Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100000/2/Weg/Ka

Linz, 08.04.1991

 

 

 

VwSen-100000/2/Weg/Ka Linz, am 8. April 1991

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied W.Hofrat Dr. Wegschaider über die Berufung des J K, E, gegen das mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 12. Februar 1991, VerkR 96/8648/1990/Däu, ausgesprochene Strafausmaß zu Recht:

 

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die Geldstrafe mit nunmehr S 100,-- festgesetzt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf
    6 Stunden herabgesetzt.
  2.  

  3. Der von der Erstbehörde festgesetzte Strafkostenbeitrag wird auf S 10,-- reduziert.

 

 

Rechtsgrundlage:

 

zu I. § 66 Abs.4 AVG, §§ 24, 19, 51, 51e Abs.2 VStG.

zu II. §§ 64,65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer des PKW's 0- wurde mittels Anonymverfügung vom 6. November 1990 mit einer Geldstrafe von S 300,-- bedacht, weil er am 9. Oktober 1990, um 16.05 Uhr, in T bei km 1,35 der L 513 den PKW 0-848.551 in Richtung A gelenkt und dabei die mit 50 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 19 km/h (so die Radarmessung) überschritten habe. Dadurch habe er §§ 52 lit.a Z. 10a und 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 verletzt.

 

Der Berufungswerber vermeint daraufhin in einem an das Amt der Oö. Landesregierung gerichteten Schreiben, dass diese Geldstrafe in Anbetracht seiner geringen Pension (S 6.000,--) und der nicht vorgelegenen Behinderung oder Gefährdung überhöht sei und erklärte sich bereit, S 100,-- einzuzahlen, was offensichtlich auch geschehen ist.

 

Durch die Nichteinzahlung des Gesamtbetrages ist die Anonymverfügung im Sinne des § 49a Abs.6 VStG gegenstandslos geworden, sodass die Behörde nach vorangegangener Lenkererhebung mit Strafverfügung vom 4. Jänner 1991 wegen des schon oben angeführten Verkehrsvergehens schließlich eine Geldstrafe von S 600,-- verhängte.

 

Gegen diese Strafverfügung brachte der Berufungswerber Einspruch hinsichtlich des Strafausmaßes ein, der die Erstbehörde mit Bescheid vom 12. Februar 1991 keine Folge gab und als Kostenbeitrag zu diesem Verfahren noch zusätzlich S 60,-- vorschrieb. Gegen diesen Bescheid richtet sich die nunmehr vorliegende Berufung vom 24. Februar 1991.

 

1.2. Die Berufung ist rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde - trotz erkennbaren Vorliegens der Voraussetzungen hiezu - nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. In der Berufung wurde eine mündliche Verhandlung nicht verlangt, sodass - weil sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet - eine mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen war.

 

1.3. Der Berufungswerber, welcher die ihm angelastete Verwaltungsübertretung hinsichtlich der objektiven Tatseite nicht bestreitet, bringt sinngemäß vor, dass die verhängte Geldstrafe überhöht sei, weil nach dem Tatzeitpunkt das Tempolimit auf dem genannten Straßenabschnitt von 50 km/h auf 60 km/h hinaufgesetzt worden sei, demnach die Verkehrs- und Straßenverhältnisse eine höhere Geschwindigkeit zuließen und sohin die Verkehrssicherheit weniger beeinträchtigt sei. Des weiteren habe die Erstbehörde das Strafausmaß deshalb verdoppelt (im Vergleich zur Anonymverfügung), weil er sich zur Wehr gesetzt habe. Sein Einkommen (S 6.000,--) sei im übrigen nicht richtig berücksichtigt worden.

 

1.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat das Ermittlungsverfahren mit dem Ersuchen an die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. ergänzt, einerseits die gemäß
§ 19 VStG maßgeblichen Gründe (sofern nicht schon aktenkundig) zu ermitteln und andererseits mitzuteilen, wann und aus welchen Gründen die im Tatortbereich geltende Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h auf 60 km/h geändert wurde.

