Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-590185/3/SR/Sta

Linz, 19.08.2008

 

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Alfred Grof, Beisitzer Dr. Bernhard Pree, Berichter Mag. Christian Stierschneider) über die Berufung der A S GmbH, vertreten durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer A S, A S, P, dieser vertreten durch Dr. J B, Mag. M M und Mag. K F. L LL.M, Rechtsanwälte in L, K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. Februar 2008, SanRB-121366/3-2008-Hau wegen der Anordnung von Maßnahmen nach dem Bundesgesetz über Sicherheitsanforderungen und weitere Anforderungen an Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher (Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG), BGBl I Nr. 13/2006, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 112/2007, zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG; § 39 Abs. 1 Z. 1 und 7 LMSVG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mit Bescheid vom 4. Februar 2008, SanRB-121366/3-2008-Hau der Berufungswerberin für ihre Filialen "W, F, I K und H" nachstehende Maßnahmen und Vorkehrungen angeordnet:

"I. In den genannten Filialen ist durch geeignete bauliche, anlagentechnische oder ausstattungsmäßige Verbesserungen dafür Sorge zu tragen, dass

-         die Lagertemperatur `kühl´ (4° C. bis zu 15° C.) auch in den Sommermonaten, bei hohen Außentemperaturen für Waren mit dem Lagerhinweis `kühl lagern´ eingehalten wird und

-         eine ausreichende natürliche oder künstliche Belüftung in den Lagerräumlichkeiten gewährleistet ist.

II. Die Umsetzung der unter I. angeführten Maßnahmen hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass bereits im Jahr 2008 die angeführte Lagertemperatur in diesen Filialen eingehalten wird."

 

In der Begründung stellt die belangte Behörde nach Darlegung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen auf die lebensmittelpolizeilichen Kontrollen der Lebensmittelaufsichtsorgane des Magistrates der Landeshauptstadt Linz im Monat Juli 2006 und in den Monaten Mai, Juni und Juli 2007 und die "Gutachten dieser Lebensmittelaufsichtsorgane" ab und kommt zum Ergebnis, dass die jeweils gemessenen Temperaturen für die Lagerung "von Säuglings- und Kindernahrung der Fa. N (die Packungen betreffend) bzw. der Fa. H (alle Produkte betreffend) und im Bereich der Reformwaren (z.B. Schneekoppe-Produkte betreffend) nicht geeignet" wären. Im Gutachten des Ständigen Hygieneausschusses (Hygiene-Leitlinie für Großküchen, Küchen des Gesundheitswesen und vergleichbare Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung) würde der Temperaturbereich "kühl" als „über 4° C. bis zu 15° C., Toleranz bis 18° C.“ definiert. Da die von der Berufungswerberin angekündigten Maßnahmen nicht ausreichend bzw. nur teilweise umgesetzt worden wären, hätten die im Spruch angeführten Maßnahmen angeordnet werden müssen. Diese wären verhältnismäßig und müssten zeitlich so umgesetzt werden, dass die Lagertemperaturen in den genannten Filialen bereits im Jahr 2008 eingehalten werden können.

 

2. Der vorliegende Bescheid wurde der Berufungswerberin am 12. Februar 2008 mit RSb zugestellt. Innerhalb offener Frist hat diese das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die ersatzlose Bescheidaufhebung beantragt.  

 

In den Berufungsausführungen wirft die Berufungswerberin der belangten Behörde die unrichtige Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 vor. Bei der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmung handle es sich um unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht. Die Begriffsdefinitionen seien daher ausschließlich im Gemeinschaftsrecht zu suchen. Unzutreffend werde der Berufungswerberin vorgehalten, dass sie nicht über geeignete "Bearbeitungs- und Lagerräume" verfüge, in denen die Lebensmittel auf einer geeigneten Temperatur gehalten werden können. Unter Bearbeitung seien Handlungen der "Zubereitung, der Behandlung oder der Verarbeitung von Lebensmitteln" zu verstehen. Eine Bearbeitung von Lebensmitteln erfolge weder im Unternehmen noch in den genannten Filialen. Verkauft würden ausschließlich abgepackte (Fertig-)Produkte. Unter Lagerräumen seien Räume zu verstehen, in denen Lebensmittel gelagert würden. Derartige Räume gebe es in den betroffenen Filialen nicht. Diese würden regelmäßig, d.h. wöchentlich direkt beliefert, die Lebensmittel würden unverzüglich in die Verkaufsregale eingeräumt und in sehr kurzer Zeit verkauft (vgl. Befund des Gesundheitsamtes vom 7.11.2006, GZ 302-2e-Ec). Von der zitierten Norm seien daher weder Bearbeitungs- noch Lagerräume betroffen.

 

Unrichtig sei weiters, dass der Lagerhinweis "kühl lagern" eine Lagerung zwischen 4° C. bis zu 15° C. bei einer Toleranz von bis 18° C. bedinge. Das Heranziehen der angeführten Hygiene-Leitlinie scheitere schon an der fehlenden Vergleichbarkeit mit einer Küche und sie habe überdies einen völlig anderen Schutzzweck. Eine allgemein gültige – gesetzliche – Definition des Temperaturbereiches für "kühl lagern" existiere nicht. Die Definition der Lagertemperatur sei – naturgemäß und zwingend – von Lebensmittel zu Lebensmittel verschieden.

 

Primär sei die Produkttemperatur und nicht die Umgebungstemperatur maßgeblich. Die Produkttemperatur sei nicht festgestellt worden. Sekundär sei je nach Produkt / dessen Zusammensetzung / Beschaffenheit die Lagerfähigkeit zu beurteilen, wobei für (begrenzte) Zeit von den Temperaturvorgaben abgewichen werden dürfe. Dementsprechend würden die Hersteller ihre Produkte prüfen und Soll-Lagertemperaturen und Toleranzbereiche festlegen. Die belangte Behörde habe völlig außer Acht gelassen, dass die Frage der "Lagerung" naturgemäß von der Art des Produktes, des Gebindes, der Verpackung, der Dauer der Lagerung und der Temperatureinwirkung abhängig sei. Diese Fragen müssten jedenfalls sachverständig durch einen Lebensmittelchemiker geklärt werden. Ebenfalls, ob und wenn ja welche nachteiligen Folgen durch Temperaturschwankungen, respektive höhere Temperaturen auf die einzelnen beanstandeten und im Spruch genannten Waren erfolgt wären.

 

Die konkrete Festsetzung der Lagertemperatur im Spruch sei ohne Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes erfolgt. Die tatsächlichen Temperaturbedingungen wären einwandfrei und für alle Produkte geeignet.

 

Aus den der Berufung beigeschlossenen Bestätigungen sämtlicher Hersteller der im Bescheid genannten Produkte gehe hervor, dass die behaupteten Temperaturen für die Lebensmittel und die Hygiene an sich unschädlich wären.  

 

Weder dem Spruch noch der Begründung könne entnommen werden, aus welchen konkreten Gründen keine geeigneten Temperaturbedingungen für eine hygienisch einwandfreie Lagerung der (nur nach Herstellern) bezeichneten Lebensmitteln in den Filialen geherrscht habe.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AStV müsse die Lufttemperatur in Arbeitsräumen zwischen 19 und 25 Grad C betragen, wenn in dem Raum Arbeiten mit geringer körperlicher Belastung durchgeführt werden. Die erteilte Maßnahme widerspreche daher zwingenden Normen des Arbeitnehmerschutzes, sei daher gesetzwidrig und dürfe so nicht auferlegt werden.

 

Da die Messungen nur punktuell an besonders heißen Tagen vorgenommen worden wären, seien die gezogenen Schlüsse nicht tragbar und unrichtig. Kurzfristige Überschreitungen von Lagertemperaturen bei den konkret betroffenen Produkten seien jedenfalls zulässig und würden nie nachteilige Veränderungen der Produkte nach sich ziehen.

 

Zur Belüftung werde ausgeführt, dass die belangte Behörde mit Stillschweigen übergehe, dass in allen Filialen zusätzliche Maßnahmen getroffen worden wären. Neben Sonnenschutzeinrichtungen seien zu öffnende Oberlichten vorgesehen worden, damit eine ausreichende Belüftung vorgenommen werden könne. Die entsprechenden Anordnungen seien nicht nachvollziehbar und die Grundlage der Norm bleibe im Dunkeln.

 

Erkennbar sei auch nicht, welcher Landeshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Landeshauptmannes von Oberösterreich zu Zl. SanRB-121366/3-2008-Hau und durch eine ergänzende Ermittlung; da sich bereits daraus der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ und im Wesentlichen nur Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.1. Aufgrund der Aktenlage und der ergänzenden Erhebung steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

 

Zwischen dem 11. und 27. Juli 2006 führten Lebensmittelaufsichtsorgane des Gesundheitsamtes der belangten Behörde mehrere Kontrollen in den im Spruch angeführten Filialen der Berufungswerberin durch. Dabei wurden in den bezeichneten Geschäftslokalen im Bereich der Säuglings- und Kindernahrung (Produkte der Firmen N und H) und im Bereich der Reformwaren (Produkte der Firma S) Umgebungstemperaturen von 28º C bis   31,2º C gemessen. Die verpackten Lebensmittel dieser Firmen waren vom Hersteller mit dem Lagerhinweis "kühl lagern" gekennzeichnet worden.

 

Im Zuge der Kontrollen stellten die Aufsichtsorgane fest, dass in den Filialen keine Klimaanlagen vorhanden wären und die Betriebsstätten über keine ausreichende natürliche oder künstliche Belüftung verfügen würden. Seitens der Filialleiter wurde den Aufsichtsorganen mitgeteilt, dass die Säuglings-, Kinder- und Reformwaren wöchentlich nachgeliefert würden. Die Berufungswerberin hat diese Angaben bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass die genannten Produkte in sehr kurzer Zeit verkauft werden.

