Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251824/2/BMa/Eg

Linz, 21.07.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des A M, geb.   , Geschäftsführer, wh. R, vertreten durch die H-W Rechtsanwälte GmbH, G, gegen das Straferkenntnis  des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 15. Mai 2008,Gz.: SV 96-1-2008, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) folgendes Straferkenntnis verhängt:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma "M" mit dem Sitz in R zu verantworten, dass die von der Firma "M" am 10.01.2008 um 08.24 Uhr auf der Baustelle des Privaten A G in E mit Estricharbeiten beschäftigten nachstehend angeführten österr. Staatsbürger nicht vor deren Arbeitsbeginn (bei der Arbeit betreten am 10.01.2008, 08.24 Uhr) bei der Gebietskrankenkasse als zuständigem Krankenversicherungsträger angemeldet wurden:

.        D G, geb.   , wh. in N,

.        G G, geb.  , wh. in H und

.        G W, geb.  , wh. in W

Dieser Sachverhalt wurde am 10.01.2008 um 08:24 Uhr an Ort und Stelle von Organen des Finanzamtes Schärding (KIAB) im Zuge einer Kontrolle festgestellt."

Wegen dieser angelasteten Verwaltungsübertretung wurde über den Bw gemäß § 111 Abs 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2007 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt.

1.2.  Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass die Verwaltungsübertretung auf Grund einer arbeitsmarktrechtlichen Kontrolle des Finanzamtes Braunau-  Ried – Schärding (Team KIAB) festgestellt worden sei.  Es sei auch unbestritten, dass die angeführten drei Arbeitnehmer zu den angegebenen Zeiten vom Bw als Arbeitgeber auf der Baustelle des A G in E mit Estricharbeiten beschäftigt gewesen seien, ohne dass diese Arbeitnehmer vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet worden seien. Die behauptete "Verspätung" von nur 9 Minuten bei der Anmeldung sei unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit und nach allgemeiner Lebenserfahrung die drei Arbeitnehmer nicht erst im Zeitpunkt der Kontrolle um 08.24 Uhr ihre Arbeit verrichteten, sodass die Verspätungsangabe des Bw dadurch relativiert werde. Ob die Meldung an die Gebietskrankenkasse um 09.33 Uhr selbständig oder erst aufgrund der Kontrolle erfolgt sei, sei nebensächlich, sie sei jedenfalls verspätet erfolgt. Wenn auch am Vortag des 10. Jänner 2008 noch nicht festgestanden sei, ob ein Einsatz der drei Arbeitnehmer erfolgen könne, so sei doch am Morgan des 10. Jänner 2008 festgestanden, dass es zum Einsatz kommen werde. Wie die Zeugin M ausgesagt habe, sei auch am 10. Jänner 2008 der Arbeitsbeginn für den Bw um 08.00 Uhr gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei bereits festgestanden, dass die drei Arbeitnehmer anzumelden seien. Tatsächlich seien diese jedoch erst um 08.33 Uhr angemeldet worden.

Wenn auch nicht mehr nachvollzogen werden könne, warum die Anmeldung erst um 08.33 Uhr erfolgt sei, müsse doch das Kontroll- und Sicherheitssystem bis zu diesem Zeitpunkt versagt haben. So habe die Zeugin M M in ihrer Aussage angegeben, dass sie sofort nach dem Vorfall am 10. Jänner 2008 den Bauleitern den Auftrag gegeben habe, darauf zu achten, dass die Anmeldungen der eingesetzten Arbeitskräfte unbedingt einen Tag vor Arbeitsbeginn der GKK gemeldet würden. Selbst wenn erst am Morgen des 10. Jänner 2008 festgestanden sei, dass die Arbeiten aufgrund der Wetterlage doch durchgeführt werden könnten, waren seit Arbeitsbeginn 08.00 Uhr bis zur tatsächlichen Anmeldung um 08.33 Uhr doch mehr als eine halbe Stunde vergangen. Bei einer ordnungsgemäßen Vorgangsweise hätte bis zum Zeitpunkt der Kontrolle um 08.24 Uhr eine rechtzeitige Meldung getätigt  werden können.

1.3.  Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 16. Mai 2008 zugestellt wurde, richtet sich die am 30. Mai 2008 – und somit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingelangte Berufung, mit der die Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

1.4. Der Bw führte im Wesentlichen aus, dass die Anmeldung lediglich 9 Minuten verspätet erfolgt sei. Bestritten werde, dass die Anmeldung erst aufgrund eines Anrufes von Herrn W G getätigt worden sei, vielmehr habe im erstinstanzlichen Verfahren nachgewiesen werden können, dass die Anmeldung völlig unabhängig von der Kontrolle erfolgt sei.

Zudem sei am Vortag nicht festgestanden, ob der Einsatz der genannten Personen überhaupt erfolgen könne. Erst in den frühen Morgenstunden sei entschieden worden, dass die genannten Personen mit ihrer Tätigkeit für die M beginnen würden. Der zuständige Bauleiter sei informiert worden, dass eine Meldung gemäß § 33 ASVG auch telefonisch möglich sei und gegebenenfalls zu erfolgen habe. Im Lohnbüro seien die ELDA-Anmeldungen der Reihe nach durchgeführt worden, weshalb die genannten drei Personen erst um 08.33 Uhr an die Reihe gekommen seien.

2.1. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Da keine Berufungsvorentscheidung erlassen und keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zu entscheiden (§ 51 c VStG).

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt. Da sich bereits aus den Akten der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und schon auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 730 bis 2180 Euro zu bestrafen, wer als Dienstgeber entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

§ 23 ASVG richtet als Träger der Krankenversicherung ua. für jedes Bundesland eine Gebietskrankenkasse ein. Der Sitz der Oö. Gebietskrankenkasse ergibt sich aus der auf Grund des § 453 ASVG erlassenen Satzung. Nach § 2 der Satzung der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ("nach dem Stand vom 1. Jänner 2008") ist Sitz der Kasse Linz.

3.2 Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist jene Behörde im Strafverfahren örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist.

Erfolgt die Verwaltungsübertretung in Form einer Unterlassung der Erstattung von Meldungen und/oder Anzeigen oder der Nichterfüllung einer Auskunftspflicht ist beim Tatort darauf abzustellen, wo die geschuldete Handlung vorzunehmen gewesen wäre. Der Ort, an dem der Täter hätte handeln sollen, ist maßgebend. Somit ist der Erfüllungsort jener Ort, an dem die anfragende Behörde oder die Behörde, bei der die Meldung oder Anzeige erfolgen hätte müssen, ihren Sitz hat (vgl. Verwaltungsgerichtshof [VwGH] vom 15. Mai 2000, 98/17/0091ua zum Wiener Parkometergesetz, VwGH vom 16. September 1999, 98/20/0454 zum Waffengesetz sowie vom 31. Jänner 1996, 93/03/0156 zu § 103 Abs 2 KFG).

Als Tatort der im erstinstanzlichen Verfahren angelasteten Verwaltungsübertretung ist demnach Linz als Sitz der Oö. Gebietskrankenkasse anzusehen, da eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung nach § 33 ASVG nur durch Einlangen der Meldung oder Anzeige beim zuständigen Krankenversicherungsträger zu erfüllen ist (vgl. in diesem Sinn ua. auch bereits die Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats vom 2. November 2004, VwSen-251161/2).

Mangels gesetzlicher Sonderbestimmungen im ASVG (vgl. bspw. § 123 Abs 4 KFG oder § 67 Bundesstatistikgesetz) war – entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung – im vorliegenden Fall der Bezirkshauptmann von Schärding nicht die zuständige Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz. Zwar sieht § 358 ASVG die Möglichkeit vor, dass der Versicherungsträger in Verwaltungssachen die für den Wohnort einer einzuvernehmenden Person örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde um ihre Vernehmung ersuchen kann, eine Ermächtigung zur Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens geht damit allerdings nicht einher, sodass das angefochtene Straferkenntnis jedenfalls von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde.

3.3. Bei diesem Ergebnis braucht auf die weiteren in der Berufung aufgeworfenen Fragen nicht mehr eingegangen zu werden.

4. Aus dem oben genannten Grund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

Beschlagwortung:

ASVG, örtliche Unzuständigkeit der Behörde I. Instanz

 

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