Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400950/5/Gf/Mu/Se

Linz, 20.06.2008

vermutlich K), derzeit im Polizeianhaltezentrum Linz, vertreten durch RA Dr. M B, gegen seine Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Schärding zu Recht erkannt:

I.     Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die für die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

II.   Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirks­hauptmann von Schärding) Kosten in Höhe von 51,50 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 83 FPG; § 79a AVG; § 1 UVS-AufwandsersatzVO.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer ist am 2. Dezember 2004 ohne gültigen Reisepass und sonstigen Identitätsnachweis unter Umgehung der Grenzkontrolle ins Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tag einen Asylantrag eingebracht.

Dieser wurde im Ergebnis mit Bescheid des Bundesasylamtes (Außenstelle Eisenstadt) vom 27. März 2006, Zl. 04-24424-BAE, gemäß den §§ 7 und 8 des Asylgesetzes abgewiesen und die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach K festgestellt. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. Mai 2008, Zl. 256591/5/17E-XV/53/05, – rechtskräftig seit 19. Mai 2008 – abgewiesen.

Zuvor wurde über ihn mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11. Juli 2006, GZ H/2006-F, wegen einer Übertretung des Suchtmittelgesetzes eine unbedingte Freiheitsstrafe von 3 Jahren verhängt.

In der Folge wurde gegen ihn ein unbefristetes Rückkehrverbot der BPD Wien vom 6. November 2006, Zl. III-1194864/FrB/07, erlassen, welches seit 16. Mai 2007 in Rechtskraft erwachsen ist.

Auf Grund einer vorzeitig für den 13. Juni 2008 festgesetzten (bedingten) Haftentlassung wurde er unmittelbar nach seiner gerichtlichen Strafhaft zwecks Setzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen in Schubhaft genommen (siehe unten Pkt. 1.2.).

Davor wurde bereits, nachdem der Beschwerdeführer über keine Reisedokumente verfügt sowie sein Identität nicht zweifelsfrei feststeht, am
5. Juni 2008 beim Honorarkonsulat der Republik K in Wien um ein Heimreisezertifikat angesucht.

In der Folge wurde ihm am 6. Juni 2008 das Ergebnis der Beweisaufnahme schriftlich in der Justizanstalt Suben übergeben. Dazu erstattete sein Rechtsvertreter am 9. Juni 2008 eine Stellungnahme, in der er vorbringt, dass das erste Asylverfahren aus dem Jahr 2004 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei; daher sei eine Schubhaftverhängung nicht gerechtfertigt, zumal der Rechtsmittelwerber nach Haftende beim Verein "Flüchtlingsprojekt" in Wien Aufenthalt nehmen könne.

Darüber hinaus wurde am 9. Juni 2008 ein weiterer Asylantrag eingebracht und gleichzeitig bekannt gegeben, dass geplant sei, eine Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15. Mai 2008 zu erheben.

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 12. Juni 2008, Zl. Sich40-9024, wurde über den Rechtsmittelwerber zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie deren Vollstreckung im Wege der Abschiebung die Schubhaft verhängt und diese durch Überstellung in das PAZ Linz sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass eine inländische gerichtliche Verurteilung wegen Suchtgiftdelikten vorliege und er weder über einen Identitätsnachweis noch über gültige Reisedokumente oder eine anderweitige Aufenthaltsberechtigung verfüge, weshalb im Interesse der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zur Sicherung seiner Abschiebung die Schubhaft angeordnet worden sei. Eine Anwendung gelinderer Mittel komme nicht in Betracht, weil angenommen werde müsse, dass er – trotz Zusicherung der Unterkunftsnahme beim Verein "Flüchtlingsprojekt" in Wien – in die Illegalität abtauchen werde; denn es sei notorisch, dass Gefängnishäftlinge mit anhängigen Asylverfahren bei diesem Verein lediglich deshalb als "obdachlos" polizeilich angemeldet werden, um eine Zustelladresse zu haben, tatsächlich aber stets in die Anonymität untergetaucht seien. Darüber hinaus habe er bereits am 28. Mai 2008 gegenüber Strafvoll­zugs­beamten mitgeteilt, dass er nicht freiwillig in sein Heimatland ausreisen werde.

