Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222222/2/Bm/Sta

Linz, 26.06.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die
VI. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Beisitzerin: Dr. Andrea Panny, Berichterin: Mag. Michaela Bismaier) über die Berufung des Herrn K J. M, W,  K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17.3.2008, Ge96-33-2007, wegen Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land  vom 17.3.2007, Ge96-33-2007-RE, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Wochen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z1, Z2 und Z5 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idgF verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Sie haben es in Ausübung der Gewerbe

-         Landmaschinenmechanikerhandwerk (Gewerbeberechtigung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Oktober 1991, Ge-750/1991, Reg. Nr. 418/398)

-         Handelsgewerbe und Handelsagenten (Gewerbeberechtigung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Oktober 1991, Ge-749/1991, Reg. Nr. 418/2211)

-         Kunststoffverarbeiter eingeschränkt auf die Erzeugung und Reparatur von glasfaserverstärkten Kunststoffprodukten, eingeschränkt im Standort auf die Ausübung des Bürobetriebes (Gewerbeberechtigung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13. Juni 1997, Ge10-249-1997, Reg. Nr. 418/3419)

-         Transportbegleitung (Gewerbeberechtigung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 24. November 1999, Ge10-691-1991, Reg. Nr. 418/4601)

 

zu verantworten, dass zumindest am 15.3.2007 – festgestellt anlässlich einer Überprüfung durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land unter Beiziehung von Amtssachverständigen für Gewerbetechnik, Abfallchemie, Kraftfahrwesen und Wasserbau – auf dem Grundstück Nr., KG. S (Gewerbestandort  K, Z) eine konsenslos geänderte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben worden ist. Dabei wurde Folgendes festgestellt:

 

Die gegenständliche Betriebsanlage bestand am Überprüfungstag im Wesentlichen aus einem Bürogebäude, einer ehemaligen Schmiede und einer Halle sowie einem Freigelände. Die ehemalige Schmiede und der Bürotrakt wurden im Zuge des Zubaues einer Werkstättenhalle als landwirtschaftliche Reparaturwerkstatt einer Bewilligung zugeführt. Die Freiflächennutzung scheint in keinem Genehmigungsbescheid auf.

 

Beim Lokalaugenschein wurde festgestellt, dass die Werkstatt durch diverse Lagerungen von zu reparierenden Werkstücken, Ersatzteilen, aber auch von angefallenen Abfällen in der Art zugestellt war, dass die Verkehrsflächen zwischen den Maschinen und den diversen Lagerungen als Fluchtwege auf Grund ihrer geringen Breite ungeeignet sind. In der Halle war an der Ostseite ein einziger Ausgang ins Freie als Fluchtweg gekennzeichnet und völlig verstellt.

 

Auch durch die Lagerung außerhalb der Halle war dieser Ausgang als Fluchtweg völlig ungeeignet. Die Anhäufung dieser Lagerungen und das Verstellen der Verkehrswege in der Halle wurde durch Fotos dokumentiert.

Zudem wurde ein Batterielager unmittelbar neben einer Werkbank festgestellt. Ein anwesender Angestellter erklärte, dass in diesem Bereich auch Batterien geladen werden. Die Batterien befanden sich unmittelbar neben brennbaren Lagerungen und war dieser Bereich der Halle nicht ausreichend durchlüftet. Innerhalb der Halle befand sich nach Angaben des Betriebsinhabers ein Altöllagertank – dieser stand in der Montagegrube. Die Montagegrube war beim Lokalaugenschein nur eingeschränkt einsehbar, weil ein alter Pritschenwagen über der Grube stand und dieser durch Ersatzteile und ähnliches verstellt war. Unmittelbar gegenüber diesem Bereich befanden sich der Heizraum und ein Öllagerraum sowie ein Lacklagerraum. Öllagerraum und Lacklagerraum wurden mit Lüftungsöffnungen in der Decke und in Bodennähe versehen. Die Fußböden beider Räume waren wannenförmig ausgeführt und verfliest. An der Decke dieser Räume wurde ebenfalls ein Lager eingerichtet, in welchem auch in größerem Ausmaß Kartonagen gelagert waren. Der Aufgang zur Decke erfolgte über eine Stahltreppe. Diese wies beim Austritt auf der Decke eine unzureichende Durchgangshöhe auf. Hier befand sich ein Wasser- oder Heizungsrohr in einer Höhe von ca. 1,70 m über Fußboden. Auch an der Decke waren die Verkehrs- bzw. Fluchtwege weniger als 1 m breit.

 

Im Norden der Halle wurde ein Kleinmateriallager eingerichtet. Aus diesem Bereich war als einziger geeigneter Fluchtweg der Weg durch die bereits beschriebene Halle möglich. Eine Tür ins Freie am Nordosteck der Halle ist durch Lagerungen außerhalb der Halle völlig verstellt.