 

In den Kontrollberichten vom 13., 24., 27. Juli und 1. August 2006 hielt das einschreitende Aufsichtsorgan fest, dass die jeweils gemessene Temperatur für eine Lagerung der aufgezählten Lebensmittel nicht geeignet sei und diese den aufgebrachten Lagerhinweisen widersprechen würde. Daraufhin seien die Verantwortlichen der Filialen unter Fristsetzung aufgefordert worden, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen. 

 

Da die Berufungswerberin laut Ansicht der Aufsichtsorgane den Mängelbehebungsaufträgen nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen war, verfassten die Aufsichtsorgane am 7. und 14. November "Gutachten" und übermittelten diese dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz.

 

Den "Gutachten" wurden Anmerkungen angefügt, wonach gegen die "baulich Verantwortlichen der F. A S GmbH" Anzeige wegen des Verdachtes der Übertretung gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG iVm VO (EG) 852/2004 erstattet" worden sei. Ob die zuständige Behörde tatsächlich ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet oder die Angaben in der "Anzeige" für eine Strafverfolgung nicht als ausreichend erachtet hat, kann dem Vorlageakt nicht entnommen werden.

In den Anmerkungen des "Gutachtens" vom 7. November 2006 wird auf eine Probenziehung am 25. Juli 2006 und ein von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Lebensmitteluntersuchung Salzburg, vom 14. September 2006, UZ 002004/2006 erstelltes Gutachten hingewiesen. Die untersuchte Probe (Kinder-Riegel der Firma F) sei als wertgemindert beurteilt worden (Oberfläche durch zu warme Lagerung stark deformiert, Schokolade geschmolzen, an Verpackungsfolie klebend, Fett ausgetreten).

 

 

Mit Schreiben vom 14. September 2006 teilte die Berufungswerberin mit, dass in der Filiale L, H, ein Zu- bzw. Abluftventilator installiert bzw. instand gesetzt worden sei und Sonnenschutzeinrichtungen in den Schaufenstern vorhanden wären.

 

Am 13. Dezember 2006 übermittelte das Magistrat Linz der belangten Behörde den vorliegenden Verwaltungsakt (bestehend aus vier Anträgen zur Mängelbehebung samt Kontrollberichten und einem Schreiben der Berufungsweberin).

 

Mit Schriftsatz vom 9. Jänner 2007 retournierte die belangte Behörde den Verwaltungsakt mit Hinweis auf die Zuständigkeit des Magistrates der Landeshauptstadt Linz.

 

Das Magistrat Linz informierte die Berufungswerberin mit Schreiben vom
26. Februar 2007, Gz. 0028684/2006 vom Ergebnis der Beweisaufnahme und teilte ihr die beabsichtigte Vorschreibung bestimmter Maßnahmen mit.

 

Daraufhin gab die Berufungswerberin bekannt, dass sie in den genannten Filialen Maßnahmen zur Verbesserung des Raumklimas getroffen habe. Die einzelnen Verbesserungen wurden ausführlich beschrieben.

 

Aufgrund dieses Schreibens wurde das Gesundheitsamt des Magistrates Linz Anfang April 2007 um Überprüfung der gesetzten Maßnahmen ersucht. Das Ergebnis der Kontrollen wurde der ersuchenden Behörde in Form von Auszügen aus den Betriebskarteiblättern übermittelt.

 

Den "Kontrollaufzeichnungen" ist zu entnehmen, dass zwischen 25. Mai und
19. Juni 2007 mehrere Kontrollen durchgeführt worden sind. Die Messungen der Umgebungstemperatur haben jeweils Werte zwischen 26,6º C und 31,4º C ergeben und wurden teilweise in der Nähe der angeführten Produkte vorgenommen. Im Zuge der Messungen wurde die Umsetzung diverser Maßnahmen festgestellt, die das jeweilige Aufsichtsorgan im Hinblick auf die hohen Innentemperaturen für nicht ausreichend erachtet hat. Beispielsweise wurde aber auch festgehalten, dass die Eigenkontrolle funktioniere, der Ablauf der MHD überwacht werde, große Schokoladetafeln im Kühlschrank und in einer Filiale die Schokowaren im Keller aufbewahrt würden.

 

Aus den Kontrollaufzeichnungen ergibt sich kein Hinweis, dass weitere Schokowaren verformt waren, Proben gezogen worden wären oder möglicherweise wertgeminderte Lebensmittel einer Untersuchung zugeführt worden wären. 

 

Mit Schreiben vom 27. November 2007 wurde der Verwaltungsakt der belangten Behörde mit Hinweis auf deren Zuständigkeit übermittelt.

 

Die belangte Behörde hat – ohne ein Ermittlungsverfahren zu führen – mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2007 die Berufungswerberin vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und sie von der beabsichtigten Vorgangsweise in Kenntnis gesetzt.

