Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720203/3/BMa/Se

Linz, 20.06.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des I I I, vertreten durch Dr. A Z, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. März 2008, Zl. 1031392/FRB, wegen eines auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes für das Bundesgebiet der Republik Österreich und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird hinsichtlich des Ausspruchs des Ausschusses der aufschiebenden Wirkung mangels Beschwer als unzulässig zurückgewiesen. Im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 86 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008) und § 64 FPG iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 und 64 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) ein Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich für die Dauer von 10 Jahren erlassen. Als Rechtsgrundlagen wurden § 86 Abs.1 iVm § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG angeführt und gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen.

 

Begründend verweist die belangte Behörde im Wesentlichen auf das Erkenntnis des Landesgerichts Linz vom 28.11.2007, Zl. 34 Hv 154/07m, wonach der Rechtsmittelwerber rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten wegen des Verbrechens des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs.1 2. Fall n.F. StGB sowie des Vergehens der Zuhälterei nach

§ 216 Abs.2 1. bis 4. Fall a.F. StGB verurteilt worden war. Das vom Bw gesetzte Verhalten stelle eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die wesentliche Grundinteressen der Gesellschaft berühre. Obwohl die von ihm begangenen Straftaten schon einige Zeit zurück lägen, könne von einer gegenwärtigen Gefahr ausgegangen werden, weil er zunächst flüchtig war und sich seit September 2007 in Haft befinde. Die Familienverhältnisse seien mangels Stellungnahme des Bw hiezu aufgrund der Aktenlage beurteilt worden. Danach lebe der Rechtsmittelwerber in Bulgarien, sei geschieden und für ein Kind im Alter von 13 Jahren sorgepflichtig. In Österreich habe er weder Verwandte noch einen Wohnsitz. Auch gehe er in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens und im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose würden die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots wesentlich schwerer wiegen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation.

Die aufschiebende Wirkung einer Berufung sei auszuschließen gewesen, weil sein Verhalten massiv der öffentlichen Ordnung zuwider laufe und seine sofortige Ausreise nach Verbüßung der Strafhaft im öffentlichen Interesse erforderlich sei.

 

2.1. Gegen diesen Bescheid, der am 13. März 2008 der rechtfreundlichen Vertretung des Bw zugestellt wurde, richtet sich die am 27. März 2008 zur Post gegebene – und damit rechtzeitige – Berufung.

 

2.2. In der Berufung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid der BPD Linz vom 12. März 2008, 1031392/FRB, werde seinem gesamten Inhalt und Umfang nach wegen unrichtiger und mangelhafter Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung und dem Vorliegen von Verfahrensmängeln angefochten. Die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sei weder dem Grunde nach noch in der ausgesprochenen Dauer gerechtfertigt. Ausdrücklich angefochten werde auch der Ausspruch gemäß § 64 Abs.2 AVG iVm § 64 FPG. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung sei rechtswidrig erfolgt.

 

Abschließend wurden die Anträge auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids und Einstellung des Verfahrens, in eventu auf Herabsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbots auf ein angemessenes Maß, gestellt.

 

2.3. Am 3. April 2008 legte die belangte Behörde den gegenständlichen Verwaltungsakt vor.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder zuständig (vgl. § 67a Abs.1 Z1 AVG).

 

2.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Im Übrigen liegt kein darauf gerichteter Parteienantrag vor (§ 67d AVG).

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bw, ein bulgarischer Staatsangehöriger, wurde am 28. November 2007 vom Landesgericht Linz zu Zl. 34 Hv 154/07m wegen des Verbrechens des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs.1 2. Fall n.F. StGB und der Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs.2 1. bis 4. Fall a.F. StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt. Er wurde für schuldig erkannt, in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einer insoweit bereits rechtskräftig verurteilten Person gewerbsmäßig Personen der Prostitution in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, dadurch zugeführt zu haben, dass er im November 2001 drei und im März 2002 fünf bulgarische Staatsangehörige nach Linz gebracht, sie zwei Linzer Bordellbetreibern übergeben und sie verpflichtet hat, die Hälfte ihrer (nach Abzug des Anteils der Clubbetreiber verbleibenden) Einkünfte als Prostituierte an ihn oder seinen Komplizen abzuliefern und im Zeitraum Dezember 2001 bis Februar 2002 in vier Tatvorwürfen mehrere bulgarische Staatsangehörige mit dem Vorsatz, sich aus der gewerbsmäßigen Unzucht einer anderen Person eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, diese Personen ausgebeutet, sie eingeschüchtert, ihr die Bedingungen der Ausübung der Unzucht vorgeschrieben und mehrere solche Personen zugleich durch Abnahme der Hälfte ihrer (nach Abzug des Anteils der Clubbetreiber verbleibende) Einkünfte als Prostituierte, durch Schläge und Misshandlungen, durch Einteilung zur Ausübung der Prostitution in diversen Linzer Bordellen zu vorgegebenen Preisen, sowie durch Aufstellung verschiedener Verhaltensregeln und Einhebung von Geldstrafe bei deren Nichtbefolgung ausgenützt zu haben.

Aus den Entscheidungsgründen geht unter anderem hervor, dass Mädchen, die der Prostitution durch den Rechtsmittelwerber in Österreich zugeführt worden waren, auch von diesem brutal geschlagen worden waren, sie wurden durch Schläge eingeschüchtert und mussten den Lohn ihrer Sexarbeit an den Rechtsmittelwerber und seinen Komplizen abgeben, wodurch sich diese eine fortlaufende Einnahme verschafft haben. Für Verfehlungen gegen die vom Rechtsmittelwerber aufgestellten Regeln mussten die als Prostituierte tätigen Mädchen Geldstrafen bezahlen, unter anderem auch für "unerlaubte" Diskothekenbesuche. Aus der Begründung des Urteils geht auch hervor, dass der Bw die Mutter einer Prostituierten bedrohte und damit erreichte, dass die Prostituierte wiederum für ihn und seinen Komplizen gearbeitet hatte. Durch sein Verhalten hat er die als Prostituierte arbeitenden Mädchen ausgebeutet, indem er diesen gemeinsam mit seinem Komplizen die Hälfte des Lohns für die Sexarbeit abgenommen, sie durch wiederholte Schläge eingeschüchtert und ihnen vorgeschrieben hat, wie und wo sie zu arbeiten hatten. Er hat sich dadurch eine fortlaufende Einnahme verschafft.

 

Aus Anlass eines Haftbefehls des LG Linz, Zl. 16 UR 137/04d, wurde der Rechtsmittelwerber am 9. September 2007, nachdem er von Bulgarien ausgeliefert worden war, von Beamten des SPK Schwechat am Flughafen Schwechat festgenommen.

 

Der Rechtsmittelwerber war vor seiner Verhaftung in Bulgarien, V, wohnhaft, ist geschieden und für ein Kind, das zu Zeit der Urteilsfällung des Landesgerichts Linz 13 Jahre alt war, sorgepflichtig. In Bulgarien bewohnt er mit seiner Familie ein Einfamilienhaus und eine Wohnung.

 

Der Rechtsmittelwerber wurde in Bulgarien nie gerichtlich verurteilt.

 

Er befindet sich derzeit zum Strafvollzug in der Justizanstalt Linz und wird voraussichtlich am 9. Februar 2009 entlassen werden.

 

Dem Bescheid des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. März 2008 ging ein Ermittlungsverfahren voraus, über dessen Gang der Bw bzw. dessen Rechtsvertreter informiert und zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert wurde.

 

3.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und wird auch vom Bw im Wesentlichen nicht bestritten.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen.

 

3.3.1. Weil der bekämpfte Bescheid am 12. März 2008 erlassen wurde, ist der Umstand, dass Staatsangehörige Bulgariens mit 1. Jänner 2007 EWR-Bürger geworden sind (vgl. dazu BGBl. III Nr. 185/2006), zu berücksichtigen. Zutreffend wurde das Aufenthaltsverbot von der Erstbehörde auch auf der Grundlage des

§ 86 Abs.1 FPG verhängt.

 

3.3.2.  Gemäß § 86 Abs.1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger dann zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist.

Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Im Sinne der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 48 FrG 1997, die in Folge gleichartiger Regelungen auch für das FPG Geltung beanspruchen kann, darf ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der in § 60 Abs.1 Z 1 FPG genannten Voraussetzungen erlassen werden und stellen die in § 60 Abs.2 FPG genannten Gründe einen Orientierungsmaßstab dar (hier insbesondere § 60 Abs.2 Z 1 FPG).

 

Gem. § 60 Abs.1 Z 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot

erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Nach Abs.2 leg.cit hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder unter anderem von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Im gegenständlichen Verfahren ist unbestritten, dass der Bw wegen des Verbrechens des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels und des Vergehens der Zuhälterei rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden ist. Somit liegen die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs.2 Z1 FPG vor.

