Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163064/12/Zo/Da

Linz, 07.07.2008

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn F G, geb. , vertreten durch Mag. S W, p.A. O, W, L vom 20.3.2008 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 12.3.2008, Zl. VerkR96-3618-2007, wegen zwei Übertretungen der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündung der Entscheidung am 26.6.2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtlich Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 7.6.2007 um 2.20 Uhr als Lenker des LKW mit dem Kennzeichen in Sierning auf der Voralpen Bundesstraße bei Strkm 39,8 mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und


1) sein Fahrzeug nicht sofort angehalten habe sowie

2) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

Der Berufungswerber habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a bzw. § 4 Abs.5 StVO begangen, weshalb über ihn zwei Geldstrafen von 250 Euro bzw. 200 Euro sowie entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass er diese Verwaltungsübertretungen nicht begangen habe. Er könne sich an den PKW noch so gut erinnern, weil dieser kurz vorher knapp vor ihm herausgefahren sei. Dieses Fahrzeug sei dann in weiterer Folge vor ihm gefahren und nach Sierninghofen abgebogen. Er habe diesen PKW gar nicht überholt und daher auch keinen Schaden verursacht.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.6.2008.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Frau Z erstattete am 7.6.2007 um ca. 2.30 Uhr eine Anzeige gegen den unbekannten Lenker des LKW mit dem Kennzeichen bzw. , weil dieser Fahrzeuglenker sie kurz vorher auf der B122 bei Strkm. 39,8 im Bereich der Ausfahrt Sierninghofen überholt und dabei gestreift habe. Der Lenker des kleinen LKW habe aber nicht angehalten sondern seine Fahrt fortgesetzt. In der mündlichen Verhandlung konkretisierte sie diese Angaben dahingehend, dass sie im Bereich der Ausfahrt Sierninghofen von einem kleinen LKW überholt worden sei, wobei dieser LKW sie bereits vorher bedrängt habe, weil er mehrmals die Lichthupe betätigt habe und ihr immer wieder knapp aufgefahren sei. Der Überholvorgang selbst sei sehr rasch vonstatten gegangen, sie haben den Knall gehört als der LKW ihren Seitenspiegel gestreift habe. Der LKW sei wesentlich schneller gefahren als sie, wobei sie selber eine Geschwindigkeit von ca. 70 km/h eingehalten habe. Sie habe dann ihre Geschwindigkeit erhöht und sei dem LKW nachgefahren. Dabei habe sie auch einmal aufgeblendet und das Kennzeichen ablesen können. Danach sei sie dem LKW nicht weiter nachgefahren und habe auch nicht versucht, diesen durch Hupen oder durch Überholen zum Anhalten zu bewegen, weil er so schnell gefahren sei.

 

Auf konkretes Befragen, was die Zeugin unter einem "kleinen LKW" versteht, führte sie als Vergleich an, dass es sich um ein Fahrzeug in der Größenordnung gehandelt habe, wie man sie sich bei Möbelhäusern zum Heimtransport ausborgen könne. Der LKW habe jedenfalls hinten auch eine Plane gehabt. Auf ausdrückliches Befragen, ob dieser LKW seitlich gelbe Leuchten hatte bzw. ob er vorne weiße Umrissleuchten hatte, führte die Zeugin an, dass sie derartige Leuchten nicht bemerkt habe.

 

Der Berufungswerber gab an, dass er damals auf der B122 gefahren sei, er könne sich an einen Vorfall erinnern, wonach ein PKW von der Ortsausfahrt Sierning kommend knapp vor ihm auf die B122 eingebogen sei. Er sei dann diesem Fahrzeug nachgefahren, wobei dieses in weiterer Folge bei der Abfahrt nach Sierninghofen den Rechtsabbiegestreifen benutzt und rechts abgebogen sei. Er habe beim Vorbeifahren einen normalen Seitenabstand eingehalten und es sei sicher zu keiner Berührung mit diesem Fahrzeug gekommen. Bei dem von ihm damals verwendeten Fahrzeug handelte es sich um einen LKW der Marke Iveco – Magirus mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von 17.990 kg. Aus dem im Akt befindlichen Lichtbildern ist ersichtlich, dass dieser vorne mit weißen Umrissleuchten sowie seitlich mit gelben Leuchten ausgestattet ist. Der Berufungswerber hat in der Verhandlung das Schaublatt vom fraglichen Tag vorgelegt, aus diesem ergibt sich, dass er zum Zeitpunkt des behaupteten Verkehrsunfalles zwischen 70 und 80 km/h und in weiterer Folge nicht schneller als 90 km/h gefahren ist.

 

4.2. Zu diesen einander widersprechenden Angaben ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

 

Es besteht ein eklatanter Widerspruch zu der Behauptung der Anzeigerin, von einem "kleinen LKW" überholt worden zu sein und dem Umstand, dass der vom Berufungswerber gelenkte LKW über ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von 17.990 kg verfügt. Dieses Fahrzeug ist sicherlich nicht mehr als "kleiner LKW" anzusehen. Außerdem hat die Anzeigerin die weißen Umrissleuchten sowie die gelben Seitenleuchten nicht wahrgenommen und es spricht auch ihre Beifahrerin in ihrer Einvernahme vom 3.1.2008 – nachdem sie die Fotos des LKW gesehen hatte – davon, dass sie das Fahrzeug kleiner in Erinnerung hatte. Außerdem passen die auf dem Schaublatt verzeichneten Geschwindigkeiten des LKW zwischen 70 und 80 km/h nicht zu dem von der Zeugin behaupteten Überholvorgang mit einem wesentlichen Geschwindigkeitsunterschied und auch die in weiterer Folge vom LKW eingehaltenen Geschwindigkeiten von max. 90 km/h stimmen nicht mit ihren Angaben überein, wonach sie dem LKW nicht weiter nachgefahren sei, weil dieser so schnell gefahren sei. Die Zeugin gab an, dass der LKW hinten eine Plane gehabt habe, das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug verfügt aber über eine Ladebordwand.

 

Es bestehen daher insgesamt erhebliche Zweifel, ob der gegenständliche Verkehrsunfall überhaupt vom Berufungswerber verursacht wurde. Es ist denkbar, dass die Zeugin von einem anderen, kleineren und schneller fahrenden LKW überholt wurde und dann bei der Nachfahrt auf das Fahrzeug des Berufungswerbers aufgeschlossen und den Unfall irrtümlich diesem Fahrzeug zugeordnet hat. Auch die beim LKW vorhandenen Vorschäden lassen eine Zuordnung zu dem beschädigten Seitenspiegel der Zeugin nicht mit Sicherheit zu.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Mit dieser Bestimmung kommt der Grundsatz "in dubio pro reo" zum Ausdruck. Eine Person darf nur dann wegen einer Verwaltungsübertretung verurteilt werden, wenn auf Grund des Ermittlungsverfahrens keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass sie diese auch tatsächlich begangen hat. Im vorliegenden Fall bestehen jedoch – wie oben gezeigt – erhebliche Ungereimtheiten, weshalb die dem Berufungswerber von der Erstinstanz vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht ausreichend bewiesen sind. Es war daher seiner Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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