 

Abgesehen von den Temperaturmessungen nahm keine der involvierten Behörden weitergehende Ermittlungen vor.  

 

Der Berufung hat die  Berufungswerberin Bestätigungen der Firmen H und N angeschlossen. Vertreter der beiden Firmen führen darin aus, dass Lagertemperaturen bis 30º C für die angefragten Produkte unschädlich sind. Ergänzend gab die Firma N in diesem Zusammenhang an, dass in Lagertests die Haltbarkeit der Gläschenkost erwiesen worden sei.

 

Derzeit befinden sich auf der Gläschenkost der beiden Firmen keine Angaben auf eine bestimmte Lagertemperatur. Lediglich der Konsument wird darauf hingewiesen, dass geöffnete Produkte kühl gelagert werden sollen.  

 

3.2. Der vorliegende Sachverhalt ist unstrittig.

 

Aus dem Vorlageakt kann weder abgeleitet werden, dass gegen die Berufungswerberin ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet noch gegen sie ein einschlägiges Straferkenntnis erlassen worden ist.

 

Alleine aus den Hinweisen in den Kontrollaufzeichnungen und den Anmerkungen in den "Gutachten" kann nicht auf ein geführtes Verwaltungsstrafverfahren geschlossen werden. Die belangte Behörde hat die "Anmerkungen" in den "Gutachten" und die einschlägigen Ausführungen nicht weiter beachtet und im angefochtenen Bescheid unerwähnt gelassen.    

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 39 Abs. 1 LMSVG hat der Landeshauptmann bei Wahrnehmung von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften mit Bescheid, gegebenenfalls unter einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist und unter Ausspruch der notwendigen Bedingungen oder Auflagen, die nach Art des Verstoßes und unter Berücksichtigung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit erforderlichen Maßnahmen zur Mängelbehebung oder Risikominderung anzuordnen.

Insbesondere sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

     ………

12. die Durchführung betrieblicher Verbesserungen, insbesondere bei der Herstellung, Lagerung, Verwendung, Dokumentation und Eigenkontrolle, einschließlich der Vorlage von Untersuchungszeugnissen in begründeten Fällen;

13. die Durchführung baulicher, anlagentechnischer und ausstattungsmäßiger Verbesserungen;

……….

 

Gemäß § 4 Abs. 1 LMSVG sind die in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft samt Änderungsverordnungen und Durchführungsvorschriften im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu vollziehen.

 

Im Teil 2 der genannten Anlage sind die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 vom
29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. Nr. L 139 vom 30. April 2004, berichtigt durch ABl. Nr. L 226 vom 25. Juni 2004) und die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. Nr. L 139 vom 30. April 2004, berichtigt durch ABl. Nr. L 226 vom 25. Juni 2004) angeführt.

 

In den Erläuterungen (NR: XXII GP RV 797 AB 823) wird auf die Durchführungsmaßnahmen des Art. 54 EG-KontrollVO hingewiesen.

 

 

Art 54 Abs. 1 EG-KontrollVO lautet:

Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Sie berücksichtigt dabei die Art des Verstoßes und das bisherige Verhalten des betreffenden Unternehmers mit Blick auf die Verstöße.

 

4.1.2. Die Verordnung (EG) 852/2004 enthält allgemeine Lebensmittel-hygienevorschriften für Lebensmittelunternehmer. Nach Art. 1 Abs. 1 sind folgende Grundsätze besonders zu berücksichtigen:

Lit. b) Die Sicherheit der Lebensmittel muss auf allen Stufen der Lebensmittelkette, einschließlich der Primärproduktion gewährleistet sein.

Lit. c)  Bei Lebensmitteln, die nicht ohne Bedenken bei Raumtemperatur gelagert werden können, insbesondere bei gefrorenen Lebensmitteln, darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden.

Lit. d) Die Verantwortlichkeit der Lebensmittelunternehmer sollte durch die allgemeine Anwendung von auf den HACCP-Grundsätzen beruhenden Verfahren in Verbindung mit einer guten Hygienepraxis gestärkt werden.

Lit. e) Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis sind ein wertvolles Instrument, das Lebensmittelunternehmern auf allen Stufen der Lebensmittelkette hilft, die Vorschriften der Lebensmittelhygiene einzuhalten und die HACCP-Grundsätze anzuwenden.

Die Verordnung gilt für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln und für Ausfuhren sowie unbeschadet spezifischerer Vorschriften für die Hygiene von Lebensmitteln.

 

Nach Art. 2 Abs. 1 lit. c dieser Verordnung ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen.

 

Kapitel III regelt die Ausarbeitung, Verbreitung und Anwendung der Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis.

 

Gemäß Art. 7 fördern die Mitgliedstaaten die Ausarbeitung von einzelstaatlichen Leitlinien für eine gute Hygienepraxis und für die Anwendung der HACCP-Grundsätze gemäß Artikel 8. Gemäß Artikel 9 werden gemeinschaftliche Leitlinien ausgearbeitet. Die Verbreitung und die Anwendung sowohl von einzelstaatlichen als auch von gemeinschaftlichen Leitlinien werden gefördert. Die Lebensmittelunternehmer können diese Leitlinien jedoch auf freiwilliger Basis berücksichtigen.

 

Anhang II legt allgemeine Hygienevorschriften für alle Lebensmittelunternehmer (ausgenommen Unternehmen für die Anhang I gilt) fest. Einleitend wird ausgeführt, dass die Kapitel V bis XII für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln gilt; für die übrigen Kapitel gilt folgendes:

- Kapitel I gilt für alle Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, ausgenommen die Betriebsstätten gemäß Kapitel III;

 

Kapitel I des Anhanges II sieht allgemeine Vorschriften für Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, vor.

 

Gemäß Z. 2 lit. d müssen Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, so angelegt, konzipiert, gebaut, gelegen und bemessen sein, dass, soweit erforderlich, geeignete Bearbeitungs- und Lagerräume vorhanden sind, die insbesondere eine Temperaturkontrolle und eine ausreichende Kapazität bieten, damit die Lebensmittel auf einer geeigneten Temperatur gehalten werden können und eine Überwachung und, sofern erforderlich, eine Registrierung der Lagertemperatur möglich ist.

 

Nach Z. 5 muss eine ausreichende und angemessene natürliche oder künstliche Belüftung gewährleistet sein.   

 

4.1.3. Österreichische Leitlinien zur Lebensmittelhygiene

 

Die Verordnung (EG) 852/2004 sieht vor, dass die Einhaltung der Hygienevorschriften sowie die Einrichtung eines Verfahrens zur Eigenkontrolle nach den HACCP-Grundsätzen durch die Anwendung von Leitlinien erleichtert werden kann.

 

Die Leitlinie für eine Gute Hygienepraxis und die Anwendung der HACCP-Grundsätze in Einzelhandelsunternehmen wurde vom Ständigen Hygieneausschuss im Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend genehmigt. Die Leitlinie gilt u.a. für Verkaufsgeschäfte, in denen lediglich mit Lebensmitteln umgegangen wird (lagern und Verkauf verpackter Ware). Sie gilt weiters für Betriebe, die der österreichischen Lebensmittel-einzelhandelsverordnung (BGBl II Nr. 92/2006) unterliegen.

 

Nach Punkt 2.1. (Warenübernahme und Lagerung) werden die Lagerbedingungen z.B. durch die Angabe des Herstellers festgestellt.

 

4.2. Die Handlungspflicht des Landeshauptmannes setzt voraus, dass ein Verstoß gegen eine lebensmittelrechtliche Vorschrift wahrgenommen worden ist. Eine Präzisierung der Wortgruppe "Wahrnehmung eines Verstoßes" lässt sich der Regierungsvorlage und dem darin enthaltenen Verweis auf Art. 54 EG-KontrollVO entnehmen. Danach sind die erforderlichen Maßnahmen zu setzten, wenn "die Behörde einen Verstoß (gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften) feststellt".

 

Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es nicht darauf an, dass ein Verstoß rechtskräftig durch ein gerichtliches Urteil oder ein behördliches Straferkenntnis festgestellt wird. Jedenfalls ist unter "Wahrnehmung eines Verstoßes" ein begründeter Verdacht zu verstehen, der auf Grund einer Beobachtung eines Aufsichtsorgans oder auf Grund einer substantiierten Information von nach dem LMSVG zur Untersuchung berufenen Stellen (z.B. AGES) hervorgekommen ist. Dieser Sachverhalt muss zumindest in objektiver Hinsicht einen gerichtlichen Straftatbestand oder eine Verwaltungsübertretung verwirklichen. Diesfalls ist ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Strafverfahren, in dessen Rahmen das Vorliegen aller (objektiven und subjektiven) Tatbestandsvoraussetzungen geprüft werden, durchzuführen. Im Zuge des Verfahrens werden getroffene Maßnahmen und das Verhalten des Unternehmers zu berücksichtigen sein (siehe Blass ua, LMR3 § 39 LMSVG Rz 3). 

 

Der Begriffsbestimmung des § 3 Z. 13 LMSVG folgend sind als lebensmittel-rechtliche Vorschriften jene des LMSVG, die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen sowie die im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu vollziehenden unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft und der zu kontrollierenden Rechtsvorschriften, zu betrachten.

 

4.2.1. Die Leitlinie für eine Gute Hygienepraxis und die Anwendung der HACCP-Grundsätze in Einzelhandelsunternehmen, die vom Ständigen Hygieneausschuss im Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend genehmigt wurde, ist keine lebensmittelrechtliche Vorschrift im Sinne des § 3 Z. 13 LMSVG. Bestätigung findet diese Annahme in Art. 7 der Verordnung (EG) 852/2004, wonach die Lebensmittelunternehmer die Leitlinien auf freiwilliger Basis berücksichtigen können.

