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VwSen-300830/2/Gf/Mu/Se

Linz, 16.06.2008

zirkshauptmanns von F vom 3. April 2008, GZ Pol96-244-2007-NEU, wegen einer Übertretung des Tierschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbei­trag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von F vom 3. April 2008, GZ Pol96-244-2007-Neu, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von jeweils 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 1 Tag) verhängt, weil er zumindest am 16. August 2007 im Stall seines Anwesens zum einen verbotenerweise drei Kälber in Anbindung gehalten habe, obwohl von diesem generellen Verbot nur eine höchstens einstündige Anbindung oder Fixierung während bzw. unmittelbar nach der Milch- bzw. Milchaustauschertränke ausgenommen sei, und zum anderen nicht dafür gesorgt habe, dass die im Kuhstall untergebrachten, über zwei Wochen alten Kälber einen ausreichenden Zugang zu geeignetem Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten und zu Raufutter gehabt hätten, obwohl über zwei Wochen alte Kälber über die Milch– oder Milchaustauschertränke hinaus einen entsprechenden Zugang haben müssten, um jederzeit ihren Flüssigkeitsbedarf decken zu können; zudem müsse diesen ab dem Beginn der zweiten Lebenswoche jeweils Raufutter mit ausreichendem Rohfasergehalt zur Verfügung gestellt werden. Da  den Kälbern jedenfalls bei der am 16. August 2007 durchgeführten Kontrolle weder Wasser noch Futter zur Verfügung gestanden sei, habe er sohin einerseits eine Übertretung des § 38 Abs. 3 des Tierschutz­gesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004 (im Folgenden: TSchG), i.V.m. Pkt. 3.2.1 der Anlage 2 zur 1. Tierhaltungsverordnung, BGBl.Nr. II 485/2004, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 25/2006 (im Folgenden: TierhaltungsV), und andererseits eine Übertretung des § 38 Abs. 3 des TSchG i.V.m. Pkt. 3.3. der Anlage 2 zur TierhaltungsV begangen, weshalb er nach der erstgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Beschwerde­führer angelastete Tat auf Grund einer Anzeige des Amtstierarztes und im Wege des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Die vom Beschwerdeführer angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 23. April 2008 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 2. Mai 2008 – und damit rechtzeitig – per e-mail einge­brachte Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass die Haltung der Kälber im Betrieb des Beschwerdeführers durchaus artgerecht sei und entsprechend der TierhalteV vorgenommen werde. Denn die Kälber würden zum Ausmisten stets aus den Kälberboxen geführt, wobei dies stets im Sinne eines praxisgerechten Tierschutzes, nämlich ohne die Tiere zu gefährden oder zu verletzen, geschehe. Der Rechtsmittelwerber sei sich daher keiner Schuld bewusst und deshalb der Meinung, dass es sich bei der vorliegenden Bestrafung um einen reinen Willkürakt der Behörde handle. Darüber hinaus habe er – entgegen der Meinung der Behörde – sehr wohl konkret angegeben, dass er über kein fixes Einkommen verfüge, weshalb das Strafausmaß nicht seiner finanziellen Situation entspreche, sondern als zu hoch anzusehen sei.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH F zu GZ Pol96-244-2007; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist im gegenständlichen Fall ein Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß 38 Abs. 3 TSchG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.750 Euro zu bestrafen, der gegen die §§ 9, 11 bis 32, 36 Abs. 2 oder gegen 39 TSchG bzw. gegen auf diese Bestimmungen gegründete Verwaltungsakte – wozu zweifellos auch auf Grund des TSchG erlassene Verordnungen (wie die TierhaltungsV) zählen – verstößt.

Nach § 24 Abs. 1. Z. 1 TSchG hat der Bundesminister für Gesundheit und Frauen bezüglich der Haltung von Rindern durch Verordnung die Mindestanforderungen für die in § 13 Abs. 2 genannten Haltungsbedingungen und erforderlichenfalls auch Bestimmungen hinsichtlich zulässiger Eingriffe sowie sonstige zusätzlicher Haltungs­anforderungen zu erlassen.

Gemäß § 13 Abs. 2 TSchG hat derjenige, der ein Tier hält, dafür zu sorgen, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen, das Klima (insbesondere Licht und Temperatur), die Betreuung und Ernährung sowie die Möglichkeit zu Sozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, der Anpassung und der Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind.

Nach Pkt. 3.2.1. der Anlage 2 zu der auf Grund § 24 Abs. 1 Z. 2 erlassenen TierhaltungsV ("Besondere Haltungsvorschriften für Kälber") ist eine Anbinde­haltung von Kälbern verboten; ausgenommen davon ist eine höchstens einstündige Anbindung oder Fixierung während bzw. unmittelbar nach der Milch- oder Milchaustauschertränke.

Gemäß Pkt. 3.3. der Anlage 2 zur TierhaltungsV muss zum einem den Kälbern ab dem Beginn der zweiten Lebenswoche Raufutter mit ausreichendem Rohfasergehalt in steigenden Mengen so zur Verfügung gestellt werden, dass die Mindestmenge für acht Wochen alte Kälber 50 Gramm und für 20 Wochen alte Kälber 250 Gramm beträgt, und zum anderen müssen über zwei Wochen alte Kälber über die Milch- oder Milchaustauschertränke hinaus Zugang zu geeignetem Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten in ausreichender Menge haben, um stets ihren Flüssigkeitsbedarf decken zu können.

