Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251787/2/SR/Ri

Linz, 01.07.2008

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des Dr. H S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G S, Mstraße, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr, GZ–SV-3/08 vom 7. April 2008 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird wegen örtlicher Unzuständigkeit des Bürgermeisters der Stadt Steyr aufgehoben.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 - AVG;

zu II: § 66 VStG.

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen bestimmtes Organ der Firma S Dach Dachdeckerei, Spenglerei & Zimmerei GmbH, in S-G, E Straße , zu vertreten, dass der Arbeitnehmer oa. Firma, Hr. J D, geb. am, zumindest am 19.12.2007, auf der Baustelle oa. Firma in S, E Straße, (Arbeiten auf dem Vordach eines Geschäftslokales), von oa. Firma beschäftigt wurde, ohne dass dieser Arbeitnehmer vor Arbeitsantritt von oa Firma als verantwortlichem Dienstgeber beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenver­sicherungsträger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 33 (1) i.Vm. § 111 (1) und (2) ASVG, BGBl. 189/1955 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von        

 

EURO 750,--

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden       

 

gemäß

 

§ 111 leg.cit.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

Euro 75,--  als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher Euro 825,--.  Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

 

 

Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass die Verwaltungsübertretung auf Grund einer Anzeige des Finanzamtes Steyr eingeleitet worden wäre, daher die angelastete Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen und der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei. Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung habe der Bw nicht reagiert und im Hinblick auf § 5 Abs. 1 VStG sei von fahrlässigem Verhalten auszugehen. Erschwerende oder mildernde Umstände seien nicht hervorgekommen und mangels Bekanntgabe der persönlichen Verhältnisse sei das Monatseinkommen geschätzt worden.

 

2.  Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 11. April 2008 zugestellt wurde, richtet sich die am 17. April 2008 - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingelangte Berufung, mit der die Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

 

In der Begründung führt der Bw im Wesentlichen aus, dass J D zu keinem Zeitpunkt bei der "S Dach Dachdeckerei, Spenglerei und Zimmerei GmbH" beschäftigt gewesen wäre. Die genannte Person würde bei der "S Dach Dachdeckerei, Spenglerei und Zimmerei" als Leasingarbeiter beschäftigt und entsprechend seinen Leistungen entlohnt. Zu Beweiszwecken werde die Einvernahme des E M beantragt. 

 

3.1.  Das Magistrat Steyr hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Da keine Berufungsvorentscheidung erlassen und keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zu entscheiden (§ 51 c VStG).

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt. Da sich bereits aus den Akten der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären lies und schon auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 730 bis 2180 Euro zu bestrafen, wer als Dienstgeber entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

 

Gemäß § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

§ 23 ASVG richtet als Träger der Krankenversicherung ua. für jedes Bundesland eine Gebietskrankenkasse ein. Der Sitz der Oö. Gebietskrankenkasse ergibt sich aus der auf Grund des § 453 ASVG erlassenen Satzung. Nach § 2 der Satzung der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ("nach dem Stand vom 1. Jänner 2008") ist Sitz der Kasse Linz.

 

4.2 Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist jene Behörde im Strafverfahren örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist.

 

Erfolgt die Verwaltungsübertretung in Form einer Unterlassung der Erstattung von Meldungen und/oder Anzeigen oder der Nichterfüllung einer Auskunftspflicht ist beim Tatort darauf abzustellen, wo die geschuldete Handlung vorzunehmen gewesen wäre. Der Ort, an dem der Täter hätte handeln sollen, ist maßgebend. Somit ist der Erfüllungsort jener Ort, an dem die anfragende Behörde oder die Behörde, bei der die Meldung oder Anzeige erfolgen hätte müssen, ihren Sitz hat (vgl. Verwaltungsgerichtshof [VwGH] vom 15. Mai 2000, 98/17/0091ua zum Wiener Parkometergesetz, VwGH vom 16. September 1999, 98/20/0454 zum Waffengesetz sowie vom 31. Jänner 1996, 93/03/0156 zu § 103 Abs 2 KFG).

 

Als Tatort der im erstinstanzlichen Verfahren angelasteten Verwaltungsübertretung ist demnach Linz als Sitz der Oö. Gebietskrankenkasse anzusehen, da eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung nach § 33 ASVG nur durch Einlangen der Meldung oder Anzeige beim zuständigen Krankenversicherungsträger zu erfüllen ist (vgl. in diesem Sinn ua. auch die Entscheidungen des Oö. Verwaltungssenats vom 2. November 2004, VwSen-251161/2/Ste und vom 7. Mai 2008, VwSen-251789/2/Ste).

 

Mangels gesetzlicher Sonderbestimmungen im ASVG (vgl. bspw. § 123 Abs 4 KFG oder § 67 Bundesstatistikgesetz) war - entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung - im vorliegenden Fall der Bürgermeister von Steyr nicht die zuständige Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz. Zwar sieht § 358 ASVG die Möglichkeit vor, dass der Versicherungsträger in Verwaltungssachen die für den Wohnort einer einzuvernehmenden Person örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde um ihre Vernehmung ersuchen kann, eine Ermächtigung zur Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens geht damit allerdings nicht einher, sodass das angefochtene Straferkenntnis jedenfalls von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde.

 

4.3. Bei diesem Ergebnis braucht auf die weiteren in der Berufung aufgeworfenen Fragen nicht mehr eingegangen zu werden.

4.4. Aus dem oben genannten Grund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit des Bürgermeisters der Stadt Steyr aufzuheben.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

Beschlagwortung:
ASVG, örtliche Unzuständigkeit der Behörde I. Instanz

 

 

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