Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550407/13/Wim/Ps

Linz, 06.08.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag der S GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. F H, Dr. O U, Mag. A M, Mag. T L, Dr. R G, V, vom 13. Juni 2008, auf Nichtigerklärung der Ausscheidung der Antragstellerin und der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der V betreffend das Vorhaben "Zimmermeisterarbeiten beim Neubau des Gemeindezentrums 'S' der Gemeinde S", nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 3. und 23. Juli 2008 zu Recht erkannt:

 

 

Dem Antrag wird keine Folge gegeben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 6 und 7 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 iVm § 129 Abs.1 Z2 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 idgF.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.         Mit Eingabe vom 13. Juni 2008, beim Oö. Verwaltungssenat nach Ende der Amtsstunden eingebracht, daher eingelangt am 16. Juni 2008, hat die S GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) Anträge auf Nichtigerklärung der Ausscheidung und der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu im Wesentlichen aus, dass die Auftraggeberin im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung im Unterschwellenbereich Zimmermeisterarbeiten für den Neubau des Gemeindezentrums "S" ausgeschrieben habe.

Die Antragstellerin habe rechtzeitig einen Bewerbungsantrag gestellt und innerhalb der Angebotsfrist ein gültiges Angebot gelegt.

Laut ausgeschriebener Fristen hätte die Angebotsöffnung am 23. Mai 2008 um 11.00 Uhr erfolgen sollen und hätte sich daran ein 7-tägiges Verhandlungsverfahren anschließen sollen. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Mit E-Mail vom 2. Juni 2008 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag der Firma W erteilen zu wollen. Dieses Schreiben über die Zuschlagsentscheidung sei undatiert gewesen. Als Ende der Stillhaltefrist sei der 30. Mai 2008 angegeben worden. Zum Zeitpunkt der Versendung der Zuschlagsentscheidung sei die darin angegebene Stillhaltefrist bereits drei Tage abgelaufen gewesen. Am 3. Juni 2008 habe die Antragstellerin dagegen "Einspruch" erhoben und auf die Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Stillhaltefrist hingewiesen. Die Auftraggeberin habe überhaupt kein Verhandlungsverfahren vor der Zuschlagsentscheidung durchgeführt, zumal nicht einmal Kontakt für eine mögliche Verhandlung im Rahmen des Verhandlungsverfahrens aufgenommen worden sei.

Die Auftraggeberin habe am 4. Juni 2008 – nur der Antragstellerin – zum einen mitgeteilt, dass das Zuschlagsentscheidungs-E-Mail vom 2. Juni 2008 offiziell zurückgezogen werde und zum anderen die Antragstellerin zu einem Verhandlungstermin für den 6. Juni 2008 in das Gemeindeamt S eingeladen. Aufgrund der Mehrdeutigkeit des "offiziellen Zurückziehungsemails" vom 4. Juni 2008 habe der Rechtsvertreter der Antragstellerin bei der Auftraggeberin über die genaue Intention der Auftraggeberin nachgefragt und um unmissverständliche Bestätigung gebeten. In offensichtlicher Unkenntnis der Regelungen eines Vergabeverfahrens habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass es noch keinen Zuschlag an die Firma W gegeben habe. Man habe lediglich die Bieter über die beabsichtigte Zuschlagserteilung informiert. Gleichwohl die Auftraggeberin scheinbar keinen Unterschied zwischen der Zuschlagsentscheidung, deren Bekanntgabe und der dann nach Ende der Stillhaltefrist zu erfolgenden Zuschlagserteilung mache, könne die "offizielle Zurückziehung" nur so verstanden werden, dass die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung widerrufen habe.

 

Am 6. Juni 2008 (vereinbarter Verhandlungstermin) sei die Antragstellerin dahingehend informiert worden, dass ihr Angebot ausgeschieden werde. Dies sei der Antragstellerin am 6. Juni 2008 per E-Mail – ohne schriftliche Angabe der Gründe – mitgeteilt worden. Die Antragstellerin habe um schriftliche Mitteilung der Ausscheidensgründe ersucht. Die Antragstellerin habe weiters die firmenmäßig gefertigten AVB und BVB der Auftraggeberin vorgelegt. Am 9. Juni 2008 habe die Auftraggeberin die Ausscheidensgründe schriftlich bekannt gegeben.

 

Ohne dass die Auftraggeberin ein weiteres Informationsschreiben über die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Firma W an die Antragstellerin gesandt hätte, habe sich doch (mündlich) ergeben, dass die Auftraggeberin nach wie vor eine Zuschlagserteilung an diese Firma beabsichtige. Es sei daher davon auszugehen, dass die Auftraggeberin nachfolgend an die sogenannte "Verhandlung" vom 6. Juni 2008 eine entsprechende Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Firma W getroffen habe. Sowohl die Ausscheidung als auch der Zuschlag an die Firma W sei rechtswidrig erfolgt. Vielmehr wäre der Zuschlag der Antragstellerin zu erteilen gewesen.

 

Im Übrigen finde sich in den Ausschreibungsunterlagen keine Anführung der Zuschlagskriterien. So sei nicht angegeben, nach welchen Kriterien und Gesichtspunkten die Entscheidung für den Zuschlag erfolge; es handle sich daher um eine reine Willkürentscheidung.

 

Des Weiteren werde noch darauf hingewiesen, dass für die Antragstellerin der Verdacht einer unsachlichen Begünstigung der W im Raume stehe. Herr Ing. H W sei Mitglied des Gemeinderates der Gemeinde S und einziger Prokurist der W sowie deren einziger Kommanditist. Weiters sei Ing. W auch der einzige gewerberechtliche Geschäftsführer der W und auch einziger Geschäftsführer der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin der W, nämlich der W GmbH sowie an dieser Komplementär-GmbH mit 25 % beteiligt.

Es bestehe daher unmittelbare und direkte Nahebeziehung zwischen der Auftraggeberin und jenem Bieter, dem der Zuschlag erteilt werden solle.

 

Zum Interesse führte die Antragstellerin aus, dass sie ein immanentes Interesse am Auftragserhalt habe und ihr ein Schaden bei Ausscheidung des Angebots sowie bei Nichterteilung der Zuschlagsentscheidung zu ihren Gunsten drohe. Dieser Schaden (ca. 35.000 Euro) setze sich aus dem entgangenen Gewinn, den Aufwendungen für die Angebotserstellung sowie aus voraussichtlich nicht kompensierbaren Auslastungsdefiziten zusammen. Zudem drohe der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Im Übrigen erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf Durchführung und Teilnahme an einem rechtskonformen und diskriminierungsfreien Vergabe­verfahren unter Beachtung der Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs, insbesondere auf Einhaltung der Ausschreibungsunterlagen, dem Nicht­ausscheiden nicht auszuscheidender Angebote, der willkürfreien Zuschlags­entscheidung und der Vergleichbarkeit der Angebote sowie auf Transparenz und Nachprüfbarkeit der Zuschlagsentscheidung sowie auf Einbeziehung in die Zuschlagsentscheidung und nicht vorhergehende Ausscheidung und schließlich in ihrem Recht, den Zuschlag zu erhalten, verletzt.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeiten führte die Antragstellerin ins Treffen, dass das Angebot der in Aussicht genommenen Bieterin unverbesserbar unvollständig und daher auszuscheiden gewesen sei. Der Mangel an objektiv nachvollziehbaren und gewichteten Zuschlagskriterien habe eine sachadäquate und gleichbehandelnde Zuschlagsentscheidung verhindert.

Die fehlende firmenmäßige Unterfertigung der AVB sowie der BVB stelle keinen Ausscheidensgrund dar; vielmehr handle es sich um einen behebbaren Mangel. Die Antragstellerin habe diesen Mangel sogleich behoben. Die Auftraggeberin habe es vor der Ausscheidung unterlassen, die Notwendigkeit und Möglichkeit der Verbesserung der Antragstellerin mitzuteilen und eine Verbesserung dieses behebbaren Mangels zu versuchen. Die Nachreichung habe auch nicht zu einer Besserstellung der Antragstellerin geführt. Zum Vorwurf der fehlenden Subunternehmerliste "Schlosser" bzw. "Stahlbauteile" führte die Antragstellerin aus, dass eine solche nicht erforderlich und nicht gewollt gewesen und daher unterblieben sei, weil die Antragstellerin nicht beabsichtigt habe, die Arbeiten "Stahlbauteile" an Subunternehmer zu vergeben. Die Auftraggeberin sei in der Lage, sämtliche der im Leistungsverzeichnis angegebenen Leistungen und Arbeiten, auch jene der Stahlbauteile, selbst durchzuführen und abzuschließen. Die Ausscheidung sei somit lediglich aufgrund einer unbegründeten Vermutung der Auftraggeberin erfolgt. Weiters wurden die fehlenden Zuschlagskriterien bemängelt.

Darüber hinaus verfüge die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht über die in den Ausschreibungsunterlagen geforderten ÜA-Übereinstimmungs­zeugnisse (Wand-, Decken- und Dachelemente), sondern lediglich für Wandelemente. Da die derart fehlenden Zeugnisse auch nicht binnen kurzer Frist zu erlangen seien, seien diese auch nicht als verbesserbar anzusehen, weshalb das Angebot der W auszuscheiden gewesen wäre. Allfällige Abänderungen dieses Erfordernisses seien den (sämtlichen) anderen Bietern nicht kommuniziert worden. Überdies wurde noch die Nicht-Durchführung von Verhandlungen trotz ausgeschriebenem Verhandlungsverfahren bemängelt.

 

 

2.         Der Oö. Verwaltungssenat hat die V als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt.

In ihrer Stellungnahme vom 18. Juni 2008 führte die Auftraggeberin zum Nachprüfungsantrag zu den Kurz- und Langleistungsverzeichnissen aus, dass nach Prüfung der eingereichten Unterlagen festgestellt worden sei, dass der Bieter kein rechtsgültig unterfertigtes Langtext-Angebot abgegeben habe. Somit sei seitens des Bieters kein zulässiges Angebot abgegeben worden, da nur ein rechtsgültig unterfertigtes Kurztext-Angebot vorgelegt worden sei.

Hinsichtlich der fehlenden Zuschlagskriterien entgegnete die Auftraggeberin unter Hinweis auf § 80 Abs.3 BVergG, dass dieser durch das Gesetz vorgegebenen Regelung bei der gegenständlichen Bieterfindung Rechnung getragen worden sei. Die Ausschreibung sei so konzipiert worden, dass ein Vergleichsstandard existiere, welcher durch die Festlegungen der Auftraggeberin fixiert worden sei. Die Wahl des Billigstbieterverfahrens sei somit rechtens. Bezüglich der fehlenden Bekanntgabe der Subunternehmer stellte die Auftraggeberin klar, dass von der Antragstellerin im Angebot entgegen § 108 Abs.1 Z2 BVergG keine Subunternehmer namhaft gemacht geworden seien und sie daher über keine technische Leistungsfähigkeit zur Auftragsdurchführung verfüge. Dies stelle einen nicht behebungsfähigen Mangel dar. Im gegenständlichen Verfahren sei also die Frage zu prüfen, ob die Antragstellerin durch eine bestimmte Entscheidung der Auftraggeberin in ihren Rechten verletzt worden sei. Dies liege aber nur dann vor, wenn der betreffende Bieter bei rechtskonformer Entscheidung eine "echte Chance" auf Zuschlag gehabt hätte (VwGH vom 09.04.2004, Zl. 2000/04/0181). Das Angebot müsse aufgrund seiner Form und seines Inhaltes zumindest die Möglichkeit für einen Zuschlag haben. Daher sei die Antragslegitimation zu verneinen, wenn das Angebot auszuscheiden gewesen wäre und deshalb für die Zuschlagsentscheidung nicht in Betracht käme (VwGH vom 27.09.2000, Zl. 2000/04/0050; BVA vom 18.06.1998, Zl. F-3/98-12). Dies sei im gegenständlichen Verfahren zu bejahen. Es werde daher beantragt, den Antrag im Hauptverfahren in allen Punkten zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.

 

 

3.1.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Vergabeunterlagen sowie Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 3. und 23. Juli 2008.

 

3.2.1. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2008 wurde von der Antragstellerin noch zusätzlich vorgebracht, dass sie unter anderem über die Gewerbeberechtigungen für Baumeister sowie Zimmermeister verfüge. Die Gewerbeberechtigung Baumeister fuße auf § 157 GewO 1973. Entsprechend der damaligen Regelung über Baugewerbe in § 156 Abs.4 GewO 1973 wäre und sei die Antragstellerin berechtigt, mit der Ausführung eigener Arbeiten in unmittelbarem Zusammenhang stehende Arbeiten anderer Gewerbe auch selbst durchzuführen. Dies gelte somit auch für die ausgeschriebenen Schlosserarbeiten. Gemäß § 31 Abs.1 iVm § 32 Abs.1 Z11 und Abs.2 GewO 1973 dürften Gewerbetreibende, wozu die Antragstellerin unzweifelhaft gehöre, einfache Tätigkeiten wie die ausgeschriebenen Schlosserarbeiten selbst ausführen. Der wirtschaftliche Schwerpunkt und die Eigenart des Betriebes der Antragstellerin blieben auch dadurch erhalten. Überdies verfüge die Antragstellerin über zumindest eine dafür ausgebildete und erfahrene Fachkraft, nämlich Herrn W P, der geprüfter Schlossermeister sei. Durch die Ausführung der ausgeschriebenen Schlosserarbeiten ändere sich das Wesen der ausgeschriebenen Gesamtleistung nicht und bliebe eine Holzkonstruktion iSd § 149 GewO 1973. Gemäß § 149 Abs.2 GewO 1973 dürfe der Zimmermeister anlässlich der Ausführung seiner Arbeiten auch andere Baustoffe als Holz verwenden. Dementsprechend sei die Antragstellerin aufgrund der gegebenen Gewerbeberechtigung für Zimmermeister befugt und befähigt, sämtliche Arbeiten selbst auszuführen. Schließlich sei Herr W P geprüfter Schlossermeister, vollzeitbeschäftigt und voll versichert bei der Antragstellerin beschäftigt. Dessen Ausübung erfolge im Gesamtbetrieb der Antragstellerin. Er sei somit eindeutig für die ausgeschriebenen Schlosserarbeiten befähigt und sei die Antragstellerin somit berechtigt, diese Arbeiten auch im Rahmen des integrierten Betriebes iSd § 37 GewO 1973 auszuführen. Es sei somit keinerlei Notwendigkeit für die Antragstellerin gegeben, andere Subauftragnehmer zu beauftragen, um die ausgeschriebenen Leistungen erbringen zu können und zu dürfen.

 

3.2.2. Ebenfalls in dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Auftraggeberin noch zusätzlich vorgebracht, dass gemäß dem gegenständlichen Ausschreibungs-Leistungsverzeichnis sich die Auftraggeberin vorbehalten habe, Teile des Leistungsverzeichnisses, für die auch Teilangebote angenommen würden, getrennt zu vergeben, wobei sich dieses ausdrücklich auf Stahlbauteile beziehe (Ausschreibung, Position 3602). Gemäß Position 3640 des Ausschreibungs-Leistungsverzeichnisses würden auch Stahlbauteile inklusive Rost- und Brandschutzgrundierung samt Bohrungen, Schweißungen, Abkantungen und Verbindungsmittel aufgrund der Projektunterlagen der Auftraggeberin ebenso zur Ausschreibung gelangen wie auch Baustellenschweißnähte (Position 364005A). Gemäß Position 363221 gelange auch eine Dachabdichtung zur Ausschreibung bzw. zur Ausführung, wobei die einzelnen Elemente in Form einer Baustellenarbeit mittels Deckstreifen bzw. Nahtverbindung in einer Mindestbreite von 30 cm beim Elementstoß zu verbinden seien und Metallaufkantungen mittels Folienverbundblechen auszuführen seien.

Gemäß den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) würden als Vertrags­grundlagen unter anderem alle in Betracht kommenden Normen und Richtlinien (Europäische Normen, ÖNormen) gelten (siehe Punkt 9.3.1. Abs.7 der AVB). Gemäß Punkt 12.1.1. der AVB habe der Auftragnehmer die Leistungen auftragsgemäß entsprechend den zur Ausführung kommenden Positionen des Leistungsverzeichnisses auszuführen, dabei habe er außer den gesetzlichen Bestimmungen und den behördlichen Anforderungen die allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten.

Gemäß § 99 Abs.1 bzw. 2 GewO 1973 sei der Baumeister nur zu Rand- und Ergänzungsarbeiten im Rahmen seiner Bauführung befugt, soweit es sich unter anderem um Tätigkeiten der Betonwarenerzeuger, Schwarzdecker oder Abdichter gegen Feuchtigkeit und Druckwasser handle. Soweit es sich um Arbeiten von nicht in diesem Absatz genannten Gewerben handle, habe er sich zur Ausführung dieser Arbeitern der hiezu befugten Gewerbebetreibenden zu bedienen. Bei der Herstellung der Einbindung, Nahtverbindungen, Deckstreifen in einer Mindestbreite von 30 cm beim Elementstoß, Metallaufkantungen mittels Folienverbundblechen (Dachabdichtung) und Herstellung der konstruktiven Stahlkonstruktion samt Bohrungen, Schweißungen, Kantungen und Verbindungsmittel, insbesondere Herstellung von Baustellenschweißnähten handle es sich nicht um bloße Rand- und Ergänzungsarbeiten eines Baumeisters, sondern um Gewerke, die ausschließlich von Dachdeckern und Spenglern bzw. der Kerntätigkeit des Schlossergewerbes zuzuordnen seien. Für die Herstellung derartiger Baustellenschweißnähte sei unter Einhaltung der einschlägigen technischen Normen und des Standes der Technik (zu welcher sich auch die Antragstellerin verpflichtet habe) jedenfalls ein zertifizierter Schweißbetrieb bzw. ein zertifizierter Schweißwerkmeister (Güteklasse 2) bzw. ein zertifizierter Schweißtechnologe (Güteklasse 1) erforderlich. Gemäß dem Stand der Technik bedürfe es daher zumindest eines Schweißwerkmeisters (Güteklasse 2), der regelmäßig, jedenfalls in zweijährigem Abstand einer Zertifizierung (Prüfbuch) unterliege. Jedenfalls verfüge die Antragstellerin über keine hiezu befähigten Personen, um Baustellenschweißnähte der Güteklasse 1 oder 2 gemäß ÖNORM M7812 herzustellen. Das Herstellen insbesondere von Baustellenschweißnähten, für die eigene Prüf- und Zertifizierungskriterien technisch vorgeschrieben seien, falle nicht unter die Regelungen der § 99 Abs.2 bzw. § 32 Abs.1 GewO 1973 sowie das Herstellen von Tätigkeiten, die Dachdeckern und Spenglern vorbehalten seien. Schlossertätigkeiten seien im § 99 Abs.2 GewO 1973 nicht genannt und daher von der Gewerbeberechtigung des Baumeisters nicht damit umfasst. Nachdem die Antragstellerin entsprechende Subunternehmer (Schlosser und/oder Dachdecker/Spengler) ebenso wenig bekanntgegeben habe wie auch die technische Leistungsfähigkeit, insbesondere im Hinblick auf die Herstellung von Baustellenschweißnähten nicht verfüge, sei das unvollständig erlegte Angebot der Antragstellerin berechtigterweise auszuscheiden gewesen. Die Antragstellerin habe darüber hinaus nur ein sogenanntes Kurz-Leistungsverzeichnis erstellt und dieses als Angebot eingebracht und auch deshalb kein ausschreibungskonformes Angebot und die Verpflichtungen der Ausschreibung nicht vollständig übernommen.

 

3.2.3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2008 wurde von der Antragstellerin zu diesen Vorbringen der Auftraggeberin repliziert bzw. weiters vorgebracht, dass gerade die Dachabdichtung eine typische Tätigkeit eines Schwarzdeckers bzw. Abdichters gegen Feuchtigkeit und Druckwasser sei und daher diese Tätigkeit gemäß § 99 Abs.2 GewO 1973 vom Baumeister selbst durchgeführt werden dürfe. Aus der Ausschreibung bzw. dem Leistungsverzeichnis der Auftraggeberin gehe nicht hervor, dass es sich um eine konstruktive Stahlkonstruktion handeln würde. Da der Charakter eines Holzbaues erhalten bleibe, sei die Gewerbeberechtigung des Zimmermeisters für sämtliche zugehörigen Arbeiten ausreichend.

Aus den Ausschreibungsunterlagen sei nicht entnehmbar, dass für die Baustellenschweißnähte genau die Güteklasse 1 gefordert wäre. Es sei daher davon auszugehen, dass die Schweißnähte nach dem normalen Regelfall, somit nach der Güteklasse 2, erforderlich seien. Zum Beweis dafür, dass die ausgeschriebenen Baustellenschweißnähte nach dem Regelfall sohin entsprechend der Güteklasse 2 ausreichend seien, werde die Einholung eines Gutachtens eines Bausachverständigen beantragt. Der im Betrieb des Antragstellers beschäftigte Schlossermeister W P sei befähigt, Schweißnähte der Güteklasse 2 herzustellen. Auch dafür wurde ebenfalls die Einholung eines Gutachtens eines Bausachverständigen beantragt.

Sämtliche übrigen Vorwürfe bzw. Gründe für ein weiteres Ausscheiden seien verbesserbare Mängel.

Aus der öffentlichen Bekanntmachung für die gegenständliche Ausschreibung ergebe sich, dass der Zuschlag nach dem Bestbieterprinzip zu erteilen gewesen wäre. In den Ausschreibungsunterlagen würden jedoch Zuschlagskriterien völlig fehlen. Deshalb sei eine Feststellung, ob der Bieter eine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte, nicht möglich und könne keine Bestbieterermittlung stattfinden. Es könne hier daher auch die Antrags­legitimation nicht abgesprochen werden.

 

3.3.   Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesentlichen Sachverhalt aus:

 

Gemäß dem gegenständlichen Ausschreibungs-Leistungsverzeichnis Position "36.01.12.0 Z Statik" wird die Statik durch einen Holzbaustatiker (vom Auftraggeber beauftragt) erstellt. Die Statik wird vom Auftraggeber mit Stabdimensionen und den wesentlichen Details in skizzenhafter Form für die Werksplanung des ausführenden Unternehmens beigestellt.

 

Gemäß Position "36.02.01.0 Z Vertragsbedingungen" gelten als Vertrags­bedingungen die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) und die Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) mit Stand Jänner 2007, die dem Leistungs­ver­zeichnis beigeschlossen sind.

 

Position 36.02.02.0 Z Vergabe in Teilen lautet: "Die Einheitspreise gelten auch für den Fall einer Teilvergabe. Teile des Leistungsverzeichnisses für die auch Teilangebote angenommen werden, können getrennt vergeben werden STAHLBAUTEILE".

 

Zur Positionsgruppe "3640 Stahlbauteile" findet sich zunächst die Position "364001 Stahlkonstruktion ST37 inklusive Rost- und Brandschutzgrundierung samt Bohrungen, Schweißungen, Abkantungen und Verbindungsmittel aufgrund stahlbautechnisch detaillierter Projektunterlagen des Auftraggebers, diese sind die Schalungs- und Bewehrungspläne des Statikers und die Prinzipskizzen des Architekten dargestellt in der Art von Arbeitszettel".

Position "364001A Stahlkonstruktionen ST37 nach Masse" lautet: "Stahl­kon­struktionen im Umfang und nach Anforderungen wie oben beschrieben, umfassend die folgenden Bauteile Stützen und stützenähnliche Bauteile aus Grob- bis Mittelblechen und Breitflanschträger der Reihe HEA inklusive aller Anker-, Fuß-, Zwischen- und Kopfplatten, allesamt ebenflächig einzubauen, Bauteile mit ebenflächigem Befestigungsmaterial für hohlraumfreie Verklebung von bauseitigen Folien geeignet samt allen Nebenleistungen und Beihilfen".

Position 364005A lautet: "Baustellenschweißnähte 10 m".

 

Gemäß Punkt 9.3.1. Abs.7 der Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) gelten als Vertragsgrundlagen unter anderem, sofern nichts anderes vereinbart wurde, alle in Betracht kommenden Normen und Richtlinien (Europäische Normen, ÖNormen, subsidiär DIN).

Gemäß Punkt 12.1.1. der AVB hat der Auftragnehmer die Leistungen vertragsgemäß entsprechend den zur Ausführung kommenden Positionen des Leistungsverzeichnisses auszuführen; dabei hat er außer den gesetzlichen Bestimmungen und den behördlichen Anordnungen die allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten.

Gemäß Punkt 1.1. der Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) sind die BVB in Verbindung mit den AVB verbindlicher, integrierender Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen für die Angebotslegung und die gesamte Auftragsabwicklung. Untergeordnet gelten die ÖNormen, jedoch nur soweit sie durch die Festlegungen des Auftragsschreibens, der BVB oder der AVB nicht ergänzt oder nicht außer Kraft gesetzt wurden und ihnen nicht widersprechen.

 

Bei der Übersendung der Angebotsunterlagen zur Abgabe eines Angebotes an die Antragstellerin per Mail vom 15. Mai 2008 von der ausschreibenden Stellen wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Leistungen, die nicht durch die eigene Gewerbeberechtigung abgedeckt sind, eine Subunternehmerliste dem Angebot unbedingt beizustellen ist und für den Fall, dass dies nicht erfolgen sollte, dies einen unbehebbaren Mangel darstellen würde und das Angebot aus formalen Gründen ausgeschieden werden müsste.

Neben dem Ausschreibungs-Leistungsverzeichnis, den AVB und BVB wurden der Antragstellerin auch Arbeitsskizzen und Pläne übermittelt.

 

Die Antragstellerin hat in ihrem Angebot keine Subunternehmer namhaft gemacht. Sie ist im Besitz der Gewerbeberechtigungen für Baumeister und Zimmermeister.

Der im Betrieb der Antragstellerin beschäftigte Schlossermeister W P ist kein einschlägig geprüfter Schweißer und er hat keine gesonderten Schweißprüfungen, sondern nur die allgemeine Meisterprüfung für Schlosserei.

 

Für die in der Ausschreibung geforderten Schweißnähte ist in der Regel die Güteklasse 2 gemäß ÖNORM M 7812 Teil 2 erforderlich. Zumindest für Verbindungselemente der Fertigteile mit den in den Ortbeton eingelegten Schweißgründen, die sowohl die Dachlast als auch die Seitenlast aufnehmen müssen mit einer Abmessung von 150 mm x 50 mm ist die Güteklasse 1 erforderlich. Diese Verbindungen müssen zwingend geschweißt werden, da bereits in der Decke Schweißgründe einbetoniert wurden.

 

3.4.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Vergabeunterlagen sowie den ÖNORMen M 7812 Teil 2 zur Sicherung der Güte von Schweißarbeiten in Verbindung mit der ÖNORM B 4600 Teil 7 betreffend die Herstellung von Schweißverbindungen sowie den Aussagen der Zeugen W P und Dipl.-Ing. K B. So hat der Zeuge Dipl.-Ing. B für den Unabhängigen Verwaltungssenat durchaus schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass speziell die Verbindungsbleche mit der Güteklasse 1 geschweißt werden müssen, damit sie die volle Tragfähigkeit wie das ungestörte ursprüngliche Stahlmaterial haben, da sie nicht nur die Dachlasten sondern auch Querlasten aufnehmen müssen und hier konstruktiv keine andere Abstützung möglich ist, da im unteren Bereich des Gebäudes direkt auf die Decke folgend ein Fensterriegel vorgesehen ist und daher die entsprechenden Stahlstützen vom Maß her auf die Größe von 150 mm x 50 mm beschränkt sind. Diese Verbindungen müssen zwingend geschweißt werden, da bereits in der Decke Schweißgründe einbetoniert wurden.

Auch das für übrige Schweißnähte der Regelfall und somit Güteklasse 2 gilt, wurde durch den Statiker dargelegt und ergibt sich aus den ÖNORMen, und wurde dies auch von der Antragstellerin nicht in Abrede gestellt.

 

Der Zeuge W P hat angegeben, dass er zwar eine Schlossermeisterprüfung hat, aber keine eigenen Schweißerprüfungen und er daher auch nicht die regelmäßigen Nachschulungen und Nachkontrollen, wie dies für geprüfte Schweißer vorgesehen ist, vorzunehmen hat.

 

3.4.2. Die Beiziehung eines Sachverständigen für Bauwesen war auf Grund der Beweisergebnisse entbehrlich, da dem Zeugen DI B als staatlich befugtem und beeidetem Zivilingenieur für Bauwesen und allgemein beeidetem und gerichtlich zertifiziertem Sachverständigen eine besonders hohe Glaubwürdigkeit zukommt und er wie bereits gesagt anschaulich und nachvollziehbar die Notwendigkeit der Güteklassen für die Schweißnähte dargestellt hat.

Dass Herr W P kein geprüfter Schweißer ist, hat er selbst angegeben und wurde auch von der Antragstellerin nicht in Abrede gestellt. Dass Schweißarbeiten der Güteklassen 1 und 2 nur von einschlägig geprüften Schweißern ausgeführt werden dürfen, ergibt sich schon aus der ÖNORM M 7812, Teil 2 und bedarf keines weiteren Sachverständigenbeweises.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.      Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß Art. 14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art. 14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 126b Abs.2, soweit sie nicht unter die Z1 lit.c fällt, sowie der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 127 Abs.3 und Art. 127a Abs.3 und 8.

 

Gemäß Art. 127a Abs.3 überprüft der Rechnungshof weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen eine Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die, die Gemeinde allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.

 

Gemäß Art. 14b Abs.2 B-VG letzter Satz gelten Gemeinden unabhängig von der Zahl ihrer Einwohner als Rechtsträger, die im Sinne der Z1 lit.b und c und der Z2 lit.b und c der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen.

 

Aufgrund des vorgelegten Gesellschaftsvertrages der Kommanditerwerbs­gesellschaft "V" ist persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) der V. Dieser Verein bringt in die Gesellschaft lediglich seine Arbeitskraft ein. Kommanditist der Gesellschaft ist die Gemeinde S, die zur Leistung einer Geldeinlage in Höhe von 1.000 Euro verpflichtet ist.

 

Aufgrund der oben zitierten Bestimmungen des B-VG ist ein Unternehmen, an dem eine Gemeinde, unabhängig von ihrer Einwohnerzahl, mit mindestens 50 % am jeweiligen Unternehmenskapital beteiligt ist, öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Art. 14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG. Die Gemeinde S leistet die gesamte finanzielle Einlage in der KEG und wird diese auch inhaltlich von der Gemeinde beherrscht. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die V öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 1 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist und daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006 unterliegt.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

4.2.      Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 7 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1.     sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. ihr nach § 5 Abs.1 Z5 geltend gemachten Rechten verletzt und

2.     diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Im Nachprüfungsantrag wurde sowohl das Ausscheiden als auch eine vermeintlich nachfolgende Zuschlagsentscheidung bekämpft.

 

Gemäß § 108 Abs.1 Z2 BVergG 2006 muss ein Angebot insbesondere enthalten die Bekanntgabe der Subunternehmer, deren Leistungsfähigkeit für den Nachweis der Leistungsfähigkeit des Bieters erforderlich ist.

 

Gemäß § 129 Abs.1 Z2 BVergG 2006 hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund der Ergebnisse der Angebotsprüfung Angebote von Bietern auszuscheiden, deren Befugnis, finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit nicht gegeben ist.

 

4.3.   ÖNORM M 7812 Teil 2 Sicherung der Güte von Schweißnähten lautet unter Punkt 2.1. Güteklasse 1: "Die Schweißaufsicht erfolgt durch einen Schweißtechnologen. Die Schweißarbeiten sind durch einen einschlägig geprüften Schweißer durchzuführen. Die Schweißverbindungen sind entsprechend den Vorschriften oder sonstigen Bestimmung zu prüfen."

Punkt 2.2. Güteklasse 2 lautet: "Die Schweißaufsicht erfolgt durch einen Schweißwerkmeister. Die Schweißarbeiten sind durch einen einschlägig geprüften Schweißer durchzuführen. Die Schweißverbindungen sind entsprechend den Vorschriften oder sonstigen Bestimmungen zu prüfen."

 

ÖNORM B 4600 Teil 7 lautet in Punkt 5.2. Herstellung:

Abs.1: Schweißverbindungen sind nach der ÖNORM M 7812 Teil 2 herzustellen; für Tragwerke, die nach dem Erhöhungsfall oder nach einem Wöhlerfestigkeitsfall bemessen sind, gelten die Erfordernisse der Güteklasse 1 und für Tragwerke, die nach dem Regelfall (RF) bemessen sind, die Erfordernisse der Güteklasse 2.

 

Für die Ausführung des gegenständlichen Bauauftrages waren Stahlbauarbeiten notwendig und darunter auch die Herstellung von Schweißnähten, wobei die Schweißnähte für die Deckplatten der Güteklasse 1 und die übrigen Schweißnähte mangels anderer Regelungen in den ÖNORMen den Regelfall, also Güteklasse 2 darstellen. Diese sowohl für Güteklasse 1 als auch 2 notwendigen Schweißnähte sind durch einen einschlägig geprüften Schweißer durchzuführen.

 

4.4.1. Gemäß § 99 Abs.2 GewO 1994 ist der Baumeister berechtigt, die Arbeiten anderer Gewerbe im Rahmen seiner Bauführung zu übernehmen, zu planen, zu berechnen und zu leiten. Er ist auch berechtigt, diese Arbeiten im Rahmen seiner Bauführung selbst auszuführen, soweit es sich um Tätigkeiten der Betonwarenerzeuger, Kunststeinerzeuger, Terrazzomacher, Schwarzdecker, Estrichhersteller, Steinholzleger, Gärtner, Stukkateure und Trockenausbauer, Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer und der Abdichter gegen Feuchtigkeit und Druckwasser handelt. Soweit es sich um Arbeiten von nicht in diesem Absatz genannten Gewerben handelt, hat er sich zur Ausführung dieser Arbeiten der hiezu befugten Gewerbetreibenden zu bedienen.

 

Nach dieser Bestimmung sind Schlosserarbeiten nicht umfasst, das heißt die Antragstellerin, hätte sich daher nach dieser Bestimmung eines befugten Gewerbsmanns zu bedienen gehabt.

 

Auch in den Vorgängerbestimmungen der GewO 1973 ( zB. §§ 157 iVm 156 Abs. 4) hatte sich der Baumeister bei Schlosserarbeiten, solche sind Arbeiten eines Handwerks, durchwegs der hiezu befugten Gewerbetreibenden zu bedienen.

 

4.4.2. Gemäß § 149 Abs.2 GewO 1994 darf der Zimmermeister bei Ausführung der Arbeiten gemäß Abs.1 (Holzbauarbeiten, Herstellung von Holzhäusern, Dachstühlen, Holzbrücken, Holzveranden, Holzstiegen, Holzbalken, Kronen und dergleichen) auch andere Werkstoffe als Holz verwenden. Gemäß Abs.3 darf der Zimmermeister die in Abs.1 angeführten Arbeiten, wenn die Mitwirkung verschiedener Baugewerbe erforderlich ist und soweit Abs.4 nichts anderes bestimmt, nur unter Leitung eines Baumeisters ausführen. Gemäß Abs.4 ist der Zimmermeister jedoch berechtigt Bauten, die ihrem Wesen nach Holzkonstruktionen sind, selbständig sowohl zu planen, zu berechnen als auch zu leiten und nach Maßgabe des § 99 Abs.2, der sinngemäß anzuwenden ist, auszuführen.

Da auch hier auf den § 99 Abs.2 verwiesen wird und Schlosserarbeiten in Form von Stahlbauarbeiten im gegenständlichen Bauvorhaben umfasst sind, müsste auch nach dieser Bestimmung der Zimmermeister sich eines befugten Gewerbsmannes bedienen.

Auch in den Vorgängerbestimmungen der GewO 1973 ( zB. § 158) war dies durchwegs so geregelt.

 

4.4.3. Nach diesen speziellen Bestimmungen über die einzelnen Gewerbe in der GewO 1994 hat sich der Bau- und Zimmermeister für die Ausführung von Schlosserarbeiten und im Speziellen von Schweißungen eines befugten Gewerbsmannes zu bedienen. Da dies auch in der GewO 1973 so geregelt war, kann die Antragstellerin auch aus allfälligen Übergangsbestimmungen nichts gewinnen.

 

4.5.   Gemäß § 31 Abs.1 GewO 1994 sind einfache Tätigkeiten von reglementierten Gewerben, deren fachgemäße Ausführung den sonst vorgeschriebenen Befähigungsnachweis nicht erfordert, den betreffenden Gewerben nicht vorbehalten. Als einfache Tätigkeiten gelten jedenfalls nicht die für ein Gewerbe typischen Kerntätigkeiten, welche die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen voraussetzen.

 

Das Schlossergewerbe ist gemäß § 94 Z59 GewO 1994 ein reglementiertes Gewerbe. Bei Schweißarbeiten der Güteklasse 1 und 2, die nach den einschlägigen ÖNORMen von einschlägig geprüften Schweißern auszuführen sind, kann wohl nicht von einfachen Tätigkeiten gesprochen werden; sie sind wohl auch als typische Kerntätigkeiten des Schlossergewerbes anzusehen. Somit lässt sich auch aus dieser Bestimmung und den gleichlautenden Vorgängerbestimmungen der GewO 1973 nichts gewinnen.

 

4.6.   Gemäß § 32 Abs.1 GewO 1994 stehen den Gewerbetreibenden unter anderem auch folgende Rechte zu:

Z11: Einfache Tätigkeiten von reglementierten Gewerben, deren fachgemäße Ausübung den sonst vorgeschriebenen Befähigungsnachweis nicht erfordert, auszuüben;

 

Für die Ausführung des gegenständlichen Bauauftrages waren Stahlbauarbeiten notwendig und darunter auch die Herstellung von Schweißnähten, wobei die Schweißnähte für die Deckplatten der Güteklasse 1 und die übrigen Schweißnähte mangels anderer Regelungen in den ÖNORMen den Regelfall, also Güteklasse 2 darstellen. Diese sowohl für Güteklasse 1 als auch 2 erfolgten Schweißnähte sind durch einen einschlägig geprüften Schweißer durchzuführen.

Da es sich bei den Arbeiten um durchaus komplexe und verantwortungsvolle Bereiche handelt, kann hier nicht von einfachen Nebentätigkeiten gesprochen worden, sondern hat der Gewerbetreibende sich hier eines befugten Gewerbetreibenden zu bedienen.

 

4.7.   Da die Antragstellerin über keinen geprüften Schweißer in ihrem Betrieb verfügt, würde ihr selbst bei Vorliegen eines integrierten Betriebes gemäß § 37 GewO 1994 für die Auftragserfüllung die vollständige technische Leistungsfähigkeit fehlen. Sie hätte daher einen entsprechenden Subunter­nehmer für die Stahlbauarbeiten namhaft machen müssen.

 

Aus den Ausschreibungs­unterlagen, speziell aus den unter 3.3. dieser Entscheidung zitierten Teilen der AVB und BVB ergibt sich eindeutig, dass auch die einschlägigen ÖNORMen für die Ausführung des Bauwerks gelten. Überdies wurden der Antragstellerin auch Arbeitsskizzen und Pläne übergeben, wobei von einem befugten und verständigen Bau- und Zimmermeister erwartet werden kann, dass er auch daraus erkennt, dass hier entsprechende Schweißnähte mit entsprechender Güteklasse erforderlich sind. Überdies war auch die Beiziehung und Erwähnung des Statikers und die entsprechende Gewichtigkeit seiner Einbeziehung unter Position 36.01.12.0 Z Statik und 364001 Stahlbauteile ein Hinweis darauf, dass diesen Schweißarbeiten besondere Bedeutung und Wichtigkeit zukommt. Auch der Umstand, dass in der Ausschreibung eine gesonderte Teilvergabe für Stahlbauarbeiten vorgesehen war und diese in der Positionsgruppe 3640 des Ausschreibungs-Leistungs­verzeichnisses gesondert detailliert mit einzelnen Positionen angeführt waren, hätte die Antragstellerin darauf hinweisen müssen.

Überdies wurde bei der Übersendung der Angebotsunterlagen zur Abgabe eines Angebotes per Mail vom 15. Mai 2008 von der ausschreibenden Stellen nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Leistungen, die nicht durch die eigene Gewerbeberechtigung abgedeckt sind, eine Subunternehmerliste dem Angebot unbedingt beizustellen ist und für den Fall, dass dies nicht erfolgen sollte, dies einen unbehebbaren Mangel darstellen würde und das Angebot aus formalen Gründen ausgeschieden werden müsste.

 

Die Antragstellerin hat ihre fehlende technische Leistungsfähigkeit nicht durch die Nennung eines Subunternehmers ersetzt bzw. ergänzt, weshalb ein Ausscheiden durch die Auftraggeberin gemäß § 129 Abs.1 Z2 BVergG 2006 zu Recht erfolgt ist.

 

4.8.   Gemäß § 130 Abs.1 BVergG 2006 ist nur von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen.

 

Gemäß ständiger Rechtsprechung hat ein Bieter im Nachprüfungsverfahren keine Antragslegitimation, wenn er nicht über die erforderliche Eignung verfügt, weil er für die Zuschlagsentscheidung ohnehin nicht in Betracht käme und ihm daher durch die behauptete Rechtswidrigkeit auch kein Schaden entstehen bzw. drohen kann. Es kommt ihm daher auch keine Antragslegitimation im Nachprüfungs­verfahren zu (VwGH vom 26.07.2007, Zl. 2003/04/0074). Daher war der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, auf sonstige Mängel des Vergabeverfahrens oder bei anderen Angeboten einzugehen. Dies gilt auch für die vermeintliche Zuschlagsentscheidung, da die Antragstellerin keinesfalls mehr in diesem Ver­gabe­verfahren für den Zuschlag in Betracht kommt.

Es erübrigt sich damit auch ein Eingehen auf das weitere Vorbringen der Parteien.

Im Gesamten war daher spruchgemäß zu entscheiden. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 war deshalb auch kein Gebührenersatz zuzusprechen.

 

 

5.      Für den Nachprüfungsantrag sind Stempelgebühren in der Höhe von  Euro 132,20 angefallen. Ein entsprechender Zahlschein ist der per Post zugestellten Ausfertigung für die Antragstellerin angeschlossen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

 

Beschlagwortung:

Ausscheiden, Subunternehmer, Nebenleistungen nach GewO

 

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