Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-420548/6/BP/Se

Linz, 25.06.2008

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree aus Anlass der Beschwerde des J H, vertreten durch RA Prof. Dipl.-Ing. Mag. A R in W, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch dem Polizeidirektor von Linz zurechenbare Organe am 21. März 2008, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                  Der Beschwerde wird stattgegeben und die Abnahme von:

 

     - sechs diverse Magazine

     - ein Signalrevolver Röhm

     - sechs Stück Langwaffen, diverse Modelle und Kaliber

     - zwei KK-Gewehre, eines davon mit Zielfernrohr und Magazin

     - ein Drilling (Schrot, Kugel)

     - zwei Doppelflinten

     - zwei Gewehre mit kleinem Kaliber

      - zwei Gewehre mit aufgepflanztem Bajonett

 

         am 21. März 2008 in L, durch dem Polizeidirektor von Linz zurechenbare Organe für rechtswidrig erklärt wird.

 

II.              Der Bund (Verfahrenspartei: Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Linz) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 660,80 Euro Schriftsatzaufwand und 24 Euro Eingabegebühr, insgesamt also 684,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 67c Abs. 1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; § 79a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Schriftsatz vom 30. April 2008, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 2. Mai 2008, erhob der Beschwerdeführer (in der Folge Bf) durch rechtsfreundliche Vertretung Maßnahmenbeschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Beamte der Bundespolizeidirektion Linz (in der Folge BPD Linz) im Rahmen einer Beschlagnahme am 21. März 2008 in 4020 Linz, Beethovenstraße 6/3.

 

Zum Sachverhalt führt der Bf im Wesentlichen aus, dass ihm am 21. März 2008 von Organen der BPD Linz – vermutlich Gruppeninspektor A B samt Kollegen – ein Bescheid der BPD Linz vom 19. März 2008, GZ III-WA-296/WL77, zugestellt worden sei, wonach er gemäß § 57 AVG iVm §§ 8 und 25 Waffengesetz – WaffG, mangels Verlässlichkeit zur Ausfolgung der Waffenbesitzkarte sowie seiner im Besitz befindlichen genehmigungspflichtigen Schusswaffen verpflichtet worden sei. In der Folge hätten ihm die amtshandelnden Beamten die Waffenbesitzkarte entzogen und alle in den Waffenschränken befindlichen Waffen samt nicht waffenrelevanter Gegenstände beschlagnahmt. Hinsichtlich der zwangsweisen Abnahme der nicht waffenrelevanten Gegenstände sowie der nicht genehmigungspflichtigen Schusswaffen (Waffen der Kategorien C und D sowie Waffen gemäß § 45 WaffG) sei es hierbei zu einer rechtswidrigen Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gekommen, welche Gegenstand dieses Verfahrens vor dem Oö. Unabhängigen Verwaltungssenat sei.

 

Die Sicherstellung der Waffenbesitzkarte sowie die Beschlagnahme der genehmigungspflichtigen Schusswaffen anlässlich des Mandatsbescheides der BPD Linz – welche ebenfalls mangels Gefahr im Verzug nicht zu Recht erfolgt seien – sind nach Anmerken des Bf nicht Gegenstand dieser Maßnahmenbeschwerde, sondern würden in einem Verfahren vor der BPD Linz abgehandelt werden.

 

Der Bf habe die einschreitenden Beamten während ihrer Amtshandlung nachweislich (Übernahmebestätigung vom 21. März 2008) und mehrfach auf die rechtswidrige Abnahme der nicht genehmigungspflichtigen Schusswaffen aufmerksam gemacht – der Mandatsbescheid decke nur die Beschlagnahme genehmigungspflichtiger Schusswaffen – dennoch seien auch diese zwangsweise abgenommen und unsachgemäß sowie ohne Rücksicht auf Beschädigungen und ihren Wert abtransportiert worden. Dies ungeachtet der Tatsache, dass der Bf wiederholt darauf hinwies, dass die in der Maßnahmebeschwerde angeführten Waffen und Gegenstände einerseits nicht genehmigungspflichtige Schusswaffen seien, somit nicht abgenommen werden dürften, andererseits, dass es sich bei zahlreichen Waffen um sehr wertvolle Museumsstücke bzw. Sammlerstücke handle. Letzteres sei selbst für einen Laien erkennbar und überdies der Behörde ohnehin schon seit Jahrzehnten aus regelmäßig durchgeführten waffenrechtlichen Kontrollen beim Bf bekannt gewesen. Hinzu komme, dass bekannterweise ua. schon das Bundesministerium für Inneres und die Polizei selbst Waffen aus dem Bestand des Bf angekauft hätten. Dennoch seien sämtliche Waffen, sowohl die genehmigungspflichtigen als auch die nicht genehmigungspflichtigen Sammlerstücke mitsamt den nicht waffenrelevanten Gegenständen, unter entschiedenem Protest des Bf, aus den versperrten Waffenschränken – der Bf habe diese zur Beschlagnahme der genehmigungspflichtigen Schusswaffen öffnen müssen – genommen und dann beim Abtransport lose aufeinander gestapelt worden. Verschiedene Pistolen seien sogar ohne jeden Schutz in einem Koffer deponiert worden, wodurch mit hoher Wahrscheinlichkeit Kratzer an den Waffen entstanden seien.  Einer vom Bf geforderten genauen Protokollierung der mitgenommenen Waffen seien die Beamten ebenfalls nur widerwillig, unpräzise und laienhaft, beispielsweise mit der pauschalen Umschreibung "diverse Modelle und Kaliber", nachgekommen.

 

Die Bereitschaft zur Herausgabe der Waffen habe sich in Entsprechung des Mandatsbescheides – wenngleich der Bf diesen ebenfalls für rechtswidrig erachte und in einem anderen Verfahren bekämpfe – nur auf die genehmigungspflichtigen Schusswaffen, keinesfalls auf die nicht genehmigungspflichtigen Waffen sowie die anderen zwangsweise beschlagnahmten Gegenstände bezogen. 

 

Zurückzuführen sei die verfahrensrelevante Beschlagnahme darauf, dass der Bf am 14. März 2008 gemeinsam mit seiner Ehegattin zwecks Schlafzimmerneuanschaffung die Möbel in der Wohnung umgestellt habe, was auch zu Überlegungen hinsichtlich einer Umpositionierung der versperrten Kiste mit den genehmigungspflichtigen und nicht genehmigungspflichtigen Waffen bzw. schlussendlich zum Ankauf von eigenen Waffenschränken geführt habe. Nach einer Überprüfung des Zustandes der in der Kiste gelagerten Waffen, sei beim Versuch des Wiederversperrens der Kiste der Schlüssel abgebrochen, sodass der Bf diese vorübergehend unter dem Bettverbau im Schlafzimmer, nicht sichtbar für Dritte, gelagert habe, sich aber daraufhin umgehend zur Fa. Hornbach begeben habe um dort Waffentresore zu erwerben. Da bei der Fa. Hornbach aber die passenden Schlüssel für die Waffenschränke nicht auffindbar gewesen seien, konnte der Bf die Waffentresore erst am 17. März 2008 ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch in seiner Wohnung zuführen. Die den Mandatsbescheid zugrundeliegende waffenrechtliche Kontrolle sei am 15. März 2008 durchgeführt worden. Diesen Sachverhalt habe der Bf dem Gruppeninspektor B noch an diesem Tag während der Amtshandlung mitgeteilt. Am 17. März 2008 habe der Bf die BPD Linz mittels einer Bilddokumentation über die Verwahrung der Waffen in den Waffenschränken in Kenntnis gesetzt.

 

Zum Beweise seines Vorbringens führt der Bf als Zeugen seine Frau G H sowie Herrn E J, p.a. Fa. H bei L an.

 

Abschließend stellt der Bf an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Anträge:

 

1.     auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

2.     auf Fällung folgenden

                                          Erkenntnisses:

 

Der Beschwerdeführer ist durch die Durchführung einer Beschlagnahme von nachstehenden Gegenständen:

 

     - sechs diverse Magazine

     - ein Signalrevolver Röhm

     - sechs Stück Langwaffen, diverse Modelle und Kaliber

     - zwei KK-Gewehre, eines davon mit Zielfernrohr und Magazin

     - ein Drilling (Schrot, Kugel)

     - zwei Doppelflinten

     - zwei Gewehre mit kleinem Kaliber

     - zwei Gewehre mit aufgepflanztem Bajonett

 

am 21.03.2008 in 4020 Linz, Beethovenstraße 6/3, durch Beamte (vermutlich) der Bundespolizeidirektion Linz in seinem verfassungsgesetzlich und einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt worden.

 

Der Bund (Bundesminister für Inneres) als Rechtsträger ist schuldig, dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG 1991 die Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

         An Kosten der vorliegenden Eingabe werden verzeichnet:

         Schriftsatzaufwand:                           €   660,80

         Verhandlungsaufwand:                       €   826,00

         Gebühren                                         €     13,20

         Gesamt                                            € 1.500,00

 

1.2. Mit Schreiben vom 5. Mai 2008 wurde der Polizeidirektor von Linz als belangte Behörde eingeladen zu den Vorwürfen bis 2. Juni 2008 Stellung zu nehmen und ersucht, den bezughabenden Verwaltungsakt zu übermitteln. Auf Grund einer telefonischen Anfrage seitens der belangten Behörde wurde diese Frist um 3 Wochen erstreckt.

 

1.3. Mit Schreiben vom 18. Juni 2008 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt und erstattete eine Gegenschrift.

 

Darin führt sie zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bf im Besitz einer von der BPD Linz am 7. März 1978 ausgestellten Waffenbesitzkarte mit der Nummer   gewesen sei, die ihn zum Besitz von 26 genehmigungspflichtigen Schusswaffen berechtigt habe. Am 5. März 2008 sei über Auftrag der belangten Behörde von zwei Beamten des Stadtpolizeikommandos Linz beim Bf im Zuge der periodischen Verlässlichkeitsüberprüfung eine Verwahrungsüberprüfung, sowie eine Überprüfung des aktuellen Besitzstandes, durchgeführt worden. Wie aus dem Bericht der Organe hervor gehe, sei der Bf zu diesem Zeitpunkt nicht in der Wohnung anwesend gewesen. Die Beamten seien von der Gattin des Bf in das gemeinsame Schlafzimmer geführt worden, wo sie den rechten Teil des Doppelbettes (Matratze und Lattenrost) abgeräumt habe. Dort hätten sich am Boden ein Reisekoffer mit Reisverschluss mit vier Perkussionswaffen und diversen Magazinen, eine unversperrte Holzkiste mit diversen Faustfeuerwaffen sowie zwei Langwaffen mit Bajonetten befunden, die in ein Tuch eingewickelt gewesen seien. Weiters wären noch mehrere Langwaffen, ebenfalls nicht versperrt, im Zimmer vorhanden gewesen.

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. März 2008 sei dem Bf gemäß §§ 8 und 25 WaffG in Anwendung des § 57 AVG die Waffenbesitzkarte entzogen worden.

 

Mit Schreiben vom 20. März 2008 sei die Polizeiinspektion Hauptbahnhof um Zustellung des Entzugsbescheides, sowie um Sicherstellung der genehmigungspflichtigen Schusswaffen und der dazugehörigen Munition ersucht worden.

 

Am 21. März 2008 sei dem Auftrag der belangten Behörde insofern entsprochen worden, als dem Bf der Entzugsbescheid zugestellt und gleichzeitig die Waffenbesitzkarte sichergestellt worden seien. Im Zuge dieser Amtshandlung seien von den einschreitenden Beamten insgesamt 32 Stück Pistolen und Revolver, diverse Modelle, Marken und Kaliber aufgefunden worden, die nur teilweise zugeordnet haben werden können bzw. im WGA gespeichert gewesen seien. Zwecks Abklärung sei mit dem Waffenamt der belangten Behörde telefonische Rücksprache gehalten worden.

