Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530774/5/Kü/Sta

Linz, 23.07.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine
VI. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung der N A GmbH,  A vom 19. November 2007, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. Oktober 2007, UR-2006-3661/53, betreffend Vorschreibung von Auflagen gemäß § 63 Abs.2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, zu Recht erkannt:

 

 

      Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene         Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im Punkt I. 2. die       Wortfolge "die Einbringung von" zu entfallen hat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF. iVm § 62 Abs.3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002 idgF.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. Oktober 2007, UR-2006-3661/53, wurden der N A GmbH in Bezug auf den Betrieb der Biogasanlage auf den Gst. Nr.  und , je KG. und Gemeinde A, gemäß § 62 Abs.3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) folgende nachträgliche Auflagen vorgeschrieben:

1.       Die Silage aus den Fahrsilos ist mit solchen Transportgeräten zu entnehmen, deren Entnahmehöhe der Silagenhöhe ohne Untergrabung anpassbar ist.

2.       Die Einbringung von Sonnenblumensilage darf nur während der kühlen Jahreszeiten (unter plus 15 Grad Celsius Außentemperatur) entnommen und eingebracht werden.

 

Begründet wurden diese nachträglichen Auflagen damit, dass auf Grund von Nachbarschaftsbeschwerden wegen starker Geruchsbelästigungen am
12. September 2007 durch den Amtssachverständigen für Luftreinhaltung eine Überprüfung der gegenständlichen Biogasanlage durchgeführt worden sei. Auf der Grundlage der schlüssigen Stellungnahme des Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik seien die vorgeschriebenen Maßnahmen zur Minimierung von Geruchsemissionen erforderlich gewesen.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig von der N A GmbH Berufung erhoben und beantragt, die Auflagen aufzuheben.

 

Zu Punkt 1. wurde begründet, dass die Silage aus den Fahrsilos mit dem Radlader entnommen würde. Die Silage die durch Untergrabung des Silohaufens herunterfalle, würde umgehend in den Tagesbehälter geladen, sodass dadurch keine Geruchsbelästigung entstehen könne. Durch den Ankauf eines geforderten Teleskopladers sei keine Verbesserung gegeben.

 

Zu Punkt 2. wurde die Frage gestellt, aus welchen wissenschaftlichen Untersuchungen zu entnehmen sei, dass Silage aus Sonnenblumen ab einer Außentemperaturen über 15 Grad Celsius Geruchsprobleme verursachen könne. Es würde die  Aufhebung dieses Punktes beantragt, da es weder wissenschaftliche noch praktische Gründe dafür gebe.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Berufung nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens mit Schreiben vom
7. Februar 2008 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

 

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Gemäß § 67g Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von der Berufungswerberin eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

Bereits vom Landeshauptmann von Oberösterreich wurde das Berufungsvorbringen zum Anlass genommen, den Sachverständigen für Luftreinhaltetechnik mit der Beurteilung des Berufungsvorbringens zu betrauen. Der Sachverständige führte dazu Folgendes aus:

 

"Zu Auflagepunkt 1.

Silage aus den Fahrsilos ist mit solchen Transportgeräten zu entnehmen, deren Entnahmehöhe der Silagenhöhe ohne Untergrabung anpassbar ist

 

Wie bereits in der Begründung dazu angeführt wurde, werden bei dieser Entnahmetechnik mögliche Flächen, die zur Geruchstofffreisetzung führen können, großflächig erweitert. Bei einer direkten Entnahme von Silage werden die Emissionsflächen nur um die Anschnittsflächen erweitert. Zerfällt jedoch bei der Entnahme das Silogut, so ist mit einer mehrfachen Vergrößerung jener Oberfläche zu rechnen, von der Geruchstoffemissionen ausgehen können. Diese laut Auflagepunkt 1 geforderte Geruchstoffemissionsminimierungsmaßnahme betrifft somit nicht die sofortige Einbringung in den Tagesbehälter (ist ohnedies unverzüglich erforderlich), sondern die nicht dem Stand der Technik durchgeführte Silageentnahme.

In diesem Zusammenhang wurde im Gutachten darauf hingewiesen, dass eine zusätzliche Geruchstofffreisetzung bei der Silageentnahme aus den Fahrsilos dadurch vermieden werden kann, indem die Fahrsilos entweder mit Silage nur mit jener Höhe beschickt werden, die ein Untergraben des Silogutes nicht erforderlich machen, oder es ist ein Entnahmegerät zu verwenden, mit dem auch ohne Untergrabung die direkte Entnahme von Silogut möglich ist.

 

Zu Auflagepunkt 2.

Die Einbringung von Sonnenblumensilage darf nur während den kühlen Jahreszeiten (unter + 15°C Außentemperatur) entnommen und eingebracht werden.

 

Im Zuge der Überprüfung wurde durch Herrn O mitgeteilt, dass seinen Wahrnehmungen nach während der Entnahme von Sonnenblumensilage im Sommer (bei wärmeren Außentemperaturen) massive Geruchsemissionen frei werden. Sonnenblumensilage wurde bisher in den unteren Schichten und Maissilage darüber in den oberen Schichten der Fahrsilos eingebracht. Bei der täglich zweimaligen Entnahme und Beschickung des Silokings wurde daher bisher immer auch Sonnenblumensilage gemeinsam mit Maissilage manipuliert, was während der Sommermonate bei sehr warmen Außentemperaturen zu zusätzlichen Geruchsemissionen führte. Aufgrund dieser Beobachtungen durch Herrn O (Betriebsleiter) konnte dessen Lösungsvorschlag, eine getrennte Silage von Mais und Sonnenblumen durchzuführen deshalb als plausible Emissionsminimierungsmaßnahme angesehen werden, weil dadurch eine Sonnenblumensilageentnahme während der warmen Jahreszeit vermieden werden kann.

 

Obwohl es zu den o.a. Beobachtungen des Herrn O hinsichtlich massiver Geruchstofffreisetzungen bei der Sonnenblumensilageentnahme während warmer Außentemperaturen keine wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt sind, wird dennoch auf das Forschungsprojekt Nr. 1421 BMLFUW, GZ LE. 1.3.2/0050-11/1/2005 FA13B-80.26-1/04-G2, Zwischenbericht 27. Juni 2006 der Universität für Bodenkultur Wien, Department für Nachhaltige Agrarsysteme, Institut für Landtechnik "Optimierung der Methanausbeute aus Zuckerrüben, Silomais, Körnermais, Sonnenblumen, Ackerfutter, Getreide, Wirtschaftsdünger und Rohglyzerin unter den Standortbedingungen der Steiermark" hingewiesen, wonach die Gärrohstoffkomponente "Sonnenblumensilage" mit 17 % Rohfett in TS im Vergleich zu allen anderen Rohstoffkomponenten mit unter 5 % sehr fettreich war.

 

Aus einem weiteren Bericht der Energie- und Umweltforschung 80/2006

Eigentümer, Herausgeber und Medieninhaber:

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

Radetzkystraße 2,1030 Wien

Verantwortung und Koordination:

Abteilung für Energie- und Umwelttechnologien

Leiter: DI M P

ist zur Sonnenblume als nachwachsender Rohstoff Folgendes zu entnehmen:

Die Inhaltsstoffgehalte der Energiepflanzen waren hauptsächlich vom Erntezeitpunkt geprägt und weniger von der Sorte bzw. dem Standort. Im Verlauf der Vegetation erhöhte sich der Rohfettgehalt in der Biomasse der Sonnenblumen auf knapp 20 % Die Rohfettgehalte in der Biomasse vom Mais, Wiesengras und Getreide lagen maximal bei 2, 4 bzw. 5 %.

 

Dem Abschlussbericht 2004 der Landwirtschaftskammer Nordrhein Westfalen Projekt Biogas Rheinland, Energie- und Stoffumsetzung in Biogasanlagen - Ergebnisse messtechnischer Untersuchungen an landwirtschaftlichen Biogasanlagen im Rheinland - ist folgende Anmerkungen zu Kosubstraten zu entnehmen:

Sonnenblumensilage: Bei Anlage 4 wurden Sonnenblumen als nachwachsender Rohstoff angebaut und siliert. Aufgrund eines Defektes des Feststoffdosierers konnte leider kein Versuch hiermit durchgeführt werden. Jedoch wurde vom Anlagenbetreiber angemerkt, dass ein sehr negativer Geruch der Sonnenblumensilage entsteht.

 

Schlussfolgerung:

Auf Grund der Beobachtungen des Herrn O (Betriebsleiter) und den Ergebnissen der o.a. Forschungsberichte erscheint es plausibel, dass durch den nachgewiesenen hohen Rohfettanteil in der Sonnenblumensilage bei der Entnahme aus den Fahrsilos während warmer Außentemperaturen mit erhöhten Geruchswahrnehmungen gerechnet werden muss. Als zielführender Lösungsversuch wurde daher die gemeinsam mit Herrn O erarbeitete Lösungsvariante lt. Auflagepunkt 2 vereinbart, und daher auch als zusätzliche Auflage vorgeschlagen."

 

Diese Ausführungen des Sachverständigen wurden der N A GmbH vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 2. Juni 2008 unter Darstellung der Rechtslage zur Kenntnis gebracht und wurde in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen.

 

Eine Stellungnahme der N A GmbH dazu ist nicht eingelangt.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. § 62 Abs.3 AWG 2002 lautet:

Ergibt sich nach der Erteilung einer Genehmigung gemäß den §§ 37, 44, 52 oder 54, dass die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben. Geeignete Maßnahmen sind insbesondere Untersuchungen, Beprobungen, Messungen, nachträgliche Auflagen, Erstellung und Durchführung eines Sanierungskonzepts, Beseitigung von bereits eingetretenen Folgen von Auswirkungen der Behandlungsanlage, vorübergehende oder dauernde Einschränkungen der Behandlungsanlage oder die gänzliche oder teilweise Einstellung des Betriebs.

 

5.2. In Anlehnung an die Ausführungen des Sachverständigen für Luftreinhaltetechnik ist zu der von der N A GmbH praktizierten Silageentnahme mittels Radlader festzuhalten, dass diese Vorgangsweise nicht dem Stand der Technik entspricht. Durch den Einsatz des Radladers, der nicht die Höhe der Silage erreicht, zerfällt Silagegut, sodass es dabei zur Freisetzung von Geruchsstoffemissionen kommen kann. Entsprechend den nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen ist zerfallenes Silogut ohnehin unverzüglich sofort in den Tagesbehälter einzubringen und daher nicht als künftig geeignete Maßnahme zur Hintanhaltung von Geruchsstoffemissionen anzusehen. Die schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen, wonach bei dieser Entnahmetechnik mögliche Freiflächen, die zur Geruchsstofffreisetzung führen können, großflächig erweitert werden und dazu im Gegensatz bei einer direkten Entnahme von Silage die Emissionsflächen nur um die Anschnittsflächen erweitert werden, stellen sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat als nachvollziehbar und schlüssig dar und kann diesen Ausführungen des Sachverständigen mit der bloßen Behauptung, dass durch Untergrabung heruntergefallenes Silagegut umgehend in den Tagesbehälter geladen wird, den fachlichen Ausführungen des Sachverständigen nicht wirksam entgegengetreten werden.

 

Zu den Berufungsausführungen, wonach die Anschaffung eines Teleskopladers keine Verbesserung bringt bzw. aus finanziellen Mitteln nicht möglich ist, ist festzuhalten, dass gemäß § 62 Abs.3 AWG 2002 bei der nachträglichen Vorschreibung von Auflagen zum Schutz der öffentlichen Interessen die wirtschaftliche Komponente keine Berücksichtigung zu finden hat. Mit der Behauptung, dass die Anschaffung eines Teleskopladers aus finanziellen Mitteln nicht möglich ist, kann daher der nachträglichen Auflage hinsichtlich der Entnahme von Silagegut nicht wirksam entgegengetreten werden.

 

Zudem ist festzuhalten, dass die gegenständliche Auflage nicht ausschließlich darauf gerichtet ist, eine neues Entnahmegerät anzuschaffen, sondern jedenfalls die Silagehöhe auf das Entnahmegerät, welches Verwendung findet, anzupassen sein wird.

 

In Beantwortung des Berufungsvorbringens, wonach es keine wissenschaftlichen Untersuchungen dafür gibt, dass Sonnenblumensilagen ab einer Außentemperatur von über 15 Grad Celsius Geruchsprobleme verursachen können, wurde vom Sachverständigen nachvollziehbar dargestellt, aus welchen Untersuchungen abzuleiten ist, dass Sonnenblumensilage einen nachgewiesenen hohen Rohfettanteil enthält, von dem aus in den warmen Jahreszeiten erhöhte Geruchsentwicklungen ausgehen können. Vom Sachverständigen wurde aus den Berichten zu den genannten Untersuchungen bzw. auch auf Grund der Beobachtungen des Betriebsleiters der gegenständlichen Biogasanlage die fachliche Schlussfolgerung gezogen, dass auf Grund des hohen Rohfettanteils in der Sonnenblumensilage bei der Entnahme aus den Fahrsilos während warmer Außentemperaturen mit erhöhten Geruchswahrnehmungen gerechnet werden muss. In diesem Zusammenhang ist dem Berufungsvorbringen, wonach es biologisch und für die Gasausbeute sinnvoll ist, einen Substratmix einzusetzen, zu entgegnen, dass durch die nachträgliche Auflage der Einsatz von Sonnenblumensilage nicht gänzlich untersagt, sondern an die Bedingungen der Außentemperatur geknüpft wird.

 

Eine Korrektur des Auflagepunktes 2. war zur Klarstellung der Auflage vorzunehmen.

 

Insgesamt ist daher festzuhalten, dass das Berufungsvorbringen nicht geeignet war, die Rechtmäßigkeit der nachträglichen Auflagepunkte in Zweifel zu ziehen, weshalb der Berufung keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen war.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

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