1.3. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 13. Juni 2008 beim Oö. Verwaltungssenat eingegangene Beschwerde.

Darin wird vorgebracht, dass sein erstes Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei und er zudem am 9. Juni 2008 einen weiteren Asylantrag eingebracht habe. Darüber hinaus habe er angegeben, dass er beim Verein "Flüchtlingsprojekt" in Wien Aufenthalt nehmen könne, weshalb eine Verhängung der Schubhaft nicht gerechtfertigt gewesen sei. Ferner habe er auch Anspruch auf Arbeitslosengeld und soziale Kontakte zum "Flüchtlingsprojekt" geknüpft, weshalb kein Risiko bestünde, dass er in die Illegalität untertauchen würde.

Aus diesen Gründen hätte die belangte Behörde statt der Inschubhaftnahme gemäß § 77 Abs. 1 FPG gelindere Mittel anwenden müssen.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung beantragt.

1.4. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Schärding zu Zl. Sich40-9024; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien zudem einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 157/205, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 82 Abs. 1 FPG hat ein Fremder, gegen den die Schubhaft ange­ordnet wurde, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat u.a. mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft anzurufen.

Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 und 3 FPG können auch Asylwerber u.a. zu dem Zweck festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, wenn gegen diese nach den Bestimmungen des AsylG bereits ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde – wobei nach § 29 Abs. 3 Z. 4 und 5 AsylG ein Ausweisungsverfahren ex lege als eingeleitet gilt, wenn dem Asylwerber (formlos) mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, seinen Asylantrag entweder  zurück- oder abzuweisen – oder gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung verhängt worden ist.

Nach § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt gemäß § 77 Abs. 3 FPG insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in perio­dischen Abständen bei einem bestimmten dem Fremden zuvor bekannt gegebenen Polizei­kommando zu melden.

3.2. Aus der Sicht der belangten Behörde lag im gegenständlichen Fall zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft gegen den Beschwerdeführers das seit dem 16. Mai 2007 rechtskräftige (und damit durchsetzbare) Rückkehrverbot der BPD Wien vom 6. November 2006, Zl. III-1194864/FrB/07, das einem Aufenthaltverbot gleichzusetzen ist, vor.

Wenn nun § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG vorsieht, dass über Asylwerber die Verhängung der Schubhaft u.a. dann zulässig ist, wenn gegen ihn ein Aufenthaltsverbot verhängt worden ist, war es sohin grundsätzlich zulässig, über ihn zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft zu verhängen.

