Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162923/9/Zo/Jo

Linz, 01.07.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn M F, geb. , vertreten durch P & S, A F, vom 31.01.2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 17.01.2008, Zl. VerkR96-14622-2007, wegen Übertretungen des KFG sowie der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.06.2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Hinsichtlich Punkt 1 des Straferkenntnisses wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

          Die verletzte Rechtsvorschrift des § 101 Abs.1 lit.e KFG wird in der         Fassung BGBl. I Nr. 60/2003 angewendet.

 

II.                 Hinsichtlich der Punkte 4 und 6 des Straferkenntnisses wird die Berufung im Schuldspruch mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch wie folgt abgeändert wird:

 

              Sie haben als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur        Güterbeförderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt war und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t      überstieg, die erlaubte tägliche Lenkzeit von zweimal pro Woche               höchstens 10 Stunden überschritten, weil diese

              am 25.06.2007 zwischen 03.36 Uhr und 20.58 Uhr 11 Stunden und 31          Minuten sowie

              vom 26.06.2007, 06.55 Uhr bis 27.06.2007, 16.44 Uhr 15 Stunden und        46 Minuten betragen hat.

 

              Hinsichtlich der von der Erstinstanz verhängten zwei Einzelstrafen von    jeweils 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 36 Euro) wird die       Berufung abgewiesen und eine Geldstrafe von 160 Euro     (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

 

              Die verletzte Rechtsvorschrift wird wie folgt konkretisiert: Artikel 6         Abs.1 2. Satz der Verordnung (EG) 561/2006 vom 15.03.2006.

 

III.              Hinsichtlich der Punkte 3, 5 und 7 des Straferkenntnisses wird die Berufung im Schuldspruch mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch wie folgt abgeändert wird:

 

          Sie haben als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur        Güterbeförderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr       eingesetzt war und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t überstieg, innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraumes von 24           Stunden keine ausreichende Ruhezeit von mindestens 9 Stunden eingehalten, weil sie an folgenden Zeiträumen nur die angeführten        Ruhezeiten eingehalten haben:

          Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 25.06.2007 um 03.35 Uhr,       Ruhezeit von 20.59 Uhr bis 03.36 Uhr (das sind 6 Stunden und 37 Minuten)

          Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 26.06.2007 um 06.52 Uhr,       Ruhezeit von 22.37 Uhr bis 06.52 Uhr (das sind 8 Stunden und 15 Minuten)

          Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 28.06.2007 um 06.48 Uhr,       Ruhezeit von 23.39 Uhr bis 06.48 Uhr (das sind 7 Stunden und 9   Minuten).

 

          Bezüglich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben     und anstelle der von der Erstinstanz verhängten drei Einzelstrafen von          jeweils 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 36 Stunden) eine      Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 80 Stunden) verhängt.

 

          Die verletzte Rechtsvorschrift wird wie folgt konkretisiert: Artikel 8         Abs.1 iVm Artikel 8 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vom       15.03.2006.

 

IV.              Hinsichtlich Punkt 2 des Straferkenntnisses wird der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

V.                 Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 46 Euro, für das Berufungsverfahren sind als Verfahrenskosten 52 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der in den Punkten I und II dieser Entscheidung bestätigten Strafen).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I., II. und III.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu IV.: § 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu V.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I., II., III. und IV.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:

 

"Sie haben wie am 2.7.2007 um ca. 09.30 Uhr auf der Pyhrnautobahn A 9 bei AKm. 12,700 im Gemeindegebiet von Schlierbach bei der Kontrolle des Sattelkraftfahrzeuges mit den Kennzeichen  bzw.  festgestellt wurde

1.      als Lenker, obwohl zumutbar, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt haben, dass das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, weil die Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert war, obwohl die Ladung und auch einzelne Teile dieser, auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sein muss, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird.

Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls z.B durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungssicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist. Es wurde festgestellt, dass die Paletten ungesichert gegen seitliches Verrutschen transportiert wurden,

2. als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeforderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt das Schaublatt am 25.6.2007 um ca. 21.05, am 26.6.2007 um ca. 22.35 Uhr, am 27.6.2007 um ca. 17.15 Uhr und am 28.6.2007 um ca. 23.35 Uhr vor Ablauf des Arbeitstages entnommen haben,

3. als Lenker des unter 2. angeführten KFZ innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraumes von 24 Stunden keine ausreichende Ruhezeit eingehalten haben (25.6.2007 auf 26.6.2007),

4. als Lenker des unter 2. angeführten KFZ am 25.6.2007 die erlaubte Tageslenkzeit überschritten haben,

5. als Lenker des unter 2. angeführten KFZ innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraumes von 24 Stunden keine ausreichende Ruhezeit eingehalten haben (26.6.2007 auf 27.6.2007) und

6. von 26.6.2007 auf 27.6.2007 die erlaubte Tageslenkzeit überschritten haben,

7. als Lenker des oa. KFZ innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraumes von 24 Stunden keine ausreichende Ruhezeit eingehalten haben (28.6.2007 auf 29.6.2007).