 

1.5. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. teilte daraufhin mit Schreiben vom 14. März 1991 mit, dass die gemäß § 19 VStG für die Strafbemessung maßgeblichen Gründe bereits im 3. und 4. Absatz des angefochtenen Bescheides enthalten seien. Die 50 km/h-Beschränkung sei seinerzeit deshalb verordnet worden, weil der Gesamtverkehr der A 8 vor der Fertigstellung der A 8 durch das Ortsgebiet T geführt werden musste . Nach der Fertigstellung der A 8 im Spätherbst 1990 habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit wieder auf 60 km/h hinaufgesetzt werden können, da das Verkehrsaufkommen in der Ortsdurchfahrt T zurückgegangen sei. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vermeint abschließend, dass die Höhe der verhängte Strafe gerechtfertigt sei und beantragt, die Berufung abzuweisen.

 

1.6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Im Sinne des § 49 Abs. 2 VStG bewirkt ein rechtzeitiger Einspruch gegen das Ausmaß der verhängten Strafe, dass der Schuldspruch selbst in Rechtskraft erwächst, über die Höhe der Strafe in der Folge die Behörde zu entscheiden hat, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

In diesem Verfahren hat die Erstbehörde die Strafbemessung gemäß § 19 Abs. 2 VStG vorzunehmen. Dabei sind neben den im § 19 Abs. 1 VStG normierten Bemessungsgrundlagen (Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat) die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Rücksicht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Unrechtsgehalt der Tat ohne Ansehung der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten und ohne Berücksichtigung der Erschwerungs- und Milderungsgründe ist durch die diesbezügliche Verordnung aufgrund des § 49a Abs.1 VStG für die gegenständliche Verwaltungsübertretung in Geld ausgedrückt mit S 300,-- bemessen worden (= Anonymverfügung).

 

Warum die Erstbehörde in der schließlich ergangenen Strafverfügung vom 4. Jänner 1991 das Strafausmaß verdoppelte, wo doch bei der Festsetzung der Strafhöhe lediglich der § 19 Abs. 1 VStG heranzuziehen ist (vergleiche die Formulierungen der §§ 19 Abs.1 bzw. 49a Abs.2 Z. 2 VStG) ist nicht ersichtlich. Die Festsetzung unterschiedlicher Strafen für ein und dasselbe Delikt in der Anonymverfügung und anschließend in der Strafverfügung ist im gegenständlichen Fall nicht gesetzeskonform. Es hätte also schon in der Strafverfügung das Strafausmaß ebenfalls mit S 300,-- festgesetzt werden müssen.

 

Im schließlich durchgeführten (sogenannten) ordentlichen Verfahren ist die Erstbehörde nur scheinhalber auf die Strafbemessungsgründe des § 19 Abs.2 VStG eingegangen. Hätte sie die Strafhöhe dieser Gesetzesstelle entsprechend festgesetzt, so wäre eine deutliche Reduzierung das Ergebnis gewesen.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat ersetzt mit diesem Bescheid die Rechtsansicht der Erstbehörde und führt aus, dass keine Erschwerungsgründe vorliegen. Als Milderungsgrund wird die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet. Das Verschulden erscheint dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht so gravierend, wie dies im erstinstanzlichen Bescheid dargestellt ist, zumal die Geschwindigkeitsbeschränkung nunmehr mit 60 km/h festgesetzt wurde und - wie dem Radarfoto zu entnehmen ist - auch keine sich durch T wälzende Verkehrslawine erkennbar ist (dies war ja der Grund für die 50 km/h Beschränkung). Letztlich waren auch die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten (S 6.000,-- per Monat) entsprechend zu berücksichtigen.

 

Insgesamt wird somit festgestellt, dass die Geldstrafe (obwohl innerhalb des gesetzlichen Rahmens bis zu S 10.000,--) von der Erstbehörde unrichtig bemessen wurde, was schließlich zur spruchgemäßen Entscheidung führte.

 

Von der Rechtswohltat des Absehens von der Strafe (verbunden mit einer allfälligen Ermahnung) konnte nicht Gebrauch gemacht werden, da das Verschulden nicht jene Geringfügigkeit aufweist, die gemäß § 21 VStG gefordert ist.

 

III. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von 6 Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

 

 

Dr. Wegschaider

 

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 25.09.1991, Zl.: 1991/02/0075-5

 

 

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