3.2.1. Andererseits unterliegt aber eine derartige Anhaltung – mangels bestehender Sondervorschriften – denselben Regelungen, wie sie generell für fremden­polizeiliche aufenthaltsbeendende Maßnahmen gelten. Dies bedeutet zum einen, dass zunächst sämtliche formellen Voraussetzungen für die konkret in Aussicht genommene aufenthaltsbeendende Maßnahme (hier: der Schubhaft­grund des § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG) vorliegen müssen (vgl. zur "finalen Determinierung" der Schubhaft, d.h. dass diese nur aus den in § 76 Abs. 1 und 2 FPG taxativ genannten Gründen verhängt werden darf, z.B. VwGH v. 20. Dezember 2007, 2006/21/0359, und v. 24. Oktober 2007, 2006/21/0067). Darüber hinaus darf sich die Anhaltung – was in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen ist – nicht als eine unverhältnismäßige Maßnahme erweisen und nur im Sinne einer ultima-ratio-Maßnahme zum Einsatz gebracht werden (vgl. VfGH v. 15. Juni 2007, B 1330/06), d.h. dass die alternative Heranziehung gelinderer Mittel nur dann nicht zum Tragen kommt, wenn das Sicherungsbedürfnis anders nicht erreichbar ist (vgl. VwGH v. 24. Oktober 2007, 2007/21/0370). Diesbezüglich hat der Verwaltungs­gerichtshof z.B. in seinem Erkenntnis vom
28. Juni 2007, Zl. 2004/21/0003, einer Schubhaftbeschwerde unter Hinweis auf seine mit der dg. Entscheidung vom 22. Juni 2006, Zl. 2006/21/0081, geänderte Recht­sprechung, wonach allein das Vorliegen einer vollstreckbaren aufenthalts­beenden­den Maßnahme sowie von strafgerichtlichen Verur­teilungen (weil die Inschubhaftnahme nicht der Aufdeckung, Verhinderung oder Sanktionierung von Straftaten dienen darf; vgl. VfSlg 13715/1994 und VwGH v. 22. November 2007, 2006/21/0189) und einer fehlenden Ausreise­willigkeit (insbesondere, solange noch nicht feststeht, ob die Abschiebung zulässig und die Ausreise zu überwachen ist sowie ein konkreter Sicherungsbedarf besteht) für die Tragfähigkeit der Prognose, dass sich der Asylwerber dem weiteren fremden­polizeilichen Verfahren entziehen werde, nicht mehr hinreichen, stattge­geben.

Insbesondere ist auch der Umstand, dass sich ein Fremder – z.B. durch Stellung eines weiteren Asylantrages – rechtsmissbräuchlich verhält, diesem nur dann und selbst in jenem Fall nur insoweit anlastbar, als dies entsprechend gesetzlich vorgesehen ist. So kann z.B. wegen illegaler Einreise ins Bundesgebiet eine Verwaltungsstrafe verhängt, ein Ausweisungsverfahren eingeleitet, ein Asylantrag mangels Zuständigkeit eines anderen Staates zurückgewiesen, etc. – es vermögen also Einzelmaßnahmen gesetzt werden, die jedoch seitens der Fremdenbehörde stets nur situationsangepasst zum Einsatz gebracht werden können und damit auch keine Gewähr dafür bieten, dass sie (isoliert oder in ihrem Zusammenwirken) das beabsichtigte Ziel auch tatsächlich erreichen; insbesondere darf die Schubhaftverhängung nicht als eine "Standardmaßnahme" gegen Asylwerber (vgl. VwGH v. 24. Oktober 2007, 2006/21/0239) oder als eine unreflektiert-selbstverständliche  Vorbereitungshandlung zur erfolgreichen Durchführung der Abschiebung (vgl. VwGH v. 26. September 2007, 2004/21/0150) zum Einsatz gebracht werden.

3.2.2. Diese dargestellte – zudem unter der Kautel des Art. 18 Abs. 1 B-VG, wonach die Handlungen der Behörde bei sonst drohendem Grundrechtseingriff stets einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, stehende – Rechtslage bedingt zunächst, dass, wie sich aus dem zuvor angesprochenen Entscheidungen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ergibt, eine generalisierende Betrachtungsweise von vornherein unzulässig ist. So darf z.B. aus dem Nichtvorhandensein von Bargeld nicht schon „unter Zugrundelegung allgemeiner Erfahrungssätze“ (vgl. nochmals VwGH v. 24. Oktober 2007, 2006/21/0067) a priori darauf geschlossen werden, dass sich der Fremde, würde er in Freiheit belassen, die erforderlichen finanziellen Mittel durch illegale Arbeit beschaffen wird; und aus dem Nichtvorhandensein eines ordnungsgemäßen Wohnsitzes nicht darauf, dass er sich (allein deshalb) dem behördlichen Zugriff entziehen wird; und aus einer Einreise ohne die hiefür erforderlichen Dokumente darauf, dass er eine gegenüber der Rechtsordnung des Aufnahmestaates generell ablehnende oder zumindest gleichgültige Haltung einnimmt; etc.

