Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-350023/18/Lg/Ba

Linz, 04.07.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 20. Mai 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des A F P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A W, R,  W, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Linz-Land  vom 30. März 2007, Zl. VerkR96-20060-2007-Rö, wegen einer Übertretung des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L, BGBl.I Nr. 115/1997), zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis dem Grunde nach bestätigt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 46 Stunden herabgesetzt. Der Spruch ist dahingehend zu ergänzen, dass nach "IG-L" die Worte "(Immissionsschutzgesetz-Luft BGBl.I Nr. 115/1997)" zu stehen haben und nach der Angabe "§ 3 Abs.1" die Worte "der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 Westautobahn angeordnet wird" anzufügen sind.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24, 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt, weil er am 30.3.2007 um 22.00 Uhr im Gemeindegebiet Asten auf der A1 bei km 160,000 in Fahrtrichtung Wien als Lenker des Kraftfahrzeuges  die aufgrund der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich im Sanierungsgebiet auf der A 1 Westautobahn erlaubte festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 60 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

 

Diesem Straferkenntnis liegt die niederschriftliche und unterfertigte Erklärung des Berufungswerbers vom 30.3.2007 zugrunde, er gebe zu, die in der vorgelegten Anzeige angelastete Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Er bekenne sich schuldig.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

Die angesprochene Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich laute: Im Sanierungsgebiet gilt in Fahrrichtung Wien zwischen km 160,850 im Gemeindegebiet von Linz und km 155,986 im Gemeindegebiet von Enns eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h, und zwar in der Zeit von 05.00 – 23.00 Uhr. Von einer diesbezüglichen Geschwindigkeitsbeschränkung im Gemeindegebiet Asten sei in der Verordnung keine Rede.

 

Darüber hinaus sei die Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht. Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen seien beiderseits durch entsprechende Verbots- und Hinweistafeln kundzumachen. Gemäß § 51 Abs.1 letzter Satz StVO sei bei der Beschränkung der Geschwindigkeit von mehr als einem Kilometer in regelmäßigen Abständen die Fortdauer der Geschwindigkeitsbeschränkung anzuzeigen. Nach Absicht des Gesetzgebers solle bei Geschwindigkeitsbeschränkungen, die über eine längere Strecke gelten, ab 1 km schon von Anbeginn bzw. auch bei Wiederholungszeichen mit einer Zusatztafel auf die Länge hingewiesen werden, damit sich die Verkehrsteilnehmer darauf einstellen können (unter Hinweis auf VwGH 30.4.1992, Zl 92/02/0108, 15.5.1990, Zl. 90/02/0078). Diesem Gesetzesauftrag habe der Straßenerhalter A nicht entsprochen. Dem bekämpften Bescheid mangle es daher an einer ordnungsgemäß kundgemachten Verordnung nach dem Emissionsschutzgesetz-Luft.

 

Es wird daher beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegen die erwähnte Niederschrift sowie das gegenständliche Straferkenntnis bei. Der Berufungswerber unterzeichnete die Feststellung der mündlichen Verkündigung des Straferkenntnisses und den Verzicht auf eine Bescheidausfertigung, nicht jedoch den Rechtsmittelverzicht.

4.  Der Unabhängige Verwaltungssenat beraumte für den 20. Mai 2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. Mit Schreiben vom 28.4.2008 ersuchte der Berufungswerber aus beruflichen Gründen um eine Terminverlegung. Mit Schreiben vom 13.5.2008 teilte der Unabhängige Verwaltungssenat dem Berufungswerber mit, dass bei der gegebenen Behauptungslage ein persönliches Erscheinen des Berufungswerbers nicht erforderlich erscheint und deshalb von einer Verschiebung des Verhandlungstermins abgesehen wird.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Amtssachverständige nach Einschau in eine Fotodokumentation betreffend die gegenständliche Strecke (Abkm 167,850 bis Abkm 155,986 der A1 in Fahrtrichtung Wien) fest, dass sich bei Abkm 167,850 keine Zusatztafel befindet, welche auf die Länge der Strecke hinweist, für die die Verordnung gilt. Es sei lediglich eine Zusatztafel angebracht, welche auf die Zeit 5.00 bis 23.00 Uhr verweist und die Angabe "Immissionsschutzgesetz-Luft" enthält. Zwischen Beginn und Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung befänden sich 7 Verkehrszeichen, die auf die Geschwindigkeitsbeschränkung "100" verweisen, mit jeweils 2 Zusatztafeln mit dem angegebenen Inhalt. Zusatztafeln, welche auf die Länge der Strecke verweisen, fänden sich weder am Anfang noch auf den Wiederholungstafeln.

