Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100034/5/Fra/Kf

Linz, 30.08.1991

VwSen - 100034/5/Fra/Kf Linz, am 30.August 1991 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Dr. W St, Rechtsanwalt in L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. April 1991, Zl. 933-10-9748429, wegen Übertretung der Linzer Parkgebührenverordnung nach der am 19. Juli 1991 und am 23. August 1991 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren wird eingestellt.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51, 51e Abs.1 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Straferkenntnis vom 19. April 1991, Zl. 933-10-9748429, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach §§ 1, 2, 3, 5, 6 der Linzer Parkgebührenverordnung sowie der §§ 1, 2, 3, 4, 6 des O.ö. Parkgebührengesetzes gemäß § 6 Abs.1 O.ö. Parkgebührengesetz eine Geldstrafe von 800 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt, weil er am 21. August 1990 um 8.45 Uhr, M.straße gegenüber Nr.9, das mehrspurige Kraftfahrzeug, Audi, grau in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigem Parkschein abgestellt hat und er damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen ist. Außerdem wurde er zum Ersatz des Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 80 S verpflichtet.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Der Beschuldigte macht als Berufungsgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Weiters ficht er die Höhe der über ihn verhängten Strafe an, wobei er im wesentlichen folgendes ausführt:

Die Erstbehörde stütze sich auf die zeugenschaftliche Einvernahme des betreffenden Straßenaufsichtsorganes, wonach sich dieses ca. 15 Minuten im Sichtbereich des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges befand und keine Ladetätigkeit feststellen habe können. Die Einvernahme dieser Meldungslegerin sei ihm erstmals im Straferkenntnis zur Kenntnis gebracht worden und er habe auch im Verfahren keine Möglichkeit gehabt, zu den Ausführungen der Meldungslegerin Stellung zu nehmen. Dadurch habe die Erstbehörde das fundamentale Prinzip der Gewährung des rechtlichen Gehöres verletzt, weshalb das Verfahren erster Instanz mangelhaft geblieben sei.

Entgegen der von der Erstbehörde vertretenen Rechtsansicht sei durch das Gesetz keine zeitliche Grenze für eine Ladetätigkeit gesetzt. Wesentlich sei nur, daß sie unverzüglich und ohne Unterbrechung durchgeführt werde. Sie setze insbesondere nicht voraus, daß sich der Lenker ununterbrochen in unmittelbarer Nähe des Fahrzeuges aufhalte. Die Aussage der Meldungslegerin, sie habe das Fahrzeug 15 Minuten beobachtet und keine Ladetätigkeit feststellen können, sage nichts darüber aus, ob tatsächlich eine Ladetätigkeit durchgeführt worden sei, zumal eine dauernde Anwesenheit des Fahrzeuglenkers im Sichtbereich des Kraftfahrzeuges nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichthofes kein Essentiale für die Annahme einer Ladetätigkeit darstellt.

Im übrigen bemängelt der Berufungswerber die Strafbemessung der Erstbehörde, weshalb er beantragt, seiner Berufung stattzugeben und das Verwaltungsverfahren einzustellen; in eventu die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 200 S herabzusetzen.

2. Der unabhängige Verwaltungssenat hat am 19. Juli 1991 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Zu dieser wurden die Parteien des Verfahrens sowie die Meldungslegerin als Zeugin geladen. Da die Zeugin zu dieser Verhandlung nicht rechtzeitig erschienen ist - sie hat nachträglich einen plausiblen Entschuldigungsgrund für die Verspätung vorgebracht - wurde die Verhandlung vertagt und am 23. August 1991 fortgesetzt. Bei dieser Verhandlung war der Beschuldigte und eine Vertreterin der belangten Behörde anwesend. Weiters wurde die Meldungslegerin zeugenschaftlich zum Sachverhalt vernommen.

3. Aufgrund des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 51g Abs.1 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat die zur Entscheidung der Sache erforderlichen Beweise aufzunehmen. Nach § 51i VStG ist bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Die letztgenannte Bestimmung regelt den Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens. Bei der Fällung des Erkenntnisses ist nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgebracht wurde.

Die vernommene Meldungslegerin hat angegeben, daß sie etwa 10 Minuten das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug beobachtet hat und dabei keine Ladetätigkeit habe feststellen können. In concreto zum Sachverhalt befragt, präzisierte sie, daß am gegenständlichen Kraftfahrzeug ein Zettel mit der Aufschrift "Ladetätigkeit § 5 Parkgebührengesetz" angebracht war und sie etwas länger bei diesem Fahrzeug stehen geblieben sei, da es diesbezüglich eine interne Dienstanweisung gäbe. Genauer dazu befragt, gab die Zeugin an, daß sie nicht unmittelbar beim Fahrzeug stehen geblieben sei, sondern in der M.straße auf und ab gegangen sowie auch in die P.straße hineingegangen sei. Die Zeugin bejahte zudem über weiteres Befragen durch den Beschuldigten, ob sie hinsichtlich des Zeitraumes von 10 Minuten auch jene Zeit meint, welche sie vom Entfernen des Fahrzeuges bis zum Wiedererreichen des Fahrzeuges benötigt hat. Aufgrund einer zusätzlichen Befragung durch die Vertreterin der belangten Behörde wurde weiters präzisiert, daß die Zeugin beim Sichentfernen von dem Fahrzeug nicht zurückgeschaut hat.

Aufgrund des Ergebnisses dieser Aussage konnte der unabhängige Verwaltungssenat nicht davon überzeugt werden, ob die Zeugin in ausreichendem Zeitausmaß das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug beobachtet hat, um verläßlich feststellen zu können, daß die behauptete Ladetätigkeit nicht durchgeführt wurde. Hat die Beschuldigte noch in ihrer ursprünglichen Zeugenaussage behauptet, das KFZ ca. 15 Minuten im Blickfeld gehabt zu haben, so hat die Zeugin bei der Einvernahme vor dem unabhängigen Verwaltungssenat diese Behauptung dahingehend eingeschränkt, das KFZ lediglich ca. 10 Minuten im Blickfeld gehabt zu haben. Bei dieser Zeugenaussage stellte es sich allerdings zusätzlich heraus, daß die Zeugin das genannte KFZ zwar diese Zeitspanne theoretisch im Blickfeld gehabt haben könnte, tatsächlich jedoch das KFZ eine wesentlich geringere Zeitspanne beobachtet hat, zumal sie sich in dem genannten Zeitrahmen vom KFZ wegbewegte, nicht zurückschaute und sie sodann wieder zurück zum PKW ging.

In dieser Zeitspanne ist es ohne weiteres möglich, daß die vom Berufungswerber behauptete Ladetätigkeit (Hinaufbringung von gebundenen Zeitschriften in seine Kanzlei) durchgeführt werden konnte. Es ist dem Beschuldigten zuzustimmen, daß im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Ladetätigkeit insbesondere nicht voraussetzt, daß sich der Lenker ununterbrochen in unmittelbarer Nähe des Fahrzeuges aufhalten muß.

Da somit die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht hinreichend erwiesen werden konnte, war daher im Sinne des § 45 Abs.1 Z.1 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen. zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum