Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-350047/10/Wim/Ps

Linz, 26.06.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufungen des Herrn J R, A, G, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A N, Dr. S H und Dr. T H, S, V, vom 31. März 2008, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12. März 2008, Zl. UR96-6931-2007, mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 21. Jänner 2008 abgewiesen wurde, sowie gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. März 2008, Zl. UR96-6931-2007, mit welchem der Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. August 2007, Zl. UR96-6931-2007, als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4. Juni 2008, zu Recht erkannt:

 

 

Den Berufungen wird Folge gegeben und die erstinstanzlichen Bescheide behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 49 und  51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.      Mit den angefochtenen Bescheiden wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 21. Jänner 2008 in der Verwaltungsstrafsache UR96-6931-2007 abgewiesen sowie der Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. August 2007 mit eben dieser Zahl als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

 

2.      Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig jeweils Berufung erhoben und zum Wiedereinsetzungsantrag vorgebracht, dass er erstmals mit Zustellung der Androhung der Exekution von der gegen ihn gerichteten Strafverfügung der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land, dass er eine Geschwindigkeitsübertretung nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft am 20. Juli 2007 begangen haben solle, Kenntnis davon erlangt habe. Er habe im relevanten Zeitraum nie eine Ankündigung eines Zustellversuches oder eine Hinterlegungsanzeige vorgefunden. Selbst wenn eine ordnungsgemäße Hinterlegung durch die zuständige Postbeamtin erfolgt sein sollte, hätte der Berufungswerber aufgrund eines unvorhergesehenen und für ihn unabwendbaren Ereignisses, nämlich der Entfernung der Hinterlegungsanzeige durch andere Personen, keine Möglichkeit gehabt, auf die Hinterlegungsanzeige zu reagieren und das hinterlegte Schriftstück zu beheben. Es liege daher ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis vor, wobei den Beschuldigten kein Verschulden, jedenfalls keine einen minderen Grad des Versehens übersteigende Nachlässigkeit treffe.

 

In der Berufung gegen die Zurückweisung wegen Verspätung des Einspruchs führte der Berufungswerber an, dass der erhobene Einspruch nicht verspätet gewesen sei, weil die Verständigung über die hinterlegte Sendung nicht wirksam zugestellt worden wäre, sodass der erhobene Einspruch nicht verspätet gewesen sei.

 

 

3.1.   Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit Einvernahme des Berufungswerbers sowie der zeugenschaftlichen Einvernahme der Postzustellerin und der Lebensgefährtin des Berufungswerbers verbunden mit einem Lokalaugenschein an Ort und Stelle.

 

3.2.   Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem maßgeblichen Sachverhalt aus:

 

Der Berufungswerber wohnte in der für die Zustellung maßgeblichen Zeit in der Wohnung mit der Adresse O in T und zwar im ersten Stock. Im Erdgeschoss dieser Wohnung befinden sich mehrere Briefkästen, darunter auch jener des Berufungswerbers. Der Berufungswerber hat zur damaligen Zeit als Geschäftsführer gearbeitet und des Öfteren relativ viel Firmenpost bekommen, sodass der Briefkasten zum Teil sehr stark gefüllt war. Seitens der Zustellerin wurde die Verständigung über den ersten Zustellversuch und die Hinterlegungsanzeige in den Postkasten eingelegt. Diese sind jedoch dem Berufungswerber nicht zugekommen. Der Berufungswerber hat erstmals mit der Androhung der Exekution von dem gegen ihn laufenden Strafverfahren erfahren.

 

3.3.   Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich vor allem aus der Einvernahme des Berufungswerbers und der Postzustellerin als Zeugin. Speziell diese hat bestätigt, dass der Postkasten des Öfteren sehr voll war und es daher vorgekommen ist, dass auch Zustellverständigungen zumindest teilweise aus dem Postkasten herausgeragt haben. Weiters hat sich sogar beim Lokalaugenschein gezeigt, dass die Eingangstür ständig offen war bzw. ist und daher keine von vornherein eingegrenzte Anzahl von Personen Zutritt zum Postkastenbereich hatte. Weiters hat sowohl die Zustellerin als auch der Berufungswerber durchaus glaubwürdig dargelegt, dass der Berufungswerber in anderen Fällen hinterlegte Schriftstücke ständig abgeholt hat bzw. ihr sogar nachgefahren ist, wenn er von Zustellversuchen erfahren hat und sich die Schriftstücke geholt hat.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist es daher durchaus glaubwürdig, dass die Verständigung vom zweiten Zustellversuch und die Hinterlegungsanzeige von dritten Personen aus dem Briefkasten des Berufungswerbers entfernt wurden und er daher von diesen keine Kenntnis erlangt hat.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1.     die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Der festgestellte Sachverhalt stellt ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis dar, an dem den Berufungswerber zumindest kein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden trifft. Es war daher dem Antrag auf Wiedereinsetzung Folge zu geben. Mit dem Wiedereinsetzungsantrag wurde gleichzeitig ein Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben, der somit auch als rechtzeitig anzusehen ist. Damit war auch die Zurückweisung wegen Verspätung des Einspruchs zu beheben.

 

Aufgrund des nunmehr erfolgten Einspruchs wird daher die Erstbehörde das ordentliche Ermittlungsverfahren durchzuführen haben und gegebenenfalls bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Straferkenntnis zu erlassen haben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum