Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163265/6/Zo/Ps

Linz, 09.09.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau J G, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G H, S, B, vom 19. Mai 2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 29. April 2008, Zl. VerkR96-2615-2007, wegen zwei Übertretungen der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und mündlicher Verkündung am 4. September 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

 

 

II.           Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung im Punkt 1) teilweise stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 60 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt.

 

Hinsichtlich Punkt 2) wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt.

 

 

III.        Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 6 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 21 Abs.1 VStG;

zu II.: § 64 ff VStG.

 


 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie

1)    am 21. März 2007 um 09.35 Uhr in Braunau am Inn auf der Osternbergerstraße 51 die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h erheblich überschritten habe sowie

2)    am 21. März 2007 um 09.35 Uhr in Braunau am Inn auf Höhe Osternbergerstraße 55 dem von einem Straßenaufsichtsorgan mittels erhobenen Armes deutlich sichtbar gegebenen Zeichen zum Anhalten nicht Folge geleistet habe, weil sie die Fahrt ununterbrochen fortgesetzt habe.

 

Diese Übertretungen habe sie als Lenkerin des Pkw mit dem Kennzeichen
PAN-GJ600 begangen. Sie habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 zu 1) sowie nach § 97 Abs.5 StVO 1960 zu 2) begangen, weshalb über sie Geldstrafen in Höhe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) zu 1) sowie von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) zu 2) verhängt wurden. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 18 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin aus, dass sie eine geringfügige Überschreitung innerhalb der 30-km/h-Beschränkung nicht ausschließen könne, weshalb sie die ihr vorgehaltene Überschreitung in Höhe von 23 km/h nur schwer nachvollziehen könne. Sie bezweifle dieses Messergebnis erheblich. Sie habe in ihren 65 Jahren erst ein einziges Mal eine Strafe wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erhalten, weshalb die Geldstrafe in Höhe von 80 Euro wesentlich überhöht sei.

 

Bezüglich des Vorwurfes, dass sie ein Haltezeichen der Polizei missachtet habe, führte die Berufungswerberin aus, dass sie das Handzeichen ursprünglich zwar als solches zum Stehenbleiben aufgefasst habe und dieser Aufforderung auch nachkommen wollte. Sie habe ihr Fahrzeug abgebremst und sei fast zum Stillstand gekommen. Kurz vor dem Stehenbleiben sei ihr eindeutig signalisiert worden, dass sie weiterfahren solle, weshalb sie letztlich nicht angehalten habe. Sie habe das Handzeichen des Beamten als Erlaubnis zum Weiterfahren gedeutet. Jedenfalls war dieses Handzeichen für sie missverständlich. Sie habe keinen Grund gehabt, sich der Anhaltung zu widersetzen, ihre Fahrtüchtigkeit sei in vollem Umfang gegeben gewesen. Es handle sich jedenfalls um ein Missverständnis, weshalb eine Bestrafung nicht notwendig sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4. September 2008. An dieser haben die Berufungswerberin sowie ihr Rechtsvertreter und ein Vertreter der Erstinstanz teilgenommen und es wurden die Zeugen BI P und Insp. S zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Die Berufungswerberin lenkte zur Vorfallszeit ihren Pkw in Braunau am Inn auf der Osternbergerstraße in Richtung Ranshofen. Im gegenständlichen Bereich befindet sich eine 30-km/h-Beschränkung. Die Polizeibeamten BI P und Insp. S führten vom Standort vor dem Parkplatz der HTL Lasermessungen mit dem Lasermessgerät der Marke Riegel LR90/235P, Nr. S242, durch. Dieses Messgerät war gültig geeicht. Die Messungen wurden durch Insp. S durchgeführt, wobei er das Gerät auf einem Stativ verwendete. Vor Beginn der Messungen und nach einer halben Stunde führte er die vorgeschriebenen Überprüfungen durch, diese ergaben die einwandfreie Funktion des Messgerätes.

 

Die Messung des Fahrzeuges der Berufungswerberin ergab im Bereich der
30-km/h-Beschränkung eine Geschwindigkeit von 56 km/h, wobei von dieser die Verkehrsfehlergrenze von 3 km/h abzuziehen ist.

 

BI P trat auf die Fahrbahn, um das herankommende Fahrzeug anzuhalten. Dabei hob er den rechten Arm senkrecht nach oben und die Berufungswerberin verringerte ihre Fahrgeschwindigkeit wesentlich. Als sich die Berufungswerberin kurz vor dem Polizeibeamten befand, gab dieser mit dem rechten Arm ein Zeichen auf den rechts neben ihm befindlichen Parkplatz, um die Berufungswerberin auf diesen zu weisen. Gleichzeitig senkte er den linken Arm und deutete auch mit diesem auf den Parkplatz. Die Berufungswerberin fuhr jedoch nicht zum Parkplatz zu sondern am Polizeibeamten vorbei und auf der Osternbergerstraße geradeaus weiter. Sie beschleunigte ihr Fahrzeug dabei nur mäßig. Der Polizeibeamte drehte sich noch um und versuchte sie durch weitere Armzeichen zum Anhalten zu bewegen. Anzuführen ist, dass beide Polizeibeamten mit der blauen Uniform bekleidet waren und die weiße Tellerkappe aufgesetzt hatten.

 

In der Annäherung und auch nach dem Vorbeifahren konnte BI P das Kennzeichen des Fahrzeuges ablesen, die Polizeibeamten erkannten auch, dass es sich bei der Lenkerin um eine ältere Frau handelte. Diese hatte zwar nicht angehalten, aus ihrem Fahrverhalten ergab sich für die Polizeibeamten aber auch kein Hinweis darauf, dass sie flüchten wollte oder etwas zu verbergen hätte. Deshalb nahmen sie die Nachfahrt nicht auf, sondern erstatteten die Anzeige mit dem Kennzeichen des Fahrzeuges.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den unbedenklichen Aussagen der Polizeibeamten und der Berufungswerberin anlässlich der mündlichen Verhandlung. Der Umstand, dass in der Anzeige die Fahrzeugtype mit einem 3er BMW angeführt ist, während es sich in Wirklichkeit um einen BMW der 1er Serie handelte sowie dass im Messprotokoll eine Zahl überschrieben ist, sodass diese nicht mehr deutlich lesbar ist, ändert nichts an der Glaubwürdigkeit der Angaben der beiden Polizeibeamten. Das Messergebnis wurde mit einem geeichten Messgerät unter Einhaltung der Verwendungsbestimmungen erzielt und eine Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug ist schon deshalb auszuschließen, weil die Berufungswerberin sich zu dieser Zeit alleine auf diesem Straßenzug befunden hat.

 

Das Vorbringen der Berufungswerberin, dass die beiden Männer mit einer schwarzen Motorradbekleidung aus Leder bekleidet gewesen seien, ist deshalb objektiv widerlegt, weil beide Polizeibeamten keine Motorradstreifen durchführen. Offenbar kann sich die Berufungswerberin aufgrund der seither verstrichenen Zeit nicht mehr an alle Details des Vorfalls erinnern. Es ist aber anzuführen, dass sie im Übrigen einen durchaus glaubwürdigen und einsichtigen Eindruck machte.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Nach § 97 Abs.5 StVO 1960 sind Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen und dergleichen) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten. Bei solchen Amtshandlungen sind die Organe der Straßenaufsicht auch berechtigt, die aus Gründen der Verkehrssicherheit allenfalls notwendigen Verkehrsbeschränkungen anzuordnen und durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen sowie eine allenfalls notwendige Regelung mit Lichtzeichen vorzunehmen. Für die Anwendung dieser Maßnahme gilt § 44b Abs.2 bis 4.

 

5.2. Die Berufungswerberin ist im Bereich einer verordneten 30-km/h-Beschränkung mit einer Geschwindigkeit von 53 km/h gefahren. Sie hat damit die ihr in Punkt 1) vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Bezüglich ihres Verschuldens ist gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

Der Polizeibeamte war mit einer Uniform und der Tellerkappe ordnungsgemäß adjustiert und daher als solcher erkennbar. Er hat mit der erhobenen Hand ein deutlich sichtbares Anhaltezeichen gegeben, die Berufungswerberin hat ihr Fahrzeug jedoch nicht (bzw. allenfalls nur ganz kurzfristig) angehalten und ihre Fahrt fortgesetzt. Sie hat damit dieses Anhaltezeichen in objektiver Hinsicht missachtet.

 

Bezüglich des Verschuldens zu dieser Übertretung ist aber festzuhalten, dass die Berufungswerberin scheinbar das Anhaltezeichen des Polizeibeamten falsch verstanden hat. Dieses Missverständnis kann sie zwar nicht zur Gänze entschuldigen, weil das Zeichen für einen durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer durchaus verständlich und eindeutig war. Ihr Vorbringen, dass sie persönlich das Zeichen falsch verstanden hat und sich keinesfalls einer Verkehrskontrolle entziehen wollte, ist jedoch glaubwürdig. Die Berufungswerberin machte auch bei der mündlichen Verhandlung einen durchaus vernünftigen und rechtstreuen Eindruck. Welchen nachvollziehbaren Grund sollte eine   -jährige Frau auch haben, sich einer Verkehrskontrolle (noch dazu am Vormittag) zu entziehen. Auch die Polizeibeamten haben dieser Übertretung offenbar kein besonderes Gewicht beigemessen, weil sie sonst wohl die Nachfahrt aufgenommen hätten. Es fällt ihr diesbezüglich also nur leichte Fahrlässigkeit zur Last.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der gesetzliche Strafrahmen für beide Übertretungen beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 bis zu 726 Euro. Im Hinblick auf die Geschwindigkeitsüberschreitung ist bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass die Berufungswerberin die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h doch relativ deutlich (um 23 km/h) überschritten hat. Andererseits hat die Übertretung auch keine tatsächlichen negativen Folgen gehabt. Unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Unbescholtenheit sowie ihrer ungünstigen persönlichen Verhältnisse (monatliche Pension von 400 Euro) ist eine Herabsetzung der Geldstrafe auf 60 Euro durchaus angemessen. Auch diese erscheint ausreichend, um die Berufungswerberin in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Bezüglich des missachteten Haltezeichens ist der Berufungswerberin zugute zu halten, dass sie die Handzeichen missverstanden hat. Es trifft sie also daran nur ein leichtes Verschulden. Die Übertretung hat auch keine negativen Folgen nach sich gezogen, weil die Fahrzeuglenkerin ohnedies belangt werden konnte. Diesbezüglich konnte daher von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Berufungswerberin eine Ermahnung erteilt werden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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