Linz, 30.07.2008
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufungen der S GmbH und des Herrn Ing. T B, beide M, M, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T B, B, S, vom 3. Juni 2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 15. Mai 2008, Zl. Ge96-29-2006-RE, wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959 zu Recht erkannt:
I. Den Berufungen wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG und § 137 Abs.6 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959, alle in der geltenden Fassung.
zu II.: § 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde gemäß § 137 Abs.3 Z10 iVm § 31 Abs.1 WRG 1959 eine Geldstrafe in der Höhe von 25.000 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Wochen sowie ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.
Der erstinstanzliche Spruch lautete:
Das angefochtene Straferkenntnis wurde an die Firma S GmbH, vertreten durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer Ing. T B sowie gemäß § 9 Abs.7 VStG auch an die S GmbH als haftende juristische Person zugestellt.
2. Dagegen wurde von den Berufungswerbern rechtzeitig Berufung erhoben, der belangte Bescheid zur Gänze angefochten und formelle und inhaltliche Rechtswidrigkeiten vorgebracht.
Es wurde angeführt, dass als Bescheidadressat von der belangten Behörde die Firma S GmbH angeführt wurde, vertreten durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer Ing. T B, richtigerweise aber Herr Ing. T B anzuführen gewesen wäre und nicht die Firma S GmbH.
Zudem sei dem Spruch des Verwaltungsstraferkenntnisses nicht zu entnehmen, woraus sich die dem Berufungswerber zur Last gelegte auffallende Sorglosigkeit oder vorsätzliche Gewässerverunreinigung ergebe. Im Spruch werde lediglich ein Sachverhalt wiedergegeben, ohne eine exakte Zuordnung des Tatverhaltens zur dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.
In der Sache selbst wurde ebenfalls im Einzelnen ausführlich vorgebracht, dass den Berufungswerbern die Verunreinigung nicht zuzurechnen bzw. auch eine solche Verunreinigung von diesen nicht erfolgt sei.
Weiters wurde auch vorgebracht, dass ein gerichtliches Strafverfahren gegen den Berufungswerber Ing. T B zur Zl. 12Hv103/06b vor dem Landesgericht Wels mit einem Freispruch geendet habe und im Strafverfahren sehr wohl die Umweltgefährdung iSd § 180 Abs.1 Z1 StGB verfahrensgegenständlich gewesen sei, sodass sich der Tatvorwurf mit dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren decke. Aufgrund des Freispruchs sei auch das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Beischaffung und Durchsicht des gerichtlichen Strafaktes Zl. 12Hv103/06b des Landesgerichtes Wels.
3.2. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht fest, dass im strafgerichtlichen Verfahren auch die im Verwaltungsstrafverfahren maßgeblichen Gewässerverunreinigungen Gegenstand waren. Der Berufungswerber wurde wegen des Vergehens der vorsätzlichen Beeinträchtigung der Umwelt nach § 180 Abs.1 Z1 StGB gemäß § 259 Z3 StPO mit Urteil vom 13. April 2007 freigesprochen. Als Begründung wurde in der gekürzten Urteilsausfertigung gemäß § 488 Z7 (§ 458 Abs.3) StPO angeführt, dass kein Schuldbeweis erbracht werden konnte.
Die Zustellverfügung im erstinstanzlichen Straferkenntnis lautete:
"Firma S GmbH, vertreten durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer Herrn Ing. T B, zH Herrn Rechtsanwalt Dr. T B".
3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie aus dem angeforderten gerichtlichen Strafakt.
Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass das angefochtene Straferkenntnis zu beheben sein wird, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
4.1. Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht bewiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.
Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1. die als erwiesen angenommene Tat;
2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.
Gemäß § 137 Abs.3 Z10 WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 36.340 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer durch auffallende Sorglosigkeit oder vorsätzlich eine erhebliche, nicht durch eine Bewilligung gedeckte Grundwasserverunreinigung bewirkt (§ 31 Abs.1).
Gemäß § 137 Abs.6 WRG 1959 ist eine Übertretung nach Abs.1 bis 4 nicht zu bestrafen, wenn sie den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt.
4.2. Aus der Zustellverfügung am Beginn des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist rein schon von der Formulierung abzuleiten, dass diese primär an die Firma S GmbH und eben nur zu Handen ihres gesetzlichen Vertreters zugestellt worden ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass zuerst die Firma und erst anschließend mit dem Zusatz "vertreten durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer" angeführt wurde.
Aus der Gesamtstruktur des Verwaltungsstrafrechtes und den einzelnen Bestimmungen ergibt sich jedoch, dass nur eine natürliche Person für Verwaltungsübertretungen bestraft werden kann.
Aus dem erstinstanzlichen Spruch ist auch kein konkreter Vorwurf hinsichtlich des Verschuldens zu entnehmen, der aber aufgrund der angewendeten Strafbestimmung des § 31 Abs.3 Z10 WRG 1959 (arg. durch auffallende Sorglosigkeit oder vorsätzlich) Teil des Tatvorwurfes gewesen wäre. So hätte der Spruch des Straferkenntnisses konkret die auffallende Sorglosigkeit sprich grobe Fahrlässigkeit bzw. den Vorsatz und das Verhalten, woraus sich dieser Vorsatz ableitet, enthalten müssen.
Unabhängig davon, ob die oben dargestellten Mängel einer Sanierung im Berufungsverfahren zugängig sind, ist jedoch auszuführen, dass der Berufungswerber in einem gerichtlichen Strafverfahren wegen des Vorwurfs der vorsätzlichen Umweltgefährdung mangels Schuldbeweises freigesprochen wurde.
Aus diesem gerichtlichen Freispruch ist abzuleiten, da dieser nur mangels Verschulden erfolgte, dass das zuständige Gericht sehr wohl von der Erfüllung des Tatbestandes der vorgeworfenen gerichtlich strafbaren Handlung ausgegangen ist. Es konnte daher iSd § 137 Abs.6 WRG 1959 kein weiteres Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt werden und würde eine Bestrafung auch dem Doppelbestrafungsverbot widersprechen.
Da somit eine Bestrafung des Herrn Ing. T B als natürliche Person gemäß § 9 Abs.1 VStG als zur Vertretung nach außen befugter strafrechtlicher Verantwortlicher nicht erfolgt, kann auch eine Haftung für die verhängten Geldstrafen bzw. Verfahrenskosten gemäß § 9 Abs.7 VStG für die S GmbH als juristische Person nicht zum Tragen kommen.
Da die Berufungen somit Erfolg hatten, entfallen auch sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Ilse Klempt