 

3.3.3. Wie oben angeführt, muss das persönliche Verhalten des Bw die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden und eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Die fortwährende Begehung der o.a. Verbrechen und Vergehen, nämlich von November 2001 bis Mitte Juni 2003, ist zweifellos ein Verhalten, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Dieses Verhalten ist eine tatsächliche und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, weil es mit der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist, Frauen durch Schläge gefügig zu machen und zur Prostitution und Sexarbeit zu zwingen. Es ist auch von einer gegenwärtigen Gefahr bei einem Aufenthalt in Österreich auszugehen, weil der Bw bereits in der Vergangenheit nicht in seinem Heimatstaat straffällig geworden ist, seine Straftaten aber in Österreich begangen hat.

Aus der Begehung der Verbrechen und Vergehen durch den Rechtsmittelwerber ist eine persönliche Grundhaltung erkennbar, woraus auf eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr geschlossen werden kann. Im Hinblick auf sein in Rede stehendes gravierendes Fehlverhalten ist dabei nicht zu erkennen, dass eine auf den Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit des vorliegenden Aufenthaltsverbots abgestellte Gefährlichkeitsprognose im österreichischen Bundesgebiet zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Jede dieser Handlungen setzt einen immer wieder neu zu fassenden Vorsatz voraus und dadurch ist erkennbar, dass der Rechtsmittelwerber über einen längeren Zeitraum in brutaler Weise auf Frauen eingewirkt hat und sorglos mit den rechtlich geschützten Werten in Österreich umgeht.

Seinem Vorbringen, die letzte Straftat liege bereits ca. 5 Jahre zurück und in Bulgarien habe er sich wohl verhalten und sei nicht straffällig geworden, er habe sich selber stellen wollen, sei aber dann verhaftet worden, deshalb sei nicht davon auszugehen, dass eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr ausgehend vom Berufungswerber vorliege, wird entgegen gehalten, dass sich der Bw in den letzten Jahren nicht mehr in Österreich aufgehalten hat. Seine Verbrechen und Vergehen wurden in berechnender Weise in Österreich begangen, zu einer Straftat in seinem Heimatstaat hat sich der Bw noch nie hinreißen lassen. Für seine berechnende Vorgangsweise spricht auch, dass er im Jahr 2006 mit einem Studentenvisum nach Österreich gekommen ist , um – nach eigenen Angaben - mit seinem Rechtsvertreter zu besprechen, sich selbst zu stellen. Obwohl er damit im Jahr 2006 die Möglichkeit gehabt hat, sich bei der Polizei zu melden, hat er dies unterlassen und das Strafverfahren gegen ihn konnte erst nach seiner Verhaftung aufgrund eines Haftbefehls durchgeführt werden.

Aus seinem Verhalten ist damit erkennbar, dass er seine Straftaten nicht in seinem Heimatstaat begehen wollte.  Auch dort hat er ein Massageinstitut unterhalten, wurde aber nicht straffällig, sondern hat seine Straftaten ausschließlich im Bundesgebiet der Republik Österreich gesetzt. Seinem Vorbringen, er habe sich in Bulgarien bereits seit ca. 5 Jahren wohl verhalten, kann unter den konkreten Umständen der Tatbegehung in Österreich kein besonderes Gewicht beigemessen werden.

Zur  Verhinderung allfälliger weiterer strafbarer Handlungen in Form von Zuhälterei und grenzüberschreitendem Prostitutionshandel ist ihm der Aufenthalt im Bundesgebiet zu verwehren.

Gründe, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen den Bw absolut unzulässig gewesen wäre (vgl. § 61 FPG), waren nicht ersichtlich und wurden vom Bw auch nicht vorgebracht.

 

Der (zutreffenden) Einwendung des Bw, bei Erstellung einer Zukunftsprognose, also der Erfassung eines Gesamtverhaltens seiner Person, könne nicht nur vom zurückliegenden strafrechtlich relevanten Sachverhalt ausgegangen werden, sondern es hat eine ganzheitliche Betrachtung der Person und des Charakters des Betroffenen stattzufinden, die einseitige Berücksichtigung lediglich belastender Umstände missachte die Vielschichtigkeit von Persönlichkeitsstrukturen und deren Entwicklungsmöglichkeiten, ist entgegen zu halten, dass im konkreten Fall die persönliche Neigung des Bw aufgrund der skrupellosen und brutalen Vorgangsweise gegenüber Frauen, die der Prostitution nachgegangen sind bzw. von ihm zur Sexarbeit eingeteilt wurden, klar erkennbar ist.

Zwar hat sich der Bw in seinem Heimatstaat, in der er auch mit seiner Familie lebt, wohl verhalten, es ist aber anzunehmen, dass, sobald er sich wieder in Österreich aufhält, hier wiederum um sich einen vermögenswerten Vorteil zu verschaffen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen wird. Auch unter Zugrundelegung des Orientierungsmaßstabes des § 60 Abs.2 FPG ist die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt.

 

3.3.4. Durch dieses Aufenthaltsverbot wird nicht in die familiäre Situation des Bw eingegriffen, so wohnt seine gesamte Familie in Bulgarien und der Bw ist in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgegangen.

 

Bei Abwägung der oben angeführten Tatsachen - im Hinblick auf eine einen Verbleib des Bw im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose – sind die nachteiligen Folgen einer gänzlichen Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbots oder der Reduktion der zeitlichen Dauer des Aufenthaltsverbots wesentlich schwerer zu beurteilen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Bw, nämlich seinen Wunsch auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots oder auf Herabsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbots.

 

 

3.3.5. Gemäß § 63 FPG kann ein Aufenthaltsverbot oder ein Rückkehrverbot in den Fällen des § 60 Abs.2 Z1 unbefristet erlassen werden.

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes oder des Rückkehrverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

 

Es bedarf eines geraumen, nicht zu gering anzusetzenden Zeitraums der Beobachtung des Wohlverhaltens des Bw, um sicherzustellen, dass er nicht neuerlich das von ihm gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen wird, um zu gewährleisten, dass er keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Österreich mehr hervorrufen wird. Der von der erstinstanzlichen Behörde festgesetzte Zeitraum von 10 Jahren erscheint bei dieser Ermessensabwägung - insbesondere unter Zugrundelegung, dass der Bw nunmehr (im Ausland) seit ca. 5 Jahren kein Verhalten gesetzt hat, dass die menschliche Würde weiblicher Personen beeinträchtigen würde - angemessen.

Unter Zugrundelegung der nicht vorhandenen sozialen Beziehungen des Bw im Bundesgebiet der Republik Österreich und eines mangelnden legitimen beruflichen Interesses, sich im Bundesgebiet der Republik Österreich aufzuhalten, hat die belangte Behörde bei Festsetzung einer 10-jährigen Frist ihr Ermessen nicht in einer für den Bw  nachteiligen Weise ausgeübt. Dazu kommt, dass bei einem wie vom Bw gezeigten Verhalten der Ermessensbereich bis zu einem unbefristeten Aufenthaltsverbot ausgedehnt hätte werden können und die belangte Behörde bei der Verhängung eines nur auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbots diesen Rahmen bei weitem nicht ausgeschöpft hat.

 

4. Wie der Bw zutreffend aufgezeigt hat, darf die aufschiebende Wirkung nur aufgrund der in § 64 FPG genannten Gründe – das heißt im Interesse der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der nationalen Sicherheit – ausgeschlossen werden. Nach der Rechtssprechung ist diesbezüglich ein strenger Maßstab anzulegen.

Als Grundlage für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung kommt nur eine vom Fremden ausgehende, schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Betracht, deren annähernd gleiches Gewicht zukommt, wie einer Gefährdung der nationalen Sicherheit (VwGH vom 14. Dezember 1995, 94/18/0791, und vom 17. Februar 2000, 97/18/0564). Wie der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Februar 2000, 97/18/0564, ausgesprochen hat, umfasst – im Hinblick auf den strengen Maßstab, der bei der Beurteilung dieser Frage anzuwenden ist – die gravierende Beeinträchtigung des Interesses der öffentlichen Ordnung jedenfalls auch die Abwehr strafrechtlich sanktionierter Gefahren.

 

Im vorliegenden Fall ist zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats über die Frage, ob die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (in der Hauptsache) durch die erste Instanz zurecht erfolgt ist oder nicht, nicht mehr zu entscheiden.

Denn im Hinblick darauf, dass eine aufschiebende Wirkung nur bis zur Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat (in der Hauptsache) wirksam wäre, könnte ihre nunmehrige Zuerkennung durch die Rechtsmittelinstanz keine Wirkung mehr entfalten. Weil sich der Berufungswerber immer noch in Strafhaft befindet, hat die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung auch noch keine Rechtswirkungen entfaltet.

Somit ist der Rechtsmittelwerber durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung, bevor diese jemals eine Wirkung entfaltet hat, nicht (mehr) beschwert. Da die Beschwer Zulässigkeitsvoraussetzung eines Rechtsmittels ist (VwGH 90/11/0187 v. 19. Februar 1991), ist die Berufung insoweit zurückzuweisen (siehe auch VwGH vom 27. Juni 2006, 2006/18/0092 und vom 21. September 2000, 99/18/0179).

 

5. Es war daher die Verhängung eines auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbots rechtmäßig und zu bestätigen und der Ausspruch der aufschiebenden Wirkung der Berufung als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220 ]  Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 20,40 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

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