3.2. Wenn darüber hinaus § 44a Z. 1 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens festlegt, dass der Spruch des Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf zu bezeichnen hat, so gehört dazu insbesondere eine möglichst präzise Angabe von Tatort und Tatzeit.

3.2.1. Diesem Erfordernis wird jedoch der Spruch des hier angefochtenen Bescheides insbesondere schon deshalb nicht gerecht, weil dort die belangte Behörde lediglich allgemein den Tag der Kontrolle (16. August 2008) angeführt hat, ohne auch konkret die genaue Uhrzeit der Kontrolle anzugeben. Dies ist aber bei der vorliegenden Fallkonstellation offenkundig schon deshalb unabdingbar, weil anders nicht beurteilt werden kann, ob das angelastete Fehlverhalten im Hinblick auf den in Pkt. 3.2.1. der Anlage 2 zur TierhaltungsV vorgesehenen Ausnahmezeitraum von 1 Stunde nicht etwa ohnehin zulässig und damit auch nicht tatbestandsmäßig war. Ein genauer Tatzeitraum lässt sich aber auch aus dem vorgelegten Akt nicht ermitteln, weil sich darin kein Hinweis darauf findet, wie lange die Kontrolle tatsächlich gedauert hat.

3.2.2. Zudem wurde dem Beschwerdeführer im Spruchpunkt a) die Tat auch inhaltlich unzutreffend angelastet, weil nämlich de facto nur der gesetzliche Tatbestand inhaltlich wiedergegeben wurde. Richtigerweise hätte die belangte Behörde in diesem Zusammenhang aber die konkreten Umstände der als erwiesen angenommene Tat anführen müssen, nämlich z.B. derart, dass die Kälber während der Kontrolle am 16. August 2008 (samt Angabe des – eine Stunde überschreitenden – Kontrollzeitraumes) z.B. zum Ausmisten aus der Kälberbox herausgeführt und insofern verbotenerweise in Anbindehaltung vorgefunden worden sind, wobei in diesem Zusammenhang zudem nicht wahrgenommen werden konnte, dass die Tiere entweder während bzw. unmittelbar nach der Milch- bzw. Milchaustauschertränke angebunden (bzw. fixiert) wurden oder eine derartige Anbindung bzw. Fixierung kürzer als eine Stunde gedauert hatte, o.ä.

Nachdem dem Akt aber weder geeignete Beweismittel dahin, ob der Beschwerdeführer die Kälber nur wegen des Ausmistens oder während bzw. unmittelbar nach der Milch- oder Milchaustauschertränke angebunden hat, zu entnehmen sind noch aus diesem mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit hervorgeht, wie lange die Kontrolle selbst gedauert hat, um verlässlich ausschließen zu können, dass die Anbindung der Kälber – im Hinblick auf eine allenfalls vorgenommene Milch- bzw. Milchaustauschertränke – gerechtfertigt gewesen wäre, muss der Oö. Verwaltungssenat sohin insgesamt zu dem Ergebnis gelangen, dass der Beschwerdeführer die Tat jedenfalls so, wie sie ihm angelastet wurde, nicht begangen hat.

3.2.3 Da im gegenständlichen Fall die im Spruchpunkt a) angelastete Tat sohin als tatsächlich nicht erwiesen anzusehen ist und es sich bei Spruchpunkt b) um eine auf die erstgenannte Übertretung gegründet "Folgebestrafung" handelt, resultiert daher hinsichtlich des im Spruchpunkt b) angelasteten Verhaltens dasselbe zuvor unter 3.2.2. festgestellte Ergebnis.

3.2.4. Abschließend ist auch noch darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des behördlichen Ermittlungsverfahrens der bei der Kontrolle am 16. August 2007 anwesende Tierarzt anlässlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 31. Jänner 2008 ausgesagt hat, dass die Kälber zum Zeitpunkt der Kontrolle angebunden waren und der Stall weder ausgemistet noch eingestreut war (vgl. die Niederschrift vom 31. Jänner 2008, Zl. Pol-141-0-b-2008); anderseits wurde anlässlich einer weiteren nicht angekündigten Blutabnahme am 4. September 2007 und am 15. September 2007 festgestellt, dass die Kälber zu diesem Zeitpunkt nicht fixiert waren und auch genügend Stroh eingestreut war. Auf Grund dieser Äußerungen, die insgesamt offenkundig ein Wohlverhalten des Rechtsmittelwerbers dokumentieren, und unter Berücksichtigung seiner bisherigen Unbescholtenheit hätte daher die belangte Behörde selbst in dem Fall, dass die Übertretung als erwiesen anzusehen ist, gemäß § 21 VStG offenkundig von der Verhängung einer Strafe abzusehen gehabt und stattdessen bloß eine Ermahnung aussprechen dürfen.

3.3. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen unter 3.2.1. bis 3.2.3. war der gegenständlichen Berufung daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belang­ten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Grof

 

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