Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300841/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 08.09.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der S E, L, vertreten durch RA Dr. R K, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 24. Juni 2008, GZ Pol96-375-2008, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG und § 71 Abs. 1 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 24. Juni 2008, GZ Pol96-375-2008, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung abgewiesen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die Rechtsmittelwerberin angegeben habe, dass sie die ihr am 2. Mai 2008 zugestellte und von ihrem Rechtsvertreter am 8. Mai 2008 angeforderte Strafverfügung jenem über einen Dritten per Telefax habe übermitteln lassen. Infolge eines Kommunikationsfehlers sei dieses Schriftstück allerdings vorerst an eine falsche Nummer gesendet worden. Als sich der Rechtsvertreter dann am 19. Mai 2008 über den Verbleib der Strafverfügung erkundigt habe, sei festgestellt worden, dass die Einspruchsfrist nicht erst am 19. Mai 2008, sondern bereits am 16. Mai 2008 geendet habe. Auf Grund der mit einer elektronischen Übermittlung verbundenen Risiken hätte sich die Beschwerdeführerin aber im Ergebnis selbst hinsichtlich des rechtzeitigen Einlangens des Einspruches vergewissern müssen. Sie habe daher nicht glaubhaft machen können, dass sie kein Verschulden treffe.

1.2. Gegen diesen ihr am 25. Juni 2008 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 4. Juli 2008 – und damit rechtzeitig – persönlich bei der belangten Behörde abgegebene Berufung.

Darin wird zunächst vorgebracht, dass die belangte Behörde die Bestim­mung des § 71 Abs. 1 AVG nicht vollständig wiedergegeben habe, sodass man den Eindruck bekomme, dass jedes auch nur sehr geringe Verschulden zu einer Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führe. Vielmehr wäre zu prüfen gewesen, ob das unvorhergesehene Ereignis von der Beschuldigten oder ihren Beauftragten schuldhaft verursacht wurde. Tatsächlich habe sich der Bekannte der Beschuldigten hinsichtlich der ordnungsgemäßen Übermittlung der Strafverfügung an ihren Rechtsvertreter dadurch vergewissert, dass er den Sendebericht mit dem Zeichen "o.k." entgegengenommen habe. Es sei allerdings überzogen, in diesem Zusammenhang bei einer rechtsunkundigen Person zu fordern, dass sich diese unmittelbar bei der empfangenden Stelle über die vollständige Übertragung des Schriftstückes vergewissern muss. Aber selbst dann, wenn dies zu Recht gefordert werden könnte, müsse man im gegenständ­lichen Fall zu dem Ergebnis kommen, dass es sich dabei keinesfalls um ein grobes Verschulden gehandelt habe.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land zu GZ Pol96-375-2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und sich die vorliegende Berufung lediglich gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet sowie ein entsprechender Antrag von den Parteien nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Gemäß § 24 VStG i.V.m. § 71 Abs. 6 AVG sowie – weil mit der ange­foch­tenen Strafverfügung weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde –  auch nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Berufung durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren maßgeblichen Bestimmung des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist u.a. dann gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaub­haft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

3.2. Diese Konstellation der Wiedereinsetzung setzt sohin – anders als jene gegen die Versäumung einer mündlichen Verhandlung – einen ordnungsgemäß zugestellten und in der Folge rechtskräftig gewordenen Bescheid voraus.

Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass die Strafverfügung vom 29. April 2008, Zl. Pol96-375-2008, der Rechtsmittelwerberin am 2. Mai 2008 zugestellt wurde und somit die Rechtsmittelfrist ab diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen hat und daher mit Ablauf des 16. Mai 2008 endete.

3.3. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein unvorher­gesehenes oder unabwendbares Ereignis, das die Einhal­tung der Frist ohne Verschulden gehindert hat, u.a. nur dann anzunehmen, wenn ein Bote den ihm erteilten Auftrag nicht ordnungsgemäß erledigt hat, aber die Partei der ihr zumutbaren und der Sachlage nach gebotenen Überwachungspflicht dennoch nachge­kommen ist (vgl. VwGH vom 20. Jänner 2005, Zl. 2004/07/0211).

3.3.1. In diesem Zusammenhang bringt die Beschwerdeführerin selbst in ihrem Einspruch und auch in ihrem Wiedereinsetzungsantrag vom 19. Mai 2008 vor, dass sie die Strafverfügung auf Grund eines am 8. Mai 2008 mit ihrem Rechtsvertreter geführten Telefonates diesem durch einen Bekannten per Telefax über­mitteln lassen habe. Erst anlässlich einer Urgenz des Rechtsvertreters am 19. Mai 2008 hinsichtlich des noch ausständigen Schriftstückes sei von diesem einerseits festgestellt worden, dass das am 9. Mai 2008 durch den Bekannten ge­faxte Schriftstück auf Grund eines Kommuni­ka­tions­fehlers zwischen jenem und der Rechtsmittelwerberin zunächst an einen Teilnehmer übertragen worden sei, andererseits aber auch, dass die Einspruchs­frist bereits am 16. Mai 2008 geendet habe. In der gegenständlichen Berufung wird darüber hinaus ausgeführt, dass sich ihr Bekannter über die erfolgte Telefaxübermittlung – lediglich derart –ver­gewissert habe, dass er auf dem Sendebericht die Zeichen "o.k" wahrgenommen habe.

3.3.2. Selbst wenn man das diesbezügliche Tatsachenvorbringen der Rechtsmittelwerberin als zutreffend unterstellt, könnte man der Beschwerdeführerin hier zugute halten, dass sie und ihr Bekannter als rechtsunkundige Personen zwar den Fehler der Fristversäumung nicht selbst verschuldet haben; allerdings hätte die Rechtsmittelwerberin die Kontrolle dahin, ob die Telefaxübermittlung ordnungsgemäß erfolgte, jedenfalls selbst vornehmen müssen. Dies wäre z.B. offenkundig in der Weise, dass sie sich den Sendebericht von ihrem Bekannten ausfolgen hätte lassen und dann selbst darauf hin überprüft hätte, ob das Schriftstück bei der richtigen Empfangsstelle eingelangt ist, unschwer möglich gewesen. Eine derartige Vorgangsweise kann von einem durchschnittlich sorgfältigen Menschen, der ein fristgebundenes Rechtsmittel bei einer Behörde einzubringen beabsichtigt, auch durchaus erwartet werden. Außerdem hätte sie auch die Möglichkeit gehabt, innerhalb weniger – aber im Hinblick auf den zumindest auch von ihr selbst grob eingrenzbaren Fristablauf noch einen ausreichenden "Sicherheitspolster" garantierender – Tage nach dieser Übermittlung (9. Mai 2008) bei ihrem Rechtsvertreter telefonisch nachzufragen, ob er das versprochenen Schriftstück tatsächlich erhalten hat.

Schon aus diesen Gründen kann daher kein bloß minderer Grad des Versehens angenommen werden.

4. Da die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG demnach nicht vorlagen, hat die belangte Behörde den Wiedereinsetzungsantrag somit im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weshalb auch die gegenständliche Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Grof

 

Rechtssatz:

VwSen-300841/2/Gf/Mu/Ga vom 4. September 2008:

§ 71 Abs. 1 Z. 1 AVG

Kein bloß minderer Grad des Versehens, wenn die Bf einen Dritten mit der Übermittlung der Strafverfügung an ihren Rechtsvertreter beauftragt und sich in der Folge nicht innerhalb einer angemessenen Frist vergewissert, dass jener die Strafverfügung auch tatsächlich empfangen hat.

 

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