Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522029/6/Zo/Da

Linz, 21.08.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn P F, geb. , vertreten durch Rechtsanwälte Mag. R und Dr. N, L, vom 23.7.2008 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 7.7.2008, Zl. VerkR20-1302-1991, wegen Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 24 Abs.4 FSG und 14 Abs.5 FSG-GV

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat den Berufungswerber mit dem angefochtenen Bescheid aufgefordert, sich binnen einem Monat, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Dies wurde damit begründet, dass auf Grund des Verdachts des Kokainkonsums begründete Bedenken an der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen bestehen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass das gegen ihn wegen dieses Vorfalles vom Bezirksgericht Linz geführte Strafverfahren nach dem Suchtmittelgesetz eingestellt wurde.

 

Er habe im Rahmen dieses Strafverfahrens einen Laborbefund vom 7.4.2008 vorgelegt, welcher hinsichtlich Kokain negativ gewesen sei. Auf Grund dieses Befundes habe der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung festgehalten, dass keine gesundheitsbezogenen Maßnahmen im Sinne des SMG notwendig seien. Er habe niemals Kokain konsumiert.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Aufforderungsbescheid im Zusammenhang mit dem Suchtmittelkonsum nur dann rechtens, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, dem Berufungswerber fehle infolge Suchtmittelabhängigkeit die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Ein bloß geringfügiger Suchtmittelkonsum beeinträchtige die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht, erst dann, wenn die Gefahr bestehe, dass der Berufungswerber nicht in der Lage sein könnte, den Konsum soweit einzuschränken, dass seine Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen beeinträchtigt sei, sei es gerechtfertigt, seine gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen.

 

Die Behörde berufe sich lediglich auf eine Anzeige des Landespolizeikommandos, wonach er verdächtig sei, zwischen Anfang 2006 und Ende 2007 Kokain konsumiert zu haben, sie habe aber keinerlei Feststellungen darüber getroffen, ob deshalb seine Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen beeinträchtigt sei und es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass er zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides suchtmittelabhängig gewesen sei. Der Amtsarzt der belangten Behörde habe ganz im Gegenteil festgestellt, dass keine Suchtgiftabhängigkeit bestehe. Die Behörde habe nicht dargelegt, weshalb sieben Monate nach dem behaupteten (und von ihm ohnedies bestrittenen) Kokainkonsum noch immer begründete Bedenken an seiner gesundheitlichen Eignung bestehen würden.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie in den Akt des Bezirksgerichtes Linz zu Zl. 43 BAZ 314/08g. Bereits daraus ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Gegen den Berufungswerber wurde vom Landespolizeikommando Oberösterreich eine Anzeige erstattet, weil er verdächtig ist, von Anfang 2006 bis Ende 2007 im Lokal "B" wiederholt Kokain konsumiert zu haben. Dieser Verdacht beruht nach dem Akteninhalt auf der Aussage eines (einzigen) Suchtmittelkonsumenten, wobei der Berufungswerber selbst diesen Anschuldigungen von Anfang an widersprochen hat. Im Zuge des gerichtlichen Strafverfahrens wurde von der Staatsanwaltschaft Linz eine Stellungnahme des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung iSd § 11 Abs.2 SMG eingeholt, wobei der Amtsarzt in seiner Stellungnahme vom 28.4.2008 Folgendes ausführte:

"Die klinische Untersuchung ergab keinerlei Hinweis auf Sucht- und Entziehungssymptomatik. Aus medizinischer Sicht wird somit unter entsprechender Würdigung des Laborbefundes vom 7.4.2008, der keine Cocainderivate im Harn nachweist, empfohlen, von gesundheitsbezogenen Maßnahmen Abstand zu nehmen."

Das gerichtliche Strafverfahren wurde mit Beschluss des BG Linz gemäß § 35 SMG vorläufig zurückgelegt.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die Alkohol, Sucht- oder Arzneimittel abhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.2. Im Hinblick auf die Stellungnahme des Amtsarztes im gerichtlichen Verfahren ist eine Suchtmittelabhängigkeit auszuschließen. Ein gehäufter Missbrauch von Suchtmitteln berührt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die gesundheitliche Eignung nur dann, wenn die Gefahr besteht, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen beeinträchtigt wird (siehe zB VwGH vom 13.12.2005, 2005/11/0191).

 

Eine Aufforderung zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ist nur dann zulässig, wenn begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitzt. Es geht zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen.

 

Im Zusammenhang mit einem Suchtmittelkonsum wäre eine derartige Aufforderung daher dann rechtmäßig, wenn ausreichend Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, dem Betreffenden fehle infolge Suchtmittelabhängigkeit oder gehäuftem Missbrauch die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

Im gegenständlichen Fall wird ein gelegentlicher Konsum über einen längeren Zeitraum von Kokain behauptet, wobei der Berufungswerber dies bestreitet. Es gibt keine konkreten Beweisergebnisse dahingehend, über welchen Zeitraum und in welchen Abständen der Berufungswerber welche Mengen von Kokain konsumiert haben soll. Auch im gerichtlichen Verfahren gibt es dazu keinerlei Feststellungen.

 

Der Amtsarzt hat in seiner Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft festgehalten, dass keine gesundheitsbezogenen Maßnahmen erforderlich sind. Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass der Suchtmittelkonsum des Berufungswerbers jedenfalls noch kein solches Ausmaß erreicht hat, dass ein Abgleiten in eine Suchtmittelabhängigkeit zu befürchten wäre. Die Untersuchung gemäß § 11 Abs.2 SMG erfolgt unter dem Gesichtspunkt, ob gesundheitsbezogene Maßnahmen notwendig sind, um den Betroffenen vor gesundheitlichen Schäden durch den Suchtmittelkonsum zu schützen. Schutzziel dieser Untersuchung ist also der Untersuchte selber, während es bei der Untersuchung nach den Bestimmungen des Führerscheingesetzes darum geht, die Allgemeinheit davor zu schützen, dass Personen in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug lenken. Im Hinblick auf diese unterschiedlichen Regelungszwecke der beiden Bestimmungen kann es im Einzelfall durchaus möglich sein, dass zwar einerseits gesundheitsbezogene Maßnahmen iSd § 11 Abs.2 SMG nicht notwendig sind, andererseits Einschränkungen der Lenkberechtigung iSd § 14 Abs.5 FSG-GV durchaus angebracht sind. Im vorliegenden Fall sind die Hinweise auf den möglichen Suchtmittelkonsum des Berufungswerbers aber nicht konkret genug, um tatsächlich relevante Bedenken an seiner gesundheitlichen Eignung auch noch zum jetzigen Zeitpunkt zu begründen. Es war daher im Ergebnis der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

Beschlagwortung:

Suchtmittelkonsum; gesundheitliche Eignung; gesundheitsbezogene Maßnahmen;

 

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