Vielmehr muss die Fremdenpolizeibehörde, wenn sie – wie gegenständlich – als eine von mehreren Maßnahmen zur Außerlandesschaffung eines Fremden die Schubhaft anordnet, in jedem Einzelfall das Vorliegen der Voraussetzungen für diese gewählte aufenthaltsbeendende Maßnahme, sodann den aktuellen Sicherungsbedarf und schließlich noch konkret begründen, weshalb keine gelindere, in gleicher Weise zur Zielerreichung geeignete Maßnahme zum Tragen kommen konnte. Dabei sind beispielsweise die Fragen einer allfälligen beruflichen Tätigkeit und/oder einer – allenfalls auch wechselnden – Wohnmöglichkeit im Inland (bei Verwandten oder Bekannten) als Aspekte der sozialen Integration des Fremden jeweils von Amts wegen zu ermitteln (vgl. VwGH v. 26. September 2007, 2004/21/0150).

3.3.1. Hinsichtlich der im vorliegenden Fall gewählten aufenthaltsbeendenden Maßnahme (rechtskräftiges Rückkehrverbot) ist der Oö. Verwaltungssenat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an die diesbezüglichen vollstreckbaren Entscheidungen der Fremdenpolizeibehörden gebunden. Es ist daher davon auszugehen, dass diese dem Gesetz entspricht.

3.3.2. Gegenständlich wurde die Schubhaft sachlich betrachtet "zur Sicherung der Abschiebung" erlassen. Es bleibt daher der im Zusammenhang mit dem Rückkehr- bzw. Aufenthaltsverbot erforderliche Sicherungsbedarf zu prüfen.

3.3.2.1. Ein solcher Sicherungsbedarf im Zusammenhang mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ist offenkundig umso größer, je weiter fortgeschritten dieses Verfahren bereits ist und dabei einem negativen Ausgang zustrebt: Ein Sicherungsbedarf wird daher regelmäßig – d.h., wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die eine gegenteilige Annahme rechtfertigen (wie z.B. eine amtsbekannt lang dauernde Übermittlung von Heimreisezertifikaten durch bestimmte Staaten) – dann zu bejahen sein, wenn dem Fremden der Aufenthaltsverbotsbescheid zugestellt wird, weil ihm dann klar sein muss, dass er regelmäßig in kurzer Zeit zwangsweise außer Landes geschafft wird, wenn er das Bundesgebiet nicht freiwillig verlässt (bzw. verlassen kann). Aus dieser Zwangslage könnte er sich i.d.R. eben nur dadurch befreien, dass sich der Fremde dem behördlichen Zugriff entzieht, was gerade durch die Verhängung der Schubhaft verhindert werden soll.

 

Umgekehrt ist aber – gleichsam am gegenüberliegenden Pol – ein derartiges Sicherungsbedürfnis beispielsweise regelmäßig dann nicht gegeben, wenn ein Aufenthaltsverbotsverfahren noch nicht über das Stadium der persönlichen Einvernahme eines Fremden, der sich beispielsweise bisher legal in Österreich aufgehalten und hier über einen Wohnsitz und ein regelmäßiges Einkommen verfügt hat, hinausgekommen ist. Bei einer im Lichte des Art. 5 MRK und des PersFrSchG gebotenen verfassungskonformen Interpretation kann daher ein Bedürfnis zu „Sicherung des Verfahrens“ in § 76 Abs. 2 FPG nicht allein schon deshalb, weil ein solches Verfahren zumindest bereits formell eingeleitet worden ist, angenommen werden, sondern es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Notwendigkeit der Sicherung eines derartigen Verfahrens durch eine freiheitsentziehende Maßnahme umso größer ist, je näher sich dieses einem negativen Abschluss nähert bzw. umgekehrt aus grundrechtlicher Sicht umso weniger gerechtfertigt erscheint, je weiter es von einem derartigen Ergebnis noch entfernt bzw. dessen Ausgang überhaupt offen ist.

 

3.3.2.2. Im gegenständlichen Fall spricht gleichsam alles für einen negativen Ausgang des Asylverfahrens, nämlich in der Form, dass eine Zurückweisung seines neuerlichen Asylantrages wegen entschiedener Sache erfolgen wird.

 

Insgesamt besehen stellte sich damit aber die Situation für den Rechts­mittelwerber bis dato so dar, dass er schon in Kürze mit einer faktischen und allenfalls auch zwangsweisen Außerlandesschaffung zu rechnen hat. Daher besteht aber aus dessen subjektiver Sicht offenbar auch ein nachvollziehbarer Grund dafür, sich dem behördlichen Zugriff zu entziehen.

 

3.3.2.3. Ein aktueller objektiver Sicherungsbedarf ergab sich für die belangte Behörde nach der Begründung des Schubhaftbescheides daraus, dass über den Beschwerdeführer bereits ein vollstreckbares unbefristetes Rückkehrverbot verhängt wurde, zudem dessen gerichtliche Verurteilung wegen Suchtgiftdelikten erfolgt ist und er darüber hinaus weder über einen Identitätsnachweis noch über gültige Reisedokumente oder eine anderweitige Aufenthaltsberechtigung verfügt; zudem hat er gegenüber den Beamten der Strafvollzugsanstalt angegeben, dass er nicht freiwillig in seinen Heimatstaat ausreisen wird. Weiters geht aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt hervor, dass er weder über einen ordnungsgemäß gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet noch über familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich noch über die zur Bestreitung seines Lebensunterhalts erforderlichen finanziellen Mittel verfügt.

 

Dies wird vom Rechtsmittelwerber nur insofern bestritten, als er in seiner Beschwerde einwendet, dass ihm im Falle einer Haftentlassung über den Verein "Flüchtlingsprojekt" eine Unterkunft vermittelt würde und ihm sogar ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zustünde. Qualitativ kommt dieses Vorbringen jedoch nicht über eine bloße Behauptung hinaus, denn es fehlt an jeglichen diese Einwände auch nachvollziehbar bekräftigenden Beweismitteln. So hat es der Beschwerdeführer insbesondere unterlassen, zur Frage der Unterkunfts­vermittlung eine entsprechend verbindliche Verpflichtungserklärung des in Rede stehenden Vereines o.ä. bzw. hinsichtlich seines vermeintlichen Anspruches auf Arbeitslosengeld eine entsprechende Bescheinigung o.ä. vorzulegen. Mit Blick auf den Gesamtkontext konnte daher dieses Vorbringen nur als eine Schutzbe­hauptung bzw. als (unzulässige) Aufforderung zur Erhebung entsprechender Erkundungsbeweise qualifiziert werden.

 

Und selbst wenn man diesbezüglich vom Zutreffen des Vorbringens des Beschwerdeführers ausginge, wären damit nur die Aspekte der Unterkunft und der zur Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen finanziellen Mittel allenfalls zu dessen Gunsten zu beurteilen; dies entkräftet jedoch noch nicht den auf Grund der gerichtlichen Verurteilung, des Fehlens eines Identitätsnachweises, des Nichtvorliegens von Reisedokumenten, des Bestehens eines Rückkehr­verbotes bzw. des Nichtvorliegens einer Aufenthaltsberechtigung, der Bekundung seiner Ausreiseunwilligkeit und des Wissens um die zu gewärtigenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen (zwangsweise Abschiebung) weiterhin, also von der Frage der Unterkunfts- und Versorgungsmöglichkeit unabhängig bestehenden Sicherungsbedarf (vgl. in diesem Sinne auch VwGH v. 28. Juni 2007, 2004/21/0028).

3.3.3. Es bleibt somit zu prüfen, ob der mit der Schubhaft verfolgte Zweck in gleicher Weise nicht auch durch die Anordnung von vergleichsweise gelinderen Mitteln hätte erreicht werden können. In diesem Zusammenhang ist insbesondere an die Verpflichtung zur periodischen Meldung bei einer Sicherheitsdienststelle zu denken (vgl. § 77 Abs. 3 FPG).

3.3.3.1. Selbst wenn man unterstellt, dass der vom Rechtsmittelwerber in seiner Beschwerde genannte Verein nicht bloß eine Scheinanmeldung des Beschwerdeführers vornimmt, sondern diesem tatsächlich Unterkunft und Verpflegung entweder selbst gewährt oder dazu im Stande ist, Derartiges zu vermitteln, fehlt es objektiv besehen dennoch an jeglicher sozialer Integration oder Bindung des Rechtsmittelwerbers. Davon ausgehend fehlt es aber gerade schon von vornherein an jeglichem Aspekt einer Verbindlichkeit – nämlich dahin, dass die Prognose, dass die Verpflichtung zur periodischen Meldung nicht bloß so lange erfolgen wird, bis der Beschwerdeführer eine vergleichsweise verlockendere Alternative für Unterkunft und Versorgung gefunden hat, und eine darauf gegründete hohe Wahrscheinlichkeit der Unberechenbarkeit seines zukünftigen Verhaltens verlässlich ausgeschlossen werden kann.

Unter Einbeziehung des Wissens des Beschwerdeführers darum, dass er in Kürze fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen (Abschiebung) zu gewärtigen hat, vermag daher eine – noch dazu bloß behauptete – Unterkunfts- und Verpflegungsmöglichkeit keine Gewähr dafür zu bieten, dass der aus der gerichtlichen Verurteilung, aus dem Nichtfeststehen der Identität, aus dem Nichtvorliegen von Reisedokumenten, aus dem Bestehen eines Rückkehrverbotes bzw. aus dem Nichtvorliegen einer Aufenthaltsberechtigung und aus der Bekundung der Ausreiseunwilligkeit resultierende Sicherungsbedarf durch die Vorschreibung einer periodischen Meldpflicht bei einer Sicherheitsdienststelle in gleich geeigneter Weise erreicht werden kann.

3.3.3.2. Andere Möglichkeiten von adäquaten, aber – bezogen auf die Eingriffsintensität – vergleichsweise gelinderen Mittel anstelle der Schubhaft­verhängung sind objektiv nicht ersichtlich; auch der Beschwerdeführer selbst zeigt solche nicht auf.

3.4. Im Ergebnis erweist sich daher die Schubhaftverhängung als rechtmäßig, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 83 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig festzustellen war, dass die für die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin vorliegen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde (Verfahrenspartei: Bezirkhauptmann von Schärding) nach § 79a Abs. 1 und 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 der Aufwandsersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. II 334/2003, antragsgemäß ein Aufwandsersatz in Höhe von 51,50 Euro (Vorlageaufwand) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.             Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

2.             Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 13,20 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr.  G r o f


Rechtssatz:

Bloße Unterkunfts- und Versorgungsmöglichkeit sind weder geeignet, den auf Grund gerichtlicher Verurteilung wegen Suchtgiftdelikten, fehlenden Identitätsnachweises, Nichtvorliegens von Reisedokumenten, bestehenden Aufenthalts-(Rückkehr‑)Verbots, Nichtvorliegen einer Aufenthaltsberechtigung, Bekundung der Ausreiseunwilligkeit und Wissen um fremdenpolizeiliche Maßnahmen (Abschiebung) bestehenden Sicherungsbedarf zu entkräften noch die Verpflichtung zur periodischen Meldung bei einer Sicherheitsdienststelle als ein in gleicher Weise geeignetes gelinderes Mittel erscheinen zu lassen

 

 

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