Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222202/10/Kl/RSt

Linz, 07.08.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn F S, P, 48 P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. März 2008, Ge96-2492-2007, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9. Juli 2008, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird hinsichtlich Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das Straferkenntnis (Spruchpunkt 1) vollinhaltlich bestätigt.

II.              Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz beträgt 60 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist ein Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 120 Euro (hinsichtlich Spruchpunkt 1) zu leisten; hinsichtlich Spruchpunkt 2 entfällt jeglicher Kostenbeitrag.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. März 2008, Ge96-2492-2007, wurden über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen von 1) 600 Euro und 2) 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 120 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß

         1) § 366 Abs.1 Z3 zweiter Fall GewO 1994 und Bescheid der Bezirks-         hauptmannschaft Vöcklabruck vom 3.3.1999, Ge20-27-10-03-1999 und

         2) § 366 Abs.1 Z2 zweiter Fall GewO 1994 verhängt.

Als Tat wurde ihm angelastet:

"1) Sie haben als Inhaber des als Gastgewerbe in der Betriebsart Bar geführten Lokals 'H' in P, P, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften der Gewerbeordnung eingehalten wurden, da festgestellt wurde, dass

a)    das Lokal am 29.04.2007 bis zumindest 04.15 Uhr geöffnet war und sich noch ca. 50 – 60 Gäste darin aufhielten (der Zugang zum Lokal war offen);

b)    das Lokal am 17.05.2007 bis zumindest 07.10 Uhr geöffnet war und sich noch 7 Gäste im Lokal aufhielten (der Zugang zum Lokal war offen);

c)     das Lokal am 27.05.2007 bis zumindest 04.55 Uhr geöffnet war und sich noch ca. 20 Gäste im Lokal, die Getränke konsumierten (der Zugang zum Lokal war offen);

d)    das Lokal am 23.06.2007 zumindest bis 05.45 Uhr geöffnet war und sich noch mind. 5 Gäste darin aufhielten,

obwohl mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 03.03.1999, Ge20-27-10-03-1999 die Betriebszeit mit täglich von 18.00 – 04.00 Uhr festgesetzt wurde. Damit wurde die genehmigte Betriebsanlage nach einer Änderung, die geeignet ist, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen, betrieben, ohne die für diese Änderung erforderliche Genehmigung erlangt zu haben.

2) Anlässlich von Kontrollen am

  a) 29.04.2007, ca. 40 Personen anwesend, die Getränke konsumierten;

  b)  27.05.2007, ca. 130 Personen anwesend, die Getränke konsumierten; Musikanlage in Betrieb;

wurde festgestellt, dass Sie am Standort 48 P, P, in der an das Lokal 'H' anschließenden Doppelgarage und dem dahinter befindlichen Raum eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage betreiben, (Gastgewerbebetriebsanlage), obwohl Sie nicht im Besitz der dafür erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung sind."

 

2. Dagegen wurde mündlich Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Es wurde auf die Rechtsgültigkeit des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde P von 1996 sowie das rechtskräftige Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates hingewiesen und liege daher eine Sperrzeit über die Betriebsanlagengenehmigung hinaus genehmigt vor. Im Einzelnen wurde dargelegt, dass am 17.05.2007 die Musikanlage nicht mehr gespielt habe, Aufräumarbeiten im Gange waren und neben Mitarbeitern drei Personen auf Mitfahrgelegenheiten oder Taxi warteten. Am 29.04.2007 seien lediglich 30 bis 40 Personen anwesend gewesen und hätte der Bw seinen persönlichen Geburtstag gefeiert. Viele Veranstaltungen in den Garagen seien privater Natur gewesen und es werde auf einen Mietvertrag hingewiesen. Nur fallweise wurde auch gegen Entgelt und gewerblich ausgeschenkt und dies zur Gänze versteuert. Am 29.04.2007 fand die private Geburtstagsfeier auch in der Garage statt. Am 27.05.2007 fand ein Zwei-Tages-Pfingst-Open-Air mit Veranstaltungsbewilligung der Gemeinde P statt und blieben 80 bis 100 Gäste über Nacht (Campierer und Zimmergäste). Um für die Nachbarschaft nicht viel Lärm durch die Campinggästen zu machen, klang das Fest in der Garage aus. Es wurde gewerblich ausgeschenkt. Allerdings werde auf den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P hingewiesen. Es werde jedenfalls die Herabsetzung des Strafausmaßes beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. Juli 2008, zu welcher der Bw geladen wurde und erschienen ist. Die geladene belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters sind die Meldungsleger M S, R P, G P als Zeugen geladen und einvernommen worden.

