Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300801/17/BMa/Se

Linz, 26.06.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Dr. P F, geb. am, gegen die Ermahnung des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 20. September 2007, Pol96-182-1-2007/Wim, wegen Verstößen gegen das Oö. Jugendschutzgesetz 2001 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 5/2008, iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2, 51c und 51e VStG, BGBl.Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 5/2008

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und ermahnt:

 

"Sie haben es als Aufsichtsperson unterlassen, dafür zu sorgen, dass der Ihrer Aufsicht unterstehende Jugendliche C F, geb. , welcher das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, die Bestimmungen des Oö. Jugendschutzgesetzes 2001 entsprechend beachtet und einhält, da dieser

1) sich in der Nacht zum 17. Mai 2007 bis 02.39 Uhr und somit nach 24.00 Uhr, ohne in Begleitung einer Aufsichtsperson zu sein, auf dem Marktplatz in 4650 Lambach und somit verbotenerweise an einem allgemein zugänglichen Ort aufgehalten hat, obwohl ihm als Jugendlichem unter 16 Jahren in der Zeit zwischen 24.00 Uhr und 05.00 Uhr der Aufenthalt an allgemein zugänglichen Orten nur in Begleitung einer Aufsichtsperson gestattet ist und

2) in der Nacht zum 17. Mai 2007 laut Eigenangabe drei Halbe Bier konsumiert hat, obwohl ihm aufgrund seines Alters der Erwerb und Konsum von alkoholischen Getränken aller Art gesetzlich untersagt ist.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) § 12 Abs.1 Z1 iVm § 4 Abs.1 und iVm § 5 Abs.1 Z1 lit.b Oö. Jugendschutzgesetz, LGBl. 93/2001 idgF

2) § 12 Abs.1 Z1 iVm § 4 Abs.1 und iVm § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz, LGBl. 93/2001 idgF

 

Es wird jedoch zu 1) und 2) jeweils von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Ihnen für diesmal ausdrücklich je eine Ermahnung erteilt.

 

Rechtsgrundlage:

Zu 1) und zu 2) § 21 des Verwaltungsstrafgesetztes, BGBl. 52/1991 idgF"

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Lambach vom 26. Juni 2007, GZ A1/5646/01/2007, erwiesen. Weil das Verschulden geringfügig sei, könne mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.

 

1.3. Gegen diesen dem Bw am 25. September 2007 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 5. Oktober 2007 bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingelangte – und damit rechtzeitige – Berufung vom 3. Oktober 2007.

 

1.4. Darin wird im Wesentlichen angeführt, der Bw habe seine Aufsichtspflicht nicht verletzt, weil sein Sohn in der tatgegenständlichen Nacht bei einem Freund übernachtet habe. Mit der Mutter des Freundes, Frau B F, sei telefonisch vereinbart worden, dass C F grundsätzlich bei ihrem Sohn D schlafen könne, wenn Frau F darüber Bescheid wisse und  zustimme. Der Bw habe angeordnet, sein Sohn habe am nächsten Tag gegen 10 Uhr Vormittag zu Hause zu sein. Weil sein Sohn nicht zur vereinbarten Zeit am nächsten Tag zu Hause gewesen sei, habe er telefonisch Kontakt mit Frau F aufgenommen, woraufhin C F zu Mittag nach Hause gebracht worden sei. Aufgrund eines Anrufs der Polizei Lambach habe er erfahren, dass C F um 02.39 Uhr in Lambach am Marktplatz angetroffen worden sei. Sein Sohn sei zum Tatzeitpunkt nicht ohne Begleit- oder Aufsichtsperson, sondern mit Frau F aus Stadl-Paura unterwegs gewesen, die die Aufsicht damals vereinbarungsgemäß übernommen habe.

 

Sein Sohn habe auch in Begleitung und Aufsicht von Frau F im G-M in Lambach Alkohol konsumiert. Dieses Verhalten seines Sohnes sei daher nicht ihm, sondern Frau F anzulasten.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

2. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und am 20. Juni 2008 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bw in rechtsfreundlicher Begleitung erschienen ist. Als Zeuge wurde C F einvernommen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem rechtlich relevanten Sachverhalt aus:

Dr. P F war zum Tatzeitpunkt (Nacht vom 16. auf den 17. Mai 2007) obsorgeberechtigt hinsichtlich seines Sohnes C. Es bestand eine grundsätzliche Vereinbarung zwischen dem Bw und B F, der Mutter des D F, der mit C F befreundet war, dass C F bei D F nächtigen könne, wenn auch Frau F davon Bescheid wisse und dem zustimme.

Am 16. Mai 2007 teilte C F seinem Vater mit, dass er bei D F nächtigen werde, weil am nächsten Tag schulfrei sei. Es wurde vereinbart, dass die Jugendlichen fernsehen und DVDs anschauen und C F am nächsten Tag zwischen 9.00 und 10.00 Uhr zu Hause zu sein habe.

 

In dieser Nacht ist C F gemeinsam mit seinem Freund D F, dessen Freundin und dessen Mutter nach Lambach gefahren, sie haben dort das Lokal G-M besucht. C F hat in diesem Gastgewerbebetrieb in Anwesenheit von B F drei Halbe Bier konsumiert. Als ihm übel wurde, hat er sich aus dem Lokal begeben, wo er von Polizisten der PI Lambach kontrolliert wurde.

Nach seiner Rückkehr ins Lokal informierte er seine Begleiter über die Kontrolle, woraufhin alle nach Hause gefahren sind.

Dr. P F wusste nicht, dass sich sein Sohn C gemeinsam mit seinem Freund und dessen Mutter nach Lambach begibt, dort Alkohol trinkt und erst nach 24 Uhr wieder in das Zuhause seines Freundes zurück kehrt.

Er konnte auch nicht damit rechnen, dass sein Sohn sich in Gesellschaft seines Freundes und dessen Familie des nächtens in Lambach aufhält, weil sich ein derartiger Vorfall bei den Nächtigungen seines Sohnes bei D F noch nicht ereignet hat. 

 

3.2. Die Feststellungen ergeben sich überwiegend aus den übereinstimmenden Aussagen des Bw und des Zeugen C F.

Bei der Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat hat der Zeuge einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Er hat plausibel erklärt, dass er mit seiner Aussage gegenüber der Polizei Lambach, anlässlich der Kontrolle, wonach er angegeben hatte, dass sein Vater ihn um 24 Uhr abholen würde, was dieser aber nicht gemacht habe, sich selbst schützen habe wollen, weil er noch jugendlich gewesen sei und nach 24 Uhr angetroffen worden sei. Seine damalige Aussage gegenüber den Polizisten sei nicht richtig gewesen (Seite 4 der Verhandlungsschrift vom 17. Juni 2008). Er habe auch nicht angegeben, dass Frau F als erwachsene Person in dieser Nacht dabei war, weil er nicht gewollt habe, dass sein Vater erfahre, dass er noch mit dem Freund und dessen Mutter weggegangen sei.

Er gab auch offen an, bereits vor dem Tatzeitpunkt öfter Alkohol konsumiert zu haben, wovon sein Vater aber nichts gewusst habe.

 

3.3.  In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 12 Abs.1 des Landesgesetzes über den Schutz der Jugend (Oö. Jugendschutzgesetz 2001 – Oö. JSchG 2001), LGBl.Nr. 93/2001 idF LGBl. Nr. 90/2005, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro und im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer als Erwachsener gemäß Z1 gegen die Sorgfaltspflicht des § 4 Abs.1 oder 2 verstößt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

Nach § 4 Abs.1 Oö. JSchG haben Aufsichtspersonen dafür zu sorgen, dass die ihrer Aufsicht unterstehenden Jugendlichen die Jugendschutzbestimmungen einhalten. Die Erziehungsberechtigten haben bei der Übertragung der Aufsicht sorgfältig und verantwortungsbewusst vorzugehen.

 

Jugendlichen ist der Aufenthalt an allgemein zugänglichen Orten (zB Plätzen, Straßen, Parks, Freigelände), in Gastgewerbebetrieben im Sinn der Gewerbeordnung 1994, in Buschenschänken, bei öffentlichen Veranstaltungen im Sinn des Oö. Veranstaltungsgesetztes 1992 und Kinovorführungen erlaubt

 

1) ohne Begleitung einer Aufsichtsperson

    a) bis zum vollendeten 14. Lebensjahr von 5-22 Uhr,

    b) vom vollendeten 14. bis zum vollendeten 16. Lebensjahr von 5-24 Uhr,

    c) ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ohne zeitliche Begrenzung,

2) in Begleitung einer Aufsichtsperson bis zum vollendeten 16. Lebensjahr ohne zeitliche Begrenzung, sofern dies mit den Zielen gemäß § 1 Abs.1 Z1 vereinbar ist und das Wohl des Jugendlichen nicht gefährdet ist (§ 5 Abs.1).

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. JSchG ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und Konsum von Tabakwaren und alkoholischen Getränken verboten.

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat der Bw, der obsorgeberechtigt hinsichtlich seines Sohnes C ist, die Aufsicht über seinen Sohn C in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai auf Frau F, die Mutter des D F, eines Freundes seines Sohnes C übertragen. Sein Sohn C hat bereits mehrmals bei seinem Freund D F genächtigt, ohne dass es dabei zu Problemen gekommen wäre, sodass dem Bw auch nicht unterstellt werden kann, er habe die Aufsicht über seinen Sohn in verantwortungsloser Weise übertragen. Viel mehr ist davon auszugehen, dass er seinem Sohn einen dem jugendlichen Alter entsprechenden Freiraum, nämlich das Nächtigen bei einem Freund unter Aufsicht von dessen Mutter, eingeräumt hatte und nicht damit rechnen konnte, dass diese Aufsicht entgegen der Vereinbarung mit ihm ausgeübt wird.

 

Damit hat der Bw das Tatbild der ihm vorgeworfenen Strafbestimmung des § 12 Abs.1 Z1 Oö. JSchG iVm § 4 Abs.1 Oö. JSchG (jeweils iVm § 5 Abs.1 Z1 lit.b Oö. JSchG oder § 8 Abs.1 Oö. JSchG ) nicht erfüllt.

Die Ermahnung war daher aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

 

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