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.§ 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 101 Abs. 1 lit. e KFG 1967 und § 134 Abs. 1 KFG 1967

2.Art. 15 Abs. 2 EGV. 3821/85

3.Art. 8 Abs. 1 EGV. 561/2006

4.Art. 6 Abs. 1 EGV. 561/2006

5.Art. 8 Abs. 1 EGV. 561/2006

6.Art. 6 Abs. 1 EGV. 561/2006

7.Art. 8 Abs. 1 EGV. 561/2006 jeweils i.V.m. § 134 Abs. 1 KFG 1967

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von      falls diese unein-    Freiheitsstrafe       gemäß §

Euro                     bringlich ist, Er-      von                                                                               satzfreiheits-

                            strafe von

100,--                            48 Stunden                                       134 Abs. 1 KFG 1967

  80,--                  36 Stunden                                       134 Abs. 1 KFG 1967

  80,--                  36 Stunden                                       134 Abs. 1 KFG 1967

  80,--                  36 Stunden                                       134 Abs. 1 KFG 1967

  80,--                  36 Stunden                                       134 Abs. 1 KFG 1967

  80,--                  36 Stunden                                       134 Abs. 1 KFG 1967

  80,--                  36 Stunden                                       134 Abs. 1 KFG 1967

 

Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung der Vorhaft, Verfallsausspruch):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

 

10,-- + 8,-- + 8,-- + 8,-- + 8,-- + 8,-- + 8,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);"

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass zu allen Spruchpunkten Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Sämtliche Vorwürfe hätten nach der Rechtsprechung an den Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges über 7,5 t gerichtet werden müssen, was aber nicht der Fall gewesen sei.  

 

Ein kraftfahrtechnisches Gutachten würde ergeben, dass die Reißfestigkeit der Tautliner-Plane von 900 kg/ eine ausreichende Sicherung gegen seitliches Verrutschen darstellen würde. Außerdem sei zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung der Verkehrssicherheit gegeben gewesen.

 

Es gebe keine Feststellungen bezüglich des Endes des Arbeitstages, weshalb der Tatvorwurf in Punkt 2 nicht nachvollziehbar sei. Dieser Vorwurf sei auch nicht strafwürdig.

 

Bezüglich der Punkte 3, 4, 5, 6 und 7 sei die Tathandlung nur mangelhaft beschrieben. Es hätte ihm jeweils die genaue Überschreitung der Tageslenkzeit bzw. die tatsächliche Unterschreitung der täglichen Ruhezeit vorgeworfen werden müssen. Weiters stehen diese Delikte aufgrund der zeitlichen Nähe in Tateinheit. Sie werden von einem Tatvorsatz bzw. von ein- und derselben Fahrlässigkeitshandlung umfasst, sodass diese Delikte nur einmal zu bestrafen gewesen seien.

 

Es wurde daher beantragt, das Verfahren wegen Verfolgungsverjährung einzustellen bzw. in eventu nach Aufnahme der angebotenen Beweise das Verfahren wegen mangelnder Strafwürdigkeit einzustellen bzw. in eventu die Strafen erheblich herabzusetzen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.06.2008. Bei dieser wurde zur Frage der Ladungssicherung ein Gutachten erörtert. Weder der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter, noch die Erstinstanz haben an der Verhandlung teilgenommen. Der Vertreter des Berufungswerbers wurde darauf hingewiesen, dass nach Erörterung des Gutachtens das Beweisverfahren geschlossen wird und ihm keine Möglichkeit zu einer nachträglichen Stellungnahme eingeräumt wird. Dies wurde von ihm zur Kenntnis genommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr. Bei der Kontrolle am 02.07.2007 um ca. 09.30 Uhr auf der A9 bei km 12,700 wurde anhand der Schaublätter festgestellt, dass der Berufungswerber am 25.06.2007 um ca. 21.05 Uhr, am 26.06.2007 um ca. 22.35 Uhr, am 27.06.2007 um ca. 17.15 Uhr und am 28.06.2007 um ca. 23.35 Uhr jeweils das Schaublatt entnommen hat. Allerdings ergibt sich aufgrund der Eintragungen des Kilometerstandes in den Schaublättern, dass der Berufungswerber nach der Entnahme des Schaublattes die Fahrt nicht mehr fortsetzte. Es gibt auch keine sonstigen Hinweise, dass seine Arbeitszeit nicht jeweils zu diesem Zeitpunkt endete.