 

4.1. Aus dem Akt ersichtlich und durch den Bw bestätigt steht als erwiesen fest, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3.3.1999, Ge20-27-10-03-1999, die Genehmigung (Feststellung nach § 359b Abs.1 GewO 1994) für die Änderung (Erweiterung) des Gastgewerbebetriebes, und zwar zur Errichtung und den Betrieb eines Barbetriebes im Untergeschoß der Betriebsanlage auf Grundstück 4/3 KG. Trattenberg nach Maßgabe der bei der Verhandlung vorgelegenen und mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen erteilt wurde. Danach lag auch eine Betriebsbeschreibung samt Anhang und Baubeschreibung zugrunde, woraus sich eine Betriebszeit mit täglich von 18.00 bis 4.00 Uhr ergibt.

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P vom 30.6.1999, Ge-421-1999, wurde für den Barbetrieb "H" die Verlängerung der Sperrstunde bis 6.00 Uhr bewilligt. Ein Widerrufsbescheid vom 22.7.2004, Ge-421-2004, wurde im Rahmen der Berufung mit Bescheid des Gemeinderates von P vom 28.10.2004, Ge-421-2004, aufgehoben.

 

Der Bw verfügt über eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart Bar.

 

Eine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die an das Lokal "H" anschließende Doppelgarage liegt nicht vor.

 

4.2. Vom Bw wurde sowohl im Verfahren erster Instanz als auch anlässlich der mündlichen Verhandlung die Anwesenheit von Gästen auch über die Zeit von 04.00 Uhr Morgens hinaus, nicht bestritten und auch bestätigt, dass in der Doppelgarage gewerbsmäßig ausgeschenkt wurde. Zum Betrieb wurde ausgeführt, dass es sich um einen Gasthof mit 300 Sitzplätzen sowie einen Beherbergungsbetrieb mit 34 Betten handelt. Im Untergeschoß des Gastlokales befindet sich der Barbetrieb "H", die Garagen im Untergeschoß des Zubaues werden nicht als Garagen verwendet sondern für private Feierlichkeiten. Diese werden für Feiern vermietet und auch als Probenlokal für eine Musikband. Bei den Feiern werden auch Getränke ausgeschenkt.

 

Auch von den zeugenschaftlich einvernommenen Meldungslegern wurde glaubwürdig dargelegt, dass zu den angeführten Zeitpunkten Gäste im Lokal "H" anwesend waren, welche Getränke konsumierten. Es herrschte normaler Barbetrieb. Die anwesenden Personen waren eindeutig Gäste im Lokal und es herrschten keine Aufräumarbeiten. Auch wurde dies bei Einvernahme der Gäste bestätigt. Auch hinsichtlich der Doppelgarage wurde einhellig und glaubwürdig dargelegt, dass regelmäßig Preislisten für Getränke ausgehängt sind und auch Getränke konsumiert wurden. Es war Gastbetrieb. Über Nachfrage über den Mietvertrag konnten keine Namen und Adressen der Mieter genannt werden. Es ist daher der angelastete Sachverhalt einwandfrei erwiesen und der Entscheidung zugrunde zu legen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer

Z2 eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;

Z3 eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f).

 

Gemäß § 74 Abs.1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

 

Gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

 

Gemäß § 81 Abs.1 GewO bedarf, wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

 

5.2. Zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Wie bereits in dem gegen den Bw ergangenen rechtskräftigen Bescheid des Oö. Verwaltungssenates vom 22. Februar 2005, VwSen-221979/8/Kl/Pe, ausführlich dargelegt wurde und auch mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 2005, Zl. 2005/04/0069-3, bestätigt wurde, hat auch eine Regelung der Betriebszeiten, die sich nicht in den Auflagen des Genehmigungsbescheides, sondern in der in dem Spruch dieses Bescheides aufgenommenen Betriebsbeschreibung befindet, insofern normativer Charakter, als damit der Betrieb der Betriebsanlage nur im Rahmen dieser Betriebszeiten genehmigt ist. Damit ist aber jeder Betrieb dieser Betriebsanlage außerhalb der genehmigten Betriebszeiten als eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage anzusehen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 Abs.1 GewO der Genehmigung nach dieser Bestimmung bedarf (VwGH 18.6.1996, 96/04/0050 und 26.5.1998, 97/04/0245).

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist erwiesen, dass für den gegenständlichen Barbetrieb "H" eine Betriebszeit von 18.00 Uhr bis 4.00 Uhr festgelegt ist und zu dem im Spruch näher angeführten Zeitpunkten das Lokal auch noch nach 04.00 Uhr offen war und sich darin noch Gäste im näher beschriebenen Ausmaß aufhielten und Getränke konsumierten. Es wurde daher – wie auch vom Bw zu keiner Zeit bestritten wurde – die im Bescheid genehmigte Betriebszeit überschritten und wurde daher durch die Überschreitung dieser Betriebszeit im Sinne der vorstehenden Judikatur die Betriebsanlage geändert. Durch diese geänderte, nämlich erweiterte Betriebsweise bestand auch die Möglichkeit, Nachbarn durch Lärm, Geruch usw. zu belästigen. Es wurde daher die bescheidmäßig genehmigte Betriebsanlage außerhalb der genehmigten Betriebszeit durch Ausschank geändert und betrieben, wobei durch die Änderung Nachbarinteressen beeinträchtigt werden können und sich daraus grundsätzlich die Genehmigungspflicht der Änderung ergibt. Eine diesbezügliche gewerbebehördliche Genehmigung wurde vom Bw nicht eingeholt. Es war daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 zweiter Fall GewO 1994 erfüllt.

 

Wenn sich hingegen der Bw auf die zum Tatzeitraum rechtskräftig erteilte Bewilligung der Gemeinde P über eine Sperrstundenverlängerung bis 6.00 Uhr durch Bescheid vom 30.6.1999, Ge-421-1999, beruft, so ist ihm – wie auch schon rechtskräftig vom Oö. Verwaltungssenat ausgesprochen wurde – entgegenzuhalten, dass dieser Bescheid eine Änderung der Betriebszeit nach Betriebsanlagenbescheid nicht zu bewirken vermag. Es ist viel mehr der Bw an die rechtskräftig mit Betriebsanlagengenehmigungsbescheid festgesetzte Betriebszeit gebunden. Solange dieser rechtskräftige Betriebsanlagenbescheid aufrecht ist, kann er von der durch den Bürgermeister der Gemeinde P erteilten Sperrstundenverlängerung bis 6.00 Uhr nicht Gebrauch machen. Es hebt nämlich der Bescheid über die Sperrstundenverlängerung nicht die selbst auferlegte Betriebszeit nach dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid auf. Um die bescheidmäßig genehmigte Sperrstundenverlängerung ausschöpfen zu können, hat vielmehr der Bw die entsprechende bescheidmäßige Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage, nämlich Ausweitung der Betriebszeit auf 6.00 Uhr, zu bewirken. Es ist nämlich streng zwischen der Regelung über die gewerbemäßige Betriebsanlage und der Regelung über Sperrstunden nach der GewO zu unterscheiden.

 

Gemäß § 113 Abs.1 GewO 1994 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem gastgewerbliche Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen.

 

Gemäß § 113 Abs.3 GewO 1994 kann die Gemeinde unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde, gegebenenfalls mit den durch den Anlass bestimmten Beschränkungen, bewilligen. Eine solche Bewilligung ist nicht zu erteilen, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nichtstrafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. Bei sicherheitspolizeilichen Bedenken, wiederholter unzumutbarer Belästigung der Nachbarschaft durch ein nichtstrafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes oder wiederholter rechtskräftiger Bestrafung des Gastgewerbetreibenden wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde hat die Gemeinde diese Bewilligung zu widerrufen (§ 113 Abs.4 GewO).

Aus den genannten Gründen hat die Gemeinde gemäß § 113 Abs.5 GewO eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben.

 

Im Gegensatz zur Genehmigungspflicht der Betriebsanlage nach § 74 GewO, die auch dann besteht, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage (§ 74 Abs.3 GewO) bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen, ist für die Voraussetzung einer Bewilligung der Sperrstundenverlängerung gemäß § 113 Abs.3 GewO sowie auch für eine amtswegige Sperrstundenkürzung gemäß § 113 Abs.5 GewO Vorraussetzung eine wiederholt "durch ein nichtstrafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes" unzumutbare Belästigung. Nur zu dem Tatbestandsmerkmal der "unzumutbaren Belästigung" spricht der Verwaltungsgerichtshof aus, dass diesem Tatbestandsmerkmal keine im Wesentlichen andere Bedeutung beigelegt werden kann, als dem Begriff der unzumutbaren Belästigung im Sinn der für die Betriebsanlage geltenden Vorschriften, wobei die Frage der Zumutbarkeit einer durch die Ausübung eines Gastgewerbes bewirkten Störung der Nachbarschaft mangels einer weiteren gesetzlichen Determinierung ausschließlich unter Bedachtnahme auf die gegebenen örtlichen Verhältnisse zu beantworten ist (VwGH 23.5.1993, 93/04/0052).

