Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163378/2/Ki/Jo

Linz, 28.07.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des G S, O, F, vom 6. Juni 2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. Mai 2008, VerkR96-5609-2007, wegen einer Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben.

 

II.                Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG;

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis dem Berufungswerber eine Übertretung des § 103 Abs.1 Z1 KFG iVm § 101 Abs.1 lit.e KFG zur Last gelegt und über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.


 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 6. Juni 2008 Berufung erhoben, dies mit einer inhaltlichen Begründung.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 21. Juli 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Die dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung wurde durch die Landesverkehrsabteilung Oberösterreich mit Anzeige vom 8. Dezember 2006 der zunächst dem Tatort nach zuständigen Bezirkshauptmannschaft Schärding zur Kenntnis gebracht.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat zunächst gegen den Rechtsmittelwerber eine Strafverfügung erlassen (VerkR96-6512-2006 vom 12. Dezember 2006), welche mit Schreiben vom 17. Jänner 2007 beeinsprucht wurde.

 

In der Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding mit Schreiben vom 4. Februar 2005 (gemeint wohl 2007) den Verwaltungsstrafakt gemäß § 29a VStG an die nach dem Wohnsitz des Rechtsmittelwerbers zuständige Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck abgetreten.

 

Mit Schreiben vom 7. März 2007, VerkR96-5609-2007, hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens die Bezirkshauptmannschaft Schärding um eine Zeugeneinvernahme ersucht.

 

Unter Ordnungsnummer 13 findet sich im vorliegenden Verfahrensakt ein Aktenvermerk vom 27. Juni 2007, bezogen auf VerkR96-5609-2007, wonach von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen G S gemäß § 45 VStG abgesehen wird, weil der Akt nicht mehr vollständig ist. Die fehlenden Unterlagen seien nicht mehr auffindbar.

 

Mit Schreiben vom 7. Februar 2008, VerkR96-6512-2006, hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding dann den Verwaltungsstrafakt gegen den Berufungswerber rückübersendet und angeschlossen eine Fotokopie des Gutachtens eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen über eine mangelnde Ladungssicherung, welches im Verfahren gegen den Lenker eingeholt wurde. Weiters wurde eine Fotokopie der Fotos, welche der Anzeige gegen den Lenker angeschlossen waren, vorgelegt.

 

In der Folge verständigte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Schreiben vom 9. Mai 2008, VerkR96-5609-2007, den Berufungswerber vom Ergebnis der Beweisaufnahme, darauf reagierte dieser nicht und es wurde dann in der Folge das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß Artikel 4 des im Verfassungsrang stehenden 7. Zusatzprotokolls zur Menschenrechtskonvention darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.

 

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde unter den dort normierten Voraussetzungen von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

 

Gemäß § 45 Abs.2 VStG genügt, wird die Einstellung verfügt, ein Aktenvermerk mit Begründung, es sei denn, dass einer Partei Berufung gegen die Einstellung zusteht oder die Erlassung eines Bescheides aus anderen Gründen notwendig ist. Die Einstellung ist, soweit sie nicht bescheidmäßig erfolgt, dem Beschuldigten mitzuteilen, wenn er nach dem Inhalt der Akten von dem gegen ihn gerichteten Verfahren wusste.

 

Wie bereits oben dargelegt wurde, befindet sich im vorliegenden Verfahrensakt ein – handschriftlich unterfertigter – Aktenvermerk vom 27. Juni 2007, darin wird zum Ausdruck gebracht, dass von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Berufungswerber gemäß § 45 VStG abgesehen wird, weil der Akt nicht mehr vollständig ist bzw. die fehlenden Unterlagen nicht mehr auffindbar sind.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt dazu die Auffassung, dass, wenn auch dem Wortlaut nach von der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens abgesehen werden sollte, der Wille der Behörde doch dahin gegangen ist, auch von dessen Fortführung abzusehen, zumal letztlich das Verwaltungsstrafverfahren ja zunächst seitens der Bezirkshauptmannschaft Schärding eingeleitet wurde. Jedenfalls spricht die Begründung, der Akt sei nicht mehr vollständig bzw. fehlende Unterlagen wären nicht mehr auffindbar, für einen derartigen Behördenwillen.

 

Aus der Einstellung des Verfahrens erwächst aber die Rechtswirkung, dass von der Durchführung des Strafverfahrens nach einer erfolgten Einstellung in der Folge abgesehen werden muss, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass im Sinne des § 52 VStG innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 leg.cit. die Wiederaufnahme dieses durch Einstellung abgeschlossenen Verfahrens verfügt worden ist. Ein nach der Einstellung des Strafverfahrens dennoch erlassenes erstinstanzliches Straferkenntnis ist von der Rechtsmittelbehörde ersatzlos aufzuheben (VwGH 28.10.1998, 97/03/0010).

 

Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis auch ausgesprochen, dass, damit die Rechtswirkungen der Einstellung eintreten, es erforderlich sei, dem Beschuldigten, der vom Verfahren Kenntnis hatte, mitzuteilen, dass das gegen ihn geführte Verfahren eingestellt wurde, auf den konkreten Fall bezogen erachtet jedoch der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass der handschriftlich unterfertigte Aktenvermerk vom 27. Juni 2007 kein bloßer Entwurf sondern eben ein konstitutiver Rechtsakt ist und daher unabhängig von einer allfälligen Unkenntnis des Berufungswerbers die entsprechenden Rechtswirkungen ausgelöst wurden. Jede andere Betrachtungsweise würde dem verfassungsgesetzlich festgelegten Sachlichkeitsgebot widersprechen.

 

Inwieweit allenfalls die Voraussetzungen für eine allfällige Wiederaufnahme des Verfahrens zum Nachteil des Beschuldigten iSd § 52 VStG vorliegen würden, ist nicht Gegenstand des laufenden Berufungsverfahrens.

 

Aus den dargelegten Erwägungen konnte daher der Berufung Folge gegeben werden und war das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Alfred Kisch

 

Beschlagwortung:

Weiterführung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach Einstellung (§ 45 VStG) nur nach allfälliger Wiederaufnahme iSd § 52 VStG zulässig.

 

 

 

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