 

Obgleich diese Leitlinien ein freiwilliges Instrument darstellen, bieten sie den Lebensmittelsektoren die Möglichkeit genauer darzulegen, wie die Unternehmer den rechtlichen Anforderungen nachkommen können, die in der VO allgemeiner ausgedrückt sind. (Blass ua, LMR3 Art. 7 Verordnung (EG) 852/2004, VII A, S. 26)

 

4.2.2. Fraglich ist, ob sonstige innerstaatliche Verordnungen oder gemeinschaftsrechtliche Normen verbindliche Regelungen enthalten, aus denen sich ein Verstoß der Berufungswerberin ableiten lässt.

 

4.2.2.1. Art. 4 der Verordnung (EG) 852/2004 stellt allgemeine und spezifische Hygienevorschriften auf. Entsprechend Abs. 2 haben Lebensmittelunternehmer, die auf Vertriebsstufen von Lebensmitteln tätig sind, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II sowie etwaige spezielle Anforderungen der VO (EG) Nr. 853/004 zu erfüllen. Nach Abs. 2 trifft Lebensmittelunternehmer gegebenenfalls die Aufrechterhaltung der Kühlkette als spezifische Hygienemaßnahme.

 

Wie unter Punkt 4.1.2. ausgeführt, gilt Kapitel I für alle Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird. Soweit erforderlich müssen diese über geeignete Bearbeitungs- und Lagerräume verfügen.

 

Unstrittig ist, dass die Berufungswerberin in ihren Betriebsstätten mit Lebensmitteln umgeht und dass diese weder über Bearbeitungs- noch über Lagerräume verfügen. Im "Verfahren der belangten Behörde" ist nicht hervorgekommen, dass für die gegenständlichen Betriebsstätten Bearbeitungs- oder Lagerräume erforderlich sind. Den allgemeinen Vorschriften im Kapitel I kann nicht entnommen werden, dass die Bestimmungen über die Kontrolle der Lagertemperatur in den angeführten Räumlichkeiten auch auf Verkaufsräume und die darin in Regalen zum unmittelbaren Verkauf bereitgehaltenen Lebensmittel anzuwenden sind.

 

4.2.2.2. Somit bleibt nur zu prüfen, ob die vage umschriebenen Lebensmittel ohne Bedenken bei Raumtemperatur gelagert werden können oder "gekühlt" gelagert werden müssen. Sollte eine verpflichtende Lagertemperatur vorgesehen sein, ist zu klären, ob ein Unterlassen der Aufrechterhaltung der Kühlkette vorgelegen ist und ob eine allfällige Unterbrechung einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften (Art. 4 Z. 3 lit. d Verordnung [EG] 852/2004) darstellen kann. 

 

Grundsätzlich werden die Lagerbedingungen durch die Angaben des Herstellers vorgegeben. Eine besondere Kennzeichnung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich.

 

Gemäß § 4 Z. 6 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung – LMKV, BGBl            Nr. 72/1993, zuletzt geändert mit BGBl II Nr. 408/2005 sind verpackte Waren, sofern die §§ 5 bis 7 nichts anderes bestimmen, mit den Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen zu kennzeichnen, wenn deren Einhaltung für die Haltbarkeit wesentlich ist.

 

Im Kommentar zum Lebensmittelrecht, Blass ua, LMR3, § 4 LMKV Rz. 39, wird zu Temperaturen und Lagerbedingungen wie folgt ausgeführt:

"Angaben über Temperaturen oder sonstige Lagerbedingungen sind verpflichtend, wenn sie für die Haltbarkeit der Ware wesentlich sind. Temperaturangaben erfolgen in Grad Celsius. Daneben haben sich in Österreich schon im Geltungsbereich der LMKV 1973 verbale Hinweise wie `gekühlt´, `kühl´, `Zimmertemperatur´ und `vor Wärme schützen´ herausgebildet und wurden in Form von `Usancen´ -  in heutiger Terminologie `Branchenleitlinien´ - dokumentiert. Sie wurden schließlich in die `Leitlinie für eine gute Hygienepraxis und die Anwendung der Grundsätze des HACCP in Einzelhandelsunternehmen´ übergeleitet (Erl. BMGF-75220/0003-IV/7/2007 vom 19.2.2007). Daraus ist die prinzipielle weitere Anwendung der Usancen zu erschließen. Dort finden sich auch Angaben, die dem Begriff `sonstige Lagerbedingungen´ zuzuordnen sind, etwa `trocken´ und `lichtgeschützt´. Ob die Einhaltung bestimmter Temperaturen oder sonstiger Lagerbedingungen für die Haltbarkeit einer Ware wesentlich ist, hängt ua vom Wesen, der Herstellungsart und der üblichen Form der Lagerung einer Ware, aber auch von ihrem bestimmungsgemäßen bzw. vorherzusehenden Gebrauch ab. Ein unüblicher oder unsachgemäßer Umgang mit dem Produkt kann nicht Maßstab für die Beurteilung sein, ob das Kennzeichnungselement gemäß Z. 6 erforderlich ist."