 

Aufgrund des Umstandes, dass auch andere Waffen, außer die im Entzugsbescheid angeführten, aufgefunden worden seien, habe die belangte Behörde die Anordnung erteilt, die aufgefundenen Waffen aufgrund des Verdachtes einer Übertretung im Sinne des § 50 WaffG, zum Zweck der Abklärung sicher zu stellen. Die letztendliche Beurteilung, ob eine Übertretung des § 50 WaffG gegeben sei, werde dann vom dortigen Referat vorgenommen werden. In weiterer Folge seien von den einschreitenden Beamten sämtliche Schusswaffen samt diversen Zubehör sichergestellt und dem zuständigen Referat der belangten Behörde übergeben worden.

 

Für eine verlässliche und vor allem auch vollständige Zuordnung, welche Schusswaffen der Genehmigungspflicht unterlägen, bzw. ob eventuell auch eine Übertretung des § 50 WaffG vorliege, habe den Organen das notwendige Sachwissen gefehlt. Nachdem auch vom sachkundigen Organ der Behörde nicht verlässlich habe beurteilt werden können, welche der sichergestellten Schusswaffen vor dem Jahr 1871 erzeugt worden seien und somit nicht den Bestimmungen des Waffengesetzes unterlägen, habe ein Amtssachverständiger herangezogen werden müssen.

 

Am 20. Mai 2008 habe von CI H  W vollständig abgeklärt werden können, welche Schusswaffen der Genehmigungspflicht unterlägen und welche neben den ggst. Langwaffen dem Bf wieder auszufolgen seien. Weiters habe erst durch die Beurteilung durch CI W das Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Übertretung ausgeschlossen werden können.

 

Am 20. Mai 2008 habe der Bf von der belangten Behörde erreicht und ihm mitgeteilt werden können, dass die in Rede stehenden nichtgenehmigungspflichtigen Schusswaffen jederzeit ausgefolgt würden.

 

Der Bf habe angegeben, dass er zunächst mit seinem Rechtsanwalt Rücksprache halten werde und voraussichtlich in der 22. Kalenderwoche abholen werde.

 

In weiterer Folge führt die belangte Behörde die relevanten Bestimmungen des Waffengesetzes an und nennt als Grundlage für das Einschreiten der Organe den Einzugsbescheid GZ: III-WA 296/WL77. Durch den Umstand, dass neben den im Bescheid angeführten Waffen weitere Waffen bzw. Teile davon aufgefunden worden seien und es vor Ort nicht abzuklären gewesen sei, ob hier eine Übertretung nach § 50 WaffG vorgelegen habe, seien auch diese Gegenstände sichergestellt worden.

 

Nach entsprechender Beurteilung durch einen Amtssachverständigen seien die nicht dem Einzugsbescheid unterliegenden Waffen wieder an den Bf ausgefolgt worden.

 

Abschließend stellt die belangte Behörde den Antrag die ggst. Beschwerde kostenpflichtig als unberechtigt abzuweisen bzw. als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt und die eingebrachten Schriftsätze. Nachdem bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären war, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 67d Abs.2 Z3 AVG verzichtet werden. Im Übrigen ist der Sachverhalt völlig klar und unbestritten.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. sowie 1.3. dieses Erkenntnisses dargestellten – unwidersprochenen - relevanten Sachverhalt aus.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 67a Abs.1 Z2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 5/2008, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungs­be­hördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausge­nommen in Finanzstrafsachen. Solche Beschwerden sind nach § 67c Abs.1 AVG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt beim unabhängigen Verwaltungs­senat einzubringen, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat.

 

Die behauptete Maßnahme fand – unbestritten – am 21. März 2008 statt. Die Beschwerde wurde am 30. April 2008 zur Post gegeben und ist daher rechtzeitig erhoben worden.

 

3.2. Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen und hierbei physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 29. Juni 2000, 96/01/0596 mwN und unter Hinweis auf die Lehre). Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl. Köhler in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45 f zu § 129a B-VG).

 

3.3. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bf die Abnahme der in Rede stehenden nichtgenehmigungspflichtigen Schusswaffen nur auf Grund ihm in Aussicht gestellten verwaltungsbehördlichen Zwanges duldete. Er konnte glaubhaft machen, dass er nur unter diesem Aspekt die Amtshandlung gewähren ließ, was auch durch die von ihm geforderten und schlussendlich auch vorgenommene Protokollierung bewiesen wird. Die in Rede stehenden Waffen wurden also fraglos mit Imperium abgenommen. Dies findet auch in § 50 SPG Deckung, der für die Abnahme von Waffen einen derartigen Verwaltungsakt grundsätzlich vorsieht.

 

Zu prüfen ist auch, ob die Abnahme der nichtgenehmigungspflichtigen Schusswaffen nicht im Rahmen einer Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 19. März 2008, GZ:III-WA 296/WL77, bekämpft werden hätte müssen und keine eigenständige Maßnahme der Befehls- und Zwangsgewalt darstellt. Diese Überlegung ist jedoch zu verwerfen, da die abgenommenen nichtgenehmigungspflichtigen Schusswaffen vom Wirkungsbereich des oa. Bescheides nicht berührt sind. Zudem ist auf § 12 Abs.2 letzter Satz hinzuweisen, der die Abnahme der Waffen nach einem Waffenverbot auf § 50 SPG und somit auf eine eigene Maßnahme der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt gründet.

 

Es handelt sich im vorliegenden Fall also um eine Maßnahme der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt, weshalb nun deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen ist.

 

3.4. Gemäß § 12 Abs.1 Waffengesetz, BGBl. I Nr. 12/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2002, hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

 

Gemäß Abs.2 leg.cit. sind die im Besitz des Menschen, gegen den ein Waffenverbot erlassen wurde, befindlichen

1) Waffen und Munition sowie

2) Urkunden (ausgenommen Jagdkarten), die nach diesem Bundesgesetz zum Erwerb, Besitz, Führen oder zur Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigen, unverzüglich sicher zu stellen. Für die damit betrauten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gilt § 50 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl. Nr. 566/1991.

 

§ 45 WaffG lautet:

Auf

1. Schusswaffen mit Luntenschloss-, Radschloss- und Steinschlosszündung,

2. andere Schusswaffen, sofern sie vor dem Jahre 1871 erzeugt worden sind,

3. Schusswaffen, bei denen die Geschosse durch verdichtete Luft (Druckluftwaffen) oder unter Verwendung von Kohlensäure entstandenen Gasdruck (CO2-Waffen) angetrieben werden, sofern das Kaliber nicht 6 mm oder mehr beträgt,

4. Zimmerstutzen und

5. andere Arten minderwirksamer Waffen, die der Bundesminister für Inneres durch Verordnung als solche bezeichnet,

sind lediglich die §§ 1, 2, 6 bis 17, 35 bis 38, 40, 44 bis 49, 50 Abs. 1 Z 2, 3, 5, Abs. 2 und 3, 51 mit Ausnahme von Abs. 1 Z 2 und 4 bis 8 sowie 52 bis 57 dieses Bundesgesetzes anzuwenden.

 

§ 50 Abs.1 leg.cit. normiert, dass jemand, wenn auch nur fahrlässig,

 

1. unbefugt genehmigungspflichtige Schusswaffen besitzt oder führt;

2. verbotene Waffen (§ 17) unbefugt besitzt;

3. Waffen oder Munition besitzt, obwohl ihm dies gemäß § 12 verboten ist;

4. Kriegsmaterial (ausgenommen Gewehrpatronen mit Vollmantelgeschoß) unbefugt erwirbt, besitzt oder führt;

5. genehmigungspflichtige Schusswaffen, verbotene Waffen oder Kriegsmaterial (ausgenommen Gewehrpatronen mit Vollmantelgeschoß) einem Menschen überlässt, der zu deren Besitz nicht befugt ist,

vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen ist.

 

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist Abs.1 auf den unbefugten Besitz von Teilen von Schusswaffen nicht anzuwenden.

 

3.5. Von der belangten Behörde wird vorgebracht, dass die Abnahme auch der nicht genehmigungspflichtigen Schusswaffen, sowie Waffenteile, im Hinblick auf § 50 WaffG vorgenommen worden sei. Es sei den Beamten, wie auch der von ihnen telefonisch kontaktierten Behörde nicht möglich gewesen, eine Zuordnung zu genehmigungs- oder nicht genehmigungspflichtigen Waffen vorzunehmen. Diese Frage hätte erst durch ein Sachverständigengutachten letztgültig geklärt werden können. Grundsätzlich ist verständlich, dass bei den in Rede stehenden Waffen diese genaue Zuordnung vor Ort nicht vorgenommen werden konnte. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass bereits aufgrund der Überprüfung am 15. März 2008 die beim Bf vorgefundenen genehmigungspflichtigen Schusswaffen mit einem am 10. März 2008 angefertigten Ausdruck über die behördlich registrierten Schusswaffen verglichen wurden. Der Bescheid vom 19. März 2008, mit dem dem Bw die Waffenbesitzkarte entzogen wurde, betrifft nur die genehmigungspflichtigen  beim Bf befindlichen Waffen die im Ausdruck auch angeführt waren.

 

Auf Grund der Tatsache, dass neben der Waffenbesitzkarte gemäß dem WaffG nur die genehmigungspflichtigen Schusswaffen abzugeben sind, mussten die Beamten – vor allem als sie vom Bf darauf aufmerksam gemacht wurden - überprüfen, welche Schusswaffen der Genehmigungspflicht unterliegen und welche nicht.

 

Es erscheint  jedoch absolut unverhältnismäßig, dass die Beamten dem Bf alle Schusswaffen samt Zubehör abnahmen, da ein massiver Eingriff in ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht – wenn auch allenfalls auf § 50 WaffG gestützt – substanziertere Verdachtsmomente und Anhaltspunkte erfordert. Gerade hinsichtlich mancher der abgenommenen Schusswaffen dürfte den Beamten, deren Wissens- und Erfahrungsstand den von Laien in Bezug auf Waffen beträchtlich übersteigen, durchaus schon bei der Abnahme bewusst gewesen sein, dass es sich hier um keine genehmigungspflichtigen, sondern der Ausnahmebestimmung des § 45 WaffG unterliegenden Waffen handelt. Dies gilt vor allem für die beiden abgenommenen Langwaffen mit Bajonett, deren musealer Charakter wohl erkennbar gewesen sein muss.

 

Die unreflektierte und generelle Abnahme aller vorgefundener Waffen entsprach somit nicht dem Verhältnismäßigkeitsgebot, das jedem Eingriff in verfassungsrechtlich gewährleistete grundrechte innewohnt und war daher rechtswidrig. Der Bf wurde in seinem Recht auf Eigentum verletzt.

 

3.6. Es war daher der Beschwerde stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

4.1. Gemäß § 79a Abs. 1 hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

 

Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei.

 

Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 leg.cit. die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Gemäß Abs. 4 leg.cit. gelten als Aufwendungen gem. Abs. 1:

1. die Stempel- und Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem unabhängigen Verwaltungssenat verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

§ 1 UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003, setzt die Höhe der nach § 79a Abs.5 und Abs.7 AVG im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten über Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67c AVG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschbeträge wie folgt fest:

 

1. Ersatz des Schriftsatzaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

660,80 €

2. Ersatz des Verhandlungsaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

826,00 €

3. Ersatz des Vorlageaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

51,50 €

4. Ersatz des Schriftsatzaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

220,30 €

5. Ersatz des Verhandlungsaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

275,30 €

6. Ersatz des Aufwandes, der für die Partei mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand), wenn die Wiederaufnahme aus den Gründen des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG bewilligt wird

495,60 €

 

4.2. Die im Spruchpunkt II angeführte Kostenentscheidung gründet auf die eben dargestellten Rechtsbestimmungen (Eingabegebühr: 13,20, 1. Beilage: 7,20, 2. Beilage: 3,60). Insbesondere war mangels Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung dem Bf als obsiegende Partei lediglich der Schriftsatzaufwand, sowie die Eingabegebühr zuzusprechen.

 

Hinweis: Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 24 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum