Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251874/2/BP/Se

Linz, 29.07.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der S F, G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes des Bezirks Perg vom 10. Juli 2008, GZ.: SV96-5-2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als das         angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der    Bescheid erlassenden Behörde aufgehoben und das      Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird.

 

II.     Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des    Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu     den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu      leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungs­verfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 66 VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Perg vom 10. Juli 2008, GZ.: SV96-5-2008, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.450,- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil sie es als zur Vertretung nach außen gemäß § 9 Abs. 1 VStG berufenes Organ, nämlich als handelsrechtliche Geschäftsführerin der F H GmbH, G der Arbeitgeberin, zu verantworten habe, dass, wie durch Organe des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr am 31. Jänner 2008 um 15.40 Uhr im Zuge einer Kontrolle in dem von der F H GmbH geführten Gastgewerbebetrieb in G, dienstlich festgestellt worden sei, Frau S F, geb.   im oben bezeichneten Betrieb beschäftigt worden sei und die oben genannte Arbeitgeberin bis zumindest 31. Jänner 2008 ihrer Verpflichtung nach § 33 ASVG Frau S F beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden nicht nachgekommen sei.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 33 iVm. § 111 Abs. 1 und 2 ASVG i.d.g.F. genannt.

 

1.2. Mit Schreiben vom 16. Juli 2008 erhob die Bw Berufung gegen den in Rede stehenden Strafbescheid der belangten Behörde und beantragt darin letzteren aufzuheben.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 22. Juli 2008 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

Dieser erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

 

2.2. Nachdem bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung bekämpfte Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs. 1 Z. 1 die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat entfallen.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 2/2008, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 730 bis 2180 Euro zu bestrafen, wer als Dienstgeber entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

 

Gemäß § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

§ 23 ASVG richtet als Träger der Krankenversicherung ua. für jedes Bundesland eine Gebietskrankenkasse ein. Der Sitz der Oö. Gebietskrankenkasse ergibt sich aus der auf Grund des § 453 ASVG erlassenen Satzung.

 

Nach § 2 der Satzung der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ("nach dem Stand vom 1. Jänner 2008") ist Sitz der Kasse Linz.

 

3.2 Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist jene Behörde im Strafverfahren örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist.

 

Erfolgt die Verwaltungsübertretung in Form einer Unterlassung der Erstattung von Meldungen und/oder Anzeigen oder der Nichterfüllung einer Auskunftspflicht ist beim Tatort darauf abzustellen, wo die geschuldete Handlung vorzunehmen gewesen wäre. Der Ort, an dem der Täter hätte handeln sollen, ist maßgebend. Somit ist der Erfüllungsort jener Ort, an dem die anfragende Behörde oder die Behörde, bei der die Meldung oder Anzeige erfolgen hätte müssen, ihren Sitz hat (vgl. Verwaltungsgerichtshof [VwGH] vom 15. Mai 2000, 98/17/0091ua zum Wiener Parkometergesetz, VwGH vom 16. September 1999, 98/20/0454 zum Waffengesetz sowie vom 31. Jänner 1996, 93/03/0156 zu § 103 Abs 2 KFG).

 

Als Tatort der im erstinstanzlichen Verfahren angelasteten Verwaltungsübertretung ist demnach Linz als Sitz der Oö. Gebietskrankenkasse anzusehen, da eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung nach § 33 ASVG nur durch Einlangen der Meldung oder Anzeige beim zuständigen Krankenversicherungsträger zu erfüllen ist (vgl. in diesem Sinn u.a. auch bereits die Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats vom 2. November 2004, VwSen-251161/2).

 

Mangels gesetzlicher Sonderbestimmungen im ASVG (vgl. bspw. § 123 Abs 4 KFG oder § 67 Bundesstatistikgesetz) war - entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung - im vorliegenden Fall der Bezirkshauptmann des Bezirks Perg nicht die zuständige Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz. Zwar sieht § 358 ASVG die Möglichkeit vor, dass der Versicherungsträger in Verwaltungssachen die für den Wohnort einer einzuvernehmenden Person örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde um ihre Vernehmung ersuchen kann, eine Ermächtigung zur Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens geht damit allerdings nicht einher, sodass das angefochtene Straferkenntnis jedenfalls von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde.

 

3.3. Bei diesem Ergebnis braucht auf die weiteren in der Berufung aufgeworfenen Fragen nicht mehr eingegangen zu werden.

 

3.4. Aus dem oben genannten Grund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

Rechtssatz:

VwSen-251874/2/BP/Se

§§ 33 iVm 111 ASVG, Unzuständigkeit der Erstbehörde; ständige Rechtssprechung

 

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