In der ehemaligen Schmiede wurden ebenfalls Lagerungen von Eisenteilen usw. vorgefunden. Daneben wurden Gasflaschen festgestellt, welche ungesichert aufgestellt waren. Zwischen Werkstatt und ehemaliger Schmiede befand sich der sogenannte Aufenthaltsbereich für Angestellte. Dieser war gegen die Werkstatt völlig offen. Aus diesem Bereich mündete eine Tür ins Freie. Hier wurden auf dem Freigelände zwischen Halle und K eine befestigte Fläche vorgefunden, auf welcher am heutigen Tage zwei Zimmerböcke vorgefunden wurden, auf welcher ein alter Teppich lag. Dieser Teppich zeigte Spuren von Spritzarbeiten.

 

Im Freibereich westlich der Halle wurden zwischen der Halle und dem K Lagerungen von Metallteilen und zum Teil alter Baumaterialien (Polokalrohre, Holzpaletten, usw.) erkannt. Östlich der Halle befanden sich auf dem Freigelände Maschinenteile, Metallrohre sowie Siloteile aus Polyester. Diese waren zum Teil in Containern und auf Paletten gelagert. Besonders unter dem Vordach der Halle wurden diese mittels vorhandenem Stapler übereinander aufgestapelt. Weiters wurden neben diversen Ersatzteilen auch ein alter Plattentank in einer Stahlblechwanne vorgefunden. Nach Angabe des Betriebsinhabers war der Plattentank leer. Südlich der Halle bzw. des Bürogebäudes wurden ähnliche Lagerungen wie oben beschrieben vorgefunden. Zu dem befinden sich in diesem Betriebsbereich PKWs.

 

Dies wurde auch durch die Lichtbildaufnahmen beweisgesichert.

 

Sie haben somit eine

-         wegen einer möglichen Gefährdung ihres Lebens oder ihrer Gesundheit, des Lebens oder der Gesundheit der Nachbarn oder Kunden (Verletzungsgefahr)

-         wegen einer möglichen Belästigung der Nachbarn durch Geruch (Durchführung von Spritzarbeiten) oder Lärm (Manipulation vor allem auf der Freifläche)

-         wegen einer möglichen nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer (bei Austritt von Betriebsmitteln,...)

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Abs.1 Z3 i.V.m. § 74 Abs.2 Z1, Z2 und Z5 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 i.d.g.F."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit des Berufungswerbers oder der Kunden durch Verletzungsgefahr nicht vorliegen würde. Weiters liege keine konsenslose Freiflächennutzung vor, da sowohl im Genehmigungsbescheid als auch in der zugehörigen Verhandlungsschrift vom 18.8.1975, welche einen ergänzenden Bestandteil des Bescheides bilde, auf die Nutzung von Außenflächen bzw. Freiflächen eingegangen worden sei. In weiterer Folge wurde die mögliche nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer bei Austritt von Betriebsmitteln bestritten.

Abschließend beantragte der Berufungswerber der Berufung stattzugeben und die verhängte Strafe aufzuheben.  

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage  ohne die erforderliche Genehmigung  ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.   die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was das zweite Erfordernis anlangt, nämlich das unverwechselbare Feststehen der Identität der Tat, muss erstens im Spruch des Straferkenntnisses des Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierender Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, oder eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH vom 13.6.1984, Slg. Nr. 11.466/a).

 

Gegenständlich wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, eine konsenslos geänderte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben zu haben.

 

Eine Änderung liegt in jedem Abweichen von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage vor, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde. Ob eine "Änderung" vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (VwGH 24.5.1994, 93/04/0031).

 

Die Erfüllung des Straftatbestandes des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 setzt damit eine (von der genehmigungspflichtigen Änderung betroffene) genehmigte Betriebsanlage voraus.

Aus dem Spruch des Straferkenntnisses muss daher zu entnehmen sein, dass es sich bei der vorgeworfenen konsenslosen Änderung um die einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage handelt.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dieser Umstand, dass der gewerberechtliche Genehmigungsbescheid im Spruch des Straferkenntnisses genannt wird (VwGH 28.1.1993, 91/04/0246). Dies insbesondere auch deshalb, um im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde, festzulegen und damit klar zum Ausdruck zu bringen, dass die im Spruch angeführten Änderungen vom bisherigen Genehmigungskonsens nicht umfasst sind.

Im gegenständlichen Fall kommt noch hinzu, dass aus dem weitwendig formulierten Spruch nicht klar hervorgeht, welche Freifläche ohne betriebsanlagenrechtliche Änderungsgenehmigung genutzt wurde und in welcher Form.

Mangels der Benennung der erteilten gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheide im Spruch des Straferkenntnisses und in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20.8.2007 als erste Verfolgungshandlung ist dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG nicht entsprochen und war daher wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis gemäß
§ 45 Abs.1 Z3 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro "(ab 1. Juli 2008:
220 Euro)"
 zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

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