 

Im Hinblick auf die Einschränkung des § 51 Abs.1 StVO, wonach eine Zusatztafel, die auf die Länge der Strecke verweist, für die die Geschwindigkeits­beschränkung gilt, nur erforderlich ist, "wenn es die Verkehrssicherheit erfordert", äußerte der Amtssachverständige gutachtlich, die Erforderlichkeit aus Gründen der Verkehrssicherheit liege nicht vor, da es sich im gegenständlichen Fall um einen dreispurig ausgebauten Streckenabschnitt handle, welcher zusätzlich einen Pannenstreifen aufweise. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung nicht aus Sicherheitsgründen, sondern aus Gründen des Umweltschutzes verordnet worden sei, weshalb nicht ersichtlich sei, inwiefern aus Gründen der Verkehrssicherheit eine Zusatztafel über die Länge der Strecke erforderlich sein könnte.

 

6. Diese gutachtliche Äußerung des Amtssachverständigen (Protokoll) wurde dem Berufungswerber durch den Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 2.6.2008 mit der Einladung zu einer Stellungnahme übermittelt. Weiters wurde in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung nur aufgrund eines gesonderten Begehrens durchführen würde.

 

7. Mit Schreiben vom 4.6.2008 nahm der Berufungswerber wie folgt Stellung:

 

Der Amtssachverständige, Ing. R H, offensichtlich ein Techniker, wage es bemerkenswerter Weise, sich nicht nur mit rein technischen Gegebenheiten des Sachverhaltes zu beschäftigen, sondern versuche auch, eine rechtliche Interpretation derselben, wobei er sich jedoch von seinem Fachgebiet entferne.

 

Durch seine Aussage sei jedoch klargestellt, dass es bei km 167.850, dem angedachten Beginn des "IG-L-Hunderter" bei der dort verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung, keine Zusatztafel im Sinne des § 54 Abs.5 lit.a StVO gibt. Die Verordnung sei daher gemäß § 51 Abs.1 letzter Satz leg.cit. nicht ordnungsgemäß kundgemacht, weshalb dem Berufungswerber kein strafbares Verhalten vorwerfbar sei.

 

Der Berufungswerber wiederhole daher seinen Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

8. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

8.1. Zur Frage der Kundmachung:

 

§ 51 Abs.1 StVO lautet: "Die Vorschriftszeichen sind vor der Stelle, für die sie gelten, anzubringen. Gilt die Vorschrift für eine längere Straßenstrecke, so ist das Ende der Strecke durch ein gleiches Zeichen, unter dem eine Zusatztafel mit der Aufschrift "ENDE" anzubringen ist, kenntlich zu machen, sofern sich aus den Bestimmungen des § 52 nichts anderes ergibt. Innerhalb dieser Strecke ist das Zeichen zu wiederholen, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Gilt ein Überholverbot oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Straßenstrecke von mehr als 1 km, so ist bei den betreffenden Vorschriftszeichen die Länge der Strecke mit einer Zusatztafel nach § 54 Abs.5 lit.b anzugeben, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert; dies gilt für allfällige Wiederholungszeichen sinngemäß."

 

Die in der Berufung ins Treffen geführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich auf die Fassung des § 51 Abs.1 StVO in der Fassung vor der 19. StVO-Novelle. In der 19. StVO-Novelle wurde die Einschränkung "wenn es die Verkehrssicherheit erfordert" auf die Zusatztafeln gemäß § 54 Abs.5 lit.b StVO (beim ersten Vorschriftszeichen und bei allfälligen Wiederholungen) ausgedehnt.

