Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521964/8/Br/Ps

Linz, 08.07.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier über die Berufung des Herrn R T, geb., U, L, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. E A u. Mag. I P, S, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23.4.2008, GZ VerkR21-287-2008, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen 1, 1a, 1b, 3, 4 und 5, nach der am 30.6.2008 im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet  abgewiesen, wobei der Bescheidspruch ergänzend zu lauten hat:  

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 63 Abs.5 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z3, 7 Abs.4, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 Führerscheingesetz 1997 – FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat dem Berufungswerber dessen von der Stadt Landshut am 25.2.2008, Zl. 000128/94, für die Klassen 1, 1a, 1b, 3, 4 und 5 erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von drei (3) Monaten, gerechnet ab Abnahme des Führerscheines am 5.4.2008, entzogen.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Gemäß § 24 Abs. 1 Ziff. 1 FSG 1997 idgF ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr verkehrszuverlässig ist.

Eine Person gilt gemäß § 7 FSG 1997 idgF dann nicht als verkehrszuverlässig, wenn auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muß, daß sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährdet.

Dies ist gemäß § 7 Abs. 3 Ziff. 3 FSG 1997 idgF dann der Fall, wenn eine Person als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, dass an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat.

Nach § 25 Abs. 3 FSG 1997 idgF hat die Entziehungsdauer mindestens 3 Monate zu betragen.

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie lenkten am 05.04.2008 um 10.28 Uhr das Kraftfahrzeug auf der Wolfgangsee Straße B 158 im Gemeindegebiet Strobl in Fahrtrichtung Bad Ischl, wobei Sie auf Höhe des Strkm. 41,738 die auf Bundesstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 72 km/h (nach Abzug der Messtoleranz) überschritten. Da bei einer eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit von 170 km/h der Reaktionsweg bereits 51 Meter beträgt und der Tatort im Bereich einer unübersichtlichen Kurve liegt, wodurch das Gebot des Fahrens auf Sicht von Ihnen in keiner Weise eingehalten wurde, haben Sie diese Verwaltungsübertretung unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen.

Auf Grund dieses Sachverhaltes und dessen Wertung gelangt die Behörde zur Auffassung, dass Sie nicht mehr verkehrszuverlässig sind. Es ist Ihnen daher aus Gründen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen und die Entzugszeit mit 3 Monaten festzusetzen."

 

2. Der Berufungswerber tritt diesem Bescheid mit der fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter mit nachfolgender Begründung erhobenen Berufung entgegen:

 

"Im umseits bezeichneten Führerscheinentzugsverfahren wurde dem. Antragsteller der Bescheid VerkR21-287-2008 vom 23,04.2008 am 28.04.2008 zugestellt.  Binnen offener Frist erhebt der Antragsteller durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter

 

BERUFUNG

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

Die am 25.04.2008 eingebracht Vorstellung wird aufgrund der Einbringung der gegenständlichen Berufung zurückgezogen.

 

Der Bescheid wird insoweit angefochten, als der Führerschein wegen §§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs 3 iVm § 7 Abs. 3 Z3 FSG für die Dauer von drei Monaten entzogen wurde.

 

Als Berufungsgründe werden unrichtige Beweiswürdigung und materielle Rechtswürdigkeit geltend gemacht.

 

Entgegen den Feststellungen der Behörde erster Instanz liegt der Tatort nicht im Bereich einer unübersichtlichen Kurve. Der Berufungswerber hat nicht gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht verstoßen.

 

Die Fahrbahn weist im gegenständlichen Bereich bei Strkm, 41,738 insgesamt drei Fahrstreifen auf. Auch wenn der Berufungswerber eine stark überhöhte Geschwindigkeit eingehalten hat, wäre es ihm trotzdem möglich gewesen, innerhalb der eingesehenen Strecke anzuhalten.

 

Beweis:           Ortsaugenschein    unter    Beiziehung    eines    Amts- Sachverständigen

                        (KFZ-SV);

 

Der von der Behörde erster Instanz angenommene Reaktionsweg von 51m mag einem Durchschnittswert entsprechen, beim Berufungswerber ist ein bei weitem niedrigerer Wert anzusetzen. Er war zum Unfallszeitpunkt ausgeruht und in bester physischer und psychischer Konstitution. Er war hoch konzentriert. Es ist unter Berücksichtigung des Alters (35 Jahre) des Berufungswerbers die Reaktionszeit bei höchstens 0,2 sec gelegen.

 

Beweis:           Ortsaugenschein;

                        Einvernahme des Berufungswerbers;

 

Die Behörde erster Instanz hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass zum Vorfallszeitpunkt keine anderen Verkehrsteilnehmer im gegenständlichen Straßenbereich unterwegs waren. Angesichts dieses Umstandes liegen die Voraussetzungen der §§ 24 und 25 StVO jedoch nicht vor.