Bei dem gemäß § 152 Abs.4 bis 6 GewO (nunmehr § 113 Abs.3 bis 5 GewO) relevanten Gästeverhalten, darf es sich daher weder um ein dem § 74 Abs.3 GewO unterliegendes Kundenverhalten noch z.B. um Übertretungen der landesrechtlichen Polizeistrafgesetze handeln. Es kann daher nur ein solches Gästeverhalten die Verweigerung einer früheren Aufsperrstunde bzw. einer späteren Sperrstunde, den Widerruf der Bewilligung einer früheren Aufsperrstunde bzw. einer späteren Sperrstunde oder die Vorschreibung einer früheren Sperrstunde rechtfertigen, das sich unmittelbar vor dem Gastgewerbebetrieb abspielt und das auch nicht nach anderen Vorschriften mit Strafe bedroht ist (Durchführungserlass zur Gewerberechtsnovelle 1988 in Kinscher, Gewerbeordnung, Manz, Seite 582 ff). Es geht daher um ein Verhalten der Gäste unmittelbar vor oder nach dem Lokalbesuch, also einer bestimmten Betriebsanlage zuzurechnendes Gästeverhalten außerhalb der Betriebsanlage. Diese Erwägungen gelten daher auch für die nunmehrige wortgleiche Bestimmung des § 113 GewO. Es führt daher Kinscher in seinem obzit. Kommentar in der Anmerkung 42 auf Seite 584 zu Recht aus: "Durch die Gewerberechtsnovelle 1988 wurde eine klare Abgrenzung zwischen den betriebsanlagenrechtlichen Normen und den Sperrstundenregelungen im Sinn des § 198 GewO 1973 (nunmehr § 152 GewO 1994) getroffen. Durch den neugefassten § 198 Abs.5 GewO 1973 (nunmehr § 152 Abs.6 GewO 1994) soll die Nachbarschaft vor unzumutbaren Belästigungen geschützt werden, die wiederholt durch ein nichtstrafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbetriebes hervorgerufen werden, wogegen § 74 Abs.3 GewO idF der Gewerberechtsnovelle 1988 die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage u.a. an Belästigungen knüpft, die durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen. Nach der neuen Rechtslage wird daher schon deswegen nicht von einer gegenseitigen Aufhebung von Betriebszeitenvorschriften durch eine Sperrstundenregelung und durch einen betriebsanlagenrechtlichen Bescheid auszugehen sein, weil die jeweils anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften einen eindeutig von einander zur unterscheidenden Regelungsgegenstand aufweisen" (Verweis auf den Durchführungserlass zur Gewerberechtsnovelle 1988). "Der Gastgewerbetreibende muss sich an die strengere Regelung halten und damit die kürzere Betriebszeit einhalten."

 

Diesen Ausführungen schließt sich unter Hinweis auf die zit. Bestimmungen und die zit. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch der Oö. Verwaltungssenat an. Es hat der Berufungswerber nämlich zwischen einem rechtskräftigen - und daher einzuhaltenden - Betriebsanlagengenehmigungsbescheid mit einer Betriebszeitregelung (betreffend den Betrieb in der Betriebsanlage) und dem den durch den Bürgermeister erteilten Bewilligungsbescheid zur Verlängerung der durch den Landeshauptmann mit Verordnung für Barbetriebe festgesetzten Sperrstunde zu unterscheiden. Auch letzterer Bescheid ist rechtskräftig. Allerdings wird dieser Bescheid unter anderen Voraussetzungen bzw. unter Bedachtnahme auf Interessen der Nachbarn im Hinblick auf das Geschehen vor der Betriebsanlage und daraus resultierender Beeinträchtigungen erteilt. Dies bedeutet daher, dass zwar für den gegenständlichen Barbetrieb aufgrund des Bewilligungsbescheides des Bürgermeisters im Einzelfall eine spätere Sperrstunde bewilligt wurde, der Berufungswerber aber von dieser Bewilligung im konkreten Fall nicht Gebrauch machen kann, weil er die Betriebsanlagengenehmigung für den Barbetrieb entsprechend seinem Antrag auf eine Betriebszeit bis 4.00 Uhr beschränkt hat.

 

Auch das Verschulden des Bws liegt vor. Bereits mit rechtskräftigem Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates zu VwSen-221979/8/Kl/Pe vom 22. Februar 2005 wurde der Bw wegen der gleichen Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt. Er wusste daher zu den im Spruch angeführten Tatzeitpunkten und daher in dem angegebenen Tatzeitraum vom 29.4. bis 23.6.2007 von der Unrechtmäßigkeit des Verhaltens und hat den Eintritt der Verwaltungsübertretung trotzdem in Kauf genommen. Es liegt daher zumindest bedingter Vorsatz vor. Dass er hingegen eine andere Auskunft der Wirtschaftskammer geltend macht, kann den Bw nicht entschuldigen, zumal ihm als Gewerbetreibenden die Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen zugemutet werden kann, für den Fall der Unkenntnis aber ihm zugemutet werden kann, dass er sich entsprechende Kenntnis bei der zuständigen Behörde, also bei der Bezirkshauptmannschaft oder dem Landeshauptmann als Gewerbebehörde verschafft. Dass er dies angestrengt hat, wurde von ihm nicht einmal behauptet, vielmehr zeigt das Verfahren, dass ihm von der Bezirkshauptmannschaft bereits die Unzulässigkeit seines Verhaltens dargelegt wurde.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung persönliche Verhältnisse, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt und erschwerend fünf rechtskräftige Vorstrafen wegen gleichartiger Verwaltungsübertretungen gewertet. Strafmildernde Umstände lagen nicht vor. Auch in dem Berufungsverfahren kamen keine strafmildernden Umstände hervor und wurden auch nicht vom Bw geltend gemacht. Im Hinblick auf die angeführten Erwägungen zur Strafbemessung war daher die verhängte Geldstrafe von 600 Euro nicht überhöht, beträgt sie doch lediglich ein Sechstel des gesetzlichen Höchstrahmens. Sie ist tat- und schuldangemessen und erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Es war daher auch die festgesetzte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe für das Faktum 1 zu bestätigen.

Geringfügigkeit des Verschuldens liegt nicht vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt und daher mangels der Voraussetzungen nach § 21 VStG mit einem Absehen der Strafe nicht vorzugehen war.

 

5.3. Zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Tatvorwurf nicht.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 27.6.2007, 2006/04/0131, ausgesprochen hat, bedarf der Tatvorwurf der Errichtung oder des Betreibens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne Genehmigung einer genauen Bezeichnung der genehmigungspflichtigen Betriebsanlage. Dass sich in der Doppelgarage Personen aufhalten und Getränke konsumieren und eine Musikanlage in Betrieb ist, ist nicht schlechthin eine gewerbliche Betriebsanlage. Im Sinn der gesetzlichen Definition der gewerblichen Betriebsanlage nach § 74 Abs.1 GewO muss dem Spruch des Straferkenntnisses jedenfalls auch ein Sachverhalt als Tatbestandselement zu entnehmen sein, dass die Einrichtung "der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt" ist. Hinweise auf eine Gewerblichkeit im Sinn des § 1 GewO fehlen im Spruch des Straferkenntnisses.

 

Auch hat der Verwaltungsgerichtshof zum Beispiel im Erkenntnis vom 24.11.1992, Zl. 90/04/0310, erkannt, dass in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich sind, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Diesen Anforderungen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 (nunmehr § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994) um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten muss, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage in § 74 Abs.2 genannte Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist.

 

Weder in der innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. August 2007 noch im angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Bw entsprechende die Tat konkretisierende Umstände als wesentliche Tatbestandsmerkmale vorgeworfen. Es war daher der Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wegen eingetretener Verfolgungsverjährung gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses hatte die Berufung Erfolg und wurde die Strafe aufgehoben, weshalb die Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG entfallen.

 

Weil die Berufung hinsichtlich Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses keinen Erfolg hatte, war zum Verfahren erster Instanz der Verfahrenskostenbeitrag von 60 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe aufrecht zu erhalten und war zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 120 Euro vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

Beschlagwortung:

Sperrstundenverlängerung durch Bescheid behebt Betriebsanlagengenehmigungsbescheid (Betriebszeit) nicht auf

 

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