 

Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1580 BlgNr, 18. GP) führen dazu aus: "Bisher waren für ein Überholverbot oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Straßenstrecke von mehr als 1 km alle Vorschriftszeichen und Wiederholungszeichen mit einer Zusatztafel nach § 54 Abs.5 lit.b zu versehen. Dies brachte insb. auf Tunnelstrecken aufgrund der örtlichen Gegebenheiten große Probleme mit sich. Weiters ist v.a. in Ballungsräumen infolge der Verästelung des Straßennetzes eine genaue Bezeichnung der Länge der Straßenstrecke oft nicht möglich. In diesen Fällen hätte das Fehlen einer entsprechenden Zusatztafel zur Folge, dass die angeordnete Maßnahme mit einem Kundmachungsmangel behaftet und daher nicht verbindlich wäre. Dem soll durch die Neufassung dadurch Rechnung getragen werden, dass, analog zur Erforderlichkeit der Anbringung eines Wiederholungszeichens, die Länge der Strecke, auf der die Verkehrsbeschränkung gilt, nur dann angegeben werden muss, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert."

 

Für die geltende Rechtslage ist das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.12.1996, Zl. 96/02/0524, zu beachten, wonach dann, wenn aus Gründen der Verkehrssicherheit eine Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet wurde, keineswegs "automatisch" darauf zu schließen ist, dass die im § 51 Abs.1 vierter Satz StVO (in der Fassung der 19. StVO-Novelle) normierten Voraussetzungen für die Anbringung einer Zusatztafel gegeben sind. "Es muss vielmehr ein besonderer, konkreter Sachverhalt vorliegen, demzufolge die Verkehrssicherheit die Anbringung einer entsprechenden Zusatztafel 'erfordert'. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass ein in der erwähnten Gesetzesstelle auch erwähntes Überholverbot immer der Verkehrssicherheit dient und daher ein 'zusätzliches' Erfordernis dazu treten muss, um die angeführte Zusatztafel unabdingbar erscheinen zu lassen. Dass ein solches im Beschwerdefall in Ansehung der gegenständlichen Geschwindigkeitsbeschränkung vorliegt, behauptet der Beschwerdeführer nicht und ist auch nicht erkennbar."

 

Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, dass nicht einmal die Geschwindigkeitsbeschränkung aus Gründen der Verkehrssicherheit verordnet wurde, dass also die Verkehrssicherheit im vorliegenden Zusammenhang grundsätzlich nicht thematisch ist. Besondere ("zusätzliche") Gründe (der Verkehrssicherheit), die die Anbringung einer entsprechenden Zusatztafel "erfordern", sind weder ersichtlich noch wurden solche Gründe dargetan. Im Hinblick auf die gutachtliche Äußerung des Amtssachverständigen ist im Gegenteil davon auszugehen, dass solche Gründe nicht vorliegen.

 

8.2. Zur Frage der Gültigkeit der Geschwindigkeitsbeschränkung im Gemeindegebiet Asten:

 

Wenn in der Berufung argumentiert wird, dass in der gegenständlichen Verordnung das "Gemeindegebiet Asten" nicht ausdrücklich erwähnt ist, so ist dem entgegenzuhalten, dass ein diesbezügliches Erfordernis nicht besteht, zumal die relevante Strecke (zweckmäßigerweise) in Form von Km-Angaben präzise und für jedermann nachvollziehbar umschrieben ist.

 

8.3. Zur (als solche unbekämpft gebliebenen) Bemessung der Strafhöhe ist festzuhalten, dass sich die verhängte Geldstrafe im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens ("bis zu 2180 Euro" - § 30 Abs.1 Z 4 IG-L) befindet und eine Strafe in dieser Höhe auch bei sehr ungünstigen finanziellen Verhältnissen (also etwa bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 500 Euro und keinem Vermögen; der Akt bietet für eine solche Annahme allerdings keinen Anhaltspunkt) gerechtfertigt wäre und zwar auch im Hinblick auf die sonstigen Umstände des Falles (Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung, Tatsachengeständnis). Bei Anwendung derselben Strafbemessungskriterien war die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen, was dem Berufungswerber die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat erspart (§ 65 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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