 

Aus den angeführten Gründen stellt der Berufungswerber daher nachstehende

 

A n t r ä g e,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat möge nach Aufnahme der beantragten Beweismittel der Berufung Folge geben und den bekämpften Bescheid ersatzlos aufheben.

 

S, am 08.05.2008                                                                  R T

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden sowie durch Beischaffung des in dieser Sache zwischenzeitig von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung wider den Berufungswerber erlassenen und im Schuldspruch in Rechtskraft erwachsenen Straferkenntnisses.

Ferner wurde Beweis erhoben durch Einvernahme des Meldungslegers und der im Fahrzeug des Berufungswerbers mitfahrenden Ehegattin als Zeug(en)in sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens im Rahmen der Beweisaufnahme anlässlich der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (§ 67d Abs.1 AVG). An der Berufungsverhandlung nahm sowohl der Berufungswerber persönlich als auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teil.

Im Rahmen des Ortsaugenscheins wurde die Gefahrensichtweite auf dem Fahrstreifen des Berufungswerbers als auch auf jenem in die Gegenrichtung mittels Lasermessung festgestellt.

 

5. Der Berufungswerber lenkte am 5.4.2008 um 10.28 Uhr das Kraftfahrzeug auf der Wolfgangsee Straße B 158 im Gemeindegebiet Strobl in Fahrtrichtung Bad Ischl, wobei auf Höhe des Strkm. 41,738 die Fahrgeschwindigkeit 172 km/h (nach Abzug der Messtoleranz) betragen hat. Dieser Straßenzug verläuft in diesem Bereich in Fahrtrichtung des Berufungswerbers in einer flachen Rechtskurve. Die Fahrbahn war trocken und die Licht- u. Sichtverhältnisse gut.

Die Gefahrensichtweite auf dem Fahrstreifen des Berufungswerbers beträgt unter Berücksichtigung sämtlicher Annahmen zu Gunsten des Berufungswerbers 188 m. Dies jedoch festgestellt am Sichtpunkt eines am rechten Fahrstreifen anhaltenden (als Messpunkt dienenden) Fahrzeug, an dessen oberen linken Fahrzeugkante (anvisierter Punkt mit Lasermessgerät). Ein allenfalls am rechten Fahrbahnrand befindliches Hindernis hätte gegebenenfalls erst aus einer Distanz zwischen 120 und 130 m wahrgenommen werden können. Dies deckt sich mit der Einschätzung der Messentfernung durch den Meldungsleger in westlicher Richtung, wobei die Messung in den beginnenden Kurveneingang zum Steher der Lärmschutzwand nur eine Distanz von 81 m ergeben hat. Von diesem Punkt verkürzt sich durch den Kurvenverlauf die Sicht auf den rechten Fahrbahnrand von unten nach oben sukzessiv. Auch das als Nr. 1 im Akt erliegende Foto belegt dies sehr anschaulich.

Unter dieser Annahme würde sich laut Berechnung der Berufungsbehörde eine Fehlbremsstrecke von 66,48 m und eine Restgeschwindigkeit bei Erreichen eines Hindernisses aus dieser Distanz von knapp unter 110 km/h ergeben (Berechnung mit Analyzer Pro 32, Version 6).

Der Anhalteweg beträgt aus der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit (ebenfalls unter Berücksichtigung optimalster Annahme zu Gunsten des Berufungswerbers) laut Sachverständigen 191 m. Dem wurde eine kürzestmögliche Reaktionszeit von 0,6 Sekunden und bedingt durch den Kurvenverlauf als höchstens mit 7 m/sek2 anzunehmenden Verzögerungswert zu Grunde gelegt. Daraus folgt, dass selbst unter diesen, wie gesagt, günstigsten Annahmen für den Berufungswerber mit einem auf der Fahrbahn befindlichen Hindernis noch mit einer Restgeschwindigkeit von zumindest 23 km/h kollidiert worden wäre. Der Sachverständige erklärte dazu nachvollziehbar, dass im Falle zweier Abwehrhandlungen (etwa Ausweichen u. Bremsen) dieser Reaktionswert nicht erreichbar wäre.

Daraus folgt, dass bei dieser Fahrgeschwindigkeit für den Fahrzeuglenker keine unfallvermeidende Abwehrhandlung gesetzt werden hätte können, etwa einem auf der Fahrbahn befindlichen Hindernis vor dessen Überrollen oder Kollidieren mit diesem noch auszuweichen. Aber selbst beim Ausweichen wäre laut den gutachterlichen Berechnungen eine Kollision mit dem Gegenverkehr noch weniger vermeidbar gewesen. Für diesen Fall hätte die Sichtweite in den Gegenverkehr mindestens 260 m betragen müssen, welche an dieser Örtlichkeit ebenfalls in diesem Umfang nicht gegeben war.

