Linz, 23.06.2008
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn J M, geb. , H, S, vertreten durch S – D – S & Partner, Anwaltssocietät, H, L gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 03.06.2008, GZ: 06/135560 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot und Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben und
der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.
Rechtsgrundlage:
§ 7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG
- die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E, C1, C1+E, C, C+E und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von drei Monaten – gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides – entzogen,
- für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen verboten und
- für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.
Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 16.06.2008 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Gemäß der im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen Strafkarte des Landesgerichtes Linz vom 07.04.2008, 30/07a, wurde der Bw wegen des Verbrechens nach § 207 Abs.1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten – Probezeit: 3 Jahre – rechtskräftig verurteilt.
Diese Verbrechen hat der Bw zum Nachteil seiner 1992 geborenen Tochter M. M. begangen; Datum der letzten Tat war – siehe die oa. Strafkarte – am 10.06.2006.
Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung ist an rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte (sowohl Urteile, als auch Strafverfügungen) gebunden;
VwGH v. 6.4.2006, 2005/11/0214; v.6.7.2004, 2002/11/0163; v. 20.2.2001, 98/11/0317; v. 14.11.1995, 95/11/0215; v. 27.6.1995, 95/11/0004;
vgl. auch vom 24.1.2008, 2007/03/0247 mit Vorjudikatur sowie
OGH – verstärkter Senat vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95.
Gemäß § 24 Abs. 1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.
Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.
Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von KFZ gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
Gemäß § 7 Abs.3 Z8 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gemäß § 207 StGB begangen hat.
Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;
VwGH vom 18.12.2007, 2007/11/0194; vom 17.10.2006, 2006/11/0120;
vom 21.03.2006, 2005/11/0196; vom 22.02.2007, 2005/11/0190;
vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.03.2006, 2005/11/0153 ua.
Seit Begehung der letzten Tathandlung (= 10.06.2006) ist ein Zeitraum von – etwas mehr als – zwei Jahren vergangen.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist/wäre eine Entziehung der Lenkberechtigung nur dann gerechtfertigt, wenn der Bw zum gegenwärtigen Zeitpunkt und darüber hinaus noch für die Dauer von mindestens drei Monaten verkehrsunzuverlässig ist/wäre; VwGH vom 21.02.2006, 2003/11/0025
unter Verweis auf das Erkenntnis vom 21.10.2004, 2003/11/0015 uva.
Betreffend die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit wird auf das – bereits zitierte – Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2006, 2003/11/0025 verwiesen.
Der dortige Beschwerdeführer (Bf) wurde wegen des Verbrechens nach § 207 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.
Nach Vollstreckung von mehr als die Hälfte der Strafe wurde der Bf bedingt entlassen bzw. der Strafrest von 7 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachgesehen.
Der VwGH hat eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 19 Monaten – gerechnet ab Tat – als zu lang erachtet.
Im gegenständlichen Fall wurde der Bw "nur" zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt und ist seit der letzten Tat ein Zeitraum von etwas mehr als zwei Jahren vergangen.
Unter Berücksichtigung des oa. VwGH-Erkenntnisses kann daher nicht (mehr) davon ausgegangen werden, dass der Bw zum gegenwärtigen Zeitpunkt und darüber hinaus noch für die Dauer von mindestens drei Monaten verkehrsunzuverlässig ist.
Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.
Mag. Josef Kofler
Beschlagwortung:
§ 7 Abs.4 FSG – seither verstrichene Zeit