Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163462/2/Zo/Jo

Linz, 08.09.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn L F, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A P, G, W, vom 13.08.2008 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 29.07.2008, Zl. VerkR96-3310-2008, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 71 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist gegen die Strafverfügung vom 12.03.2008, VerkR96-3310-2008, abgewiesen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass die Weiterleitung von amtlichen Schriftstücken zwischen der L T und dem Rechtsvertreter üblicherweise per e-mail und mit einem Fristvermerk auf dem Schriftstück erfolge. Dieses System habe sich seit Jahren bewährt. Am 25.03.2008 seien zwei Strafverfügungen von der L T an den Rechtsvertreter nahezu zeitgleich übermittelt worden, wobei nur eine mit dem sonst üblichen Fristvermerk versehen gewesen sei. Es habe daher keinen Anlass zu der Vermutung gegeben, dass der Fristenlauf in den beiden Verfahren zu unterschiedlichen Zeiten begonnen haben könnte. Das unterschiedliche Ausstellungsdatum der Strafverfügungen sei für den Rechtsanwalt nicht erkennbar gewesen, weil bei der gegenständlichen Strafverfügung der Eingangsstempel über dem Ausstellungsdatum der Strafverfügung angebracht gewesen sei. Weiters sei das Ausstellungsdatum für die Fristprüfung grundsätzlich nicht relevant, weil es nichts darüber aussagt, wann die Behörde das Schriftstück abfertigt und wie lange der Postlauf dauert. Deshalb sei der über dem Ausstellungsdatum angebrachte Eingangsstempel auch nicht weiter beachtet worden.

 

Das Fristversäumnis beruhe darauf, dass zwei Strafverfügungen in der Kanzlei des Rechtsvertreters nahezu gleichzeitig eingegangen sind, jedoch auf einer davon der seit Jahren übliche und bewährte Fristvermerk nicht angeführt gewesen sei. Es handle sich dabei um einen Einzelfall und die Fehlleistung sei entschuldbar. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass beide Strafverfügungen den selben Vorfall betroffen haben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen habe auch nicht begründet, weshalb ihrer Ansicht nach der Vertreter des Berufungswerbers seine Aufsichtspflicht verletzt habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist. Diese wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat gegen den Berufungswerber zu Zl. VerkR96-3310-2008 eine Strafverfügung wegen einer Überladung erlassen. Diese wurde am 12.03.2008 ausgestellt, die Zustellung erfolgte durch Hinterlegung am 17.03.2008 bei der Zustellbasis P. Herr F war beim konkreten Vorfall Lenker des Sattelkraftfahrzeuges , . Zulassungsbesitzerin dieses Sattelkraftfahrzeuges ist die L T. Gegen die Verantwortliche der Zulassungsbesitzerin wurde von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Zl. VerkR96-3378-2008 wegen der gleichen Überladung ebenfalls eine Strafverfügung erlassen. Diese wurde am 13.03.2008 ausgefertigt und am 18.03.2008 zugestellt. Auf beiden Strafverfügungen befindet sich ein Eingangsstempel (vermutlich der Rechtsanwaltskanzlei), wobei bei der im konkreten Verfahren nicht gegenständlichen Strafverfügung betreffend die Zulassungsbesitzerin durch diesen Eingangsstempel das Ausstellungsdatum der Strafverfügung überdeckt wird. Auf der Strafverfügung gegen die Zulassungsbesitzerin ist handschriftlich vermerkt "Frist ab 18.03.08". Auf der Strafverfügung gegen den nunmehrigen Berufungswerber fehlt ein derartiger Fristvermerk.

 

Der Berufungswerber hatte die gegenständliche Strafverfügung beim Zustellpostamt behoben und an die Verwaltung seines Arbeitgebers zur weiteren Bearbeitung übermittelt. Dabei ist vorgesehen, dass die Strafverfügungen an den Rechtsvertreter zur Beurteilung und Erhebung eines Einspruches weitergeleitet werden. Von der L T seien sowohl die Strafverfügungen gegen die Zulassungsbesitzerin als auch jene gegen den nunmehrigen Berufungswerber am 25.03.2008 per e-mail innerhalb von etwas mehr als einer Stunde an den Rechtsanwalt übermittelt worden.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1.     die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und

2.     sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

5.2. Im gegenständlichen Fall wurde die Einspruchsfrist deshalb versäumt, weil auf der Strafverfügung gegen die Zulassungsbesitzerin das Zustelldatum vermerkt war, während dieses auf der Strafverfügung gegen den Lenker (den nunmehrigen Berufungswerber) gefehlt hat. Offenbar ist der Rechtsvertreter des Berufungswerbers oder dessen Kanzleiangestellte daher davon ausgegangen, dass beide Strafverfügungen am selben Tag an die jeweiligen Beschuldigten zugestellt wurden, wobei dieser Irrtum noch dadurch erhärtet wurde, dass beide Strafverfügungen in der Kanzlei des Rechtsvertreters am selben Tag eingelangt sind.

 

Ein Irrtum über den Beginn des Fristenlaufes kann zwar nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein unvorhergesehenes Ereignis darstellen, allerdings ist auch zu prüfen, ob dem Vertreter des Berufungswerbers daran ein Verschulden trifft, welches über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht.

 

Nach Ansicht des UVS wäre der Rechtsvertreter bzw. dessen Kanzleiangestellte wegen des fehlenden Fristvermerkes auf der den Berufungswerber betreffenden Strafverfügung verpflichtet gewesen, diesbezüglich beim Berufungswerber oder der Übermittlerin der Strafverfügung (der L) nachzufragen. Dem Vertreter des Berufungswerbers muss als berufsmäßigem Parteienvertreter bekannt sein, dass Strafverfügungen gegen den Lenker und gegen den Zulassungsbesitzer, welche den selben Vorfall betreffen, häufig zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten zugestellt werden. Er hätte sich daher nicht darauf verlassen dürfen, dass beide Strafverfügungen am selben Tag zugestellt wurden. Diese unterlassene Nachfrage nach dem Beginn des Fristenlaufes übersteigt den minderen Grad des Versehens deutlich, weshalb die Erstinstanz den Antrag auf Wiedereinsetzung zu Recht abgewiesen hat.

 

Der VwGH hat bereits in der Entscheidung vom 30.09.1997, Zl. 97/08/0127 klargestellt, dass der Irrtum einer Partei über die Zeitpunkte der Zustellung verschiedener, hintereinander eingelangter behördlicher Schriftstücke, keinen minderen Grad des Versehens darstellt. Dies gilt auch für den gegenständlichen Fall, wobei es irrelevant ist, dass die Strafverfügungen in der Kanzlei des Rechtsvertreters nahezu zeitgleich eingelangt sind, weil es eben auf das Einlangen bei den jeweiligen Beschuldigten ankam und der Vertreter des Berufungswerbers diesbezüglich hinsichtlich der Strafverfügung des Berufungswerbers keinerlei Informationen hatte.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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