Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110878/2/Wim/Pe

Linz, 21.08.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn K L, H, L, vom 21.7.2008 gegen den Bescheid des Bürgermeisters von Linz vom 14.7.2008, GZ 0025801/2008 wegen Zurückweisung der Anträge auf Feststellung der Parteistellung und der Privatbeteiligung am Verwaltungsstraf­verfahren zu GZ 0021781/2008 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid  aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 57 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. §§ 8 und 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

 

 

Entscheidungsgründe

 

 

1.      Der Bürgermeister der Stadt Linz hat mit dem angefochtenen Bescheid die Anträge des Bw auf

a) Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend die Parteistellung des Bw im Verwaltungsstrafverfahren zu GZ 0021781/2008 sowie

b) Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Zulässigkeit der Privat-beteiligung des Bw im Verwaltungsstrafverfahren zu GZ 0021781/2008

als unzulässig zurückgewiesen.

 

2.      Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 17.7.2008, richtet sich die  rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

Der Berufungswerber (im Folgenden Bw) macht zusammengefasst geltend, dass ihm als österreichischem Staatsbürger alle Rechte uneingeschränkt zustehen würden. Beim AVG, dem VStG und dem Taxi- und Mietwagenbeförderungsgesetz handle es sich um öffentliches Recht.

 

Nach § 8 AVG begründe tatsächliches und rechtliches Interesse die Partei- stellung, der angefochtene Bescheid verkenne die Rechtsprechung des VwGH. Er habe das Recht, dass die Bestimmungen des Taxi- und Mietwagengesetzes ihm gegenüber rechtmäßig angewendet werden und ein rechtliches und tatsächliches Interesse am Unterbleiben von Zuwiderhandlungen.

 

Die Behörde versuche nur, ihn vom Verfahren fern zu halten. Offenbar habe eine (aus Sicht der Behörde) "bevorzugte" Person das Interesse, unbehelligt zu bleiben. Von seinem rechtlichen Interesse abgesehen habe er auch ein tatsächliches, weil er Schadenersatzforderungen geltend gemacht habe, was die Behörde ohne Rücksicht auf die Frage der Zulässigkeit der Privatbeteiligung als Interesse zu berücksichtigen habe.

 

Der Bescheid verweise darauf, dass auf öffentliche Interessen Bedacht zu nehmen sei und diese seien im Hinblick auf die korrekte Ausübung des Taxigewerbes im konkreten Fall auch tatsächlich vorgelegen.

 

Seine Parteistellung sei daher aus mehreren Gründen gegeben. Die Behörde versuche durch Aberkennung der Parteistellung ihre Auskunftspflicht zu umgehen und die Person des Taxilenkers geheim zu halten, um diesen vor zivilrechtlichen Schritten zu schützen.

 

Die Behörde untergrabe die Intention des Auskunftspflichtgesetzes, wenn sie sich in einem öffentlich rechtlichen Verfahren auf die Amtsverschwiegenheit berufe. Er habe das öffentliche Recht, über den Akteninhalt und den Ausgang des Verwaltungsverfahrens Auskunft zu erhalten. Der Taxilenker habe hingegen kein Recht, in einem öffentlich rechtlichen Verfahren seine Identität ihm gegenüber zu verbergen.

Neben der Parteistellung stehe ihm auch das Recht der Privatbeteiligung zu, weil dieses im Taxibeförderungsgesetz nicht ausgeschlossen sei und er Schadener- satzansprüche geltend gemacht habe.

 

Er habe einen materiell rechtlichen Anspruch darauf, dass über seine Anträge in der Sache selbst entschieden werde und diese nicht zurückgewiesen werden, weil keine formalrechtlichen Gründe entgegen stünden.

 

3.      Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 22.7.2008 die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da der Akt in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Verwaltungs- strafverfahren steht, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde.  Aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene  Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht notwendig ist.  

 

4.1. Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Der Bw erstattete am 31.3.2008 Anzeige gegen einen namentlich unbekannten Taxifahrer wegen eines behaupteten Verstoßes gegen das "Taxibeförderungsge- setz".

 

Mit Schreiben vom 2.6.2008 beantragte der Bw "gemäß der gesetzlichen Auskunftspflicht" Abgabenachricht und schloss sich dem Verfahren unter Bekanntgabe seines behaupteten Schadens als Privatbeteiligter an. Das BVA teilte ihm dazu mit, dass er keine Parteistellung habe und nach dem Gelegen- heitsverkehrsgesetz eine Privatbeteiligung nicht möglich sei.

 

Darauf beantragte der Bw mit Schreiben vom 10.6.2008 unter Hinweis auf § 8 AVG und Berufung auf das Auskunftspflichtgesetz, die Frage seiner Parteistellung und der Zulässigkeit der Privatbeteiligung mit einem anfechtbaren Bescheid zu entscheiden. In weiterer Folge erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

5.      Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Ober­österreich in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

 

Diese Bestimmung ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

Gemäß § 57 Abs. 1 VStG ist der Anspruchsberechtigte Partei im Sinne des AVG, soweit die Behörde nach einzelnen Verwaltungsvorschriften im Straferkenntnis auch über die aus einer Verwaltungsübertretung abgeleiteten privatrechtlichen Ansprüche zu entscheiden hat.

 

5.2.   Die Bestimmungen des § 8 AVG sind auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden. Es haben daher in diesen Verfahren jene Personen Parteistellung, die ein von der Rechtsordnung anerkanntes Interesse am jeweiligen Verwaltungsstrafverfahren haben. Der Berufungswerber behauptet zwar ein Interesse daran, die Identität des Taxilenkers zu erfahren, um Ersatzansprüche geltend zu machen, dabei handelt es sich aber um keine Frage, die im Verwaltungsstrafverfahren zu klären ist. Im Verwaltungsstrafverfahren geht es darum, ob eine bestimmte Person eine ihr vorgeworfene verwaltungsrechtlich verbotene konkrete Handlung begangen hat oder nicht, sowie zutreffendenfalls darum, welche Sanktionen deswegen über diese Person verhängt werden. Der Anzeiger hat aber an diesen Fragen – insbesondere ob bzw. welche Sanktionen verhängt werden – kein rechtlich geschütztes Interesse und ist daher nicht Partei des Verwaltungsstrafverfahrens.

Die Frage von privatrechtlichen Ersatzansprüchen wegen einer behaupteten Verwaltungsübertretung wird im Verwaltungsstrafverfahren hingegen in aller Regel nicht geprüft, weshalb sich daraus keine Parteistellung ergeben kann. Die einzige Ausnahme von diesem Grundsatz ergibt sich aus § 57 VStG, wonach die Behörde dann über privatrechtliche Ansprüche zu entscheiden hat, wenn dies im jeweiligen Materiengesetz vorgesehen ist. Weder das Gelegenheitsverkehrs- gesetz noch die Betriebsordnung sehen jedoch die Möglichkeit der Privatbeteiligung vor, weshalb sich für den Bw auch daraus keine Parteistellung ergibt.

Der Bw dürfte mit seinem Vorbringen die Regelungen der §§ 66 – 70 der Strafprozessordnung (Privatbeteiligung) ansprechen, diese sind aber im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der angezeigte Taxilenker wohl nicht selber Vertrags- partner des Bw war, weshalb der Bw zur Geltendmachung seiner Ersatzan- sprüche die Identität des Taxilenkers vermutlich nicht kennen muss.

 

Die Erstinstanz hat die Anträge des Bw zurückgewiesen, obwohl – und insoweit kommt der Berufung Berechtigung zu – der Erledigung keine formalen Hindernisse entgegen gestanden sind. In der Begründung hat sie auch zutreffend inhaltlich dargelegt, warum den Anträgen nicht Folge zu geben war, sie hätte daher die Anträge richtiger Weise abweisen müssen. In diesen Fällen hat die Berufungsinstanz nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, nicht aber über die Anträge selbst zu entscheiden (sh. die in Hauer-Leukauf, 6. Aufl, S. 891 angeführte Judikatur des VwGH). Der Berufung war daher statt zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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