihre Beschäftigung  als Kellnerin bzw. Hilfskraft, konnten im gegenständlichen Verfahren nicht nachgewiesen werden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem in das Verfahren einbezogenen Gerichtsakt zu Zl. 16 U 432/06 y des Bezirksgerichtes Wels sowie den Aussagen der Bw und ihres Ehemannes sowie des als Zeugen einvernommenen Polizeibeamten in der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

Das angefochtene Straferkenntnis stützt sich im Wesentlichen auf die Aussagen der p Staatsangehörigen vor der Bundespolizeidirektion Wels am 9. und 10. Oktober 2006 und das in diesem Zusammenhang mit ihr aufgenommene Personenblatt. Die inzwischen nicht mehr in Österreich aufhältige p Staatsangehörige konnte weder in dem wegen des Vorwurfs der Urkundenunterdrückung eingeleiteten Strafverfahren gegen die Bw vor dem BG Wels noch im gegenständlichen Strafverfahren einvernommen werden. Vom Vorwurf der Urkundenunterdrückung gemäß § 229 Abs.1 StGB wurde die Bw daher gemäß § 259 Z3 StPO mangels Schuldnachweis am 28. April 2008 rechtskräftig freigesprochen.

 

Der bei ihrer Anzeigenerstattung am 9. Oktober 2006 aufgenommenen Niederschrift mit Frau S ist zu entnehmen, dass die Befragung unter Anwesenheit einer p sprechenden Justizwachebeamtin durchgeführt wurde. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass ihr Aussage detailliert und wortgetreu aufgenommen wurde. Allerdings erscheinen die von der Ausländerin gemachten Angaben über die Umstände, unter denen sie bei der Bw aufhältig war, aufgrund des Eindrucks, den die erkennende Kammer von der Bw in der Berufungsverhandlung gewinnen konnte, nicht durchgehend glaubwürdig. Insbesondere die Aussagen der p Staatsangehörigen, wonach sie unter nahezu sklavenähnlichen Umständen von Montag bis Sonntag nahezu ohne Entgelt zu Arbeiten angehalten wurde, sind aufgrund des Eindrucks, den die Bw bei ihrer Befragung in der Berufungsverhandlung machte, nicht zweifelsfrei nachvollziehbar. Auch ist zu bedenken, dass es Frau S jederzeit möglich gewesen wäre, einen der Gäste bzw. Besucher auf ihre Situation aufmerksam zu machen und es schon aus diesem Grund nicht glaubwürdig ist, dass die Bw ein derartiges Risiko eingehen und sie unter solchen Bedingungen beschäftigen würde. Im Gegensatz zu den Angaben der Ausländerin erscheinen die Aussagen der Bw und ihres Ehegatten über die Begleitumstände des Aufenthalts der p Staatsangehörigen in der Pension bzw. den Lokalen eher schlüssig und nachvollziehbar. Insbesondere ist die Vermutung nicht von der Hand zu weisen, dass sich Frau S durch ihre Anzeige einen raschen Zugang zu ihrem in der Pension hinterlegten Personalausweis verschaffen wollte, ohne vor ihrer Abreise den vereinbarten Zimmerpreis an die Bw bzw. deren Ehegatten zu entrichten.

 

Eine Beschäftigung der p Staatsangehörigen durch die Bw konnte daher im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nach Durchführung des Beweisverfahrens verbleiben trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft der Bw. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch der Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Da die Berufung Erfolg hatte, waren die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG der Bw nicht aufzuerlegen. Aufgrund der Aufhebung der verhängten Strafe entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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