 

In der Leitlinie Einzelhandel werden zur "Kühlkette" unter Punkt 2.7. folgende Ausführungen gemacht:

 

"Die Einhaltung der Kühlkette stellt eine grundsätzliche Anforderung der Lebensmittel-Hygiene dar. Sie ist ein wichtiger Punkt der betrieblichen Überwachung im Rahmen der Guten Hygienepraxis (GHP).

Bei Lebensmitteln, die nicht bedenkenlos bei Raumtemperatur aufbewahrt werden können, darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden. Es darf jedoch für begrenzte Zeit von den Temperaturvorgaben abgewichen werden, sofern dies aus praktischen Gründen bei der Zubereitung, Beförderung und Lagerung sowie beim Feilhalten und beim Servieren von Lebensmitteln erforderlich ist und die Gesundheit des Verbrauchers dadurch nicht gefährdet wird."

 

Weiters ist folgenden Beilagen zu entnehmen:

 

.) Beilage 15 zur Leitlinie Einzelhandel:

 

Gefahrenbeherrschung "kühl- und tiefkühlpflichtige Lebensmittel im Handel"

Bei der Lagerung der Lebensmittel sind Temperaturkontrollen vorgesehen und im Falle der Überschreitung ist die Ware zu prüfen, gegebenenfalls umzulagern, sofort zu verarbeiten oder aus dem Verkehr zu ziehen.

 

.) Beilage 15a zur Leitlinie Einzelhandel:

 

Gefahrenanalyse und -beherrschung "kühl- und tiefkühlpflichtige Lebensmittel im Handel"

 

*       Definition von Temperaturbereichen:

- "Raumtemperatur"       über 15 º C bis ca. 25 º C

- "Kühl"                          über 4 º C bis zu 15 º C, Toleranz bis 18 º C

- "Gekühlt"                     über 0 º C bis 4 º C, Toleranz bis 6 º C

- "Tiefgekühlt"                -18 º C oder kälter, Toleranz bis - 15 º C

 

*       Lagerung:

"Die Grenztemperatur für Tiefkühl-Ware liegt bei -15 º C, bei kühlpflichtigen Waren bei der Solltemperatur je nach Warengruppe, zuzüglich einer Toleranz von +3 º C. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei relevanter, dauerhafter Über-schreitung der Solltemperatur das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) verkürzt bzw. die Ware in angemessener Frist vor dem Ablauf des MHD verwendet werden muss. Bei Überschreiten der Grenztemperatur ist die Ware unverzüglich zu prüfen, gegebenenfalls umzulagern, sofort zu verarbeiten oder, falls sie als `nicht sicher´ einzustufen ist, aus dem Verkehr zu ziehen. Unter `Solltemperatur´ ist die vom Hersteller vorgegebene Produkttemperatur zu verstehen."

 

Aus der Vornahme einer Kennzeichnung (Angaben über "Temperatur und Lagerhaltung" wie beispielsweise "kühl und trocken lagern") alleine kann noch nicht geschlossen werden, dass die Verpflichtung zur Kennzeichnung bestanden hat und die Lagerung entsprechend diesen Angaben innerhalb bestimmter Solltemperaturen vorgenommen werden muss.

 

Die Lebensmittelhersteller können aus den verschiedensten Gründen auch "freiwillig" eine Kennzeichnung vorsehen. Dies wird dann der Fall sein, wenn sie zum Ausdruck bringen wollen, innerhalb welcher Temperaturbereiche die "persönliche Note" des Lebensmittel bestens zur Geltung gelangt.

 

In der Schokoladeverordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über Kakao- und Schokoladeerzeugnisse (BGBl II Nr. 628/2003) werden keine Regelungen zu Soll- bzw. Grenztemperaturen und Lagerbedingungen vorgenommen.

 

Die "C L S AG" haben – ohne dazu verpflichtet zu sein – auf diversen Schokoladen den Vermerk "Kühl lagern – ideal zwischen 14 º C und    18 º C" angebracht, um darzutun, bei welchen Temperaturen  sich die speziellen Aromen am besten entfalten. Mangels Kennzeichnungsverpflichtung führt diese Herstellerempfehlung nicht zu einer verbindlich vorgesehenen Lagerhaltung.

 

Bezogen auf die vorliegende Lagerhaltung und den Ermittlungsstand kann auch nicht von einem "Verstoß" gegen die Leitlinie ausgegangen werden.

 

4.2.3. Die Temperaturmessungen wurden lediglich punktuell vorgenommen und Werte jenseits der "zulässigen" Raumtemperatur festgestellt. Ob überhaupt eine relevante und dauerhafte Überschreitung der Solltemperatur vorgelegen ist, diese Überschreitung die MHD der "kontrollierten" Lebensmittel verkürzt hat und die Ware somit in angemessener Frist vor dem Ablauf des MHD verwendet werden hätte müssen, wurde nicht einmal ansatzweise festgestellt. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang auch das Vorbringen von Mitarbeitern der Berufungswerberin, wonach die in Frage kommenden Lebensmittel wöchentlich nachgeliefert werden, diese daher nur eine Woche in den Regalen stehen und laut Hersteller unbeschadet Temperaturen bis 30 º C überstehen.

 

Darüber hinaus ist weder von der belangten Behörde noch vom Lebensmittelaufsichtsorgan - abgesehen von einer Probenziehung am 25. Juli 2006, die einen verformten Schokoriegel betroffen hat – geprüft worden, ob bei einem Überschreiten der Grenztemperatur die Ware umzulagern, sofort zu verarbeiten oder, falls sie als nicht sicher einzustufen gewesen wäre, aus dem Verkehr gezogen werden hätte müssen. Ebenso ist nicht erkennbar, dass sich in den folgenden 1 1/2 Jahren ein vergleichbarer Vorfall ereignet hat, der Anlass zur Probenziehung und nachfolgender Untersuchung durch die AGES geboten hätte. Dem Vorlageakt kann auch nicht entnommen werden, dass Gefahr in Verzug bestanden hat und das Aufsichtsorgan unverzüglich Maßnahmen beabsichtigt hatte. 

 

Wie unter den Punkten 3.1 und 3.2. ausgeführt, weisen die Lebensmittel (Säuglings- und Kindernahrung) der Firmen N und H den Lagerhinweis "kühl lagern" nicht (mehr) auf. Diese Produkte können somit jedenfalls bei Raumtemperatur – nach Herstellerinformationen unbedenklich auch darüber - gelagert werden.

 

Selbst wenn zum Zeitpunkt der einzelnen Kontrollen diese Lebensmittel noch die entsprechende Kennzeichnung "kühl lagern" aufgewiesen haben, kann zum Entscheidungszeitpunkt die Aufrechterhaltung einer Kühlkette schon auf Grund der geänderten Herstellerangaben nicht mehr eingefordert werden.

 

4.3 Die angeordnete Maßnahme (Gewährleistung einer ausreichenden natürlichen oder künstlichen Belüftung in den "Lagerräumlichkeiten") hat in der vorliegenden Form schon deshalb keinen Bestand, da sich in den genannten Filialen keine Lagerräumlichkeiten befinden. Die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde erschöpfen sich darin, dass auf die Angaben der Aufsichtsorgane abgestellt wird, die in ihren "Gutachten" lediglich das Fehlen einer ausreichenden natürlichen oder künstlichen Belüftung (keine Klimaanlage) festgehalten haben. 

 

4.4. Wie bereits ausführlich dargelegt, hätte die belangte Behörde, um Maßnahmen i. S. d. § 31 Abs. 1 LMSVG anordnen zu dürfen, einen Sachverhalt feststellen müssen, der zumindest in objektiver Hinsicht eine Verwaltungsübertretung verwirklicht.

 

Im Hinblick auf die punktuellen Temperaturmessungen, die vagen, teilweise unvollständigen Sachverhaltsermittlungen, fehlende Sachverständigengutachten und der nunmehrigen Unmöglichkeit, die notwendigen Erhebungen nachzuholen, liegt dem Oö. Verwaltungssenat ein Sachverhalt vor, der in objektiver Hinsicht keinen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften erkennen lässt. Der
Oö. Verwaltungssenat war daher gehalten, der Berufung stattzugeben und die angeordneten Maßnahmen und Vorkehrungen aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von  220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren in Höhe von
24 Euro (Eingabegebühr: 13,20 Euro und drei Beilagen zu je 3,60 Euro) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Dr. Grof

 

 

 

 

Rechtssatz – intern kein RIS

§ 39 Abs. 1 LMSVG

VO (EG) 852/2004

Österreichische Leitlinie zur Lebensmittelhygiene

§ 4 Z. 6 LMKV

Schokoladeverordnung der BfGF

 

Die Handlungspflicht des Landeshauptmannes nach § 39 Abs. 1 LMSVG setzt einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus. Dieser Sachverhalt muss zumindest in objektiver Hinsicht verwirklicht sein. Die Leitlinie, die vom Ständigen Hygieneausschuss im BfGFJ genehmigt wurde, stellt keine lebensmittelrechtliche Vorschrift dar. Die Leitlinie kann bei einem Verstoß zur Auslegung herangezogen werden.

Angaben über Temperaturen und Lagerbedingungen nur dann erforderlich, wenn deren Einhaltung für die Haltbarkeit wesentlich ist.

 

Der vorliegende Sachverhalt war so mangelhaft, dass in objektiver Hinsicht kein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften erkennbar war. Der LH war daher zur Vorschreibung von Maßnahmen nicht befugt.

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum