Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310342/2/Kü/Ri

Linz, 23.06.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Herrn Dipl. Ing. A M vertreten durch Dr. R P, M,  W, vom 27. September 2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. September 2007, UR96-101-2007 wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24,  45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 11. September 2007, UR96-101-2007, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z9 iVm § 37 Abs.3 Z4 lit.b und 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 3.630 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden  verhängt.

 

 

Diesem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Es wird Ihnen als abfallrechtlicher Geschäftsführer der A E GmbH mit Sitz in  H, F, gem. § 26 Abs.1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) folgendes zur Last gelegt:

Die A B GmbH & Co KG (FN), M,  T (diese wurde mit Wirkung vom 25.01.2007 mit der A B GmbH (FN248872 p) und diese wiederum mit Wirkung vom 26.01.2007 mit der A E GmbH (FN 97685 f) verschmolzen) hat mit Eingabe vom 04.10.2006 um die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung nachstehender Änderungen ihrer Anlage zur Behandlung von Kühlschränken und Elektronikschrott gem. § 37 Abs.3  Z 4 lit. b in Verbindung mit § 50 AWG 2002 auf dem Grundstück Nr. , KG und Gemeinde T, angesucht:

a) Erhöhung der Gesamtjahreskapazität zur Behandlung von Kühlgeräten und Elektronikschrott von 8.000 t/Jahr auf 16.440 t/Jahr und

b) Aufbau einer Stickstofferzeugungsanlage zur Inertisierung der Stufe II.

Am 19.02.2007 wurde zum Ansuchen der A B GmbH & Co KG eine mündliche Verhandlung anberaumt und auch durchgeführt. Im Zuge des Lokalaugenscheines, der in der Zeit von 10.30 bis 11.30 Uhr abgehalten wurde, konnte vom Amtssachverständigen für Bau- und Gewerberecht (Ing. F K) festgestellt werden, dass die beantragten Änderungen großteils bereits errichtet wurden.

Sie haben es somit zu verantworten, dass zumindest vor dem 19.02.2007 eine Behandlungsanlage errichtet wurde, ohne im Besitz der nach § 37 erforderlichen Genehmigung zu sein."

 

Begründend wurde nach Auflistung der Rechtsgrundlagen festgehalten, dass der im Spruch angeführte Sachverhalt im Zuge des Lokalaugenscheins durch den Amtssachverständigen für Bau- und Gewerbetechnik (Ing. F K) dienstlich festgestellt worden sei und zur Anzeige gebracht worden sei. Eine Rechtfertigung sei vom Berufungswerber nicht abgegeben worden. Die angelastete Verwaltungsübertretung erscheine somit zweifelsfrei erwiesen und sei deshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung mit der das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten wird.

 

Vom Bw wird festgehalten, dass er die angelastete Verwaltungsübertretung nicht zu vertreten habe. Der Ausbau der Abfallsbehandlungsanlage in T liege ausschließlich im Verantwortungsbereich der zur Vertretung nach außen berufenen Organe, der A E GmbH. Tatsache sei, dass er dem zur Vertretung nach außen berufenen Organ dieser juristischen Person nicht angehöre. Richtig sei, dass er abfallrechtlicher Geschäftsführer der A E  GmbH und für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit und die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich sei.

 

Durch die Zustellung des Straferkenntnisses und die von ihm eingeleiteten Recherchen habe er in Erfahrung bringen können, dass zum Zeitpunkt der Überprüfung am 19.2.2007 die Anlage auch nur im Rahmen des genehmigten Umfanges betrieben worden sei. Wie ihm von befassten Organen mitgeteilt worden sei, habe sich das Genehmigungsverfahren auf Sachverständigenebene hinausgezögert, sodass aus technischer und wirtschaftlicher Notwendigkeit diverse Vorarbeiten in Angriff genommen worden seien.

 

Zwischenzeitig sei die abfallrechtliche Genehmigung für die Erhöhung der Jahreskapazität zur Behandlung von Kühlgeräten und Elektronikschrott sowie für die Stickstofferzeugungsanlage erteilt worden.

 

Er ersuche daher um Aufhebung des Straferkenntnisses, nachdem die ihm angelasteten Übertretungstatbestände er nicht zu verantworten habe bzw diese nicht in seinem Kompetenzbereich gelegen seien. In eventu wird beantragt mit einer Ermahnung oder einer außerordentlichen Strafmilderung iSd § 20 VStG vorzugehen, nachdem die erforderlichen Bewilligungen zwischenzeitlich vorliegen würden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die gegenständliche Berufung mit Schreiben vom 3. Oktober 2007 samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus 3 Mitgliedern, berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

Aus dem Akteninhalt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Bw war zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt 19.2.2007 abfallrechtlicher Geschäftsführer der A E GmbH mit Sitz in H.

Die A E GmbH ist mit Wirkung vom 25.1.2007 als Betreiberin der Anlage zur Behandlung von Kühlschränken und Elektronikschrott auf Grundstück Nr. , KG und Gemeinde T, anzusehen.

 

Mit Eingabe vom 4.10.2006 wurde von der zum damaligen Zeitpunkt noch bestehenden A B GmbH & Co KG (welche in der Folge in das Vermögen der A B GmbH übergeführt wurde und wurde mit Wirksamkeit vom 25.1.2007 die A B GmbH mit der A E GmbH als übernehmende Gesellschaft verschmolzen) beantragte die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Änderung der Anlage zur Behandlung von Kühlschränken und Elektronikschrott und zwar

a)    für die Erhöhung der Gesamtjahreskapazität zur Behandlung von Kühlgeräten und Elektronikschrott von 8.000 t pro Jahr auf 16.440 t pro Jahr und

b)    den Aufbau einer Stickstofferzeugungsanlage zur Initiatisierung der Stufe II.

 

Am 19.2.2007 wurde über dieses Ansuchen unter Beiziehung von Sachverständigen eine mündliche Verhandlung samt Lokalaugenschein durchgeführt. In der Folge wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 30.8.2007, UR-2006-626/165, die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Erhöhung der Gesamtjahreskapazität und den Aufbau der Stickstofferzeugungsanlage erteilt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen  und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer  zu Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 26 Abs.3 AWG 2002 ist der abfallrechtliche Geschäftsführer verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 VStG und für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit gemäß Abs.1 und die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich.

 

Fest steht, dass der Berufungswerber zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt 19.2.2007 abfallrechtlicher Geschäftsführer der A E GmbH gewesen ist. Die A E GmbH war zu diesem Zeitpunkt Betreiberin der Behandlungsanlage für Kühlgeräte und Elektronikschrott somit einer Behandlungsanlage für gefährliche Abfälle.

 

Im Sinne des § 26 Abs.3 AWG 2002 trifft die Verantwortung für die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften entgegen den Ausführungen in der Berufung nicht die zur Vertretung nach außen berufenen Personen dieser Gesellschaft, sondern Kraft gesetzlicher Anordnung den abfallrechtlichen Geschäftsführer, welcher als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 VStG gilt. Die Verantwortung des Berufungswerbers für die gegenständlich vorgeworfene Verwaltungsübertretung ist somit gegeben.

 

5.2. Nach § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet u.a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw. Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 1521).

 

Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z1 des § 44a VStG der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (siehe dazu Hauer/Leukauf, aaO, S.1522).

 

Der Tatvorwurf der Erstinstanz beschränkt sich darauf, dass im Zuge einer mündlichen Verhandlung vom Sachverständigen für Bau- und Gewerbetechnik festgestellt wurde, dass die beantragten Änderungen großteils errichtet worden sind. Eine nähere Konkretisierung, welche baulichen oder sonstigen Maßnahmen zur Änderung der gegenständlichen Anlage bereits gesetzt wurden, ist dem Spruch nicht zu entnehmen.

 

Hinsichtlich der beantragten Kapazitätserweiterung bleibt überdies fraglich, wie der angesprochene Sachverständige am Tag der mündlichen Verhandlung feststellen konnte, dass die geplante Erhöhung der Jahreskapazität bereits im Februar 2007 umgesetzt worden ist. Mithin ist davon auszugehen, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung jedenfalls nicht so weit konkretisiert ist, um den Berufungswerber in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

 

Der Spruch des Straferkenntnisses entspricht somit nicht den oben dargelegten Erfordernissen des § 44 Abs.1 Z1 VStG. Festzuhalten ist dazu, dass es dem Unabhängigen Verwaltungssenat auf Grund der zwischenzeitig eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht möglich war entsprechende Konkretisierungen vorzunehmen. Dazu ist insbesondere auch festzuhalten, dass von der ersten Instanz keinerlei Ermittlungstätigkeiten dahingehend vorgenommen wurden, welche konkreten Änderungen bereits zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheines durch den Landeshauptmann errichtet wurden. Auch der vom Landeshauptmann an die Erstinstanz übermittelten Anzeige sind keine Nachweise (beispielsweise Auszüge aus der Verhandlungsschrift) angeschlossen, die als Beweismittel für die bereits errichteten Änderungen dienen könnten.

 

Mithin war somit der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Auf Grund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

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