Der technische Amtssachverständige legte seinen Berechnungen die vor Ort in größtmöglichem Umfang zu Gunsten des Berufungswerbers festgestellten Sichtweiten zu Grunde. Davon konnte sich die Berufungsbehörde ebenso wie die Verfahrensparteien unmittelbar überzeugen.

Als Ergebnis muss diese Fahrgeschwindigkeit objektiv besehen jedenfalls als gefährlich und verantwortungslos bezeichnet werden. Es blieb nur dem Zufall überlassen, dass eben kein Hindernis sich auf der Fahrbahn befand.

Der Berufungswerber vermochte diesen Feststellungen keine inhaltlichen Fakten, wohl aber seine Einsichtigkeit und nicht zuletzt auch sein Bedauern entgegen setzen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber Folgendes erwogen:

 

6.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

6.1.1. Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde, oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

Wenn demnach vom Gesetz bereits die erhebliche Überschreitung der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit als besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen geeignet erachtet wird, muss dies insbesondere dann zutreffen, wenn das Ausbleiben des Unfallereignisses – so wie hier – nur dem Zufall anheim gestellt bleibt.

Kein anderer Verkehrsteilnehmer muss mit einer derart hohen Annäherungsgeschwindigkeit (konkret 47,7 m/sek.) rechnen. Die Folgen eines unter diesen Umständen erforderlichen (erzwungenen) Ausweichens aus einer solchen Fahrgeschwindigkeit lassen selbst aus der Sicht jedes durchschnittlichen Verkehrsteilnehmers nur unschwer dessen Folgen erahnen.

 

6.2. Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

6.2.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Nach § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Bei dieser Entziehungszeit handelt es sich um eine Mindestentziehungszeit, für deren Dauer die Lenkberechtigung jedenfalls wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) zu entziehen ist.

 

6.3. Entscheidend für das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG ist in diesem Zusammenhang, ob der Berufungswerber mit dieser geschwindigkeitsexzessiven Fahrweise ein Verhalten gesetzt hat, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat. Dabei kommt es darauf an, ob zusätzlich zu dem an sich vorliegenden Verkehrsverstoß weitere Umstände vorgelegen sind, welche das Verhalten – zumindest abstrakt – besonders gefährlich gemacht haben oder eine besondere Rücksichtslosigkeit begründet haben. Nun kann dahingestellt sein, ob das Befahren einer in einer unübersichtlichen Kurve verlaufenden an sich stark befahrenen Bundesstraße mit einer anzunehmenden Tachoanzeige von 180 km/h nicht auch zusätzlich noch als besonders rücksichtslos gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern zu qualifizieren wäre.

Klar zu bejahen ist jedoch die abstrakte Gefährlichkeit, wie oben bereits dargelegt, weil der Anhalteweg deutlich über den gegebenen Gefahrensichtweiten gelegen wäre.

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gelangt zur Auffassung, dass durch das vom Berufungswerber gezeigte grob verkehrswidrige Verhalten die Verlässlichkeit im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten eines Kraftfahrzeuges jedenfalls auch jetzt noch zumindest drei Monate als nicht gegeben zu prognostizieren ist. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat damit die Lenkberechtigungen des Berufungswerbers für die Dauer von drei Monaten zu Recht entzogen. Nachdem sich der Berufungswerber durchaus einsichtig und auch im Administrativverfahren schuldeinsichtig zeigte, ist dessen Verkehrszuverlässigkeit nur für mindestens weitere drei Monate noch festzustellen (vgl. VwGH 10.5.1998, Zl. 96/11/0209).

 

6.3.1. Persönliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten, welche mit dem Führerscheinentzug verbunden sein mögen, können im Führerscheinentzugsverfahren nicht berücksichtigt werden. Der Berufungswerber hat sich als verkehrsunzuverlässig erwiesen, weshalb er im Interesse der Verkehrssicherheit sofort vom weiteren Lenken führerscheinpflichtiger Kraftfahrzeuge abgehalten werden muss. Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine vorbeugende Maßnahme zum Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer bzw. sonstigen Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern und auch als erzieherische Maßnahme. Berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, dürfen daher im Interesse der Verkehrssicherheit nicht berücksichtigt werden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat vermochte sich der umfassenden Begründung des erstinstanzlichen Bescheides unter Grundlegung des unstrittigen Sachverhaltes vollinhaltlich anschließen.

 

Wenn hier der Berufung die aufschiebende Wirkung im Sinne des § 64 Abs.2 AVG nicht aberkannt wurde, geschah dies zu Recht, weil einerseits eine Gefahr im Verzug in diesem Fall wohl nicht unmittelbar gegeben schien und damit dem Rechtsmittel nicht vorgegriffen und dieses nicht seiner inhaltlichen Wirkung entledigt wurde und so der effektive Rechtschutz gewahrt wurde.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr.  B l e i e r

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 20.04.2010, Zl.: 2008/11/0130-6

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