 

Bezüglich der Ruhezeit begann der erste 24-Stunden-Zeitraum am 25.06.2007 um 03.36 Uhr, die Ruhezeit begann erst um 20.59 Uhr, sodass sich lediglich eine Ruhezeit von 6 Stunden und 37 Minuten ergibt. Der nächste 24-Stunden-Zeitraum begann am 26.06.2007 um 06.52 Uhr, wobei der Berufungswerber mit der Ruhezeit erst um 22.37 Uhr begann. Es ergibt sich daher nur eine Ruhezeit von 8 Stunden und 15 Minuten. Am 28.06.2007 begann der 24-Stunden-Zeitraum um 06.48 Uhr, die Ruhezeit begann erst um 23.39 Uhr, sodass sich nur eine Ruhezeit von 7 Stunden und 9 Minuten ergibt.

 

Der Berufungswerber lenkte in der Zeit vom 25.06.2007, 03.36 Uhr bis 20.58 Uhr das angeführte Kraftfahrzeug, insgesamt 11 Stunden und 31 Minuten. Vom 26.06.2007, 06.55 Uhr bis 27.06.2007, 16.44 Uhr betrug die Tageslenkzeit 15 Stunden und 46 Minuten.

 

Der Berufungswerber hatte Papier geladen, welches auf Paletten jeweils mit Folie verschweißt war. Entsprechend den im Akt befindlichen Fotos waren zumindest vier Paletten in einer Reihe geladen, wobei bei einer Palette eine zweite darüber gestapelt war, sodass es sich mindestens um 5 Paletten handelte. Ob auch auf den anderen Paletten eine zweite Reihe gestapelt war, ist auf den Fotos nicht ersichtlich. Das Gesamtgewicht der Ladung betrug 23.652 kg. Ob die Ladung an der vorderen Bordwand schlüssig abgeschlossen hat, ist nicht ersichtlich, jedenfalls waren zu den seitlichen Bordwänden Abstände von ca. 40 cm gegeben. Es handelte sich um einen Sattelauflieger mit einem Schiebeplanenverdeck, wobei seitlich zwei Alustecklatten übereinander vorhanden waren und die Schiebeplane geschlossen war. Der Sattelanhänger hatte einen Siebdruckboden, es handelte sich um Holzpaletten. Zwischen den Paletten und dem Siebdruckboden wurde keine Antirutschmatte oder ähnliche Ladungssicherungs-maßnahmen verwendet.

 

Der Sachverständige führte aus, dass entsprechend den einschlägigen DIN-Normen Ladungen nach vorne mit zumindest 80 % des Ladungsgewichtes und seitlich mit mindestens 50 % des Gewichtes zu sichern sind. Diese Werte sind deshalb erforderlich, weil bei einer Vollbremsung mit 8 m/sec² diese Kräfte nach vorne wirken sowie bei einer Ausweichbewegung Kräfte von bis zu 50 % des Ladungsgewichtes auftreten. Die Reibung zwischen Holzpalette und Siebdruckboden kann aber nur 30 % des Gewichtes aufnehmen, weshalb bei einer starken Querbeschleunigung, wie sie z.B. bei einem überraschenden Ausweichmanöver auftritt, ein Verrutschen der Ladung zur Seite als sicher anzunehmen ist.

 

Die seitlichen Alueinstecklatten können entsprechend ihrer Konstruktion jeweils 6 % der zulässigen Nutzlast aufnehmen, die im vorliegenden Fall angebrachten zwei Einstecklatten, also 12 %. Damit ergibt sich eine Differenz von maximal 8 % des Ladungsgewichtes, welches weder durch die Reibung noch durch die Alueinstecklatten gesichert ist. Für diesen Betrag reicht allerdings die Reißfestigkeit der Abdeckplane aus, um ein Herabfallen der Ladung zu verhindern. Ob eine Palette umgekippt wäre, kann technisch nicht gesagt werden.

 

Aus technischer Sicht muss das seitliche Verrutschen der Ladung deshalb verhindert werden, weil bei einer verrutschenden Ladung Querkräfte auf das Kraftfahrzeug wirken, welche zur Instabilität des Fahrzeuges führen. Diese Querkräfte treten am ehesten bei einem plötzlichen Ausweichmanöver auf und zwar stoßweise und für den Lenker überraschend. Ein Ausgleichen dieser Stoßkräfte kann zwar im Einzelfall – abhängig vom Können des Fahrzeuglenkers und der Größe der Stoßkraft – funktionieren, allerdings ist dies keineswegs sicher und es kann auch zu einer völligen Instabilität des Sattelaufliegers kommen. Genau aus diesem Grund kippen immer wieder LKW bzw. Sattelkraftfahrzeuge im Zuge eines Ausweichmanövers um.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 101 Abs.1 lit.e KFG 1967 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Absätze 2 und 5 nur zulässig, wenn die Ladung und auch einzelne Teile dieser auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sind, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls z.B. durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungssicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist.

 

Die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 lauten wie folgt:

Artikel 2 Abs.1 lit.a: Diese Verordnung gilt für Güterbeförderungen mit Fahrzeugen, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt.

Artikel 6 Abs.1: Die tägliche Lenkzeit darf 9 Stunden nicht überschreiten. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

Artikel 8 Abs.1: Der Fahrer muss tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.

Artikel 8 Abs.4: Der Fahrer darf zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen.

Artikel 4 lit.g: Tägliche Ruhezeit bezeichnet den täglichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann und der eine regelmäßige tägliche Ruhezeit und eine reduzierte tägliche Ruhezeit umfasst; "reduzierte tägliche Ruhezeit" ist eine Ruhepause von mindestens 9 Stunden, aber weniger als 11 Stunden.

 

Gemäß Artikel 15 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 benutzen die Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter. Das Schaublatt wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Kein Schaublatt darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden.

 

5.2. Aus dem schlüssigen Gutachten des Sachverständigen ergibt sich, dass die geladenen Paletten bei einem starken Ausweichmanöver seitlich verrutscht wären und dies zu einer Instabilität des Fahrzeuges geführt hätte. Derartige Fahrmanöver können jederzeit notwendig sein, ohne dass der Lenker dies beeinflussen kann. Sie zählen daher zum normalen Fahrbetrieb. Die Ladung war also nicht so gesichert, dass sie ihre Lage zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern konnte. Es ist zwar richtig, dass die Ladung nicht von der Ladefläche gefallen wäre, allerdings war sie nicht so ausreichend gesichert, dass ein seitliches Verrutschen ausgeschlossen werden konnte. Der Berufungswerber hat damit die ihm in Punkt 1 vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Entsprechend Artikel 15 Abs.2 der Verordnung (EWG) 3821/85 darf der Lenker das Schaublatt erst nach dem Ende der täglichen Arbeitszeit entnehmen. Aus den im Akt befindlichen Schaublättern ergibt sich, dass der Berufungswerber diese zwar jeweils am Abend entnommen hat, allerdings die Fahrt dann nicht fortgesetzt hat. Es ist daher naheliegend, dass seine Arbeitszeit zu jenem Zeitpunkt, als er die Schaublätter entnommen hat, tatsächlich endete. Jedenfalls kann das Gegenteil nicht bewiesen werden. Die Entnahme der Schaublätter stellt damit keinen Verstoß gegen Artikel 15 Abs.2 der Verordnung (EWG) 3821/85 dar. Richtig ist, dass der Berufungswerber wegen der Entnahme der Schaublätter seine Ruhezeit nicht aufgezeichnet hatte (dies wäre händisch auf der Rückseite der Schaublätter notwendig gewesen), ein derartiger Vorwurf wurde ihm aber nicht gemacht. Hinsichtlich Punkt 2 war daher der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

Aufgrund der im Akt befindlichen Schaublätter ist objektiv erwiesen, dass der Berufungswerber die Mindestruhezeit von 9 Stunden unterschritten und die maximal zulässige Tageslenkzeit von 10 Stunden überschritten hat. Er hat damit die ihm in den Punkten 3, 5 und 7 bzw. 4 und 6 des Straferkenntnisses vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht begangen.

 

Richtig ist, dass im Straferkenntnis die Lenkzeiten bzw. Ruhezeiten nicht konkret angeführt sind. Eine konkrete Aufzählung dieser Zeiten ist aber erforderlich, weil nur so der Beschuldigte im Detail wissen kann, was ihm vorgeworfen wird und sich entsprechend verteidigen kann. Insoweit sind die Verfolgungshandlungen sowohl in der Strafverfügung als auch im Straferkenntnis nicht ausreichend. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass dem Vertreter des Berufungswerbers am 29.09.2007 – und somit innerhalb der Verjährungsfrist – Akteneinsicht gewährt wurde. Dabei erhielt er auch Einsicht in die Anzeige, welche eine detaillierte Auswertung der Schaublätter und eine Aufstellung der vorgeworfenen Übertretungen enthält. Er erhielt damit innerhalb der Verjährungsfrist vollständige Kenntnis über die ihm vorgeworfenen Übertretungen, weshalb diese nicht verjährt sind. Allerdings war der Spruch in der Berufungsentscheidung entsprechend zu konkretisieren.

 

Nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch beim mehrmaligen Überschreiten der Lenkzeiten bzw. beim mehrmaligen Unterschreiten der Ruhezeiten in den Fällen, in denen diese in einem engen zeitlichen Konnex stehen und es sich um ineinandergreifende Transporte handelt, von einem Gesamtkonzept im Sinne eines fortgesetzten Deliktes auszugehen (siehe z.B. VwGH vom 28.03.2003, 2002/02/0140). Es waren daher die Punkte 3 5 und 7 (betreffend das Unterschreiten der Ruhezeiten) sowie die Punkte 4 und 6 (betreffend die Lenkzeiten) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses jeweils zu einem Punkt zusammenzufassen.

 

Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass die Vorwürfe an den Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges über 7,5 t zu richten gewesen wären, ist nicht nachvollziehbar. Einerseits ist aufgrund des Geltungsbereiches der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 klar, dass diese bereits für Fahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t gilt, andererseits ist das verwendete Sattelkraftfahrzeug durch die Angabe beider Kennzeichen ohnedies eindeutig definiert. Dass dieses ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t (und auch von mehr als 7,5 t) aufweist, kann nicht ernsthaft bestritten werden und muss dem Berufungswerber auch bewusst sein.

 

Hinsichtlich des Verschuldens des Berufungswerbers ist für alle Übertretungen gemäß § 5 Abs.2 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen, weil das Verfahren keinerlei Hinweise auf mangelndes Verschulden ergeben hat.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der gesetzliche Strafrahmen beträgt gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 für jede einzelne Übertretung bis zu 5.000 Euro.

 

Über den Berufungswerber scheint eine rechtskräftige Vormerkung bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch aus dem Jahr 2005 wegen Übertretungen der Verordnung (EWG) 3820/85 auf. Weiters wurde er im Jahr 2006 rechtskräftig wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes bestraft. Es kommt ihm damit der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht zu Gute, hinsichtlich der Lenkzeitüberschreitungen bzw. der Ruhezeitüber-schreitungen ist die einschlägige Vormerkung als straferschwerend zu werten.

 

Bezüglich der mangelhaften Ladungssicherung hat die Erstinstanz ohnedies den Strafrahmen nur zu 2 % ausgeschöpft. Im Hinblick auf die erheblichen Gefahren, welche von ungesicherten Ladungen ausgehen, ist diese Strafe keineswegs überhöht.

 

Bezüglich der Überschreitungen der Lenkzeit ist auf das erhebliche Ausmaß der Überschreitungen Bedacht zu nehmen, weshalb von einem nicht bloß geringen Unrechtsgehalt auszugehen ist. Diesbezüglich hat die Erstinstanz zwei Geldstrafen von jeweils 80 Euro verhängt, welche allerdings zu einer einzigen Strafe zusammen zu fassen sind. Die Strafe in Höhe von 160 Euro erscheint für diese Überschreitung der Lenkzeit in zwei Fällen durchaus angemessen.

 

Auch bezüglich der Unterschreitungen der Ruhezeit waren die von der Erstinstanz verhängten Geldstrafen von dreimal 80 Euro zusammen zu fassen. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Ruhezeiten zumindest in einem Fall nur geringfügig unterschritten wurde und die Unterschreitungen auch in den beiden anderen Fällen nicht besonders gravierend waren. Unter Berücksichtigung dieser Umstände konnte die insgesamt dafür verhängte Geldstrafe auf 200 Euro herabgesetzt werden.

 

Eine noch weitere Herabsetzung der Strafen kommt sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen nicht in Betracht. Die Strafen entsprechen auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei die erstinstanzliche Schätzung (monatliches Nettoeinkommen von 1.400 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten) zu Grunde gelegt wird, weil der Berufungswerber dieser nicht widersprochen hat.

 

 

Zu IV.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

Beschlagwortung:

Ladungssicherung; seitliches Verrutschen; Lenkzeiten; Ruhezeiten; fortgesetztes Delikt; Spruchkorrektur; Tatbestandsmerkmale

 

 

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